Aussprache des st im Deutschen?
Im Deutschen sprechen wir ja manchmal das st aus wie "scht", z.B. in Stein.
Aber manchmal auch als ein s und ein t, wie in "Last".
Gibt es hier DAF-Lehrer, die eine Regel dafür wissen?
4 Stimmen
5 Antworten
Es steht ja schon fast alles da, aber ich fasse es nochmals so zusammen, wie ich es sehe, und formuliere es ein bißchen präziser als meine Vorredner.
Die Verschiebung von [st] zu [ʃt] am Anfang von Wortstämmen ist spezifisch hochdeutsch. Alle verwandten germanischen Sprachen haben das originale [st], z.B. Stein [ʃtaɪn] engl. stone [stəʊn], holländ. steen [steːn], Afrikaans steen [stɪə̯n], schwed. sten [steːn]. Auch die niederdeutschen Dialekte haben [st]-Laute am Anfang, nur jiddisch שטיין [ʃtɛɪn] hat die [ʃt]-Aussprache, weil es sich ja erst im letzten Jahrtausend von Hochdeutsch getrennt und daher die hochdeutsche Aussprache ererbt hat.
Ein paar hochdeutsche Dialekte treiben das noch weiter und haben auch im Auslaut [ʃt], z.B. du hast [haʃt] im Schwäbischen. Umgekehrt findet man an Orten mit starkem niederdeutschen Einfluß gelegentlich [st]-Aussprache, wo hochdeutsch [ʃt] sein müßte (['spɪtsə 'staɪnə 'stɛçən] in Hamburg). Mit Standardsprache hat das nichts zu tun.
Diese [ʃt]-Aussprache tritt immer im Stammanlaut auf: steigen, Stimme, Streich, …. Das gilt auch, wenn irgendwelche Vorsilben davor kommen (Abstieg, verstimmt, bestreichen) oder bei anderen Formen der Wortbildung (Bindestrich). Dasselbe gilt übrigens immer, wenn ein urgemanisches anlautendes [s] vor Konsonant stand, dann kommt im Deutschen immer ein [ʃ] heraus, während andere germanische Sprachen das [s] bewahrt haben, z.B. schwimmen aber engl. swim [swɪm] oder schlagen aber engl. slay. Im Deutschen schreibt man in solchen Fällen sch außer in den Verbindungen st und sp (z.B. engl. spew gegenüber deutsch speien).
Das führt dazu, daß man stammanlautendes st und sp im Deutschen als [ʃt] bzw. [ʃp] liest. Normalerweise hat man keine Schwierigkeiten, zu erkennen, was ein Stammanlaut ist, aber gelegentlich ist man auch als Muttersprachler damit überfordert, besonders bei regionalen Eigennamen. Ich erinnere mich mit Schaudern, wie ich am Straßennamen Gasteig peinlich gescheitert bin (er hat mit steigen zu tun, es war ja auch eine steile Straße).
Und dann gibt es natürlich noch die ganzen Fremdwörter. Ein st als Stammanlaut ist sowohl im Lateinischen als auch im Griechischen häufig und hat sich daher in einer Riesenanzahl von Fremdwörtern niedergeschlagen, z.B. Struktur, Statistik, Stil, Konstruktion, Stagnation, strikt, Standard, Status, stringent bzw. Stasis, Stratosphäre, Stele, Strategie, stoisch. In diesen Fällen schwankt die Aussprache zwischen verschiedenen Sprechern, aber ich sage in jedem Fall [st]. Bei ein paar Fremdwörtern ist die [ʃt]-Aussprache aber kanonisch, z.B. Strophe. (← στροφή strophḗ ‘das Wenden’). Die wenigen griechischen Fremdwörter auf Sth- werden dagegen von allen Deutschsprechern mit [st] gesprochen, z.B. sthenisch (← σθένος sthénos ‘Kraft’).
Bei Fremdwörtern auf sp ist die Sache deutlich inkonsequenter, denn da gibt es einige, die universell mit [ʃp] gesprochen werden (Spelunke, Spore, speziell), und eigentlich gehört auch Spaß (← ital. spasso) in diese Gruppe. Bei anderen überwiegt dagegen die Aussprache mit [sp] (Spezies, spastisch, sporadisch, Sperma). Als Faustregel kann gelten, daß eine [ʃp]-Aussprache umso wahrscheinlicher wird, je alltagssprachlicher das Wort ist.
Schwäbisch ist eine niederdeutschen Abwandlung des Alemannischen - sozusagen die niederste Form dessen.
Dort wird tatsächlich alles zum scht
Das sch bei "du gehst" ersetzt sogar das Personalpronomen
Gehsch?
Machst du das? = machsch's
Eine kleine Ballade zum Abschluss auf hoch Alemannisch:
Witt düe it e Weng ūsm Loch uus chummi said s'Chatzli zuer d'Muus in'm Huus. Lierb abba dumm said s'Dierli: "I chumm!". Un chuum ischs gchō' do hët s'Chratzli schú' d'Muus gnō.
:)
Im (Hoch-)Deutschen wird (bei deutschsprachigen Wörtern) im Anlaut (Wort[teil]anfang) "scht" gesprochen, im Auslaut (Silbenende) und Zwischenlaut "s-t". Anders ist es allerdings in Dialekten, z. B. werden im Norddeutschen auch Anlaute "s-t" gesprochen und im Schwäbischen alle derartigen Lautverbindungen "scht", was dann auf die regionale Standardsprache "abfärbt". Außerdem zu beachten sind Fremdwörter und Lehnwörter, wie z. B. "Stil", das hochsprachlich mit "s-t" gesprochen wird (im Unterschied zu "Stiel").
