Je weiter weg, desto kleiner wird es aber...?

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ja, das ist korrekt.

es gibt einen punkt (wo genau der liegt hängt vom exakten kosmologischen modell ab. bei unserem derzeit favorisierten LCDM modell liegt er bei einer rotverschiebung von ca. z~1.5), jenseits dessen dieser effekt eintritt, d.h. dass weiter entfernte objekte größer erscheinen (bei selber tatsächlicher größe) als näher liegende.

eben deshalb weil das universum expandiert, das licht allerdings eine endliche ausbreitungsgeschwindigkeit hat, wodurch früher ausgesandte lichstrahlen (als die galaxie noch viel näher war) und sehr viel später erreichen als sie es in einem statischen universum tun würden. dadurch können sie, jenseits dieses turnover points, uns gleichzeitig erreichen mit lichtstrahlen welche erst später von einer anderen galaxie ausgesandt wurde, welche zu diesem zeitpunkt bereits weiter weg von uns war (aber immer noch näher als die erste, die ja inzwischen aufgrund der expansion noch viel weiter weg ist).

konkret passiert das wenn die galaxie beim aussenden der lichtstrahlen die uns heute erreichen, damals weiter von uns entfernt war als der damalige Hubble radius.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Physiker (Teilchenphysik)

Der Winkel, unter dem ein Objekt erscheint, verkleinert sich mit der Entfernung des Objekts auch dann, wenn das Licht noch bei größerer Nähe ausgesandt wurde. Der Raum als solcher dehnt sich, und mit ihm auch die Komponente der Sichtlinien in Ausdehnungsrichtung.

Ergänzung, nach detaillierterer Recherche:

Es gibt zwei Distanzen ferner Galaxien:

Die Entfernung, die aus der Leuchtkraft ferner Objekte mit bekannter Helligkeit (sog Standardkerzen, zB Supernovae) folgt (Luminosity Distance rL)

Die Entfernung, die aus dem Winkel folgt, in den ein Objekt bekannter absoluter Größe passt (Angular Distance rA).

Mit Hilfe der Rotverschiebung z gibt es eine einfache Beziehung zwischen beiden, Etherington's Distance Duality Equation (die vom genauen Expansionsmodell unabhängig ist,

rA/rL = 1/(1 + z)^2

Daraus folgt, dass in der Nähe, für z << 1, die Winkelentfernung sich etwa so verhält wie die Leuchtkraftentfernung, dass also entferntere Objekte gleicher Art kleiner erscheinen, wie gewohnt, dass für größere z aber die Winkelentfernung hinter die Leuchtkraftentfernung zurückfällt und die Objekte nicht mehr kleiner erscheinen. Da rL selbst mit z wächst (hier wird das Expansionsmodell wieder wirksam), kann rA mit wachsender Entfernung abnehmen, und die Objekte erscheinen sogar wieder größer.

Eine anschauliche Begründung ist, dass eine Galaxie wegen ihrer gravitativen Bindung zwar ihre absolute Größe beibehält, ihr Abbild aus ausgesendetem Licht aber der Expansion folgt und sich auf der Reise zum Beobachter um den gleichen Faktor (1 + z) aufbläht wie die Wellenlänge.

Reggid  13.07.2022, 10:51

nein, der winkel bleibt derselbe der er war als das licht ausgesandt wurde. zumindest in einem räumlich flachen universum, und davon geht man momentan aus.

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Reggid  13.07.2022, 18:29
@hologence

ich habe mir das angesehen und bin der meinung dass dieser satz in dem artikel

If we had an expanding Universe with nothing but matter in it, the angular scale would get progressively smaller in a quantitatively different fashion, but the farther away you looked, the same-sized object would always look smaller than a closer version of the same object.

nicht korrekt ist. zumindest nicht für ein flaches universum.

ändert aber natürlich nichts an der (korrekten) grundaussage des artikels, die auch die frage des fragestellers beantwortet.

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DerJens292  13.07.2022, 23:17
@Reggid

"Zumindest in einem räumlich flachen Universum"

Ja wo simmer denn? Früher gab es auch mal eine "Flache" Erde. Und wer da nicht daran geglaubt hat, wurde von dessen Rand ins Meer gestoßen.

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Reggid  13.07.2022, 23:28
@DerJens292

ein universum ohne globale räumliche krümmung (ein sog. "flaches" universum) ist immer noch die einfachste mit allen daten kompatible annahme (weil man bisher nämlich keine solche globale räumliche krümmung messen konnte) und daher auch unser derzeit gängiges modell des universums.

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hologence  17.07.2022, 08:08
@Reggid

ich habe noch näher recherchiert, s. die zweite Ergänzung in der Antwort. Die Neugier wirkt immer noch.

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Reggid  17.07.2022, 12:44
@hologence
rA/rL = 1/(1 + z)^2

das ist korrekt.

