Findet ihr, dass altmodische Wohnungen immer = spießig sind?


15.04.2020, 19:02

Irgendwann hat meine Oma ihr Haus dann renoviert. Neue Gardinen, neue Tapeten, usw. Ich kann ja auch nachvollziehen, dass sie sich da wohler fühlte. Aber für mich als Kind hatte das Haus ohne rußgeschwärzte Wände und Samt-Vorhängen irgendwie keine "Atmosphäre" mehr.

6 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Spießig ist für mich ein Begriff für ein Haus ohne Charakter, ohne Leben, wo alles so aussieht, wie aus dem Katalog bestellt.

Das sehe ich genauso. Alles kühl, steril, "nordisches" Design, alles immer supersauber wie geleckt, kaum Deko, einfach nix; selbst die Küchen sehen immer aus wie noch nie benutzt - es ist befremdlich für mich... man sieht kaum, dass da jemand wohnt, das Bild erinnert eher an Werbeprospekte oder an die tristen Bien-Zenker-Musterfertighäuser, durch die man früher auf dem Mannheimer Maimarkt gehen konnte (wahrscheinlich ist das heute immer noch so, war schon lang nicht mehr dort) um sich zu informieren. Es ist im Grunde grotesk.

Ich hatte 2015 oder 2016 mal einen Kunden zuhause besucht, weil er Beratung zuhause gewünscht hat; das Haus war furchtbar charakterlos und ein Sammelsurium betont geschmacksneutraler Möbel. Alles modern, alles kühl, alles Pressholz, selbst das Sofa sah ungemütlich aus und statt eines Wohnzimmerschranks gab's nur "coole" Lowboards. Ich fühlte mich da wie in einem Wachsfigurenkabinett oder einem Möbelhaus. Sogar die Gläser, aus denen wir Wasser tranken, waren total schlicht und "nordisch". Es wirkte nicht im Geringsten gemütlich und noch nicht mal hochwertig oder geschmackvoll ausgesucht, sondern so, als hätte man im Möbelhaus wahllos alles eingepackt, das gerade als Ausstellungsstück weit unter seinem eigentlichen Neukaufpreis verramscht worden war. Wenn jemand so lebt, warum nicht, aber ich würde mich unwohl fühlen - bin aber auch anders aufgewachsen. Wobei ich denke, dass sogar das "Nordische" nicht so kühl und steril und nüchtern ist wie das, was hierzulande als nordisch gilt.

Was die Mehrheit als "altmodisch" wahrnimmt, ist für mich gleichbedeutend mit gemütlichem und gediegenem Wohnen. Gelsenkirchener Barock habe ich auch nicht und auch keine kitschigen Ölschinken oder plünnige Dekorationen, aber bei mir sieht alles trotzdem ein wenig wie in den 80ern/90ern aus. Dafür ist es sehr gemütlich - ich sage immer... dieses Haus ist sauber genug, um gesund zu sein, aber dreckig genug, um glücklich zu sein. Und man sieht, dass da zwei Leute wohnen und nicht nur am Putzen sind.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Mein Opa hat am Bau gearbeitet und hat in der Nachkriegszeit viele Häuser abgerissen. Oft standen da noch alte Einrichtungsgegenstände, die er mitgenommen hat. Und meine Oma hat ein paar Jahre lang in der Altenpflege gearbeitet und hat dort von vielen Senioren auch Geschenke bekommen.

Ein Senior wollte ihr sogar mal einen Schrank aus echtem Ebenholz schenken, aber der hätte überhaupt nicht in die Wohnung gepasst von der Größe her.

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Du kannst dich freuen, denn die alte Plüschmöbel-Stil wird wieder modern. Auch die neue Wandgestaltung orientiert sich wieder an die alte Tapeten, die Stuckornamente und die goldgerahmten Spiegeln.

Wenn, wie jetzt, bei den Discounter und bei Ikea, das ganze grau-beige viereckig zusammengezimmertes Zeug mit Betondeko ausverkauft wird, spürt man den anderen Wind. Schick werden wieder Wände in Russisch grün, alte Wiener Türklinken, große Teppiche, Biedermeier Sofas, solide Holzschränke. Kristallkandelaber und feierliches Pozellan.

In den Großstädten im Ausland hat es sich schon durchgesetzt, Deutschland hinkt ein wenig hinterher, aber das ist normal. Die neue Trends entstehen selten in Deutschland.

Wird das Wort spießig überhaupt noch viel benutzt ? Ich kenne das hauptsächlich das es vor ca. 30-50 Jahren genutzt wurde wo sich die jungen von Ihren Eltern und Großeltern distanzieren wollten.

schöne Altbauwphnungen sind keineswegs spießig, vielmehr die Reiehnhäuser in den Vorstädten.

Ja, dem stimme ich voll und ganz zu!

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Ehrlich gesagt, diesen Vergleich habe ich noch nie beobachten können. Und ich lese durchaus äußerst viele Bücher.

Aber ich würde dir vollkommen zustimmen, die Begriffe sind eher Gegensätze.