Ist sie nicht heuchlerisch?

11 Antworten

Es ist richtig, dass der Mensch stets das System stellt und es somit beeinflussen kann. Andererseits und zur selben Zeit ist er Opfer dieser Strukturen, die ein Eigenleben entwickelten, wo der Mensch von der Nicht-Existenz in die Existenz geraubt und geformt wird.

Wir sind alle Menschen und als Menschen sind wir immer etwas weniger, mal mehr halbherzig und heuchlerisch.

Es kommt auf den Einzelfall an. Irgendwo "muss" man anfangen. Perfekt wird Niemand sein, weil seine Batterie aus afrikansichen Gruben kommt.

Auffällig wird's, wenn die Person, die sich über Ikea echauffiert, voll bedeckt mit Markenklamotten ist und sonst einen recht pseudoliberalen Lifestyle hegt.

Man kann / sollte sich Gedanken über die Dinge machen, wo man es sich leisten kann. Letztendlich würde dies zu weniger Konsum führen. Heimische Möbel aus hiesigen Holz sind richtig teuer. Gute alte Stücke auch, die findet man nicht mehr auf dem Sperrmüll. Dafür halten die ewig.

Das eine an den Pranger zu stellen, während man das andere konsumiert, ist entweder scheinheilig oder zeugt von Ahnungslosigkeit.

Ich würde es erst mal mit Aufklärung versuchen. Was deine Freundin daraus macht, ist letztendlich ihre Sache.

oder ist es unvermeidlich, dass wir in gewisser Weise Teil des Systems sind, das wir kritisieren? Wie geht ihr mit diesem Dilemma um?

Das ist leider etwas dran. Und das bekannte Greenwashing der Unternehmen nehmen wir nur allzu gerne an, weil es auch für uns Verbraucher so eine Art Beruhigungspille ist.

Der Raubbau in den rumänischen Urwäldern hat auch was mit Korruption zu tun. Das wäre ein Fall für die EU.

Im Prinzip hat es Sinn, auf Verbesserungsmöglichkeiten hinzuweisen, weil ja immer "das Bessere des Feind des Guten" ist. Das gilt auch, wenn es für Kunden gegenwärtig noch keine bessere Alternative gibt.

Inzwischen gibt es ein Bewusstsein dafür, dass bzgl. der Nachhaltigkeit eines Produkts die gesamte Lieferkette betrachtet werden sollte, und Greenwashing, d.h. mit der Umweltfreundlichkeit seines Produkts zu werben, wenn man weiß, dass andere Produkte gleicher Machart umweltfreundlicher sind, ist heuchlerisch.

Missstände anzuprangern, obwohl es noch schlimmere gibt, ist aber nicht heuchlerisch; denn man kann ja nicht bei jedem Fehler auf alle anderen hinweisen, die noch schlimmer sind.

Ich gebe dir aber insofern recht, als ich noch viel schlimmere Umweltsünder kenne als IKEA. So ist z.B. die Verkehrspolitik der Bundesrepublik, die seit vielen Jahren den Schienenverkehr kaputt spart, Milliarden für neue Autobahnen ausgibt und sich außerdem ein Tempolimit ausschließt, obwohl es in der EU sonst allgemein gilt.

Ja, ich denke, dass du das richtig siehst.

Es wird im Allgemeinen sehr gerne so selektiv hin- und weggeschaut, wie es einem gerade passt.

Vorwerfen kann man einigen Firmen, rücksichtslos Gewinn aufgrund von Ausbeutung zu machen (z.B. Nestle). Wenn man das nicht unterstützen möchte, kauft man seine Waren eben woanders ein. Das ist die Marktmacht, die jeder hat.

Man kann also durchaus zumindest versuchen, so wenig Schaden anzurichten, wie es geht... und sich dabei nicht selber in die Tasche lügen oder gar als "gerechter" als andere hinstellen.

Es gibt heute diverse Möglichkeiten so einzukaufen und zu handeln, dass es an "gut" möglichst weit herankommt (Kleidung, Lebensmittel, Technik etc.). Aber man braucht sich dabei nie einbilden, ganz raus aus dem "bösen" Kreislauf zu gelangen.

Mit jedem "guten" Einkauf, setzt man auch ein messbares Statement. Ebenso mit jedem "schlechten".

Aber es ist nun mal so, dass wir Ressourcen verbrauchen. Da kommen wir auch nie ganz drum herum. Selbst alleine auf einer einsamen Insel würden wir Ressourcen verbrauchen... und mit jedem Wohlstandsschritt mehr.

Von daher: ich denke, du siehst das ganz realistisch, plädiere aber durchaus dafür darauf zu achten "gut" einzukaufen. Ob Ikea da nun dazu gehört, vermag ich nicht zu beurteilen, insbesondere da, wie du schon erwähnst, die Alternativen in dem Preissegment wohl kaum besser aussehen.

Da kommt dann auch der Punkt "soziale Gerechtigkeit" (wer darf sich was leisten können?) hinzu.

Es ist also nicht so leicht, wie deine Freundin behauptet.