Habt ihr Erfahrungen mit Rassismus?
49 Stimmen
16 Antworten
Ich habe in meiner Kindheit und Jugendzeit vor ca. 20-30 Jahren sowie vereinzelt noch als junger Erwachsener um 2010 herum einige Erfahrungen in der Hinsicht gemacht und es geschah einiges, das heute als "Alltagsrassismus" wohl laufen würde.. wobei ich den Begriff für mich ablehne. Aber entwürdigend war es dennoch und ich habe mir das alles gemerkt. Ich arbeite an einem Buchprojekt u.a. darüber - ich will schildern, wie es war, als "Ausländerkind" in den 90ern aufzuwachsen in einem "bürgerlichen guten soliden Umfeld". Das kann sich nur vorstellen, wer dabei war.
Ich bekam es oft zu spüren, weniger wert zu sein oder ungern gesehen zu sein aufgrund meiner Herkunft und Familie. Es war diffamierend und diskriminierend: Wir "Ausländer" und oft auch unsere Familien standen immer verstärkt unter Beobachtung, das fing schon im Kindergarten an. Soviel zum Thema "Racial Profiling": Der russlanddeutsche Alexander, der jugoslawische Viktor, der polnische Tomasz und der türkische Hakki standen immer mehr im Fokus wie Michael, Christoph und Philipp aus deutschen, alteingesessenen Familien und wurden auch strenger bestraft oder eher rangenommen oder waren von vorne rein die Sündenböcke, wenn was war, obwohl man gar nicht wusste, ob "der Ausländer" schuld war. Einmal hatte ein "guter deutscher Fußballbub" im Kindergarten moniert, dass ein Spielzeug fehle, da fiel der Verdacht der Erzieherin (die seine Tante war und gleichzeitig mit meiner Familie ein Problem hatte) automatisch auf ein russlanddeutsches Mädchen und mich. Wir mussten vor den Augen aller unsere Taschen entleeren, es wurde daheim angerufen, wir wurden ausgeschimpft und uns wurde ein "Kindergefängnis beim Polizist Herr G.", angedroht, den wir als "Stadtsheriff" kannten und das wäre ja alles Diebstahl. Am Ende kam der "gute deutsche Fußballbub" Tage später an und hatte das Spielzeug im Auto seines Vaters gefunden, es hatte dahingehend nie den Weg in den Kindergarten gefunden. Es kam nie eine Entschuldigung.
Als es um Lehrstellen ging, wurde man vom Arbeitsamt nicht ernst genommen oder ausgelacht selbst bei guten Noten, hieß man Viktor oder Hakki oder Tomasz und war die Muttersprache der Eltern eine andere als "Deutsch mit lokalem Dialekt". Alle diese aufgezählten Jungen gab es tatsächlich und einer von denen war ich.
Ansonsten habe ich noch ein typisches Beispiel für latenten Alltagsrassismus: Wenn in meiner Heimat was passierte, das im Polizeibericht der Zeitung erwähnt wurde machte der unschöne Spruch "ouh, des war bestimmt'n Russ'" schon die Runde, kaum dass die Tinte auf dem Papier trocken war... und gerade "die Russen" oder "die Russkis", wie sie manche auch gern nannten, fanden in der Gesellschaft nicht statt. Aber das war noch eine der harmloseren Episoden.
Damals in meiner Schule. Wobei leider das falsche Wort ist, denn das ging gut aus^^
Es war ne kleine Schule aufm Dorf. Wir hatten EINEN dunkelhäutigen auf der gesamten Schule. Und einen sehr rechtsextremen Schüler der frisch auf diese Schule wechselte.
Ich kann garnicht aufzählen wie oft ich mich mit diesem Rechtsextremen geprügelt habe weil er auf den dunkelhäutigen losgehen wollte...
Naja irgendwann ging gefühlt die gesamte schule auf den Rechtsextremen los... Wirklich viele...
Und der dunkelhäutige war es der dazwischenging und ihn schützte.
Dreimal darfste raten was passiert ist.
Dieser Schüler änderte seine ansichten. Aber sowas von schnell. Ich hab ihn nach der Schulzeit mit ca 20 nochmal gesehen und da war er ein Biker der wie ausgetauscht war.
Wie gesagt. Das war eher sogar ein Happy End. Wobei er mir erzählte das er seine GESAMTE Familie hinter sich lassen musste weil die alle nicht weg von dem rechtsextremen mist sind.
Ob man das als "Rassismus" in dem Sinne bezeichnen kann, wage ich zu bezweifeln, aber zumindest war ich als gebürtiger Westdeutscher ("Wessi") schon mal mit Stigmatisierung/Abneigung durch deutsche Mitbürger im Osten ("Ossis") konfrontiert und durfte mir da einige Vorurteile/Anfeindungen anhören, ohne dass ich irgendjemandem dieser Personen irgendetwas böses getan oder sonst irgendeinen Anlass gegeben hatte. Hatte berufsbedingt zwei Jahre in Sachsen gelebt - sind keine angenehmen Erinnerungen....
Ja, ich habe in der Bahn einen Vorfall beobachtet, bei dem ein Mann als „scheiß Deutscher“ und „ungläubiger Hund“ beschimpft wurde. Die Herkunft der Männer, die das gesagt haben, kann ich leider nicht benennen. Für mich war die Situation sehr verstörend. Der betroffene Mann tat mir leid, und ich war in dem Moment nicht in der Lage, ihm zu helfen oder die Situation zu schlichten.
Bin Türke. Unter Ausländern nur sehr selten aber, wenns hochkommt 1 mal im jahr. Bei Deutschen ist es mehr extreme Unwissenheit, aber sowas ist ja in Ordnung.