Caesars Todestag?

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Gaius Iulius Caesar ist am 15. März (Iden des März) des Jahres 44 v. Chr. ermordet worden. Eine Verschwörergruppe hatte ein Attentat geplant. Caesar ist zu einer Senatssitzung gekommen. Verhandelt werden sollte über einen Einspruch, den Marcus Antonius als Augur unter Berufung auf göttliche Vorzeichen dagegen eingelegt hatte, Publius Cornelius Dolabella als Nachrücker zum Konsul zu ernennen. Als Versammlungsraum diente die Kurie (curia) des Pompeius, die sich am Eingang zum Theater des Pompeius befand. Caesar beabsichtigte, am 18. März zu einem Feldzug gegen das Partherreich aufzubrechen.

lateinische Quellen:

Marcus Tullius Cicero, Orationes Philippicae 2, 88

Marcus Tullius Cicero, De divinatione 2, 23

Velleius Paterculus 2, 57, 2

Valerius Maximus, Facta et dicta memorabilia 8, 11, 2

Sueton Divus Iulius 81 – 82

griechische Quellen:

Nikolaos von Damaskus, Bios Kaisaros (Βίος Καίσαρος; Leben Caesars [Leben des Kaisers Augustus]; lateinischer Titel: Vita Caesaris), FGRH 90 F 130. 82 - 90

Appian(os), Emphylia (griechisch: Ἐμφύλια; Bürgerkriege; lateinischer Titel: Bella civilia) 2, 116 [480] – 117 [493]

Plutarch(os), Caesar 63 – 66

Plutarch(os), Brutus 17

Cassius Dio 44, 17 – 19

Schlechte Vorzeichen sind vielleicht auch im Nachhinein erzählt worden.

In Einzelheiten über Warnversuche und den genauen Ablauf der Ermordung weichen die antiken Quellen etwas voneinander ab. Die Verwendung von Dolchen ist wahrscheinlicher als die von Schwertern.

Nacht vom 14. zum 15. März 44 v. Chr.

Türen und Fenster des Schlafzimmers öffnen sich.

Caesar und seine Ehefrau Calpurnia haben schlechte Träume, die als Vorzeichen zukünftige Ermordung ankündigen.

Caesar hat einen Schwächeanfall.

Tag des 15. März 44 v. Chr.

Caesar zögert längere Zeit wegen der Träume, Bitten seiner Ehefrau und schlechten gesundheitlichen Befindens, zur Senatssitzung zu kommen. Opfer ergeben schlechte Vorzeichen. Er überlegt, die Senatssitzung durch Marcus Antonius abzusagen und zu vertagen.

Decimus Iunius Brutus Albinus (ein befreundeter Anhänger im Bürgerkrieg, aber nun ein Verschwörer) überredet ihn, den Senat nicht vergeblich warten zu lassen und sich so einen Vorwurf der Geringschätzung zuzuziehen.

Caesar bricht in der fünften Stunde (ungefähr 11 Uhr) auf. Er wird in einer Sänfte getragen.

Wenige Schritte vor der Tür entfernt eilt ein fremder Sklave herbei und wünscht ihn zu sprechen, kommt aber wegen großen Gedränges nicht an ihn heran.

Caesar steckt eine unterwegs überreichte Schrift mit Anzeige des Verschwöungsplans unter die übrigen in der linken Hand gehaltenen Schriften, um sie später zu lesen. Er hält den Inhalt für nicht wichtig und dringend. Oder Artemidoros von Knidos tritt mit einer Schriftrolle an ihn heran, die Caesar als einzige in der Hand behält, aber nicht zum Lesen kommt, weil ihn eine Menge von Leuten immer wieder in Anspruch nimmt bzw. Artemidoros von Knidos wird schon vor Überreichen weggedrängt, ein anderer hat so ein Schreiben überreicht.

Vor Betreten des Senats von Priestern geschlachtete Opfertiere ergeben ungünstige Vorzeichen. Caesar entscheidet sich schließlich, von Decimus Iunius Brutus Albinus ermuntert, trotzdem zur Senatssitzung zu gehen.

Er sagt zu dem Haruspex (Eingeweideschauer) Spurinna, der ihn vor einer Gefahr, die bis zu den Iden des März besteht, gewarnt hatte, die Iden des März seien da und kein Unglück geschehen. Dieser erwidert, die Iden des März seien noch nicht vorüber (oder dieses Gespräch hat an einem anderen Ort zu einer anderen Zeit stattgefunden).

