Bindungsangst- Wie seid ihr damit umgegangen?
Hey zusammen,
ich (w, 19) wollte einfach mal in die Runde fragen, ob es hier Menschen gibt, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie ich. Es geht um das Thema Bindungsangst – und ich meine damit wirklich die tiefergehende Angst vor Nähe, emotionaler Abhängigkeit und dem Gefühl, die eigene Freiheit zu verlieren. Es geht NICHT um dieses oberflächliche „Ich will nur meinen Spaß und keine Verantwortung“, also bitte spart euch Kommentare in diese Richtung – genau darum geht’s nämlich nicht.
Ich hatte in letzter Zeit Kontakt zu zwei Männern, die beide echtes Interesse gezeigt haben. Am Anfang freue ich mich total, bin offen, locker, hab gute Laune – und dann, sobald es konkreter wird (z. B. ein Date), bekomme ich Panik. Ich fange an, mich zurückzuziehen, werde kühler, suche innerlich nach Fluchtwegen. Und fange an nur noch die negativen Sachen an ihnen zu sehen. Manchmal sabotiere ich das Ganze sogar, indem ich die Person mit all meinen „negativen Seiten“ konfrontiere, fast schon in der Hoffnung, dass sie das Interesse verliert – und gleichzeitig ärgere ich mich darüber. Kommt die Person dann wieder auf mich zu, geht dieses Panikgefühl von vorne los.
Ich merke, dass ich unglaubliche Angst davor habe, Freiheit zu verlieren, abhängig zu werden oder mich selbst aufzugeben – also meine Ziele, meine Richtung, meine Art zu leben. Und gleichzeitig spüre ich auch das Bedürfnis nach Nähe, Verbundenheit und echter Zweisamkeit. Dieses Hin und Her macht mich emotional echt fertig.
Mir ist bewusst, dass diese Ängste stark mit meiner Vergangenheit zusammenhängen – mit emotionalen Verletzungen, Erfahrungen von Kontrollverlust, Grenzverletzungen und traumatischen Erlebnissen in Kindheit und Jugend. Aber ich will einfach wissen:
Gibt es hier Menschen, die das kennen?
Wie seid ihr damit umgegangen?
Habt ihr euch irgendwann auf eine Beziehung einlassen können, ohne euch selbst dabei zu verlieren?
Noch etwas, was mir aufgefallen ist: Wenn ich sage, dass ich aktuell nichts Festes suche, wird das oft negativ bewertet – aber wenn ein Mann das sagt, wird das oft eher akzeptiert oder sogar als „cool“ gesehen. Auch das frustriert mich ehrlich gesagt. Ich will mich niemandem „verpflichtet fühlen“, nur weil ich jemanden mag – das heißt nicht, dass ich oberflächlich bin, sondern dass ich einfach Angst davor habe, überrollt zu werden.
Ich wäre euch wirklich dankbar, wenn ihr eure Erfahrungen teilt. Ehrlich, respektvoll und ohne dieses „Tinder-Generation“-Schubladendenken.
Danke
6 Antworten
Liebe Kleinewolke, ich kenne das, da ich ganz ähnliche Erfahrungen gemacht habe. Nur war ich meistens gechillt, solange es um nichts gegangen ist. Die Dating Phasen waren immer toll, aber sobald es ernster wurde, bin ich auf Abstand gegangen und hab die Beziehung sabotiert.
Was mir geholfen hat?
Es war tatsächlich eine Therapie. Und es war eine der Besten Entscheidungen die ich getroffen habe bisher.
Ich fühle mich frei. Auch wenn ich manchmal noch in dieses Fahrwasser gerate, hab ich Strategien, es frühzeitig zu erkennen und entgegenzuwirken.
Mir hat es geholfen, dass ich während dieser Zeit in einer Beziehung war. Denn nur so bin ich in Situationen gekommen, die bei mir gekickt haben und ich hatte einen Resonanzkörper.
