Religionsunterricht an Schulen abschaffen? Was denkt ihr?
Hallo
ich finde diesen aus mehrerer Hinsicht fragwürdig.
Die Kirche organisiert den Religionsunterricht bzw. schickt ihre Leute dafür dort hin, und bezahlen tut es der Steuerzahler.
Das Arbeitsrecht der Kirche ist in vielerlei Hinsicht sehr fragwürdig, beispielsweise mischt diese sich in das Privatleben ihrer Mitarbeiter ein, man kann dort beispielsweise wenn man geschieden ist berufliche Probleme bekommen oder seinen Job gar verlieren. Es gibt eine Reihe weiterer solcher sehr fragwürdigen Aspekte.
Ich denke mir das Privatleben des Personals geht den Arbeitgeber nun wirklich nichts an, solange man seine Arbeit gut erledigt.
Ich würde es sinnvoller finden, wenn es den klassischen Religionsunterricht nicht mehr geben würde und stattdessen überall den Ethikunterricht, in dem man gerne auch mal ein paar Einheiten über die verschiedenen Religionsgemeinschaften diskutieren kann, neben den zahlreichen ethischen Themen, die es halt so gibt.
Diese Verknüpfung von Kirche und Staat - die es noch immer gibt, solange der Staat kirchliches Personal bezahlt - ist absolut nicht zeitgemäß in meinen Augen.
Es würde sich wenn Religion abgeschafft wird an den Schulen sicher irgendeine Möglichkeit finden, dass beispielsweise die Religionslehrer dann eben stattdessen Ethik unterrichten können. Fremdunterrichten (also andere Fächer zu unterrichten als jene die man studiert hat) ist heutzutage ja sowieso Standard.
Ich finde Religion sollte eine reine Privatangelegenheit sein. Und das sage ich gar nicht gegen religiöse Leute. Es ist schlicht und einfach kein Thema, mit dem sich der Staat befassen sollte bzw. dass er finanzieren sollte.
Was denkt ihr?
12 Antworten
Ich kann Dir nur die Erfahrung "meiner" Stadt mitteilen.
Den Religionsfrieden, Ausländeranteil liegt bei 40 % - zumeist Muslime, gibt es seit sehr vielen Jahren.
Der Grund: Alle Schülerinnen und Schüler kennen die Kirchen und die Moschee gut. Sie wissen viel über den Hindu-Glauben. Imame, Pfarrer und Priester lernen sie persöhnlich kennen und können sie mit Fragen "löchern".
Sehr viele Vorurteile werden dank dem Religionsunterricht abgebaut. Das wirkt sich auch auf die Familien aus.
Wie sieht es umgekehrt aus, wie viele Muslime wissen etwas über das Christentum oder den Buddhismus? Ernst gemeinte Frage, ich habe wirklich keine Ahnung, ob man sich in der Türkei und anderswo dafür interessiert oder nicht.
Deine Gedanken lassen sich nicht realisieren, weil es genau so Eltern gibt, die wollen, dass man ihren Kindern Religionsunterricht erteilt. Da es jetzt schon die Möglichkeit gibt, zwischen konfessionellem Unterricht, Ethik aka Werte und Normen oder z.B. Philosophie zu wählen, hat jeder freie Entscheidung, was er/sie wählen möchte.
Deine Vorstellung von Religionsunterricht entspricht auch nicht ganz der Realität. Vor allem in den höheren Klassenstufen gibt es auch sehr wohl die Religionskritik und die Dogmengeschichte. Es geht nicht darum, etwas nachzubeten, was der Lehrer sagt. Selbst für eingefleischte Atheisten ist es ganz gut, die Grundlagen der Dogmatik-Konzepte draufzuhaben.
Ich würde es sinnvoller finden, wenn es den klassischen Religionsunterricht nicht mehr geben würde und stattdessen überall den Ethikunterricht, in dem man gerne auch mal ein paar Einheiten über die verschiedenen Religionsgemeinschaften diskutieren kann, neben den zahlreichen ethischen Themen, die es halt so gibt.
Du schreibst quasi Ethik vor, aber die Ethik bzw. der Humanismus, kommt aus der Theologie. Genau so kann es Eltern geben, die kein Interesse daran haben, dass ihre Kinder Fächer wie Werte und Normen oder Ethik besuchen? Daher meine Vermutung, dass deine Vorstellung von Theologie unbegründet sein könnte.
