Ist der Staat unschuldig daran das Frauen aus der Mittelschicht so wenig Kinder bekommen?
Deutschland hat wieder einen neuen Rekord aufgestellt. Es gab noch nie so wenig Geburten wie aktuell. In der arbeitenden Mittelschicht läufts gegen 0. Kinder bekommen nur noch Reiche zwecks Vermögenssicherung bzw die untersten 10% die Zeit haben und alles bezahlt bekommen. Ist der Staat wirklich so unschuldig daran dass Frauen aus der breiten Mittelschicht so wenig Kinder bekommen?
17 Stimmen
9 Antworten
Ich will keine Kinder, das weiß ich jetzt schon (w19) aber das liegt eher daran, dass ich nicht auf Typen stehe.
Ansonsten finde ich es aber auch schlimm, dass Geburten immer noch wie vor 100 Jahren ablaufen mit gefühlt denselben Methoden und man da teilweise Sachen hört, dass die Ärzte zu grob waren oder so. Ich finde das sollte mehr geforscht werden, wie das weniger schmerzhaft sein könnte und auch irgendwie mehr Personal, damit niemand da auch stress eine schwangere verletzt
Und auch bei Kinderbetreuung muss mehr Möglichkeit bestehen, da allein ein Kita-Platz finden schwer ist, sodass die Frau nicht ihre Karriere aufgeben muss, nur weil es keine Plätze mehr gibt.
Und joa mit finanzieller Unterstützung kann man nie was falsch machen
Sich für Kinder zu entscheiden, ist in Deutschland das größte Armutsrisiko. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wurde immer sehr stiefmütterlich behandelt. Mittlerweile gibt es zwar einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz, aber such mal einen. Die Situation für Eltern wird ja auch nicht besser. Im Gegenteil, mittlerweile hast du ja schon Probleme, einen Kinderarzt zu finden. Oder such mal eine Wohnung mit Kindern.
Das sind jetzt nur vier Aspekte, eines komplexen Problems, aber am Ende des Tages, hat hier Politik auch über lange Zeit versagt und hat nicht angemessen auf gesellschaftlichen Veränderungen reagiert.
Der Staat kann keine Geburten vorschreiben, aber er kann die Rahmenbedingungen verbessern. Zum Beispiel durch ein ausreichendes Angebot an Kinderbetreuung und bezahlbaren Wohnraum.
Dann klappts auch wieder mit den Kindern.
Ja, mittlerweile muss man das sagen. Als Linker würde ich gerne behaupten, dass der Staat gegen die sinkenden Geburtenraten ankämpfen kann, aber das Nordische Modell hat in den vergangenen Jahren gezeigt, dass das leider nur sehr begrenzt - wenn überhaupt - wirksam ist. In Ländern wie Dänemark, Norwegen, Schweden, Island und Finnland hat man in der Vergangenheit wirklich verdammt viel getan, um das Leben und die Lebensqualität für Familien und junge Mütter zu erhöhen. Trotzdem bekommen die Frauen auch dort immer weniger Kinder. Noch viel schlimmer ist es aber in Ländern wie Japan, Taiwan und Südkorea. Ich habe einige Zeit in Südkorea gelebt. Dort gibt es praktisch keine soziale Abfederung und die Geburtenrate ist die Tiefste der Welt. Klassisch linke/Sozialdemokratische Massnahmen scheinen also ein kleines bisschen zu nützen und sie erhöhen zweifelslos die allgemeine Lebensqualität dramatisch, doch am Grundsatz der fallenden Geburtenraten können auch sie nichts ändern.
Fallende Geburtenraten scheinen vielmehr mit wirtschaftlichem Wohlstand einher zu gehen. Je wirtschaftlich erfolgreicher ein Land ist und je mehr Wohlstand in einer Gesellschaft existiert, desto tiefer sinkt die Geburtenrate.
