Im Spektrum/Autismus?
Hey, also ich frage mich, ob es irgendwie „falsch“ ist, Menschen, die im Spektrum sind, Autisten;innen zu nenne. Also z.b. sollte man Menschen ja auch nicht behindert nennen, sondern beeinträchtigt. Es meinte auch meine Ärztin zu mir mal, dass man grundsätzlich diese Personen mit „im Spektrum“ bezeichnet, obwohl es ja auch mehrere, verschiedene Varianten vom „im Spektrum sein“ gibt (oder?). Aber andere meinen was anderes… vor allem an die Betroffenen, was denkt ihr dazu? Hoffe es war verständlich..
Danke euch!!!!
5 Antworten
Habe eine Asperger Diagnose und ich finde das null schlimm wen jemand Autismus oder er Autist oder Autisten sagt mir persönlich ist es auch relativ egal wen dazu jemand behindert sagt das ist meine persönliche Meinung
Nein, ist es überhaupt nicht. Viele mögen es sogar viel lieber als "im Spektrum" oder "Mensch mit Autismus".
Also z.b. sollte man Menschen ja auch nicht behindert nennen, sondern beeinträchtigt.
Das ist Quatsch! Das haben sich Menschen ausgedacht, die "behindert" für eine Beleidigung halten. Und das wiederum ist sehr, sehr behindertenfeindlich.
EDIT: Man sagt ja auch nicht "Mensch mit Männlichkeit" oder "Mensch im Männlichkeits-Spektrum". Dabei definiert einen das Geschlecht sehr viel weniger als der Autismus.
Ich finde es nicht schlimm Autist zu sagen. Im Spektrum hört sich auch irgendwie nicht besser an finde ich. Allerdings wenn ich wüsste jemand hätte Autismus würde ich ihn niemals darauf reduzieren. Ich rede immer von der Person mit Namen und sage weder der Behinderte noch der Autist will auch mitkommen oder ähnliches. Das wäre Respektlos.
Ich möchte gerne, dass Menschen über mich sagen, dass ich Autistin bin oder Autismus habe. Ich finde es sehr weird "auf dem Spektrum" zu sagen, vor allem da es wie du gesagt hast unklar ist. Autismus ist kein negatives Wort
Anmerkung (Nachdem ich die komplette Antwort bereits geschrieben habe): Ich hab so viel gequasselt und nun absolut keine Energie mehr, um mir das alles vor dem Abschicken durchzulesen. Also entschuldige ich mich schon mal für eventuelle Tippfehler oder wirre Satzbaustrukturen oder unvollendete Gedankengänge und all sowas eben.
Okay, weiter geht's:
Schlussendlich musst du das natürlich wirklich von Person zu Person anders handhaben.
Aber ich selber (und ich habe das online in der Autisten-Community auch oft mitbekommen) bevorzuge den Begriff "Autistin". Manchmal sage ich auch, dass ich Autismus habe, ja. Doch wenn ich mich entscheiden müsste, so würde ich sagen:
Ich bin Autistin.
Ich habe keinen Autismus.
Autismus zu "haben" klingt so, als wäre es etwas, was nicht mit einem selbst verbunden ist. Es klingt wie etwas, das man ablegen kann. Mein Autismus ist kein Handtäschchen. Alles an mir ist autistisch, alles wird von mir durch meine "autistic lens" betrachtet. Es gibt keinen Neurotypismus in mir. Ich bin keine neurotypische Person, die Autismus hat, sich autistisch verhält, verstehst du? Bei der Entwicklung meines Gehirns entwickelte es sich nie erst "neurotypisch" und dann mittendrin "autistisch", um das mal dumm zu formulieren.
Es ist natürlich etwas anderes, wenn man den Begriff beleidigend verwendet. Solche Leute hasse ich. Das selbe gilt für das Wort "behindert" (Dazu komme ich gleich auch). Wer sowas macht, der ist hoffentlich nicht älter als 16 und hört noch vor 18 damit auf. Es ist nicht edgy, es ist nicht lustig, es ist nicht cool.
