Warum hat man die Sorgen von rechtswählenden Leuten nie wirklich ernst genommen?
Es gibt AfD-Wähler, die sind wahrscheinlich mal von der NPD rüber gewandert und sind wirklich sehr hasserfüllt und feiern auch Björn Höcke. Viele AfD-Wähler, die ich kenne, mögen Höcke aber gar nicht.
Joachim Gauck hat vor zehn Jahren, als es mit PEGIDA anfing, gesagt, man müsse die Sorgen dieser Menschen ernst nehmen. Bis heute ist das nie wirklich geschehen.
Die Menschen wurden als Nazis, Schwurbler, Querdenker, Faschisten, usw. bezeichnet, aber gebracht hat all das nichts. Im Gegenteil: Die AfD ist erfolgreich wie nie.
Es gibt Menschen, die sich um Dialog bemüht haben. Das ist Giovanni di Lorenzo von der ZEIT und auch Markus Lanz vom ZDF. Aber die meisten haben sich eher distanziert, sich abgeschottet. Man dachte, wenn man Rechte nur lange genug beschimpft, dann werden sie wieder links. Aber sowas bekommen wir auch beigebracht. Eine Referentin meinte mal, wir dürften über Rechte reden, aber niemals mit ihnen.
Jan Böhmermann hat es in der ZEIT in meinen Augen eigentlich gut beschrieben: Es geht um eine neue Zeit, um neue Werte. Und dass es Menschen gibt, die da nicht mitmachen wollen. Er kritisierte diese Menschen stark. Aber ich kann diese auch nachvollziehen.
Gerade als Katholik und Theologiestudent sehe ich auch vieles, von den 'neuen Werten' kritisch. Manche sind auch zu begrüßen, andere jedoch sehe ich skeptisch. Nur wird diese Skepsis dann oft als Angst bezeichnet. 'Homophobie' , 'Islamophobie', 'Transphobie' sind nur einige Ängste, die man anderen unterstellt. Man hört also ihre Kritik nicht an, sondern sieht es als Ängste an. Dabei gibt es z.B. gute theologische Gründe, den Islam auch kritisch zu sehen.
In Erfurt standen neulich Patienten draußen in der Kälte, weil die Arztpraxis so überlastet war. Situationen wie diese treiben die Menschen zur AfD. Oder eben auch prekäre Situationen wie im Frankfurter Bahnhofsviertel, vor dem ja mittlerweile auch internationale Zeitungen warnen.
Das beste Mittel gegen die AfD wäre es ja eigentlich gewesen, wenn man prekäre Situationen in Deutschland bekämpft, wenn die Menschen Vertrauen in die Politik entwickeln. Aber dies ist halt nicht geschehen. In Soziologie haben wir betrachtet, dass vorallem wohlhabende Menschen Vertrauen in den Staat haben und sich bei den Grünen engagieren. - Natürlich haben vorallem Wohlhabende Vertrauen in den Staat, weil sie ja gar keine prekären Situationen kennen.
Ich finde es dann sehr unangebracht, wenn man Menschen aus ärmeren Millieus, die dann zur AfD tendieren, als 'brauner Bodensatz' oder 'asoziales Pack' beschimpft.
Mittlerweile werden jetzt sogar CDU-Wähler als Faschisten bezeichnet, es werden CDU-Büros angegriffen und Friedrich Merz als 'Steigbügelhalter der Nazis' dargestellt. Alles rechts der SPD ist 'Nazi'.
Es wirkt in meinen Augen oft geradezu verzweifelt, wie im Prinzip SPD, Grüne und tlw. die Linke immer wieder glauben, sie wären die einzigen Vertreter von Moral in diesem Land. Alles andere sei zu rechts. Man wird damit keinen einzigen Wähler zurückholen.
Ich finde es in dieser Beziehung die 'Jüdische Allgemeine' immer wieder erfrischend unaufgeregt, weil dort sehr oft differenziert über die Debatten im Land berichtet wird. So wurde auch zu einer differenzierteren Diskussion um die CDU aufgerufen.
Der Text ist lang, aber es gibt halt so viele wichtige Punkte.
Wie seht ihr das alles?
Hast du schon dran gedacht das diese Politiker gar nichts über Sorgen und Nöte der Bürger wissen? https://youtu.be/FmCcO5Bdv1U
An dieses Video musste ich auch denken.
4 Antworten
"In Erfurt standen neulich Patienten draußen in der Kälte, weil die Arztpraxis so überlastet war. Situationen wie diese treiben die Menschen zur AfD"
Und wie hilft das nun?
In Sonneberg (wo ein AfD-Landrat regiert) hat eine Klinik zugemacht. Ich verstehe ja die Sorge. Aber die "Lösung" hilft ja eben nicht. Ich würde es ja verstehen, wenn die Entscheidung helfen würde, Arztpraxen zu entlasten.
Aber die AfD zu wählen, weil die Arztpraxis zu überfüllt war, ist genauso, wie eine Flasche Schnaps zu trinken, weil (irgendein anderes Problem aufgetreten ist). Es ist ja nicht so, dass man das Problem nicht verstehen würde (das versteht man ja).