Caesar betritt das Versammlungsgebäude des Senats, während Marcus Antonius von Gaius Trebonius (ein Verschwörer) im Vorraum in ein Gespräch verwickelt wird.

Caesar setzt sich sich auf seinen vergoldeten Stuhl. Senatoren, die zu den Verschwörern gehören, sind ihm gefolgt und haben sich ringsum gestellt. Tillius Cimber bittet um Begnadigung für seinen verbannten Bruder. Caesar lehnt ab. Tillius Cimber ergreift Caesar Toga auf den Schultern und zieht nach unten (das verabredete Zeichen zum Angriff). Caesar ruft „Das ist ja Gewalt!“. Einer der Brüder Servilius Casca verwundet ihn von hinten ein wenig unterhalb der Kehle oder im Nacken oder an der Schulter (mit keinem tiefen Stich). Caesar dreht sich um, ergreift Cascas Arm und packt den Dolchgriff, ruft „Verruchter Casca, was tust du?“, durchbohrt Cascas Arm mit einem Schreibgriffel, versucht aufzuspringen, wird aber durch eine zweite Verwundung in die Brust daran gehindert bzw. Caesar springt vom Stuhl auf, dreht sich um und schleppt Casca mit sich, ein anderer trifft ihn mit dem Dolch in der Seite (der andere Bruder Servilius Casca).

Caesar verhüllt sein Haupt mit der Toga und zieht sie mit der linke Hand bis zu den Knöcheln, als er von allen Seiten Leute mit gezückten Dolchen auf ihn eindringen sieht.

Gaius Cassius Longinus verwundet Caesar im Gesicht (oder verfehlt ihn und trifft Marcus Iunius Brutus an der Hand), Decimus Iunius Brutus Albinus trifft den Schenkel bzw. Marcus Iunius Brutus trifft den Schenkel (oder den Unterleib), Bucolianus (Caecilius Bucilianus) den Rücken.

Nur beim ersten Stoß hat Caesar ein Stöhnen von sich gegeben, obwohl einige erzählt haben, er habe Brutus griechisch zugerufen, „Auch du, mein Sohn“.

Oder Caesar windet sich nach einigen Autoren wie ein wildes Tier in Wut und mit lauten Geschrei gegen die Angreifer, nachdem auch Marcus Iunius Brutus auf ihn einstößt, gibt er schließlich die Hoffnung auf und hüllt sich in sein Gewand.

Caesar fällt neben dem Pompeius-Standbild zu Boden und stirbt.

Caesar erleidet 35 (Nikolaos von Damaskus) bzw. 23 Wunden. Viele der Attentäter, die alle gelobt haben, Caesar zu treffen und ihm eine blutige Wunde zuzufügen, verwunden sich im Gedränge gegenseitig.

lateinische Text und Übersetzungen

Marcus Tullius Cicero, Orationes Philippicae 2, 88:

Sed ad auspicia redeamus, de quibus Idibus Martiis fuit in senatu Caesar acturus. Quaero: Tum tu quid egisses? Audiebam equidem te paratum venisse, quod me de ementitis auspiciis, quibus tamen parere necesse erat, putares esse dicturum. Sustulit illum diem fortuna rei publicae; num etiam tuum de auspiciis iudicium interitus Caesaris sustulit? Sed incidi in id tempus, quod iis rebus, in quas ingressa erat oratio, praevertendum est. Quae tua fuga, quae formido praeclaro illo die, quae propter conscientiam scelerum desperatio vitae, cum ex illa fuga beneficio eorum, qui te, si sanus esses, salvum esse voluerunt, clam te domum recepisti!

Marcus Tullius Cicero, Die philippischen Reden : lateinisch-deutsch. Übersetzt von Manfred Fuhrmann. Herausgegeben, überarbeitet und eingeleitet von Rainer Nickel. Berlin : Akademieverlag, 2013 (Sammlung Tusculum), S. 131/133:

„Doch zurück zur Vogelschau – Caesar wollte sie an den Iden des März im Senat zur Sprache bringen. Ich frage dich: was hättest du dann getan? Ich hörte immerhin, du seiest nicht unvorbereitet erschienen, weil du annahmst, ich würde mich über das erfundene Vorzeichen äußern, das man ja gleichwohl befolgen mußte. Weggefegt hat das Schicksal unseres Staatswesens diesen Termin – hat aber das Ende Caesars auch deine Einstellung zur Vogelschau hinweggefegt? Genug - ich bin jetzt zu der Zeit gelangt, auf die ich eher eingehen muß als auf die soeben erörterten Dinge.“