Auf jeden Fall war bei uns in der Oberstufe der Religionsunterricht defacto eh so eine Mischung aus Religionskunde und Ethik.
Bitte glaub mir, dass wirkliche Theologie nichts damit zu tun hat. Es geht um sehr komplexe Moralkonzepte. Ein Beispiel für eine Religionsstunde wäre etwa das Thema "Calvinismus und die doppelte Prädestination" Die meisten Reliigonslehrer trauen sich aber nicht, so etwas zu unterrichten, weil sie Angst haben, Schüler wären noch nicht so weit.
Ich weiß sehr gut wie das Theologiestudium aussieht.
Ich weiß, dass dort alles mögliche wie z. B. auch Bibelexegese betrieben wird und man die Geschichte der Dogmen genau anschaut beispielsweise weiters auch sehr viel Kirchengeschichte und Konfessionskunde und auch einige Philosophische Fächer, ich weiß sehr genau dass das Theologiestudium nicht aus beten und singen besteht, sondern weitaus komplexer ist.
bzgl Calvinismus und die doppelte Prädestination im religionsutnerricht, es kommt halt drauf an in welcher Schulstufe, in einer Oberstufe wäre dies in der Tat sinnvoll. In der Unterstufe natürlich weniger, da versteht das eh keiner von den Kindern.
Da hast du recht. Allgemein sehe ich das Problem eher darin, wie Religion vermittelt wird. Die meisten bekommen Desinteresse und nehmen es dann nicht mehr ernst, obwohl es sehr spannend ist und auf alltägliche Moral anwenden kann. Unsere modernen Moralvorstellungen entsprechen meistens keiner Logik und in Theologie stärkt man sein Wertesystem.
Ja es kommt halt auf den Lehrer drauf an, wir haben sehr viel Glück gehabt in der Oberstufe.
Es gibt aber auch viele Lehrer, die einfach fast jede Stunde irgendeinen Film die Schüler anschauen lassen (hatten wir in der Hauptschule so)
Du musst aber auch verstehen, dass die meisten Lehrer wegen Geld auf Lehramt in Deutschland studieren :)
Ich studiere eh selbst auch Lehramt.
Aber dass das man als Lehrer keinen Vorteil hat, wenn man seinen Job gut macht, ist generell ein weiter gefasstes Problem.
Man kann jede Stunde eine interessantes Thema vorbereiten, oder man kann irgendeinen Film schauen, das Gehalt ist in beiden Fällen das gleiche.
Und das hat nun mal leider zur Folge dass viele nur so viel Arbeit wie nötig rein stecken, ist leider so.
Ja, nur in Deutschland ist Lehramt halt überhaupt attraktiv. Ich habe im Bachelor auch auf Lehramt studiert und dann im Master gewechselt. Habe heute noch einen interessanten Beitrag darüber gelesen, dass wohl Leute mit guten Abschlussnoten und vor allem Männer sich weigern, den Lehramtsmaster weiterzustudieren und stattdessen andere Karrierewege nach dem Lehramtsbachelor anfangen. Das fand ich schon interessant :)
Ich würde ja als Lehrerin sowohl z. B. in Ethik als auch z. B. in Geschichte auf jeden Fall das Thema Religion miteinbringen, in beiden Fällen gibt es hier sehr viel zu erzählen. Das habe ich ja auch in der Frage erwähnt.
Vor allem in der antiken und mittelalterlichen Geschichte würde man sowieso gar nicht drum herum kommen, jede Menge über die Kirche in dieser Zeit zu erzählen.
Was ich halt - wie in der Frage erwähnt - fragwürdig finde ist beispielsweise das Dienstrecht der Kirche, das von Arbeitnehmerrechten nicht allzu viel zu halten scheint.
Interessant zu wissen.
Ich würde eher sagen, dass man viele Fächer wenn dann auf Lehramt studieren muss, weil es ansonsten sowieso keine guten Jobs damit gibt.
Also beispielsweise eh mit Geschichte oder Religion, was soll man da beruflich sonst machen damit?
Wie die Gehälter der Lehrer in Deutschland sind weiß ich nicht, in Österreich etwa 2500 Euro netto im Monat am anfang.