Da rL selbst proportional zu z ist.

das ist nicht korrekt.

nicht dass das jetzt wichtig wäre, aber es ist halt nicht korrekt.

der artikel den du gefunden hast handelt von irgendwelchen privaten tired light models und "dichotomous cosmologies" des authors. der artikel ist publiziert in "International Journal of Astrophysics and Space Science", herausgegeben von der "Science Publishing Gourp". das ist ein sog. predatory journal, das gegen bezahlung jeden bullshit veröffentlicht und nichts mit wissenschaftlichen publikationsstandards zu tun hat. berichte dazu hier ( https://allaboutwork.org/2015/01/26/predatory-journals-an-experiment/ ) und hier ( https://www.emeraldcityjournal.com/2016/05/science-publishing-group-a-complete-scam/ ).

der author gibt als affiliation das "Athens Institute for Education and Research" and (und eine @yahoo email adresse). zumindest die englisch sprachige wikipedia seite "list of research institutes in greece" ( https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_research_institutes_in_Greece ) hat davon noch nichts gehört. selbstbeschreibung ist !ATINER is a World Association of Academics and Researchers based in Athens with a Mission to become a forum where Academics and Researchers from all over the world can convene in Athens in small groups like in ancient Athenian symposiums, exchange ideas on their research and discuss future developments in their disciplines, as well as engage with professionals from other fields". mitglied kann jeder gegen bezahlung (500€ einmalig + 50€ jährlich oder 2000€ lebenslang) werden. formular hier ( https://www.atiner.gr/member.doc ). der author hat auf dieser seite einen lebenslauf: https://www.atiner.gr/bio/Heymann.pdf

Yuri Heymann was born on the 7th of November 1974 in Greece, and is a Swiss citizen. After completing engineering studies at the Swiss Federal Institute of Technology in Lausanne, Yuri Heymann pursued graduate studies at the Georgia Institute of Technology and obtained a Master of Science in Quantitative and Computational Finance in 2003. Yuri Heymann has eleven years of experience in financial services and is currently working as a Quantitative Developer / Manager, Product Development at Axioma inc.

hat jetzt nichts direkt mit der frage und deiner antwort zu tun, aber sorry, der artikel ist reiner bullshit.

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hologence  17.07.2022, 13:53
@Reggid

wenn der Artikel Bullshit ist, wo findet man denn Etheringtons eigene Herleitung seiner Gleichung?

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Reggid  17.07.2022, 14:24
@hologence

das original (bzw neu publiziert) ist dieses

https://link.springer.com/article/10.1007/s10714-007-0447-x

ich habe jetzt keinen open access zugang gefunden, aber wenn es dir wichtig ist kann ich vermutlich über meine institution freien zugang haben.

man kann die relation aber auch sehr leicht selbst herleiten (einfache dL und dA herleiten) kann ich dir auch was schreiben dazu wenn ich dazukomme, wenn du möchtest.

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hologence  17.07.2022, 15:36
@Reggid

danke, habe ich - wenn ich darin D^2 = rG^2(1+z)^2 richtig verstehe, dann fehlt noch der modellabhängige Zusammenhang zwischen rG und z, um die unrichtige Proportionalität zwischen D und z durch die korrekte Abhängigkeit zu ersetzen - korrekt?

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Reggid  17.07.2022, 17:29
@hologence

ja, du brauchst den zusammenhang zwischen rG und z.

rG = a(t_a) * r

wobei a(t_a) der skalenfaktor bei absorbtion der lichtstrahlen ist (also heute, oft wählt man a(t_a) = 1, denn am ende kürzt es sich für jede physikalische observable raus), und r die radiale FLRW koordinate der galaxie.

in diesen koordinaten hat die FLRW metrik die form hat ds^2= - c^2*dt^2 + a(t)^2 [ dr^2/(1-k*r^2) + r^2 (dtheta^2 + sin^2(theta)dphi^2)]

was fehlt ist ein ausdruck für r in abhängigkeit von z.

der lichtstrahl bewegt sich von der galaxie radial auf einer null-geodäte zu uns, also

-dr/Sqrt[1-k*r^2] = c * dt/a(t)

und für einen lichtstrahl von r nach 0, emittiert und absorbiert bei zeiten t_e und t_a somit

Integral_0^r dr/Sqrt[1-k*r^2] = c * Integral_(t_e)^(t_a) dt/a(t)

die rotverschiebung in abhängigkeit des emissionszeitpunkt die wir heute (bei t=t_a) beobachten ist 1+z(t)=a(t_a)/a(t),

daraus ergibt sich dz/dt = - a(t_a)*a'(t) / a(t)^2, und mit a'(t)/a(t) = H damit dann

dt = - dz * a(t)/( a(t_a)*H )

und damit haben wir auf der rechten seiten

(c/a(t_a)) * Integral_0^z dz/H(z) =: X/a(t_a), wobei X die comoving distance ist.