Marcus Tullius Cicero, De divinatione 2, 23:

Quid vero Caesarem putamus, si divinasset fore ut in eo senatu quem maiore ex parte ipse cooptasset, in curia Pompeia, ante ipsius Pompei simulacrum, tot centurionibus suis inspectantibus, a nobilissumis civibus, partim etiam a se omnibus rebus ornatis, trucidatus ita iaceret, ut ad eius corpus non modo amicorum, sed ne servorum quidem quisquam accederet, quo cruciatu animi vitam acturum fuisse? Certe igitur ignoratio futurorum malorum utilior est quam scientia.

Marcus Tullius Cicero, Über die Wahrsagung : lateinisch-deutsch = De divinatione. Herausgegeben, übersetzt und erläutert von Christoph Schäublin. 3., überarbeitete Auflage. Berlin : Akademieverlag, 2013 (Sammlung Tusculum), S. 155:

„[23] Caesar vollends: wenn er prophetisch geahnt hätte, daß er in dem Senat, den er zum größern Teil selbst ergänzt und ernannt hatte, daß er in der Curia Pompeia, vor dem Standbild eben des Pompeius, unter den Blicken so vieler seiner Offiziere, unter den Händen der hervorragendsten Bürger – die teilweise sogar alles, was sie hatten, ihm verdankten – fallen und dann so daliegen werde, daß niemand zu seinem Leichnam trete – keiner von den Freunden, ja nicht einmal von den Sklaven –: unter welcher Seelenqual – stellen wir uns vor - hätte er da sein Leben geführt? Es ist demnach die Unkenntnis künftigen Unheils gewiß von größerem Nutzen als ein entsprechendes Wissen.“

Velleius Paterculus 2, 57, 2:

Nam et haruspices praemonuerant, ut diligentissime iduum Martiarum caveret diem, et uxor Calpurnia territa nocturno visu, ut ea die domi subsisteret, orabat, et libelli coniurationem nuntiantes dati neque protinus ab eo lecti erant.

C. Velleius Paterculus, Historia Romana : Lateinisch/Deutsch = Römische Geschichte. Übersetzt und herausgegeben von Marion Giebel. Bibliographisch ergänzte Ausgabe. Stuttgart : Reclam, 2014 (Reclams Universal-Bibliothek ; Nr. 8566), S. 145:

„So hatten ihn die Opferschauer gewarnt, er solle sich vor den Iden des März sorgfältig in acht nehmen, und seine Gattin Calpurnia bat ihn, voll Schrecken über eine nächtliche Traumerscheinung, an diesem Tag zu Hause zu bleiben. Auch übergab man ihm Schriftstücke, in denen die Verschwörung angekündigt wurde, aber er las sie nicht sogleich.“

Valerius Maximus, Facta et dicta memorabilia 8, 11, 2:

Spurinnae quoque in coniectandis deorum monitis efficacior scientia apparuit quam urbs Romana voluit. praedixerat C. Caesari ut proximos xxx dies quasi fatales caveret, quorum ultimus erat idus Martiae. eo cum forte mane uterque in domum Calvini Domiti ad officium convenisset, Caesar Spurinnae 'ecquid scis idus iam Martias uenisse?' at is 'ecquid scis illas nondum praeterisse?' abiecerat alter timorem tamquam exacto tempore suspecto, alter ne extremam quidem eius partem periculo vacuam esse arbitratus est. utinam haruspicem potius augurium quam patriae parentem securitas fefellisset.

Valerius Maximus, Facta et dicta memorabilia : lateinisch/deutsch = Denkwürdige Taten und Worte. Übersetzt und herausgegeben von Ursula Blank-Sangmeister. Bibliographisch ergänzte Ausgabe. Stuttgart : Reclam, 1991 (Reclams Universal-Bibliothek ; Nr. 8695), S. 243.