Du dürftest also schon sagen, dass ich Autistin bin. Wobei ich es lieber hätte, wenn man mich bei meinem Namen nennt. Oder wenn du über mich mit einer anderen Person redest, könntest du sagen "das Zitruseulchen" und nicht "die Autistin". Aber du kannst natürlich sagen "Ah, das ist das Zitruseulchen. Sie ist Autistin." (Wobei ich das dann lieber selber sagen würde, aber du verstehst mich schon.)
"Autist(in)" ist schließlich kein schlimmes Wort. Es ist eine Tatsache. Du nennst deinen Tisch auch Tisch und nicht "Holzplatte mit vier Beinen". Oder "Holzplatte mit Vier-Bein-Syndrom" o.Ä. Neutraler geht es quasi gar nicht mehr. (Schlechtes Beispiel. Tischbeine kriegt man irgendwie ab. Autismus nicht. Gute Beispiele bringen war aber auch noch nie meine Stärke.)
Viele Menschen, die sich vehement gegen Begriffe wie "Autist" oder "behindert" stellen, tun so, als würden sie sich ganz dolle um uns Behinderte Sorgen machen, doch was ist an den beiden Wörtern so schlimm? Weshalb darf man angeblich nicht "behindert" sagen (Solange es nicht beleidigend verwendet wird und das merkt man sehr schnell)? Meiner Meinung nach ist es weitaus ableistischer, sich unbedingt vor dem Wort hüten zu wollen. Es sollte nicht peinlich und unangenehm sein, sowas zu sagen.
Aber für viele ist es das. Und weshalb? Weil sie behindert sein als etwas durchweg Negatives ansehen.
Natürlich möchte man niemanden "behindert" nennen. Das wünscht man ja gar niemandem und das ist etwas wirklich schreckliches! So denken viele. (Ich kann hier aber nur über Autismus als Behinderung reden. Andere Behinderungen - insbesondere solche, die durch Krankheiten entstanden bzw. erst im Laufe des Lebens erworben wurden, sind wahrscheinlich eine andere Geschichte.) Vielleicht denkst du das auch. Vielleicht denkst du, niemand hätte es verdient, Autist zu sein oder Autismus zu haben oder was auch immer. Vielleicht tut es dir leid, dass ich Autistin bin und dadurch behindert bin (oder auch nicht, keine Ahnung).
Doch auch eine behinderte Existenz hat ihre Daseinsberechtigung. Ich brauche kein Mitleid, weil ich behindert/autistisch bin. Man sollte nicht versuchen, Behinderungen als eine Tragödie anzusehen. Zu denken, man würde uns damit helfen. Es gibt halt eben behinderte Menschen auf der Welt. Bei manchen sieht man es, bei manchen nicht. Bei manchen deutlicher als bei anderen.
Ich finde es auch seltsam, wie manche Menschen ganz stark versuchen, die Menschlichkeit in uns Autisten und behinderten Leuten hervorzuheben. Es soll unbedingt ganz dolle auf die Menschlichkeit geachtet werden. Aber alleine das ist schon wieder ableistisch. Ich meine: Sorry, aber soll das etwa heißen, dass solche Leute wirklich so stark Angst/Ekel o.Ä. davor haben? Wieso müssen sie erst daran denken, dass wir auch Menschen sind und wieso müssen sie dafür unseren Autismus und unsere Behinderung erst in den Hintergrund rücken? Nein, ich bin Autistin, ich bin behindert und ja, ich bin auch ein Mensch. Selbstverständlich bin ich das!
Man muss das Kind halt beim Namen nennen können. Ja, es gibt viele Dullis, die mir richtig auf die Eierstöcke gehen, welche die Begriffe völlig falsch verwenden. Aber ich meine: Wenn wir alle stattdessen "beeinträchtigt" sagen würden ... dann würden diese Leute stattdessen eben "beeinträchtigt" als Beleidigung verwenden. "Ey, bist du beeinträchtigt?", "Voll beeinträchtigt!" etc. Ist doch das selbe, nur in Violett.
Das Wort "behindert" oder "Autist" ist ja nicht so wie der R-Slur. Den Mist braucht wirklich niemand in den Mund zu nehmen.
