Brauchen wir eine Wehrpflicht?
In diesen Zeiten in dem wir zur Zeit leben
19 Stimmen
5 Antworten
Ich sehe es nicht als ausgemachte Sache an, dass die Wehrpflicht zurück kommt. Ich glaube nicht, dass das sinnvoll wäre.
Wenn wir hören warum wir die Wehrpflicht brauchen ist das Hauptargument immer noch: Die Bundeswehr hat zu wenige Soldaten und die Wehrpflicht ist unser bestes Rekrutierungsinstrument.
Es geht also nicht darum, dass die Bundeswehr diese Wehrpflichtigen bräuchte um zu funktionieren (tatsächlich dürften sie ein Kostenfaktor sein). Es geht auch nicht darum eine Wehrfähigkeit aufzubauen (die man im Kriegsfall abrufen kann). Es geht um ein Rekrutierungsprogramm.
Millionen junger deutscher Männer (!) sollen in den Dienst gepresst werden, damit ein Teil davon danach sagt: "Boah war das geil da werd ich Zeitsoldat/Berufssoldat/Offizier."
Ich denke es wäre besser und zielführender den Job interessanter und besser bezahlt zu machen statt die gesamte (seien wir ehrlich) männliche Bevölkerung zu einem bezahlten Praktikum zu zwingen.
Danke für deinen Beitrag doch das widerspricht mir nicht ein bisschen: Mein Argument ist, wir brauchen die Wehrpflicht nicht für die Landesverteidigung.
Und auch deine Argumentation ist: "Es gibt gute Aufstiegschancen" "So schlecht war es nicht" oder "Jeder hat davon profitiert"
Das ist genau mein Punkt: Es ist nicht für die Landesverteidigung.
Und nur um es zu dokumentieren: Meine Zivildienstzeit war eine der schlimmsten Zeiten meines Lebens. Dieses Jahr (10 Monate) hätte ich immer noch gern zurück.
Drehen wir das ganze Mal um: Ein verpflichtendes soziales Jahr für alle Rentner. Wenn man in Rente geht, muss man zwischen Ende Arbeitsleben und Rente ein Jahr lang für die Gesellschaft arbeiten.
Klingt das gut?
Das ist genau mein Punkt: Es ist nicht für die Landesverteidigung.
Nicht direkt, wenn sich aber Wehrpflichtige dazu entschließen, dann aus freien Stücken weiterhin bei der Bundeswehr zu bleiben, kann daraus doch auf längere Sicht die zur Landesverteidigung benötigte Truppenstärke anwachsen.
Drehen wir das ganze Mal um: Ein verpflichtendes soziales Jahr für alle Rentner. Wenn man in Rente geht, muss man zwischen Ende Arbeitsleben und Rente ein Jahr lang für die Gesellschaft arbeiten.
Was soll das denn mit der Wehrpflicht zu tun haben? Die Leute, die in Rente sind oder demnächst in den Ruhestand eintreten, haben doch bereits ihren Beitrag geleistet. Warum willst du die nochmal ranziehen?
Nicht direkt, wenn sich aber Wehrpflichtige dazu entschließen, dann aus freien Stücken weiterhin bei der Bundeswehr zu bleiben, kann daraus doch auf längere Sicht die zur Landesverteidigung benötigte Truppenstärke anwachsen.
Erneut: Wir scheinen uns hier gar nicht uneinig zu sein, nur dass du es für etwas Gutes hältst und ich für etwas schlechtes: Der Wehrdienst wird nur ein erzwungenes bezahltes Praktikum in der Hoffnung, dass Leute an dem Job hängen bleiben weil er ihnen so gut gefällt.
Wir zwingen also 100% der jungen Männer dieses "Praktikum" zu durchlaufen, in der Hoffnung, dass ein gewisser Prozentsatz dabei bleibt.
Wir haben auch Pflegenotstand- warum zwingen wir nicht alle Jugendlichen zu einem Pflegejahr? Wir brauchen dringend Ingenieure: Alle Jugendlichen in die Fabriken!
Oder wir machen die Jobs einfach interessanter für Leute die sie vielleicht gern hätten.
Was soll das denn mit der Wehrpflicht zu tun haben? Die Leute, die in Rente sind oder demnächst in den Ruhestand eintreten, haben doch bereits ihren Beitrag geleistet. Warum willst du die nochmal ranziehen?
Das war ein reductio ad absurdum von mir.
Es ist leicht als alter Mensch für eine Wehrpflicht zu sein. Sollen die doch ein Jahr ihres Lebens wegwerfen! Dabei lernen sie wenigstens etwas Disziplin!
Wenn es dann um sie selbst geht, sind sie auf Einmal nicht mehr so willig.
Hier dein Argument auf junge Leute gemünzt: Die jungen Menschen sollen auf den Arbeitsmarkt und ins Studium um Steuern zu zahlen, Familien zu gründen und produktiv für die Gesellschaft zu sein. Warum willst du ein Jahr ihres Lebens verschwenden? Und des Staates! Du entziehst dem Staat mit jedem eingezogenen jungen Mann die Steuer für die Dauer des Wehrdienstes. Also tendenziell ein Jahr Steuern, zusätzlich zu den Ausbildungskosten. Und das Jahr das du entziehst ist nicht das erste Jahr Steuern sondern das letzte (denn ohne Dienst hätte er ein Jahr früher mit allem begonnen und darum ein Jahr länger gearbeitet- dieses Jahr fehlt).
