Genitiv oder Dativ - was ist richtig?
Heißt es
Ein Kuss des Gitarrenjungen
Oder
Ein Kuss vom Gitarrenjungen?
8 Antworten
Zu allem Übel gibt es noch den Unterschied von genitivus subjectivus und
genitivus objectivus.
Bei "der Kuss des Gitarrenjungen" denkt man natürlich, dass der Gitarrenjunge geküsst hat.
Es wäre aber auch eine Situation denkbar, wo jemand kritisieren will, dass ein Mann einen Gitarrenjungen in aller Öffentlichkeit geküsst hat. Dann könnte er verkürzt auch sagen: der Kuss des Gitarrenjungen in aller Öffentlichkeit war fehl am Platze.
Das wäre sprachlich nicht elegant, aber eine weitere denkbare Bedeutungsvariante.
Wenn man "von" benutzt, hat man eine (in schlechtem Deutsch gesprochene) Präpositionalbildung. "von" regiert den Dativ.
Hätte man gesagt, "ein Kuss durch den Gitarrenjungen" , dann wäre es auch gegangen, denn man kann ja etwas durch jemand erhalten. In dem Fall hätten wir den Akkusativ, aber eben wegen der Präposition "durch".
Das Deutsch wäre dann aber genauso schlecht.
Vergleichbar ist das nicht. Denn der "Kuss des Jungen" ist ein Genitivattribut, während die Problematik des Dativs, der "dem Genitiv sein Tod" sei, sich auf Objekte im Satz bezieht.
Beides gleichrichtig. Das Genitivattribut ist natürlich richtig, wie dir hier auch jeder bestätigt hat, aber auch die zweite Variante ist nicht falsch; die Präposition von erfordert den Dativ.
Sinnlicher ist natürlich die Präpositionalkonstruktion (Ein Kuss vom Gitarrenjungen), weil sie räumlich ist und folglich die Imagination des Lesers mehr anspricht. Das ist auch der Grund, warum man den Genitiv in der Umgangssprache für so etwas nicht verwendet (vermute ich).
Mir ist es ein Rätsel, warum eine Präpositionalphrase schlechtes Deutsch sein soll. Da zeigt sich wieder, wie sehr der Bildungsbürger den Genitiv liebt – bestärkt auch noch durch Bastian Sicks Wahnsinn von einem Buch.
Wie auch schon aufgezeigt wurde, kann der Genitiv wegen seiner zwei Varianten subjectivus und objectivus für Komplikationen sorgen. Es kann sowohl heißen, dass der Gitarrenjunge geküsst wird als auch, dass der Gitarrenjunge küsst. Durch den Kontext ist diese Verwirrung aber sowieso nicht gegeben.
Wie gesagt, ich rate dir zur Präpositionalphrase, an Genitiven findet man so und so genug.
Richtig wäre 'Ein Kuss des Gitarrenjungen' aber der Dativ verdrängt den Genitiv immer mehr. 'Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod'... ;)
Er wird nicht verdrängt. Das hat nur Bastian Sick in seiner unwissenschaftlichen Naivität angenommen. Der Genitiv erfreut sich seines Lebens mehr denn je, auch wenn er klugerweise in der Umgangssprache nicht für Präpositionen gebraucht wird (wegen, trotz etc.) und auch nicht für Attribute.
Es hat kein goldenes Zeitalter gegeben, in der der Genitiv mal von jedermann benutzt wurde und alles toll war. Präpositionalphrasen bekommen in der Umgangssprache immer den Vorzug, weil sie räumlich und nicht so abstrakt wie ein Kasus sind.
Warum schreibst du keinen kompletten Satz?
Ich habe gestern einen Kuss vom Gitarrenjungen bekommen.
Küsse des Gitarrenjungen sind sehr begehrt.
So geht es auch. Wenn die Konstruktion so gemacht wird, ist es kein verunglücktes Attribut, sondern wird eindeutig als Objekt vom Prädikat gesteuert.
Hier wäre "des" völlig unmöglich, unter einem Genitivobjekt versteht man etwas völlig anderes.
Nur aus Interesse. Was versteht man unter einem Genitivobjekt? Mir stößt die Bezeichnung ja immer ein bisschen ungut auf, genauso wie Dativobjekt.
Hier ist es ganz gut erklärt, wie ich finde:
http://www.canoo.net/services/OnlineGrammar/Satz/Satzglied/Objekt/Genitiv.html
Akkusativobjekt: ich sehe den Jungen
Dativobjekt: ich helfe dem Jungen
Genitivobjekt: ich gedenke des Jungen
die Analoga für Präpositionalobjekte:
Ich helfe durch den Jungen.
Ich nehme Notiz von dem Jungen.
Ich bin allein trotz des Jungen.
... Schön, dass er trotzdem von Sprachkundigen verwendet wird. Klimgt einfach gut.