Bin ich enttäuscht, weil mein Partner im Leben wenig vorankommt?
Hey! Ich bin 22, mein Partner 26. Wir sind seit 3 Jahren zusammen, haben uns sehr dolle lieb und möchten gerne später zusammenleben - so richtig Klischee mit gemeinsamer Wohnung, Hund und Waldwandern. Trotzdem fühle ich mich oft irritiert bzw. distanziert. Es fällt mir dann schwer, ihm meine Liebe zu zeigen. Kann das wieder weggehen oder ist das ein Trennungsgrund?
Zu unserer Situation:
- ich bin 22 und studiere Musik. Ich mache das seit ich 4 bin, habe also für mein Alter sehr viel Arbeitserfahrung. Dazu habe ich ein Stipendium, wodurch ich finanziell entspannt bin. Das ist total toll und mehr als ich mir jemals erträumt hätte. Es läuft also bei mir gut. Er sagt mir oft, wie stolz er auf mich ist, motiviert mich und gibt mir Tipps nach bestem Gewissen. Die Situation von meinem Freund unterscheidet sich deutlich von meiner:
- er ist ein ganz toller Mensch, mein Herz, passt zu mir wie kein anderer - aber ist 25 und hat weder eine abgeschlossene Ausbildung noch ein Studium beendet. Er ist interessengesteuert - wenn ihn was nicht juckt, kommt nix. Wir haben uns im Studiengang kennengelernt, er hat aber kaum Prüfungen fristgerecht abgegeben und bricht jetzt nach 4 Jahren ab. Es steht fast nix auf dem Zeugnis, weil er sich nicht drum gekümmert hat. Er hat das Musikstudium nur als Vorbereitung für einen anderen Bachelor angefangen:
Sounddesign. Ein extrem kompetitives Feld, auch nach dem studium. Die nehmen nur 15 Leute pro Jahr, die alle viel Erfahrung vorweisen können. Er weiß seit 4 Jahren dass er das möchte, hat aber immer noch zu wenig eigene Projekte vorzuweisen. Letztes Jahr hat er alles auf Eis gelegt, um da reinzukommen. Wie gesagt, ich komme aus der Klassik-Szene und kenne deshalb die hohen Ansprüche solcher jurys. Mein Bauchgefühl hat mir längst gesagt, dass es nichts wird. Das habe ich monatelang runtergeschluckt und ihm gut zugeredet. Ich hatte selbst sehr viel Stress im Studium und war trotzdem weiterhin für ihn da.
Drei Monate hat er gar nix gemacht, Geld von Mama und Papa, Studium geschmissen, gekifft. Obwohl er schon längst was für die Bewerbung hätte tun können. Erst 4 Wochen vorher hat er mit der Bewerbung angefangen. Ich habe ihm viele links weitergeleitet und Tipps gegeben, was er alles noch tun kann. "glaub an dich" und so, aber auch wirklich branchenspezifische Vorgehensweisen, die er sonst nicht wüsste. Ich habe all meine Energie da reingegeben, er nicht.
Er wurde abgelehnt.
Es hat in mir ein Gefühl tiefer Enttäuschung hinterlassen, das ich fünf Monate später noch immer nicht überwunden habe. Er hätte Ausbildungen anfangen können, hat sich aber komplett gewehrt und meinte das wär nix für ihn. Seine, meine Eltern und Freunde meinen ausnahmslos, dass er nicht in der Position ist, sich gegen etwas festes zu entscheiden.
Dann hat er ein Praktikum gemacht in dem Bereich. Die Leute da haben haben das studiert, was er machen will, und ihm gesagt, dass er sehr gut in den Studiengang reinpasst und genau das Ohr dafür hat. Wenn ihn etwas interessiert, ist er wie ausgewechselt, dann macht er ohne Pause die nächte durch und hat ein Durchhaltevermögen, von dem andere nur träumen können.
Nächsten Sommer will er sich nochmal bewerben, bis dahin wieder Praktikum und Projekte. Ich habe Angst, dass der ganze Teufelskreis von vorne losgeht.
Selbst wenn der seltene beste Fall eintritt und er kommt da rein, ist er bis Bachelorabschluss 29. Dann noch 2 Jahre master und Berufseinstieg in einer hammerharten Branche, wo er mit 22 jährigen crack Kindern konkurriert. Er ist sehr feinfühlig und schnell verunsichert und frustriert andersrum ein richtiges enrgriebündel und sprüht vor Ideen, wenn er sich wohlfühlt. Er braucht jemanden, der ihn ein bisschen an die Hand nimmt, aber dann ist er ein ganz treuer und bemühter Mensch.
Ich habe Angst, dass er sich noch weitere 5 Jahre etwas erträumt und dann mit Anfang 30 von der Ungerechtigkeit und den schlechten Arbeitsbedingungen so enttäuscht ist, dass er hinschmeißt.