Ich habe vor Beginn der Therapie schon viel an mir gearbeitet und in der Theorie schon einiges gewusst. Aber in der Praxis war ich hilflos. Das hat sich verändert nachdem ich Hilfe in Anspruch genommen habe.
Wahrscheinlich geht es auch alleine bis zu einem gewissen Punkt. Aber schneller und effizienter wird es mit Begleitung.
Es ist nicht einfach. Es bedeutet viel Arbeit an der Vergangenheit. Es ist anstrengend.
Aber es lohnt sich.
Ich wünsche dir von Herzen alles, alles Gute!
Wenn du mit 19 schon solche Verhaltensweisen an den Tag legst musst du ja viel schlimmes erlebt haben. Sowas kommt in der regel nicht von ungefähr sondern hat ein trauma als grund das solltest du erstmal verstehen und schauen woher das trauma kommt und mit dem erlebnis abschließen.
Aber ich trotzdem mal eine Frage stellen: warum denkst du eine Beziehung kostet dich deine komplette freiheit? Es ist ja nicht so als dass du dann plötzlich an den Herd gekettet wirst und nie mehr das haus verlässt das ist dir aber auch klar nehme ich an. Und ja zu einer funktionierenden Beziehung gehört eben Verantwortung und man muss an ihr arbeiten das ist selbstverständlich und das ist aber nichts schlechtes auch wenn sich das in deinem kopf scheinbar so festgesetzt hat. Das leben funktioniert eben nicht so dass du all die Vorteile einer Beziehung bekommst aber dir die Arbeit und Verantwortung erspart bleibt da wird kein guter Mann mitmachen. Du kannst dich jetzt also entscheiden welches gift du nehmen willst: entweder gehst du in eine beziehung und nimmst sie ernst auch wenn das bedeutet Verantwortung zu übernehmen oder du suchst dir wie viele andere "freie" Frauen da draußen alle paar Tage einen neuen fürs Bett und endest einsam mit einem vierstelligen bodycount und 13 katzen.
Ich weiß ich stelle das vielleicht überspitzt dar aber so in der art ist es du tust nämlich so als wäre eine beziehung ein Gefängnis obwohl es gar nicht so ist und darüber musst du im klaren werden bevor du weiterhin Männern Hoffnungen machst nur um sie zu enttäuschen weil du dein trauma aus der Vergangenheit nicht überwunden hast.
Danke für deine Frage und die Beschreibung.
Das, was du beschreibst, kenne ich nicht von mir, allerdings von Bekannten oder Freunden. Daher kann ich dir nur von Sekundarerfahrungen erzählen.
Besser ist es für diese Menschen gewesen, wenn man für sich gedanklich ein wenig die Luft rauslässt. Nur weil man sich Committed mit einer anderen Person zusammen zu sein, heißt das ja nicht, dass man dieser Person ausgeliefert ist.
Hilfreich ist es bestimmt, wenn du deine Gefühle offen kommunizierst und ihr die Schritte zu oder in einer Beziehung einfach langsam gemeinsam bewältigt. Du musst ja nicht in den nächsten drei Tagen mit der Person zusammenziehen. Lass dir Zeit und fühle dich rein.
Die Bekannten, von denen ich geschrieben habe, haben zum Teil in der Vergangenheit in der Kindheit schlechte Erfahrungen gesammelt und sich geschworen, nie in diese Situation zu geraten. Falls das auch bei dir der Fall ist, könntest du dir überlegen, mit einer Person darüber zu sprechen. Das bedeutet rein gar nichts, dass du danach blind in jede Beziehung springst, was sicherlich auch nicht gesund ist, aber du hast eine Idee, woher diese Angst kommt und wie du damit umgehen könntest, wenn du das willst.