Das sollte als kurzgefasste Erklärung erstmal reichen...
ja, Schpaß und beschpaßen und schtülpen und aufschtülpen
und bestrafen! Jetzt fällt mir auch ein Beispielwort für den Anlaut mitten im Wort ein. Danke! Ich hab's gefunden.
Das kommt vom Wortursprung her. Alle Wörter die ihren Ursprung in der der deutschen Sprache haben spricht man scht aus, wenn das St oder Sp am Wortanfang steht. In der Wortmitte oder am Wort Ende wird st gesprochen, wie in Pest, Rest.
Fremdwörter können der Ausspracheregel ihrer Ursprungssprache folgen, z.B. Statue, Star, Stil, das Gemeine an der Sache ist, dass wir viele Fremdwörter schon so lange in unserer Sprache haben, dass wir sie nicht mehr als Fremdwörter wahrnehmen. Die Ausspracheunregelmäßigkeit haben sie trotzdem behalten. Leider hilft da nichts anderes als die Unregelmäßigkeiten auswendig zu lernen. :(
Das müssen wir Deutschen auch, wenn wir Englisch oder irgendeine andere Sprache lernen.
Bearbeitetes Zitat von @Chog77
Ja, unsere Eigenart, Fremdwörter nicht anzupassen, macht es schwierig. Das vermittle ich den Schülern auch. Ein anderer User meint, dass das "scht" nicht nur am Wortanfang, sondern auch an jedem SILBENanfang Regel wäre.
Was meinst du dazu?
Ich denke: Wenn man am Silbenanfang scht spricht, schreibt man st.
Albert Ein_SCHTein...
Ergo, stimme dem anderen User zu.
Auch hier gibt es natürlich Unregelmäßigkeiten..
Lebensstil.. etc
Nach Sp hatte ich zwar nicht gefragt, aber die Parallele ist erstaunlich. Und ein Beispielwort fehlte mir gerade.
und dann soll auch noch gendern eingeführt werden für noch mehr sprach-verwirrung. und kaum jemand der sich dagegen wehrt
diese verhalten sich alle "normgerecht" - Silbentrennung bei has-peln und has-ten führt zur Aussprache "s-p/s-t", die Ausnahme bei "Stil" liegt an der Herkunft des Wortes, das als Lehnwort im Deutschen existiert ("exis-tiert" - ebenfalls ein Lehnwort).
Eindeutig Silbenende! ... deswegen nur in Schwaben "hascht gnug Lascht?"
Da gibt's übrigens noch mehr interessante Besonderheiten in der deutschen Sprache: Aussprache und Verwendung von "-ig", "-[l]ich" und "-isch" sind ganz schön zickig, trickreich und zeitweilig reichlich problematisch.
"Könich" ist die "richtige" Aussprache (hochsprachlich), sogenannte "Bühnenaussprache"
Aber dann wiederum "königlich" = "köniklich" (wegen der unschönen Häufung des Zischlautes) oder auch "Königreich" = "Könikreich"
Das mit em Silbenanfang kann ich nicht bestätigen — das Superlativsuffix in am schönsten diene als Beispiel.
Ja, und regional geprägt. Ich habe in der Schule immer sowas wie "Könick" oder "Honick" gesagt, meine Kollegen lachten dann und meinten, "das heisst richtich Könich und Honich". Aber ich kam eben von woanders wech...
Kein treffendes Beispiel, da sich die Silben folgendermaßen aufteilen: schöns · ten
In Süddeutschland wird "Könick" gesagt, standardsprachlich ist eben "Könich" richtig ("richtich"), aber im süddeutschen Sprachraum heißt es ja auch "Kemie" und "Kina", dafür sagt man dort oft (vor allem in Österreich) "Or*ch*ester" [ç]... Es gibt also bei vielen Wörtern eine regelgerechte Standardlautung (Norm) und abweichende, oft regional beeinflusste Individuallautungen.
Tja, ich lasse solche Abweichungen alle als richtig oder richtich ^^ zu.
Wie nennst Du die Mäuse, die grauer sind als alle anderen Mäuse? Oder die Rehe, die scheuer sind alle alle anderen? Ich sage grausten, scheusten und da gibt es kaum eine andere Möglichkeit, die Silben zu trennen, als vor dem st.
Es geht nicht um Aussprache, sondern um Silbentrennung, die lautet nunmal "schön - sten", wodurch auch die Aussprache regelhaft bleibt.
…und auch bei grau•sten und scheus•ten wird die Trennung so verwendet, wie angezeigt.
Und dann habe ich mich eben vertippt … es muss (und sollte) natürlich schöns•ten heißen.
Hallo DocPsychopath
Das ist ein Teil von Alpha2 und damit, ein Teil des ersten Halbjahres der ersten Klasse der Grundschule.
Lesen lernen
Immer wenn ein Wort mit st oder sp beginnt wird das s wie ein sch gesprochen - ansonsten nicht
Alpha 1: Alphabet Kennenlernen bis auf C J und Q
Alpha 2: C, J, Q, st, sp, ck, sch, ch, ä, ö, ü, chs usw
Stehen
Stellen
Sprechen
Stier
Sport
Du stehst
Du stellst
Du sprichst
Lg
Genau, Wortanfang <sch>, Wortmitte oder ende <st>.
Sieht man auch in der Anlauttabelle ( Anlaut= Anfangslaut).
Interessant. Anlaut ist ja inhaltlich dasselbe wie "Silbenanfang", was schon mal ein User meinte.