Du kannst meinen Autismus nicht von mir trennen. Du kannst meine Behinderung nicht von mir trennen. Du kannst auch nicht in die Zeit zurückreisen und dafür sorgen, dass der Türke zwei Häuser weiter nicht als Türke, sondern als Schwede geboren wird. Geht halt nicht. Der Türke ist ein Türke, ich bin Autistin und behindert. Selbstverständlich sieht nicht jede autistische Person ihren Autismus als Behinderung (was okay ist, geht mich ja nichts an), doch ich kann für mich selbst sagen, dass mein Autismus mich definitiv behindert. Die Gesellschaft und meine Sozialphobie ebenfalls, aber mein Autismus auch. Es gibt einige Dinge, die ich nicht tun kann (oder die mir viel schwerer fallen, viel länger brauchen, mir viel mehr Energie abzwicken, nach denen ich viel längere Pausen brauche, bei denen ich mich viel länger vorbereiten muss usw.), die die meisten anderen Menschen tun können.
Es ist okay, eine Behinderung einfach als etwas Neutrales anzusehen.
Früher habe ich jedoch das Wort "behindert" gehasst. Ich wollte alles sein, nur nicht behindert. Es war sehr schlimm. (Kontext: Ich wurde mit fast 10 Jahren mit Autismus diagnostiziert.) Insbesondere als ich 12-18 war, war sie am stärksten, diese Abneigung. Ich hatte das Wort auch früher selbst ab und an beleidigend verwendet. Meistens mir selbst gegenüber. Ich sagte, ich sei behindert, aber ich sagte es nicht neutral, sondern um mich selbst fertig zu machen.
Du kannst einen Autisten nicht ohne seinen Autismus betrachten. Du kannst seinen Autismus nicht in den Hintergrund drücken. Was denkst du denn, wie viel alleine mein Autismus für mich ausmacht? Mein Autismus ist nichts, was ich nur in/an bestimmten Situationen/Tagen mitbekomme. Mein Autismus ist konstant. Er zeigt sich auch jetzt gerade. Zum Beispiel in dieser Antwort. Die Gefühle, die ich während dem Schreiben fühle, sind nur durch meinen Autismus so stark. Meine Bewegungen sind autistisch. Meine Gedanken sind autistisch. Ich will nicht sagen, dass die Tatsache, dass ich gerade schniefen musste, an meinem Autismus liegt (Das wärs), aber mein Autismus wandert in so vieles hinein. In so viele Alltagssituationen. Daran denken viele gar nicht. Viele sehen nur das, was sie sehen. Du kannst tun, was du willst, aber einen Menschen und seinen Autismus separat sehen zu wollen, ist unmöglich und - und ich weiß, ich benutze dieses Wort oft - ableistisch.
Leider sind auch Ärzte dazu in der Lage, Schwachsinn zu labern. Beziehungsweise nicht direkt Schwachsinn, aber ... sie sollte dich darüber nicht belehren. Ihre Aussage war viel zu verallgemeinernd. Wenn eine autistische Person zu dir sagt, dass du sie nicht direkt "Autist" nennen sollst oder "behindert", dann hast du das natürlich zu akzeptieren, doch na ja. Du verstehst schon, was mein Punkt ist.
Um noch ganz kurz zu "auf dem Spektrum" zu kommen: Wo auf dem Spektrum? Genau. Da ist schon das Problem. Denn das Autismus-Spektrum ist nicht linear. Es geht nicht von leicht bis stark, mild bis extrem, ein bisschen bis enorm. Das denken viele, doch nein, so funktioniert das nicht. (Am besten einfach mal "autism wheel" googlen. Dann solltest du Erklärungen finden.)
Okay, ich hab nun so viel gelabert, dass ich nicht weiß, ob ich alles gesagt habe, was ich sagen wollte. Wahrscheinlich nicht. Na ja, egal. Ich hoffe, das ergab alles irgendwie Sinn.
Oh wow, danke! Das hat mich sehr gefreut, zu lesen. Wie süß. >‿<
Oh mein Gott!! Danke für diese Mega coole, ausführlich Antwort!!! Ich bin super happy, dass du das so siehst, ich nämlich auch. Wenn dir noch was dazu einfällt, kannst du natürlich immer wieder Antworten. Und Rechtschreibung war okay 😂👍