„Weitreichendere Konsequenzen, als es in Rom lieb war, hatte auch Spurinnas Fähigkeit, die Warnungen de Götter zu deuten. Er hatte C. Caesar vorausgesagt, er müsse sich vor den nächsten 30 Tagen, da sie für ihn schicksalhaft seien, in acht nehmen; deren letzter war der 15. März. Als sich am Morgen dieses Tages beide Männer zufällig im Haus des Calvinus Domitius, dem sie ihre Aufwartung machen wollen, begegnen, fragte Caesar Spurinna. »Ist dir klar, daß wir schon den 15. März haben?« Aber jener entgegnete: »Ist dir auch klar, daß er noch nicht vorüber ist?« Weil die gefährliche Zeit angeblich schon vorbei war, hatte der eine keine Angst mehr, der andere jedoch war der Ansicht, daß nicht einmal der letzte Augenblick dieses Zeitraums gefahrlos sei. Hätte sich doch lieber der Wahrsager in seiner Prophezeiung und nicht der Vater des Vaterlands in seiner Sorglosigkeit getäuscht!“

Albrecht  21.12.2022, 17:59

Sueton Divus Iulius 81 – 82:

[81] Sed Caesari futura caedes evidentibus prodigiis denuntiata est. Paucos ante menses, cum in colonia Capua deducti lege Iulia coloni ad extruendas villas vetustissima sepulcra dis[s]icerent idque eo studiosius facerent, quod aliquantum vasculorum operis antiqui scrutantes reperiebant, tabula aenea in monimento, in quo dicebatur Capys conditor Capuae sepultus, inventa est conscripta litteris verbisque Graecis hac sententia: quandoque ossa Capyis detecta essent, fore ut illo prognatus manu consanguineorum necaretur magnisque mox Italiae cladibus vindicaretur. Cuius rei, ne quis fabulosam aut commenticiam putet, auctor est Cornelius Balbus, familiarissimus Caesaris. Proximis diebus equorum greges, quos in traiciendo Rubiconi flumini consecrarat ac vagos et sine custode dimiserat, comperit pertinacissime pabulo abstinere ubertimque flere. Et immolantem haruspex Spurinna monuit, caveret periculum, quod non ultra Martias Idus proferretur. Pridie autem easdem Idus avem regaliolum cum laureo ramulo Pompeianae curiae se inferentem volucres varii generis ex proximo nemore persecutae ibidem discerpserunt. Ea vero nocte, cui inluxit dies caedis, et ipse sibi visus est per quietem interdum supra nubes volitare, alias cum Iove dextram iungere; et Calpurnia uxor imaginata est conlabi fastigium domus maritumque in gremio suo confodi; ac subito cubiculi fores sponte patuerunt.

Ob haec simul et ob infirmam valitudinem diu cunctatus an se contineret et quae apud senatum proposuerat agere differret, tandem Decimo Bruto adhortante, ne frequentis ac iam dudum opperientis destitueret, quinta fere hora progressus est libellumque insidiarum indicem ab obvio quodam porrectum libellis ceteris, quos sinistra manu tenebat, quasi mox lecturus commiscuit. Dein pluribus hostiis caesis, cum litare non posset, introiit curiam spreta religione Spurinnamque irridens et ut falsum arguens, quod sine ulla sua noxa Idus Martiae adessent: quanquam is venisse quidem eas diceret, sed non praeterisse.

[82] Assidentem conspirati specie officii circumsteterunt, ilicoque Cimber Tillius, qui primas partes susceperat, quasi aliquid rogaturus propius accessit renventique et gestu in aliud tempus differenti ab utroque umero togam adprehendit: deinde clamantem: 'ista quidem vis est!' alter e Cascis aversum vulnerat paulum infra iugulum. Caesar Cascae brachium arreptum graphio traiecit conatusque prosilire alio vulnere tardatus est; utque animadvertit undique se strictis pugionibus peti, toga caput obvoluit, simul sinistra manu sinum ad ima crura deduxit, quo honestius caderet etiam inferiore corporis parte velata. Atque ita tribus et viginti plagis confossus est uno modo ad primum ictum gemitu sine voce edito, etsi tradiderunt quidam Marco Bruto irruenti dixisse: καὶ σὺ τέκνον; Exanimis diffugientibus cunctis aliquamdiu iacuit, donec lecticae impositum, dependente brachio, tres servoli domum rettulerunt. Nec in tot vulneribus, ut Antistius medicus existimabat, letale ullum repertum est, nisi quod secundo loco in pectore acceperat.

