Aussprache des st im Deutschen?

Das Ergebnis basiert auf 4 Abstimmungen

Ich weiss was: 100%
Weiss nicht sicher, habe aber trotzdem eine Idee. 0%

4 Antworten

Ich weiss was:

Im (Hoch-)Deutschen wird (bei deutschsprachigen Wörtern) im Anlaut (Wort[teil]anfang) "scht" gesprochen, im Auslaut (Silbenende) und Zwischenlaut "s-t". Anders ist es allerdings in Dialekten, z. B. werden im Norddeutschen auch Anlaute "s-t" gesprochen und im Schwäbischen alle derartigen Lautverbindungen "scht", was dann auf die regionale Standardsprache "abfärbt". Außerdem zu beachten sind Fremdwörter und Lehnwörter, wie z. B. "Stil", das hochsprachlich mit "s-t" gesprochen wird (im Unterschied zu "Stiel").

Das sollte als kurzgefasste Erklärung erstmal reichen...

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Mehrere Sprachen studiert, Tätigkeit als Journalist u. Autor
DocPsychopath 
Fragesteller
 16.02.2022, 13:59

Interessant. Anlaut ist ja inhaltlich dasselbe wie "Silbenanfang", was schon mal ein User meinte.

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DocPsychopath 
Fragesteller
 16.02.2022, 14:02
@adelaide196970

und bestrafen! Jetzt fällt mir auch ein Beispielwort für den Anlaut mitten im Wort ein. Danke! Ich hab's gefunden.

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Ich weiss was:

Das kommt vom Wortursprung her. Alle Wörter die ihren Ursprung in der der deutschen Sprache haben spricht man scht aus, wenn das St oder Sp am Wortanfang steht. In der Wortmitte oder am Wort Ende wird st gesprochen, wie in Pest, Rest.

Fremdwörter können der Ausspracheregel ihrer Ursprungssprache folgen, z.B. Statue, Star, Stil, das Gemeine an der Sache ist, dass wir viele Fremdwörter schon so lange in unserer Sprache haben, dass wir sie nicht mehr als Fremdwörter wahrnehmen. Die Ausspracheunregelmäßigkeit haben sie trotzdem behalten. Leider hilft da nichts anderes als die Unregelmäßigkeiten auswendig zu lernen. :(

Das müssen wir Deutschen auch, wenn wir Englisch oder irgendeine andere Sprache lernen.

Bearbeitetes Zitat von @Chog77

DocPsychopath 
Fragesteller
 16.02.2022, 13:58

Ja, unsere Eigenart, Fremdwörter nicht anzupassen, macht es schwierig. Das vermittle ich den Schülern auch. Ein anderer User meint, dass das "scht" nicht nur am Wortanfang, sondern auch an jedem SILBENanfang Regel wäre.

Was meinst du dazu?

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Bibadchoia  16.02.2022, 13:59
@DocPsychopath

Ich denke: Wenn man am Silbenanfang scht spricht, schreibt man st.

Albert Ein_SCHTein...

Ergo, stimme dem anderen User zu.

Auch hier gibt es natürlich Unregelmäßigkeiten..

Lebensstil.. etc

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DocPsychopath 
Fragesteller
 16.02.2022, 14:00
@adelaide196970

Nach Sp hatte ich zwar nicht gefragt, aber die Parallele ist erstaunlich. Und ein Beispielwort fehlte mir gerade.

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Mastermind498  16.02.2022, 14:06
@DocPsychopath

und dann soll auch noch gendern eingeführt werden für noch mehr sprach-verwirrung. und kaum jemand der sich dagegen wehrt

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lrscologne  16.02.2022, 14:07
@Bibadchoia

diese verhalten sich alle "normgerecht" - Silbentrennung bei has-peln und has-ten führt zur Aussprache "s-p/s-t", die Ausnahme bei "Stil" liegt an der Herkunft des Wortes, das als Lehnwort im Deutschen existiert ("exis-tiert" - ebenfalls ein Lehnwort).

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lrscologne  16.02.2022, 14:08
@Bibadchoia

Eindeutig Silbenende! ... deswegen nur in Schwaben "hascht gnug Lascht?"

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lrscologne  16.02.2022, 14:15
@lrscologne

Da gibt's übrigens noch mehr interessante Besonderheiten in der deutschen Sprache: Aussprache und Verwendung von "-ig", "-[l]ich" und "-isch" sind ganz schön zickig, trickreich und zeitweilig reichlich problematisch.

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Bibadchoia  16.02.2022, 14:18
@lrscologne

Denke aber dass dort viel über Dialekte differenziert wird.

König

Könich

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lrscologne  16.02.2022, 14:19
@Bibadchoia

"Könich" ist die "richtige" Aussprache (hochsprachlich), sogenannte "Bühnenaussprache"

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lrscologne  16.02.2022, 14:20
@lrscologne

Aber dann wiederum "königlich" = "köniklich" (wegen der unschönen Häufung des Zischlautes) oder auch "Königreich" = "Könikreich"

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indiachinacook  16.02.2022, 17:15
@DocPsychopath

Das mit em Silbenanfang kann ich nicht bestätigen — das Superlativsuffix in am schönsten diene als Beispiel.

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DocPsychopath 
Fragesteller
 16.02.2022, 18:24
@lrscologne

Ja, und regional geprägt. Ich habe in der Schule immer sowas wie "Könick" oder "Honick" gesagt, meine Kollegen lachten dann und meinten, "das heisst richtich Könich und Honich". Aber ich kam eben von woanders wech...

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lrscologne  17.02.2022, 09:44
@indiachinacook

Kein treffendes Beispiel, da sich die Silben folgendermaßen aufteilen: schöns · ten

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lrscologne  17.02.2022, 09:52
@DocPsychopath

In Süddeutschland wird "Könick" gesagt, standardsprachlich ist eben "Könich" richtig ("richtich"), aber im süddeutschen Sprachraum heißt es ja auch "Kemie" und "Kina", dafür sagt man dort oft (vor allem in Österreich) "Or*ch*ester" [ç]... Es gibt also bei vielen Wörtern eine regelgerechte Standardlautung (Norm) und abweichende, oft regional beeinflusste Individuallautungen.

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DocPsychopath 
Fragesteller
 17.02.2022, 15:10
@lrscologne

Tja, ich lasse solche Abweichungen alle als richtig oder richtich ^^ zu.

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indiachinacook  17.02.2022, 16:31
@indiachinacook

Wie nennst Du die Mäuse, die grauer sind als alle anderen Mäuse? Oder die Rehe, die scheuer sind alle alle anderen? Ich sage grausten, scheusten und da gibt es kaum eine andere Möglichkeit, die Silben zu trennen, als vor dem st.

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lrscologne  18.02.2022, 18:09
@indiachinacook

Es geht nicht um Aussprache, sondern um Silbentrennung, die lautet nunmal "schön - sten", wodurch auch die Aussprache regelhaft bleibt.

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lrscologne  18.02.2022, 19:23
@indiachinacook

…und auch bei grau•sten und scheus•ten wird die Trennung so verwendet, wie angezeigt.

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lrscologne  18.02.2022, 19:24
@lrscologne

Und dann habe ich mich eben vertippt … es muss (und sollte) natürlich schöns•ten heißen.

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Es steht ja schon fast alles da, aber ich fasse es nochmals so zusammen, wie ich es sehe, und formuliere es ein bißchen präziser als meine Vorredner.

Die Verschiebung von [st] zu [ʃt] am Anfang von Wortstämmen ist spezifisch hoch­deutsch. Alle verwandten germanischen Sprachen haben das originale [st], z.B. Stein [ʃtaɪn] engl. stone [stəʊn], holländ. steen [steːn], Afrikaans steen [stɪə̯n], schwed. sten [steːn]. Auch die niederdeutschen Dialekte haben [st]-Laute am Anfang, nur jiddisch שטיין‎ [ʃtɛɪn] hat die [ʃt]-Aussprache, weil es sich ja erst im letzten Jahrtausend von Hoch­deutsch getrennt und daher die hochdeutsche Aussprache ererbt hat.

Ein paar hochdeutsche Dialekte treiben das noch weiter und haben auch im Auslaut [ʃt], z.B. du hast [haʃt] im Schwäbischen. Umgekehrt findet man an Orten mit starkem nie­der­­deutschen Einfluß gelegentlich [st]-Aussprache, wo hochdeutsch [ʃt] sein müß­te (['spɪtsə 'staɪnə 'stɛçən] in Hamburg). Mit Standardsprache hat das nichts zu tun.

Diese [ʃt]-Aussprache tritt immer im Stammanlaut auf: steigen, Stimme, Streich, …. Das gilt auch, wenn irgendwelche Vorsilben davor kommen (Ab­stieg, verstimmt, be­strei­­chen) oder bei anderen Formen der Wortbildung (Bindestrich). Dasselbe gilt üb­ri­gens immer, wenn ein urgemanisches anlautendes [s] vor Konsonant stand, dann kommt im Deutschen immer ein [ʃ] heraus, während andere germanische Sprachen das [s] bewahrt haben, z.B. schwimmen aber engl. swim [swɪm] oder schlagen aber engl. slay. Im Deutschen schreibt man in solchen Fällen sch außer in den Ver­bin­dun­gen st und sp (z.B. engl. spew gegenüber deutsch speien).

Das führt dazu, daß man stammanlautendes st und sp im Deutschen als [ʃt] bzw. [ʃp] liest. Normalerweise hat man keine Schwierigkeiten, zu erkennen, was ein Stamm­anlaut ist, aber gelegentlich ist man auch als Muttersprachler damit überfordert, be­son­ders bei regionalen Eigennamen. Ich erinnere mich mit Schaudern, wie ich am Straßen­namen Gasteig peinlich gescheitert bin (er hat mit steigen zu tun, es war ja auch eine stei­le Straße).

Und dann gibt es natürlich noch die ganzen Fremdwörter. Ein st als Stammanlaut ist so­wohl im Lateinischen als auch im Griechischen häufig und hat sich daher in einer Rie­sen­an­zahl von Fremdwörtern niedergeschlagen, z.B. Struktur, Statistik, Stil, Kon­struk­tion, Stag­na­tion, strikt, Stan­dard, Sta­tus, strin­­gent bzw. Stasis, Stratosphäre, Stele, Strategie, sto­isch. In die­sen Fäl­len schwankt die Aus­spra­­che zwi­schen verschiedenen Spre­chern, aber ich sa­ge in je­dem Fall [st]. Bei ein paar Fremdwörtern ist die [ʃt]-Aus­spra­che aber ka­no­nisch, z.B. Stro­phe. (← στροφή strophḗ ‘das Wenden’). Die weni­gen grie­chi­schen Fremdwörter auf Sth- werden da­ge­gen von al­len Deutsch­sprechern mit [st] ge­spro­chen, z.B. sthenisch (← σθένος sthénos ‘Kraft’).

Bei Fremdwörtern auf sp ist die Sache deutlich inkonsequenter, denn da gibt es eini­ge, die univer­sell mit [ʃp] gesprochen werden (Spelunke, Spore, speziell), und eigent­lich ge­hört auch Spaß (← ital. spasso) in diese Gruppe. Bei anderen überwiegt da­ge­gen die Aussprache mit [sp] (Spezies, spastisch, sporadisch, Sperma). Als Faustregel kann gel­ten, daß eine [ʃp]-Aus­spra­che umso wahrscheinlicher wird, je alltagssprach­licher das Wort ist.

Woher ich das weiß:Hobby – Angelesenes Wissen über Sprach­geschich­te und Grammatik
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