Woran erkennt man einen guten Sattler?

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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Unterhalte Dich mit anderen Pferdebesitzern. Sieh Dich mit offenem Auge um, welche Pferde unter ihren Sätteln gut laufen, sich aus der Schulter raus gut bewegen können. Bei welchen Pferden der Rücken frei schwingt und wo sich der Sattel beim Leichttraben relativ wenig bewegt. Gut, es wird immer Pferde geben, für die es recht schwer ist, einen passenden Sattel zu finden und da darf ein bisschen mehr Bewegung nicht gleich heißen, der Sattler sei schlecht. Aber so im Schnitt ... wenn Du mit ganz vielen Leuten sprichst, sie in ihren Ställen besuchst, fragst, ob Du wissen darfst, wer ihr Sattler ist und Dir einfach ein Gesamtbild machst, dann erfährst schon was.

Wenn die gesprächsbereit sind, frag sie auch, wie oft sie ihren Sattler zur Kontrolle da haben. Hier kann man deutlich sehen, die guten Sattler verlangen für die Kontrolle nichts, wenn man warten kann, bis man auf ihrer Route liegt und kommen gerne jedes Quartal. Ich beobachte aber auch welche, die man nur jährlich holt, weil die so viel für die Kontrolle (Anfahrt und Arbeit) verlangen. Ergebnis bei denen ist, dass sie jedesmal viel verlangen, weil eine kleine Veränderung fängt man oft mit Nachpolstern ab. Wartet man, bis das Pferd sich aufgrund des nicht mehr so passenden Sattels komplett umgebildet hat, kann man gleich einen neuen Sattel verkaufen. Das heißt, es ist ein Zusammenhang zu beobachten, dass Sattler, die oft kommen, weniger oft neue Sättel an ihre Kunden verkaufen.

Dann achte drauf, dass er Dir wirklich alles erklärt, was er tut oder warum er für ein Modell entscheidet, dass das infrage käme. Zeigt er Dir an der Kissenform, wie dieses zum Rücken des Pferdes passt, zeigt er Dir an der Sitzform und am Blattschnitt, wie diese zu Deiner Anatomie passt oder könnte er es Dir eventuell gar nicht zeigen, weil er viel zu oberflächlich arbeitet, um solche Details zu erkennen. Geht er auf Deine persönlichen Vorlieben ein? D.h. fragt er Dich zum Beispiel, ob Du lieber einen Tiefsitzer hast oder einen Flachsitzer? Es haben beide Vor- und Nachteile. Der Tiefsitzer schränkt Deine Bewegungsfreiheit ein, dafür sitzt Du in der Mitte dichter am Pferd und eine Drehung Deiner Hüfte überträgt sich sofort auf den Sattel - kein Wunder, Du stehst ja quasi ringsum schon an. D.h. hier kommt nicht nur Dein Gewicht zur Hilfengebung, sondern der ganze Sattel "dreht" ein bisschen am Rumpf des Pferdes. Im Flachsitzer sind Deine Gewichtshilfen viel deutlicher, Du hast auch die Bewegungsfreiheit, aber dafür bist Du in der Mitte eben auch "auf dem Polster", d.h. nicht so dicht ans Pferd geführt. Es gibt aber auch sehr flach gebaute Flachsitzer mit guter Widerristfreiheit - sowas sollte er Dir zum Abwägen geben, wenn Du schon die Investition in einen neuen Sattel auf Dich nimmst.

Dann ist die Frage: Willst Du einen Spezialisten, der beispielsweise fast alle auf dem Markt befindlichen Dressursättel kennt oder lieber einen Generalisten, der so manches Modell nicht gut im Kopf hat, dafür aber auch einen Wanderreitsattel, einen Barocksattel, einen Distanzsattel ... anbieten kann? Ich persönlich habe einen Spezialisten. Barocksättel passt er natürlich an, wenn jemand sowas wünscht, aber bei der Suche nach dem Modell hat er nicht gleich im Kopf "Mensch, für dieses Paar gäb's vielleicht von xy was", weil er einfach dafür alle Dressur- und Springsättel kennt, die aber so gut, dass er für uns wirklich spitze passende Sättel gefunden hat und mir zu genau den richtigen Blattlängen etc. geraten hat für mich und meinen Freund.

Frag die Sattler, die Du Dir näher ansiehst, ruhig ein Loch in den Bauch. Gerne auch in ihrer Werkstatt. Schau ihnen bei der Arbeit zu. Wenn man ein bisschen weiß, was da läuft, verrät das auch was. Beispielsweise hat jeder Sattelhersteller sein spezifisches Polsterloch für jedes Modell. Eben an der Stelle, wo es die Kissenstatik am wenigsten stört, wenn ein kleines Loch ist. Ein guter Sattler sucht das Loch und wenn es noch so blöd verdeckt liegt. Er sucht, bis er es findet. Sein Risiko, dass er mal eine Stunde sucht. Einer, der schnell Geld machen will, nicht lange suchen, nimmt das Messer und macht das Kissen irgendwo auf. Dadurch verändert er die Statik und damit das Reitgefühl des kompletten Sattels. Für einen fein reitenden Reiter ist der dann Schrott. Natürlich liegt der Schnitt dann so, dass der Reiter das nicht gleich findet und auch nicht weiß, ob das nicht das Originalpolsterloch ist. Ein Sattler, der weiß "Moment mal, Passier macht NIE hier das Polsterloch" entlarvt sowas dann.

