Fotografisches Gedächtnis - haben traumatisierte Menschen es öfter als "der Durchschnitt"?
Bzw. womit hängt es zusammen? Wie kommt es dazu? Wird es vererbt?
5 Antworten
Ich glaube kaum, dass das durch ein Trauma entsteht. Ich denke eher, es ist der Mangel an der Fähigkeit, das Unwichtige auszusortieren. Das Gehirn wird ständig von unzähligen Reizen überflutet. Die eine der wichtigsten Funktionen des Gehirns ist, die unwichtigen Reize zu vergessen und die wichtigsten zu einem sinnvollen Gesamtbild zusammen zu setzen. Wer das nicht kann, hat ein photografisches Gedächtnis. Das bedeutet aber wohl gleichzeitig, dass er nicht erkennt, was wichtig ist und was nicht.
Ich habe von Menschen mit fotografischem Gedächtnis gelesen, die das als schreckliche Qual empfanden. Du erinnerst dich dann eben an jeden Blödsinn. Du weisst, dass diese Sachen völlig unwichtig sind, aber sie drängen sich doch immer wieder in dein Bewusstsein. Das nervt, wie ein Ohrwurm, den du immer wieder singen musst.
Nein? Ein Trauma wird ja nicht vererbt, es wird "erlernt" durch eben traumatische Situationen.
Und sie haben auch kein fotographisches Gedächtnis. Ihr gutes Gedächtnis bezieht sich primär auf Dinge, die mit dem Trauma zu tun haben.
Deswegen kann Dir ein Mensch mit einem Trauma auch noch nach Jahren oder Jahrzehnten exakt beschreiben, wie ein Raum aussah, der mit einem Trauma zusammenhängt. Es hat sich ins Gedächtnis gebrannt. Grund dafür ist, dass Erinnerungen, die mit einem Trauma verknüpft sind, nicht ordentlich "abgeheftet" werden.
Normale Erinnerungen werden chronologisch wegsortiert. Wie Fotos in einem Album. Je mehr Seiten Du umblätterst und mit mehr Fotos füllst, desto schwächer werden Erinnerungen an Fotos, die Du auf die ersten Seiten geklebt hast. So funktioniert unser Hirn.
Aber bei einem Menschen mit Trauma ist das nicht so. Es ist, als hätte man die Seite mit den Fotos von Trauma immer auf Kurzwahl. Die kleinste Sache; ein Geruch, eine Farbe, ein Raum, ein Geräusch und Zack, man hat das Foto vor Augen. Weil es ganz oben auf dem Fotoalbum draufliegt oder eben durch eine Art Lesezeichen markiert ist, das automatisch diese Seite öffnet.
Vermutlich stimmt das genau so, wie Du es beschreibst. Aber eine Frage noch an Dich - Du schreibst: "Deswegen kann Dir ein Mensch mit einem Trauma auch noch nach Jahren oder Jahrzehnten exakt beschreiben, wie ein Raum aussah, der mit einem Trauma zusammenhängt." Vergessen, bzw. verdrängen nicht Viele die Traumata, bzw. viele Dinge im Zusammenhang damit? Eben gerade wie Dinge aussahen oder waren? Und können das dann eben nicht beschreiben?
Nein, das ist eher mit dem absoluten Gehör zu vergleichen. Mit Traumata hat es nichts zu tun.
Nein. Das ist eher was Angeborenes.
Nein, nicht öfter.
Also längst nicht so toll, wie man zunächst denkt?