Umgekehrt könnte man sich aber auch fragen, ob das Ganze überhaupt ein Problem ist. Persönlich bin ich nämlich nicht dieser Ansicht. Solange in Eurpa nicht wieder irgendwelche Rechtsextreme ans Ruder kommen, werden wir durch die Einwanderung von anderen Ländern genügend gesellschaftlichen Austausch und eine anhaltende Wirtschaftsleistung haben. Zudem stellen die sinkenden Geburtenraten zwar ein kurzfristiges Problem dar, langfristig tun sie dem Planeten aber gut. In den nächsten 50-70 Jahren wird es sicher sehr schwierig werden, weil wir möglicherweise unsere Sozialwerke nicht mehr finanzieren werden können. In 100 oder 150 Jahren wird sich das aber alles eingependelt haben, einfach auf einem tieferen Niveau als heute. Bis dann werden auch Länder wie Nigeria, wo die Geburtenrate heute noch bei ca. 6 Kindern pro Frau liegt, eine Rate von +/- 2 Kindern pro Frau haben. Wir werden dann halt nicht mehr 8 oder 9 Milliarden Menschen auf der Welt sein, sondern vielleicht nur noch 6 oder 7. Aber das ist ja auch okay. Wir werden auch dann noch über unsere planetaren Grenzen leben, was insgesamt ein viel besorgniserregenderer Faktor ist.
Ich halte dagegen dass die deutschen in breite so weltoffen und tolerant sind wie im ÖR dargestellt. Auch wenn der Staat meint Deutschland mit allen möglichen Kulturen zu fluten, der Rechtsruck bei der letzten Wahl ist kein Zufall. 🤡
Na jetzt lassen wir aber mal die Kirche im Dorf. Die aktuelle Geburtenrate in Deutschland liegt mit 1,36 Kindern pro Frau auf einem sehr niedrigen Niveau, ja, aber es handelt sich – entgegen mancher Schlagzeilen und deiner Behauptung – nicht um einen Rekord mit so niedriger Geburtsrate wie noch nie. Bereits in den 1990er und frühen 2000er Jahren war die Geburtenziffer teils deutlich niedriger, etwa 1994 mit nur 1,24 oder 2006 mit 1,33 Kindern pro Frau. Auch über viele Jahre hinweg – insbesondere zwischen 1991 und 2008, lag sie konstant unter 1,4. Der jetzige Rückgang auf das Niveau von 2023/24 ist also nicht beispiellos und auch kein neues Phänomen, sondern Teil eines langfristigen Trends mit zyklischen Schwankungen.
Auch deine Aussage, Menschen in der arbeitenden Mittelschicht würden keine Kinder mehr bekommen ist einfach Quatsch. Es gibt keine belastbaren Daten, dass speziell die Mittelschicht nahezu keine Kinder mehr bekäme, während nur Reiche oder die ärmsten 10 % Kinder hätten. Vielmehr verteilen sich Geburten über alle Einkommensschichten – auch wenn finanzielle und strukturelle Barrieren natürlich existieren. Je nach Region und Unterstützungssystem, also Betreuung, Elternzeit, Kita, variiert die Kinderzahl stärker zwischen Bundesländern als zwischen Einkommensgruppen.
Tatsache ist: Deutschland steht heute, wie viele Industrieländer, vor einem gravierenden demografischen Problem. Die Ursachen sind aber komplex: Unsicherheiten durch hohe Lebenshaltungskosten, inflations-Entwicklung, begrenzte Kinderbetreuung, Beruf-Familie-Konflikte – und das trifft breite Schichten, nicht nur den Mittelstand.
Der Staat könnte und sollte hier mehr tun um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu unterstützen. Bessere Betreuungsangebote, Programme zur Senkung der Lebenshaltungskosten, Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, generell stärkere finanzielle Entlastung von Eltern und vieles Mehr. Eine Polemisierung der Debatte, kopflose, undifferenzierte Schuldzuweisungen und die Verbreitung von Falschinformationen, helfen hier allerdings kein Stück weiter.