Es ist nur so, dass die Lösung nicht zum Problem passt.
Das Verständnis dafür, dass die Überlastung der Arztpraxis da war, und dass das eben unangenehm ist, habe ich.
Ich habe auch Verständnis dafür, wenn man sich mit Alkohol betäubt (es ist nicht so, dass ich da kein Mitgefühl hätte). Nur die Frage ist doch: was hilft es bei dem eigentlichen Problem?
Arztpraxen gehören sicher nicht zum Kerngebiet der AfD-Forderungen.
Das Problem hat nichts mit AfD/nicht AfD zu tun.
Das beste Mittel gegen AfD wäre, so einiges von der AfD auf die Tagesordnung zu setzen?
Naja, was willste machen, solche Strategien wie: "wir dürften über Rechte reden, aber niemals mit ihnen." hat man bereits erfolgreich in die Kopfe junger, toleranter(?) Menschen untergebracht.
Zu spät alles, das Unheil nimmt seinen Lauf. Es ist hier nicht wie in den USA, wo Demokraten und Republikaner trotz aller Gegensätze sachlich miteinander reden können, sondern in D erwarte ich ein Blutbad, wenn ein Grünen-Stand neben einem AfD-Stand platziert wird. Und Debatten arten hier immer aus in wertloses Geschrei. Und das liegt in nicht unerheblichem Maße an denjenigen, welche den jungen, zumeist linken Leuten beibringen wollen, mit wem sie nie nie nie reden dürfen.
Ja und ich weiß tatsächlich nicht, ob manche Menschen -Politiker- die Probleme wirklich nicht sehen oder ob sie lügen. Absolut keine Ahnung. Aber es ist beides schlecht. In beiden Fällen ist Problemlösung unmöglich.
Aber Ihr habt tolle Ingenieure. Die wissen wie es geht: Probleme ganz genau benennen, analysieren, daraus Lösung herleiten. Anders geht es nicht. Wenn D von Ingenieuren regiert würde, wäre alles in Butter. Leider haben die keine Lust dazu :-)
Grundlegend hast du recht würde ich sagen. Man bringt Menschen nicht dazu an die selbe Sache zu glauben, wenn man ihnen Vorwürfe macht. Allerdings muss man auch die andere Seite betrachten: AfD-Wähler sind meist ein sehr interessantes Völkchen. Die sind hoch emotionalisiert und geben viele Unwahrheiten von sich. Kannst du ja auch an der Platform hier sehen. Wie oft wird Habeck hier täglich als Verbrecher bezeichnet? Duzende male. Mit solchen Menschen kannst du keine ernsthafte Diskussion führen. Dafür haben die AfD-Leute mit ihren Lügen schon gesorgt.
Dann kommt noch hinzu, dass die Wähler Sache X für ihr Problem Y ausmachen, auch wenn das gar nicht der Fall ist. Beispiel: Energiepreise. Da werden die Grünen für verantwortlich gemacht, schuld ist aber der russische Angriffskrieg. Und wer ist auf der Seite von Putin? Die AfD. Ein Widerspruch. Sowas kann man dann schwer ernst nehmen.
Bei Themen, die man ernst nehmen kann ist immer auch die Sache wie realistisch das ist, solche Sorgen in einer Legislaturperiode zu bewältigen. Deutschland hat viele Probleme, die vor 10-15 Jahren oder teilweise noch länger gemacht wurden und deren Auswirkungen man erst jetzt spürt. Solche Sachen kann man nicht mal eben in 4 Jahren rum reißen. Da ist dann auch die Erwartungshaltung schuld.
Das Thema ist superkomplex.
Das einen sind die AfD-Wähler, die sehr laut sind. Und die auch teilweise sehr hasserfüllt sind. Es gibt auch AfD-Wähler, die nicht so sind. Ich kenne AfD-Wähler, die total sympathisch sind und Grünen-Wähler, die sehr überheblich sind. Ich schaue auf den Charakter der Menschen.
Aber vielleicht ist die Verdammung des Emotionalen auch manchmal nicht gut. Ich bekomme es oft mit, dass Konservativen Sentimentalität und Nostalgie vorgeworfen wird, während sich Progressive rühmen, sich nüchtern an empirischen Fakten zu orientieren. Aber jetzt ist der Mensch nunmal nicht rein rational, sondern wir haben Gefühle und Emotionen.
Jetzt gibt es ja einen Aufreger darüber, dass Olaf Scholz jemanden als 'Hofnarr' bezeichnet hat. Politiker dürfen überhaupt keine Emotionen mehr haben, müssen stets ruhig und sachlich bleiben. Aber das ist halt nicht menschlich.
"Natürlich haben vor allem Wohlhabende Vertrauen in den Staat, weil sie ja gar keine prekären Situationen kennen."
Selten. Oder diese Lage ist für sie vorbei. Sie bekommen es eben bei anderen mit ...
Nicht unbedingt. Aber eben die selben Probleme vielleicht mit anderen Methoden zu lösen. Nur wird ja auch teilweise abgestritten, dass es die Probleme überhaupt gäbe.