das integral auf der linken seite lässt sich auch lösen (in abhängikeit vom vorzeichen vom krümmungsparameter k), und aufgelöst nach r erhalten wir

rG = a(t_a)*r = f_k ( X(z) ),

mit

X(z) = c * Integral_0^z dz/H(z)

f_k(x) =Sin(Sqrt[k]*x)/Sqrt[k] für k>0

= x für k = 0

= Sinh(Sqrt[-k]*x)/Sqrt[-k] für k <0

die abhängigkeit vom physikalischen modell hast du in k und vor allem in H(z), mit

H(z) = H_0 * Sqrt[WR*(1+z)^4+WM*(1+z)^3+Wk*(1+z)^2+WL]

mit den density paremtern zum heutigen zeitpunk für strahlung WR, materie WM, krümmung Wk und dunkler energie (beschrieben durch kosmologische konstante) WL, wobei WR+WM+Wk+WL = 1, und k = - Wk*a(t_a)^2*H_0^2

messergebnisse zeigen WR~Wk~0, WM~0.3, WL~0.7

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hologence  17.07.2022, 19:57
@Reggid

wow - wenn ich jetzt noch eine geschlossene Lösung für das Integral dz/H(z) hätte, könnte ich die gängigen Kurven nachvollziehen, nach denen die Angular Distance fur große z asymptotisch gegen einen konstanten Wert zu gehen scheint und sehen, ob dieser Wert 0 ist (was bedeuten würde, dass die fernsten Galaxien den ganzen Himmel füllen wie der CMB).

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Reggid  17.07.2022, 20:21
@hologence

eine geschlossene lösung wirst du nur für spezialfälle finden. für den allgemeinen fall wirst du um numerische methoden nicht herumkommen. ist ja auch kein beinbruch.

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Reggid  17.07.2022, 20:41
@Reggid

aber für z gegen unendlich sollte die angular diameter distance in der tat gegen null gehen. denn das integral konvergiert (zumindest wenn WR (oder WM) ungleich 0 sind, weil dieser term dominiert im integranden für gegen unendlich. und das ist in jedem fall gegeben. WR ist ja in unserem universum auch nicht exakt 0. es gibt ja strahlung), und dann ist noch ein faktor (1+z) im nenner, und damit geht das ganze gegen 0.

macht sinn. weil eine galaxie bei z gegen unendlich licht direkt beim urknall ausgesendet hat, und damals war das gesamte beobachtbare universum in einem punkt konzentriert.

das ist die mathematische lösung.

physikalisch gibt es mindestens zwei probleme.

1) damals gab es keine galaxien. und vor allem war das universum damals gar nicht lichtdurchlässig, das wurde es erst 300.000 jahre später. damals ausgesandte lichtstrahlen erreichen uns also sowieso nicht.

2) gehen wir hier wirklich bis zur urknallsingularität. und da ist sowieso kein modell vertrauenswürdig.

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hologence  18.07.2022, 06:41
@Reggid

Numerische Lösung sollte in der Tat kein Problem für mich sein - Programmieren ist meine längste Erfahrung. Und das ganze Thema ist damit das Puzzleteil zwischen fernen Galaxien und CMB, das ich immer vermisst habe, und ein relativ elegantes noch dazu. Vielen Dank für die Mühe.

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Das Universum ist 13,7 Milliarden Jahre alt. Das sichtbare Universum hat einen Radius von 46 Milliarden Lichtjahren und breitet sich also mit Überlichtgeschwindigkeit aus. Genauer gesagt wird der Raum zwischen den Sternen ständig größer, nämlich mit der Hubble-Rate von etwas über 70km/s pro Megaparsec. Der kosmische Ereignishorizont liegt bei etwa 16 Milliarden Lichtjahren. Was weiter weg ist wird nur relativ größer, damit lichtschwächer und das auch noch rotverschoben. Siehe zum Beispiel https://vsda.de/astronomie-ohne-teleskop-unser-gefolgertes-universum/

Darum hat das neue James-Webb-Teleskop auch gar keine so überragende Auflösung - die braucht es nicht um die ältesten Galaxien zu sehen. Sondern es guckt im Infrarotbereich.

Am extremsten siehst Du das an der kosmischen Hintergrundstrahlung. Die kommt überall vom Rand des sichtbaren Universums als Überbleibsel der Zeit wo das Universum durchsichtig wurde, etwa 380.000 Jahre nach dem Urknall. Damals war das Universum aber noch relativ winzig.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Physikstudium

In der modernen Kosmologie ist von Deiner dargestellten Vergrößerung der Abbildung des frühen Universums nichts bekannt.

Deshalb halte ich nichts von deiner Darstellung.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
Reggid  13.07.2022, 11:21

die moderne kosmologie weiß davon schon ziemlich lange (also seit man von der beschleunigten expansion weiß, also auch schon über 20 jahre).

https://en.wikipedia.org/wiki/Angular_diameter_distance?wprov=sfla1

(gibt auch andere quellen wenn dir wikipedia nicht gefällt, aber das ist am einfachsten zu verlinken).

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Reggid  13.07.2022, 17:44
@Reggid

korrektur meinserseits: der effekt tritt auch ohne beschleunigte expansion auf, also weiß man es bereits schon sehr viel länger als 20 jahre.

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