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Albrecht  21.12.2022, 18:01

C. Suetonius Tranquillus, Die Kaiserviten = De vita Caesarum. Berühmte Männer = De viris illustribus. Lateinisch-deutsch. Herausgegeben und übersetzt von Hans Martinet. 4., korrigierte Auflage. Berlin ; Boston : De Gruyter, 2014 (Sammlung Tusculum), S. 127/129:

„Übrigens wurde Caesar seine bevorstehende Ermordung durch unbezweifelbare Vorzeichen angekündigt. Als. wenige Monate zuvor Kolonisten in der Pflanzstadt Capua - dort waren sie nach dem Julischen Gesetz angesiedelt worden - einige Gräber aus grauer Vorzeit von Grund auf frei legten, um ihre Häuser dort bauen zu können, und dabei mit besonderem Eifer vorgingen, weil sie beim Durchwühlen der Grabstätten auf ziemlich viele Gefäße in altem Stil gestoßen waren, wurde in einem Grabmal, in dem Capys, der Gründer Capuas, beerdigt war, wie man sagte, eine eherne Tafel gefunden, auf der in griechischen Buchstaben und in griechischer Sprache folgender denkwürdige Satz zu lesen war: »Sollten einmal die Gebeine des Capys aufgedeckt werden, werde es soweit kommen, daß ein Nachkomme des Iulus von der Hand seiner Blutsverwandten ermordet werde und dieses Vergehen werde danach durch schwere Verluste an Italien gerächt werden.« Daß dies stimmt, dafür verbürgt sich Cornelius Balbus, ein ganz enger Vertrauter Caesars; keiner sollte also denken, diese Geschichte gehöre ins Reich der Legende oder sei frei erfunden. Ganz sicher hat er wenige Tage vor seinem Tod erfahren, daß die Pferdeherden, die er beim Überschreiten des Rubicon dem Flußgott geweiht und dort gelassen hatte, so daß sie frei und ohne Wächter herumziehen könnten, sich sträubten, das Futter anzurühren, und reichlich Tränen vergössen. Als er opferte, mahnte ihn auch der Opferschauer Spurinna, sich vor einer Gefahr in acht zu nehmen, die sich nicht über die Iden des März werde aufschieben lassen. Exakt am Tage vor den Iden des März verfolgten aus einem nahen Hain Vögel einer anderen Gattung einen Zaunkönig, der mit einem Lorbeerzweig im Schnabel in das Rathaus des Pompeius flog, und zerstückelten ihn genau dort an Ort und Stelle. In der Nacht aber, der der Tag seiner Ermordung folgen sollte, sah er sich selbst im Traume manchmal über die Wolken hinausschweben, dann luppiter die Rechte reichen. Und seine Gattin Calpurnia träumte, der Giebel ihres Hauses stürze ein und ihr Gatte werde in ihrem Schoß erstochen; und plötzlich standen wie von Geisterhand die Türen ihres Schlafzimmers offen. Deswegen und auch wegen seiner angegriffenen Gesundheit war er lange unschlüssig, ob er nicht lieber zu Hause bleiben und das, was er sich vorgenommen hatte, vor den Senatoren zu erörtern, vertagen solle; schließlich redete Decimus Brutus auf ihn ein, die Senatoren, die so zahlreich gekommen seien und schon so lange auf ihn gewartet hätten, nicht einfach stehen zu lassen; also trat er ungefähr zur fünften Stunde aus dem Haus auf die Straße. Unterwegs steckte ihm jemand einen Brief zu, in welchem er ihm die Verschwörung anzeigte; er aber steckte ihn zwischen die anderen Schriftstücke, die er in der linken Hand hielt, als ob er ihn später noch lesen könne. Dann wurden mehrere Opfertiere geschlachtet; obwohl er kein günstiges Vorzeichen für sein Vorhaben erlangen konnte, betrat er den Senat. Alle religiösen Bedenken tat er als Humbug ab, lächelte spöttisch zu Spurinna hinüber und beschuldigte ihn sozusagen des Betruges, daß die Iden des Märzes da seien, ohne daß er irgendwie Schaden genommen habe. Der indessen entgegnete, die Iden seien zwar gekommen, aber noch nicht vorbei.