Die Landeskirchen sterben gerade sowieso langsam aus. Ich hatte das Vergnügen, drei Termine mit einem Oberkirchenrat zu haben und ihn über die Struktur der Kirche auszufragen und er meinte auch, dass die Kirche heute eher eine Behörde ist, als sonst irgendwas.
Ich meine jetzt den deutschsprachigen Raum, da verdienen die Lehrer doch sehr gut. Bei uns in DE wird ein Gymnasiallehrer direkt in A13 eingeteilt und bekommt etwa 4k Netto nach dem Referendariat. Das ist schon eine Menge Geld, wenn man bedenkt, dass man direkt in den höheren öffentlichen Dienst eingeteilt wird.
Ja die Kirche ist halt eine sehr üppige Institution die historisch gewachsen sehr viel Eigentum hat, und nach wie vor z. B. mit der Caritas oder mit Schulen die ihr gehören institutionell sehr tief verwurzelt ist, während sie in der Gesellschaft längst nicht mehr diesen Stellenwert hat.
Die kirchlichen Feste werden halt von vielen Leuten noch gefeiert, zu Weihnachten oder wenn jemand heiratet oder zur Erstkommunion oder Firmung oder Taufe verirrt man sich dann doch noch gelegentlich in die Kirche, abgesehen davon leben die meisten Christen ihren Glaube nur noch sehr seicht aus.
Ja, und das ist ein Problem vom Wertesystem. Ich würde sogar behaupten, dass die meisten Leute noch nicht einmal ihr Leben planen. Frag mal einen deiner Freunde, was er in einem Monat geplant hat, die meisten werden keine Antwort geben können. Eigentlich sollte die Kirche die Kultur insoweit beeinflussen, sodass die Leute ein stabiles Wertesystem haben, aber da die Kirche heute keiner mehr so richtig ernst nimmt, weil sie jedem zu gefallen versucht, ist dieser Trend auch verständlich :)
4K Netto hatte ich nicht zu Beginn. Einen Tausender weniger war es.
Die Sätze wurden angehoben, schau mal hier: https://www.academics.de/ratgeber/gehalt-lehrer unter A13.
Zwischen Kirche uns Staat sollte es eine strikte Trennung geben. Deshalb wäre ich für die Abschaffung.
Wenn die Christen, die Hindus und die Muslime ihre eigenen Religionsunterricht anbieten/vorschreiben, dann ist die Gefahr gross, dass die anderen Religionen schlecht dargestellt werden. Die Schulen können dem mit ihrem Unterricht begegnen.
Es spricht ja nichts dagegen, dass Schulen in neutraler Form über die wichtigsten Religionen aufklären. Das könnte ich mir im Rahmen eines Ethikunterrichts sehr gut vorstellen. Der eigentliche Religionsunterricht, wie ich ihn auch erlebt habe, gehört m.M.n. aber in die Kirchen und hat im Klassenzimmer nichts verloren.
Sinnvoller wäre es vielleicht, wenn die Schulen etwas mehr in den interkulturellen Austausch investieren würden. Vor vielen Jahren habe ich in Berlin solche Anlässe erlebt, wo in christlichen Kirchen Imame, Pfarrer, Pastoren und buddhistische Gelehrte nacheinander auf der Kanzel standen und von "ihrer" Religion berichtet haben. Mit anschliessendem Kennenlernen und offenem Austausch mit dem Publikum.
Das ist in meinen Augen Zielführender für eine Völkerverständigung und Integration als der katholische Religionsunterricht, den ich in der Schule "geniessen" durfte.
Man sollte ihn nicht abschaffen.
Es ist wichtig seine Religion kennenzulernen, Vorallem auch weil immer mehr Schüler sich nicht mehr konfirmieren oder Firmen lassen.
dazu Sind im Lehrplan auch andere Religionen. Dadurch lernt man sowohl andere Kulturen und Ideologien kennen und kann auch Relationen bei z. B. Politischen Themen erkennen (Glaubenskriege, etc. )
Offenbar läuft es in deinem Bundesland anders als in anderen. Unsere Religionslehrer sind keine Mitarbeiter der Kirche sondern Bedienstete des Landes, die Theologie studiert und die Missio erhalten haben.
Und ja, ich bin auch für Ethik für alle.
Wo habe ich irgendwas von meinen Vorstellungen über den Religionsunterricht geschrieben?
Auf jeden Fall war bei uns in der Oberstufe der Religionsunterricht defacto eh so eine Mischung aus Religionskunde und Ethik.