Und hier erneut, rein aus einer wirtschaftlichen Sicht: Wie viele Steuern bringt ein Mensch in seinem letzten Arbeitsjahr? Wäre es nicht besser dieses Geld doch zu kriegen und darin zu investieren den Soldatenberuf attraktiver zu machen?
Der Wehrdienst wird nur ein erzwungenes bezahltes Praktikum in der Hoffnung, dass Leute an dem Job hängen bleiben weil er ihnen so gut gefällt.
Und wo ist das Problem, wenn sich Leute dafür entscheiden, wie du sagst "an dem Job hängenzubleiben, weil er ihnen so gut gefällt"?
Wir haben auch Pflegenotstand- warum zwingen wir nicht alle Jugendlichen zu einem Pflegejahr?
Es gab doch zu Zeiten der Wehrpflicht, die Alternative Zivildienst zu leisten, wenn man aus irgendeinem Grund nicht bereit war, Dienst bei der Bundeswehr zu leisten. Für den Einen kam halt nichts militärisches infrage, für den Nächsten nichts pflegerisches.
Es ist leicht als alter Mensch für eine Wehrpflicht zu sein.
Dazu kann ich nichts sagen, bin Mitte 20, was wahrscheinlich nicht als "alt" gelten wird.
Die jungen Menschen sollen auf den Arbeitsmarkt und ins Studium um Steuern zu zahlen, Familien zu gründen und produktiv für die Gesellschaft zu sein. Warum willst du ein Jahr ihres Lebens verschwenden?
Zu dieser Gruppe gehöre ich. In meiner Generation sehe ich, dass die viele null Pflichtbewusstsein haben; nach dem Abi müssen sie sich erstmal ein Jahr erholen (wovon?), am besten mit einer von Mama und Papa finanzierten Auslandsreise, danach wird irgendein Studium angefangen, was nicht selten ohne Abschluss endet, währenddessen liegen diejenigen ihren Eltern auf der Tasche, ohne ihrem Alter entsprechend ein halbwegs selbstständiges Leben auf die Reihe zu kriegen. Das sind schonmal nicht die produktiven Steuerzahler, von denen du schreibst und glaub' mir, ich habe schon bei etlichen Kommilitonen sowas, wie beschrieben miterlebt. Dass diese Leute mal irgendwelche Verpflichtungen hätten, fände ich gar nicht verkehrt.
Warum willst du ein Jahr ihres Lebens verschwenden?
Ich persönlich entziehe schonmal niemandem was. Außerdem bin ich nicht der Meinung, dass das mit Wiedereinführung der Wehrpflicht der Fall wäre
Und das Jahr das du entziehst ist nicht das erste Jahr Steuern sondern das letzte (denn ohne Dienst hätte er ein Jahr früher mit allem begonnen und darum ein Jahr länger gearbeitet- dieses Jahr fehlt)
Wie gesagt: Ich bin nicht dafür zuständig, irgendjemandem was zu entziehen.Zum Rest des Zitats: Siehe zwei Absätze weiter oben: Viele beginnen erstmal gar nix oder nur zögerlich und unmotiviert.
Hierzu wollte habe ich vorhin vergessen, was zu schreiben:
Wir brauchen dringend Ingenieure: Alle Jugendlichen in die Fabriken!
Der eigentliche Bedarf besteht bei Facharbeitern, sowohl im Handwerk als auch in der Industrie. Junge Ingenieure haben es in etlichen Fachrichtungen mittlerweile schwer bei der Jobsuche und da, wo wirklich Personalmangel herrscht, also in der Produktion und anderen praktischen Bereichen, sind die als Akademiker sowieso nicht tätig.
Im Grunde sind wir uns nicht uneinig, wir sehen nur Unterschiede darin ob dies fiskalisch und moralisch gerechtfertigt ist.
Ich denke wir haben die Meinungen ausgetauscht.
Danke für das interessante Gespräch.
Die Wehrpflicht ist sowohl volkswirtschaftlich als auch sicherheitspolitisch nicht effizient.
Sinnvoller wäre eine schlagkräftige Berufsarmee, die gute Anreize setzt, dass auch viele Menschen dort eine Karriere machen oder zumindest Reservisten werden. Neben sehr guten Gehältern ab Mannschaftsdienstgrad müsste auch die gesellschaftliche Reputation gestärkt werden. Dieser Wasserkopf an Offiziersverwaltern ab Hauptmann aufwärts muss abgebaut werden. Der schafft nur Bürokratie.
Wenn wir >300.000 gut ausgebildete Soldaten (nicht nur Offiziere) mit exzellenter Ausrüstung, Logistik und Koordination haben und auf >500.000 Reservisten zurückgreifen können, die ebenfalls Experten in ihrem Bereich sind, ist das viel sinnvoller als ein teures Heer an billigem Kanonenfutter, dass alle 9 Monate stark durchfluktuiert wird.
Wenn der Russe vor der Tür steht, wäre das besser ein Militär zu haben.
Wir brauchen ein starkes, gut ausgerüstetes Berufsmilitär und keine zwangsrekrutierten Hilfsarbeiter.
Das hat aber mehrere Jahrzehnte gut funktioniert, die ehemaligen Wehrpflichtigen hatten danach gute Aufstiegschancen und unser Land zugleich eine vernünftige Truppenstärke. So schlecht war das doch gar nicht und ich kenne niemanden, der von der Zeit, in der er Wehrpflicht geleistet hat, nicht irgendwie profitiert hätte - wenn nicht direkt im beruflichen Sinn, aber wenigstens in Sachen Lebenserfahrung, Disziplin etc.