Ja, ich kenne das Gefühl, wenn auch nicht in extremer Form. Ich bin ein freiheitsliebender Mensch. Für mich ist es essenziell, einen reifen Partner an meiner Seite zu haben, der damit umgehen kann, dass ich auch mal alleine reise oder wir getrennt schlafen, ohne das als Ablehnung zu deuten. Ich bin jetzt über 6 Jahre mit meinen Partner zusammen und leben zusammen.
Das erfordert klare, ehrliche Kommunikation, damit der andere nicht fälschlich annimmt, Nähe würde entzogen oder Liebe fehle.
Wenn du unter Bindungsangst leidest, liegt der Schlüssel zur Lösung darin, zu erkennen: Das, was du über Nähe, Liebe und Beziehung gelernt hast, entspricht oft nicht der Wahrheit, sondern dem emotionalen Klima deiner Herkunftsfamilie.
Du musst dich innerlich von deinen Eltern verabschieden. Ihre Ängste, ihre Kontrolle, ihre Prägungen.. sie gehören nicht in deine heutigen Beziehungen.
Sobald du verstehst, was Liebe wirklich ist, nämlich freiwillige Nähe, gegenseitiger Respekt, Raum für Eigenständigkeit.. verliert sich der innere Konflikt.
Liebe bedeutet nicht: Kontrolle, Anpassung, Grenzüberschreitung oder Leistungsdruck.
Ein Wunsch ist kein Befehl. Eine Bitte ist keine Verpflichtung.
Du darfst Nein sagen, ohne dich schuldig zu fühlen.
Du bist zu nichts gezwungen auch nicht dazu, jemandem zu gefallen.
Das Entscheidende ist, bei sich zu bleiben. Wenn dich eine Bitte überfordert, ist es keine Schwäche, Nein zu sagen. Es ist ein Akt der Klarheit und Selbstachtung. Das "Nein" bedeutet nicht, dass du den anderen ablehnst. Es heißt nur, dass du in dem Moment nicht zur Verfügung stehst. Wichtig ist nur, wie du es sagst: ehrlich, aber respektvoll. Dann kann der andere dich einordnen, auch wenn er enttäuscht ist...
Enttäuschung ist Teil jeder echten Beziehung. Es ist nicht deine Aufgabe, jeden Wunsch zu erfüllen, sondern aufrichtig zu bleiben. Wenn du lernst, dass du Nein sagen darfst, ohne dich dafür schuldig zu fühlen, befreist du dich von alten Mustern. Und wenn du nicht mehr fliehen musst, entsteht wirkliche Nähe.. eine Verbindung, in der beide bleiben dürfen, wie sie sind.
Ich hoffe ich könnte dir helfen.
Sandy
Hallo,
Oh ja, ich kenne das gut.
Es ging mir früher sehr oft so. Daß ich Schluß machte, sobald der Partner anhänglich wurde, weil ich Angst hatte, mich zu verlieren.
3 mal habe ich intuitiv so reagiert, daß ich mich eingelassen habe und versucht habe zu sein, so wie der andere mich haben wollte, weil ich verknallt war und Angst den ANDEREN zu verlieren.
Tja und alle 3 Beziehungen sind gescheitert.
Jetzt lebe ich seit 3 Monaten eine Fernbeziehung mit jemandem, den ich während eines Klinikaufenthaltes kennengelernt habe. Wir passen zusammen, kennen uns schon gut durch die Klinik Gespräche (auch Gruppentherapie) und finden trotzdem immer wieder etwas Neues zu entdecken. An uns, am anderen, an der Welt, dem Leben.
Ich weiß nicht, wie lang es diesmal hält. Ist mir auch egal. Ich habe gelernt, den Augenblick zu genießen und er auch. Natürlich machen wir auch ein paar träumerische Pläne. Aber uns ist bewußt, daß keiner von beiden weiß, was daraus werden kann.
Trotzdem sind wir glücklich uns zu kennengelernt zu haben. Und dankbar für jede Minute.