Ein Partner sollte Vertrauen haben, so wie er Vertrauen in meine Fähigkeiten hat. Er zeigt es mir, ich kann es ihn nicht zeigen. Bin ich eine schlechte Partnerin? Ist es gerechtfertigt , dass ich einen selbstständigen Partner möchte? Er möchte das auch, sieht es aber nicht ein, dafür anfangs die harten Schritte zu gehen, die sich erst später lohnen. Wie gehe ich damit um?
6 Antworten
Offenbar hast Du in Bezug auf Deinen Partner und seine Entwicklung eigene Vorstellungen, und Du verlierst ihm gegenüber den Respekt, weil er sich nicht nach diesen Wünschen und Vorstellungen weiterentwickelt. Du tust Dir daher schwer mit Nähe und Liebe ihm gegenüber.
Auf der anderen Seite glaubst Du Dich in Deinem eigenen Studium gut im Fortkommen und meinst scheinbar, ihm aufgrund Deines aktuell geradlinig aussehenden Fortgangs überlegen zu sein.
Ich halte eine baldige Trennung (früher oder später) für absolut gewiss. Du hast Dir die Grundbedingungen hierfür im Grunde bereits abgesteckt und ringst derzeit nur noch um die argumentative und moralische Legitimation gegenüber Dir selbst. Dies soll keineswegs ein Vorwurf sein.
Du trägst keine Verantwortung für ihn und für sein Handeln, aber Du wähnst Dich in meinen Augen selbst für zu sicher hinsichtlich Deines eigenen bisherigen Werdegangs. Du tust Dir schwer, Deine Wünsche in Bezug auf ihn loszulassen und stattdessen ihn so zu lieben, wie er ist. Vielmehr liebst Du vor allem das Bild, das Du von ihm hast. Er entwickelt sich aber nicht jetzt und nicht auf die Art und Weise, wie Du es Dir wünscht, um dieses Bild Realität werden zu lassen. Deshalb verlierst Du Deinen Respekt, den Glauben an ihn und Deine Liebe. Daher wirst Du es auch bald beenden. Und Du wirst es gut begründen und für Dich als legitim erachten. Vielleicht wacht er dann auch auf und rafft sich auf, sein Leben noch aktiver in die Hand zu nehmen. Das wird jedoch von ihm selbst abhängen.
Ja, Nicht-Erfüllung der Aussicht, die Versorger-Rolle übernehmen zu können, ist ein häufiger Trennungsgrund. 😏
Wenn ihr euch liebt und Du ihn bis zum Ende seines Studiums finanziell unterstützen kannst und willst dann mach es.
Habe meinem ersten Mann 4 Ausbildungen mit meinem Arzthelferinnen Gehalt finanziert, jedoch hielt die Beziehung nicht lebenslang und als er verdiente, wurde er geizig und reglementierte mein eigenes verdientes Geld.
Du musst wissen, ob Du Dir eine Zukunft vorstellen kannst und nun alles tust, um ihn zu motivieren, aber kläre das finanziell vorher ab. Nicht, dass die Jahre vergehen und es Dir dann so geht wie Dir.
Es kann gut gehen, aber er würde sich vielleicht unterlegen fühlen und Komplexe haben.
Da sind offene Worte fällig.
Alles Gute für Dich.
dass ich einen selbstständigen Partner möchte?
Warum übernimmst du den die Verantwortung für ihn, wenn du es gar nicht willst?
Ihr scheint recht unterschiedliche Typen zu sein. Ja beides Musiker, aber du bist offenbar viel planmäßiger und kontrollierter. Dein Freund klingt eher so nach dem Künstlerklischee ^^ mal total intensiv dabei, dann wieder lange durchhängen...
Übernimm nicht die Verantwortung für ihn!! Du gehst anders mit solchen Herausforderungen um als er. Versuch nicht seine Probleme zu lösen!! Er muss es auf seine Weise hinkriegen, oder eben nicht.
Die Frage ist halt, ob es für dich auch okay ist wenn er es nicht hinkriegt?? Ich kenne durch meinen Freund einige Musiker... viele hangeln sich jahrelang mit Gelegenheitsjobs durch (und viele sind dabei gar nicht so unglücklich ^^). Wenn du aber von "22jährigen Crack-Kindern" schreibst, habe ich fast das Gefühl, du erwartest heimlich eine glänzende Karriere von ihm? aber das will er möglicherweise gar nicht?! Und ganz ehrlich, wie es bei dir selbst weitergeht, das weißt du doch auch nicht? Bei dir ist es bisher halt recht geradlinig verlaufen... aber klassische Musik ist auch hart und die Konkurrenz ist riesig! Vielleicht musst du in ein paar Jahren selbst mit zwei Musikschuljobs durchkommen, weil das x-te Probespiel nicht geklappt hat? Oder bist du dir sicher, dass du nach dem Studium gleich einen tollen Job bekommst? (weiß ja nicht, wie gut du bist)
Jedenfalls, ich glaube ihr könnt nur glücklich sein, wenn du ihn akzeptierst wie er ist und nicht erwartest, dass er so an die Dinge rangeht wie du selbst es tun würdest...