Ich wollte schon Physikerin werden, als ich sieben war.
Damals wusste ich noch nicht, was „Universität“ oder „Astrophysik“ eigentlich bedeutet – ich wusste nur: Ich will wissen, wie das Universum funktioniert. Ich wollte verstehen, wie alles entstanden ist. Wie die Sterne geboren werden, was Zeit wirklich ist, warum Dinge existieren. Und irgendwo tief in mir glaubte ich: Vielleicht kann ich dadurch auch Gott besser verstehen – durch die Naturgesetze, die er erschaffen hat. Ich habe nie aufgehört, mir das zu wünschen.
Aber mein Weg dorthin war von Anfang an schwer.
Ich war nie gut in der Schule. Ich war nie eine von denen, die glänzen.
Kein Lieblingskind von Lehrern, keine Einserschülerin, niemand, bei dem jemand gesagt hätte: „Sie wird mal Wissenschaftlerin.“
Ich war nicht gut im Lernen, nicht gut im Rechnen, nicht gut in Formeln – obwohl mein Herz genau dort hingezogen war.
Ich habe ich mein Abitur gemacht. Ich habe dafür gekämpft, als würde mein Leben davon abhängen. Und es hat sich auch so angefühlt. Ich habe so oft gebetet, gebettelt fast schon: „Gott, bitte lass mich das schaffen. Ich will das nur, um Physik zu studieren.“
Und ich hab’s zwar geschafft, aber dafür habe ich vieles an mir selbst verloren. Denn in mir ist das Gefühl geblieben: Ich habe nie wirklich gelernt. Ich habe einfach nur durchgehalten. Und Gott hat mich irgendwie durchgeprügelt.
Heute studiere ich Physik. Und trotzdem fühlt es sich so oft an, als wäre ich gescheitert. Ich verstehe die Aufgaben in der Uni nicht wie damals in der schule. Ich komme nicht mit. Ich kann nicht so denken wie die anderen. Ich bin immer zu langsam. Ich kann nie richtig mithalten. Immer wieder muss ich im Internet nach Lösungen suchen und cheaten, weil ich es allein nicht schaffe. Und vor allem nicht schnell.
Ich kann einfach nicht eigenständig denken in diesem Tempo, wie es die Uni verlangt. Und ich hasse es, weil es mich jeden Tag daran erinnert: Ich bin nicht gemacht für dieses System.
Ich habe ADS. Und ich habe Asperger.
Das bedeutet, ich kann mich nicht gut konzentrieren. Ich verliere mich ständig in Gedanken. Ich verliere Zeit. Ich verliere Struktur. Ich verliere mich selbst in Kleinigkeiten.
Gleichzeitig denke ich oft so tief, so anders – aber dieses Denken hilft mir nicht in einer Welt, in der Schnelligkeit, Effektivität und Standardlösungen zählen. Gerade weil ich Sprachbehindert, kann ich mich kaum ausdrücken. Ich musste für diesen Text eine KI als Hilfsmittel nehmen, weil ich es nicht anders ausgedrückt kriege.
Ich passe nicht in dieses System. Ich bin gezwungen, mich zu verbiegen, mich zu quälen, mich zu hetzen – weil ich sonst untergehe.
Viele sagen mir, ich sei künstlerisch begabt. Dass ich Dinge zeichne, die räumlich so präzise und besonders sind. Dass ich ein Talent für dreidimensionales Denken habe etc.
Aber diese Begabung… sie bringt mir absolut nichts.
Ich weiß nicht, wie ich sie nutzen kann. Ich habe es versucht – ich habe meine Kunst auf Social Media gezeigt, mich geöffnet, präsentiert, gehofft, dass jemand sie erkennt, dass jemand mich sieht. Aber niemand hat sich dafür interessiert.
Und selbst ich… ich weiß gar nicht, ob ich das wirklich will bzw wie man es anwendet.
Ich will gar keine Künstlerin sein.
Ich will keine Galerien. Keine Zeichnungen.
Ich will rechnen.
Ich will Physik machen.
Ich will das Universum verstehen – nicht malen. Ich will das was ich liebe zum meinen Beruf machen
Und genau hier liegt mein Schmerz:
Ich habe diese Leidenschaft, diesen Wunsch, diesen Drang – aber absolut keine Fähigkeiten, ihn umzusetzen.
Alle sagen: „Gott legt dir das ins Herz, was für dich bestimmt ist.“
Aber was, wenn das nicht stimmt?
Was, wenn Gott mir den Wunsch nach Astrophysik gegeben hat, aber keine Mittel dazu?
Was, wenn ich mein ganzes Leben lang gegen eine Tür renne, die nie aufgehen wird?
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