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Albrecht  21.12.2022, 18:02

Als er Platz nahm, umringten ihn die Verschworenen, es schien so, als ob sie ihm ihre Aufwartung machen wollten, und sofort nahm Cimber Tillius, der die erste Rolle übernommen hatte, mit ihm Tuchfühlung auf, so als wolle er ihn um etwas bitten. Als Caesar aber abwinkte und ihn mit einer Handbewegung auf ein anderes Mal vertröstete, packte Tillius ihn an beiden Schultern an der Toga; Caesar schreit: »Das ist ja Gewalt!« Da verwundet ihn einer der beiden Casca von hinten knapp unterhalb der Kehle. Caesar packte Casca beim Arm und stieß seinen Schreibgriffel hindurch. Als er versuchte fortzuspringen, wurde er durch eine zweite Verwundung daran gehindert. Wie er nun sieht, daß man bereits die Dolche gezückt hat und von allen Seiten damit auf ihn einstechen will, zieht er die Toga über den Kopf und läßt von der linken Hand den Bausch der Toga bis zu den Fersen hinabgleiten, um mit Ehre und Anstand zu fallen, wobei auch der untere Teil seines Körpers verhüllt bleibe. In dieser Stellung wurde er von dreiundzwanzig Stichen durchbohrt; er gab keinen Laut von sich, nur einmal, als ihn der erste Stoß traf, stöhnte er auf. Andererseits haben ein paar Autoren überliefert, er habe, als Marcus Brutus auf ihn einstach, auf griechisch gesagt: »Auch du, mein Sohn?« Während alle das Weite suchten,· blieb er noch einige Zeit tot daliegen, bis ihn drei junge Sklaven auf eine Trage legten - der eine Arm baumelte herab- und nach Hause trugen. Von allen Wunden war nur eine tödlich gewesen, nämlich die zweite, die er in die Brust erhalten hatte, so der Arzt Antistius. Die Verschworenen hatten sich zu Anfang vorgenommen, die Leiche des Ermordeten zum Tiber zu schleifen und dort zu versenken, sein Vermögen zu konfiszieren und alle seine Anordnungen für ungültig zu erklären. Aber aus Angst vor dem Konsul Marcus Antonius und dem Reiterobersten Lepidus nahmen sie von diesem Vorhaben Abstand.“

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Sueton schreibt dazu in seiner Biographie des "Divus Iulius" (81 f.) einen halbwegs ausführlichen Bericht, den er mit der Nacht beginnen lässt:

Ea vero nocte, cui inluxit dies caedis, et ipse sibi visus est per quietem interdum supra nubes volitare, alias cum Iove dextram iungere; et Calpurnia uxor imaginata est conlabi fastigium domus maritumque in gremio suo confodi; ac subito cubiculi fores sponte patuerunt. Ob haec simul et ob infirmam valitudinem diu cunctatus an se contineret et quae apud senatum proposuerat agere differret, tandem Decimo Bruto adhortante, ne frequentis ac iam dudum opperientis destitueret, quinta fere hora progressus est libellumque insidiarum indicem ab obvio quodam porrectum libellis ceteris, quos sinistra manu tenebat, quasi mox lecturus commiscuit. Dein pluribus hostiis caesis, cum litare non posset, introiit curiam spreta religione Spurinnamque irridens et ut falsum arguens, quod sine ulla sua noxa Idus Martiae adessent: quanquam is venisse quidem eas diceret, sed non praeterisse.

[82] Assidentem conspirati specie officii circumsteterunt, ilicoque Cimber Tillius, qui primas partes susceperat, quasi aliquid rogaturus propius accessit renventique et gestu in aliud tempus differenti ab utroque umero togam adprehendit: deinde clamantem: 'ista quidem vis est!' alter e Cascis aversum vulnerat paulum infra iugulum. Caesar Cascae brachium arreptum graphio traiecit conatusque prosilire alio vulnere tardatus est; utque animadvertit undique se strictis pugionibus peti, toga caput obvoluit, simul sinistra manu sinum ad ima crura deduxit, quo honestius caderet etiam inferiore corporis parte velata. Atque ita tribus et viginti plagis confossus est uno modo ad primum ictum gemitu sine voce edito, etsi tradiderunt quidam Marco Bruto irruenti dixisse: καὶ σὺ τέκνον; Exanimis diffugientibus cunctis aliquamdiu iacuit, donec lecticae impositum, dependente brachio, tres servoli domum rettulerunt. Nec in tot vulneribus, ut Antistius medicus existimabat, letale ullum repertum est, nisi quod secundo loco in pectore acceperat.

Das ist der ausführlichste Bericht, den wir in lateinischer Sprache haben.

Du interessierst dich für Julius Caesar? Bald ist Weihnachten, daher sei dir dieses hervorragende Buch empfohlen:

  • Dahlheim, Werner: Julius Caesar. Die Ehre des Kriegers und die Not des Staates. Paderborn 2005

MfG

Arnold

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung