Wie soll ich mich mit der sexistischen Haltung des Christentums abfinden?
Hallo,
meine Frage richtet sich primär an Christen, die ihrer Religion sehr treu sind, also z.B. streng katholische Christen, bibeltreue Protestanten, etc.
Ich würde über mich nicht behaupten, ein fundiertes theologisches Wissen zu haben, aber es geht sicherlich über das der meisten Menschen hinaus. Ich beschäftige mich seit mehreren Jahren mit dem Christentum, erst nur mit der Bibel und Reformiertentum, seit diesem Jahr auch mit der katholischen Lehre. Aber eben weil ich mir meines begrenzten Wissens bewusst bin, lasse ich mich auch gern korrigieren. Dass die Lebensrealität vieler Christen wenig mit dem Dogma zutun hat, ist mir klar, aber in dieser Frage geht es mir prinzipiell um die Schrift und ihre Auslegung, logischerweise richte ich mich daher auch primär an jene, die sich damit auskennen.
Ich nehme an, dass euch Bibelstellen wie 1. Timotheus 2:11-15, 1. Korinther 14:34-35 und Epheser 5:22-24 geläufig sind. Zwar gibt es Christen, die alle paulinischen Briefe ablehnen oder einige seiner Briefe als Fälschungen diffamieren, aber dieses Fass möchte ich hier nicht aufmachen. Fakt ist doch, dass diese Bibelstellen von (konservativen) Christen genutzt werden, um zu erklären, wieso Frauen sich unterordnen sollen.
Ebenso sind mir Stellen wie Galater 3:28 bekannt, aber das wird meines Wissens meistens so ausgelegt, dass sich die Gleichheit auf die Stellung in Gottes Augen beschränkt, nicht auf weltliche Hierarchien.
Ich finde, dass man also aus christlicher Sicht argumentieren kann, dass Frauen sich unterordnen zu haben.
Für mich persönlich geht das an meiner Weltanschauung vorbei.
Ich selbst bin Agnostikerin, aber vieles zieht mich zum Christentum hin. Ich bin sehr liberal-protestantisch aufgewachsen, in einer Familie die christliche Werte mit Philosophie der Aufklärung vermischt. Mit 13-14 Jahren war ich sehr bibeltreu und religiös, allerdings hat das mit der Zeit abgenommen bis es ganz vorbei war. Aber trotzdem überkommen mich oft Zweifel und ich habe mein Interesse am christlichen Glauben offensichtlich nicht verloren. Und seltsamerweise hat vor allem Katholizismus etwas extrem anziehendes an sich, das ich mir rational nicht erklären kann.
Aber was mich immer und immer wieder abschreckt, ist die Sicht auf Frauen.
Ich selber interessiere mich für Politik, Philosophie, Theologie. Ich lese Primärliteratur, diskutiere Marxismus, gehe aus theologischem Interesse in tridentinische Messen, habe früher feministische Texte für die Schülerzeitung geschrieben. Die Liste geht so weiter.
Als Argument für die biblische Geschlechterfrage wurde mir oft, vor allem von Männern, erklärt, dass diese ja rationaler, analytischer und intelligenter seien. Aus Erfahrung, nicht aus Stolz, kann ich versichern, dass ich, wenn es um analytische, rationale Intelligenz, aber such Intellekt geht, fähiger als alle männlichen Personen in meinem Umfeld bin. Mein Umfeld, das sind hauptsächlich 16-19 Jährige auf einem Gymnasium. Aber selbst wenn ich mit erwachsenen Männern rede (Lehrer, Freunde meiner Eltern), sind diese leider oft nicht nur ungebildeter, sondern auch unintelligenter, als mir lieb ist.
Warum ich betone, dass ich darauf nicht stolz bin? Ich finde keine gleichaltrigen Gesprächspartner, ich habe einen merklichen Defizit, wenn es um emotionale Intelligenz geht, Erwachsene nehmen mich nicht ernst und schauen auf mich herab, bis ich in zähen Konversationen beweise, dass ich mitreden kann.
Dass die Intelligenz, die ich besitze, nicht alles ist, ist mir klar. Das betrifft logisches, analytisches Denken. Die Fähigkeit, Zusammenhänge zu verstehen und sich Wissen anzueignen. Aber im Gegenzug habe ich, wie gesagt, Schwierigkeiten mit der richtigen Form von Empathie, ich tue mir schwer damit, mich in andere hineinzuversetzen, intuitiv anstatt analytisch zu handeln.
Aber mir, als Frau, wird genau das zugeschrieben und als Grund genannt, wieso ich in Gottes Schöpfung eine bestimmte Rolle einnehme.
Aber wie soll ich mich damit, aus meiner Position heraus, abfinden? Wie soll ich mich einem Mann unterordnen, wenn ich die gleichen Eigenschaften wie er habe, wegen deren Mangel ich mich aber scheinbar unterordne?
Ich würde gerne erfahren, wie ich diese Lehre eurer Meinung nach mit meiner Lebensrealität in Einklang bringen soll, denn wie gesagt, interessiert an eurem Glauben bin ich, aber dieser Punkt schreckt mich ab.
Dass es nicht primär um meinen Willen, sondern um Gottes vorgesehene Schöpfung geht, ist mir klar. Aber wieso bin ich denn dann wie ich bin? Wieso kann ich nicht die nötigen Eigenschaften haben, um einfach reinzupassen? Wieso muss ich seltsam sein?
Ein Leben, in dem ich das, was mir am wichtigsten ist, nämlich Wissen, nicht so ausschöpfen kann, wie ein Mann es könnte, kann und wird mich niemals erfüllen. Wenn Gott also das Beste für uns will, warum soll ich mich dann in eine Rolle fügen, die mich niemals erfüllen kann?
Ich danke euch.
Ich bin übrigens weiblich und 17 Jahre alt.
du wirkst sehr erwachsen und sehr klug
pn?
Klar
14 Antworten
"Aber mir, als Frau, wird genau das zugeschrieben und als Grund genannt, wieso ich in Gottes Schöpfung eine bestimmte Rolle einnehme."
Wer schreibt dir das zu? Und woher haben die Leute ihre Vorstellungen? Es dürfte lebhaft, vielleicht aber ernüchternd werden für dich, wenn du nachfragst.
Paulus? War ein Mann. Ich mag seine Ansichten nicht zu "Gottes Worten" hochmontieren.
Auch mir als Mann gehen gewisse Zuordnungen auf den Zeiger, was "ein Mann" oder "eine Frau" zu denken, zu glauben, zu tun habe.
Sollst du dich mit sexistischen Haltungen abfinden? Sollst du auf keinen Fall, finde ich.
Tote Fische schwimmen mit dem Strom, lebendige dagegen. ( Hat ein subversiver Witzbold während des Wehrdienstes in der Kaserne ans Anschlagbrett geheftet...)
es ist gut, dass Du verschiedene Positionen kritisch hinterfragst.
Zu dem guten Beitrag von Epilz ergänze ich: Alle Macht liegt bei Gott. Je weniger Menschen Gott kennen und sich auf Ihn einlassen, desto eher meinen sie, dass es bei Gott um Machtverteilung geht. Das ist aber falsch! Gott geht es um Liebe und in diesem Sinne um eine Fürsorge für den Nächsten.
Wenn ich eine Ehefrau suchen würde, dann wäre mir auch eine Frau lieb, die mehr kann und weiß als ich. Sie würde mich hervorragend fördern und unterstützen, meine Grenzen erweitern. Aber das würde nur funktionieren, wenn sie ihr Mehrkönnen und ihr Mehrwissen nicht missbraucht, um zu herrschen. Und umgekehrt gilt das Gleiche.
Ein Mann/eine Frau, hat mit den Bibelstellen, in denen es um Ordnung und Unterordnung geht, nie ein Problem, solange beide die Brille der Liebe tragen. Und ganz oben steht Christus, der mehr Liebe für uns hat, als wir fassen können. Was spricht dagegen, sich Christus unterzuordnen. Die Frage der Unterordnung wird nur dann zum Problem, wenn die Brille der Liebe nicht getragen wird.
Wunderbar gesagt, deine Antworten lese ich sehr gerne. Und vielen lieben Dank für deine Auszeichnung und lieben Worte. Gottes reichen Segen dir🙏🏼✝️🔥❤️
Ich finde das Christentum schön und kann Dich dazu nur ermutigen! Ich finde es schön, wenn Menschen aus ihrem Glauben Hoffnung, Trost und Kraft schöpfen können. Ein solcher Glaube kann das Leben meiner Meinung nach sehr bereichern. Der christliche Glaube kann eine Motivation sein, sich für Frieden und Gerechtigkeit einzusetzen.
Ich glaube an Gott, ich bin Christ. Wenn Du einiges wissen möchtest, was mich vom Christentum überzeugt, dann kannst Du mich z.b. fragen oder auf mein Profil gehen. Ich finde am Christentum u.a. schön, dass man an einen liebenden, gnädigen Gott glaubt und das die Nächstenliebe sehr wichtig ist.
Jeder muss eine bestimmte Rolle einnehmen, bedingt dadurch an welchem Ort, zu welcher Zeit, als welches Geschlecht oder in welcher gesellschaftlichen Stellung jemand geboren wurde. Gott bestimmt für jeden von uns eine Rolle und diese mag für uns nicht immer sinnvoll erscheinen. Aber ich bin überzeugt davon, dass Gott nichts ohne Grund tut. Was immer durch ihn geschieht führt am Ende zum Guten.
Die biblische Stellung der Frau hat viele Gründe. Man könnte argumentieren, dass Paulus einfach aus seiner Zeit heraus schreibt. So befiehlt er ja auch Sklavenhaltern gut zu ihren Sklaven zu sein, einfach weil es für ihn undenkbar war, dass es möglich sein könnte die Sklaverei völlig abzuschaffen. Mit der Rolle der Frau könnte es sich ähnlich verhalten. Nun ist es aber auch so, dass Jesus der Frauen nicht anders Männer behandelt und der auch Frauen die seine Lehre hören und nach Wissen suchen bestärkt, trotzdem nur Männer zu den Zwölf erwählt. Das kann an dem symbolischen Charakter liegen, den Paulus beschriebt, in dem Mann und Frau Symbol für die Beziehung zwischen Christus und Kirche werden. Es kann auch daher kommen, dass Gott Männer eine andere Rolle als Frauen zugedacht hat.
Da der Mensch nun aber näher zu Gott kommen soll, so soll er natürlich auch die Sicht Gottes auf die Menschen annehmen. Das heißtman soll Frauen auch nicht als weniger wert sehen als Männer, denn das sind sie in Gottes Augen nicht. Sie haben eine andere Rolle mehr nicht. Da nun jeder Mensch in Demut vor Gott wandeln soll, soll sowieso niemand nach Macht oder Führungspositionen in der Kirche streben, denn dann würde man sich selbst dienen nicht seinem Nächsten. Das heißt ein Christ sollte die Rolle akzeptieren, die einem von Gott gegeben wurde und diese nutzen um gutes zu tun.
SUPER GEDANKEN: DANKE: VOLL EHRLICHES KOMPLI
dein weg ist nicht einfach. und du wirst es nicht einfach haben. aber bleib dran, ganz bei deinem wissen, verstand
und
ganz bei deinen gefühlen
RATIO + EMOTIONS - that´s life
Danke :)