Wenn Du aktuell schon das Pferd reitest, ist das einem guten Sattler immer lieber, denn dann sieht er Dich und Dein Pferd in der Bewegung und kann einschätzen, wie der Sattel im Leichttraben liegt. Er kann auf Deine persönlichen Bewegungen eingehen, Dir zu anderer Sitzausformung oder zu anderem Blattschnitt raten. Kaufst Du den Sattel, um dann erst zu reiten, also reitest Du sie aktuell noch nicht, dann sollte ihn das aber auch nicht überfordern.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Durchgenend Pferdeerfahrung seit 1981
Baroque  08.11.2013, 14:32

Und sein Wunsch sollte nicht sein, den einen "Vorführer" nun los zu werden, für den Du Dich entscheidest, sondern er sollte nachfragen, ob Du den so wie geritten möchtest oder vielleicht ein längeres oder kürzeres Blatt, vielleicht alle Pauschen klettbar, falls sie es nicht schon sind, diese oder eine andere Lederfarbe ... es gibt da eine Menge Varianz und wenn Du schon so viel Geld ausgibst, kauf Dir Deine Traumkonfiguration. Ich würde beispielsweise nie mehr feste Pauschen kaufen, nur noch klettbare. Man verändert sich selbst auch mit den Jahren und braucht dann vielleicht was anderes. Wenn der Sattler zufriedene Kunden möchte, dann bestellt er, was die wünschen, rät bestenfalls ab, wenn das nicht so passen würde.

Er sollte die Lieferzeit des Herstellers kennen und Dich drauf aufmerksam machen.

Und - vielleicht gegen Pfand, wenn er Dich vorher nicht kennt - er sollte Dir einen Sattel auch mal ein, zwei Tage da lassen, dass Du ihn im Alltag testen kannst, falls Du das Pferd schon reitest. Wenn Du nicht reitest, ist das natürlich hinfällig.

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knuddeel 
Fragesteller
 08.11.2013, 14:36

Mal wieder ein dickes Danke für deine Antwort.

Ich habe jetzt ca. 8 Wochen Reitpause eingelegt, weil mein Pferd halt Rückenprobleme hatte, und ich auch noch gesundheitlich eingeschränkt war.

Also ich habe einen Sattel, also in unserem Stall steht der zum Verkauf, aber ich bin mir nicht sicher, dass er 100% passt. Der Sattel wurde schon mal auf meiner Stute von einem Sattler kontrolliert, allerdings vertraue ich dem Sattler nicht so ganz, und da ich auch immer noch mit einem Lammfellpad arbeiten muss, KANN er ja nicht perfekt passen.

Deshalb würde ich gerne einen eigenen Sattler kommen lassen, und mich noch beraten lassen!

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Baroque  08.11.2013, 15:24
@knuddeel

Ja, da frag lieber noch einen zweiten. Ein Lammfellpad macht schließlich den Sattel nicht passend, es schont nur die Haut, falls die bei langen Ritten empfindlich auf Baumwoll-Kleinstepp oder ähnliches reagiert. Anheben tut es den Sattel ja ringsum gleich viel, wodurch sich die Lastverhältnisse nicht ändern. Ich tät Dir ja meinen Sattler empfehlen, weil der ein grundehrlicher ist, eigentlich der einzige, der nicht hintenrum alle seine Kollegen schlecht macht, bestenfalls mal sagt "da hat einer aber ziemlich geschlampt", aber niemals verknüpft mit einem Namen. Die anderen führen da einen gewissen Kleinkrieg und arbeiten manchmal kriegstaktisch statt fachlich korrekt, was mir schwer missfällt. Die Pferde, die ich kenne, wo er angepasst hat, laufen alle top - und wenn nicht, liegt's nicht am Sattel. Ich kenne eine, die schafft es, jedem ihrer Pferde innerhalb kurzer Zeit einen extremen Karpfenrücken anzutrainieren. Die schimpft über meinen Sattler ständig und "warnt" mich immer vor ihm ... mit erfundenen Unwahrheiten, die ihr Sattler einreden, die immer behaupten, sie würde ja super arbeiten, aber sie bräuchte einen anderen Sattel.

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Er sollte einen fitten Eindruck machen, wenn es um die Sicht-Beurteilung des Pferdes geht. Mein Sattler hat sich damals ne Skizze von der Sattellage meines Pferdes gemacht (auch im blütigen Typ stehend mit viel Widerrist) und erst danach angefangen, mir Sättel für mein Pferd vorzustellen. Von dem Sattel, den ich unbedingt haben wollte musste ich mich leider verabschieden...

Wenn er dann mehrere Sättel zur Auswahl vorbeibringt oder schon dabei hat, dann sollte jeder Sattel einzeln auf dem Pferd begutachtet werden, sowohl im Stand als auch in der Bewegung, mit und ohne Reiter....

Wenn er richtig fit ist, dann fällt ihm auch auf, in welchem Sattel du am besten klarkommst.

Insgesamt solltest du dich während der ganzen Sattelgeschichte gut aufgehoben und beraten fühlen und nicht das Gefühl haben, dass er nur deine hart verdienten Taler haben möchte...

Also, erstens sollte er jeden seiner Schritte erklären können, wenn du ihn danach fragst. Er sollte sich das Pferd vorreiten und in Schritt und Trab vorführen lassen, sich das ganze Pferd von allen Seiten genau anschauen (Bemuskelung, Fehlstellungen, etc.) und sich den alten Sattel anschauen, auf dem Pferd und separat. Und allgemein gut mir dem Pferd umgehen. Also nicht grob oder fahrlässig. Und er sollte dir nicht einfach den teuersten Sattel aufschwatzen, sondern viele ausprobieren. Das allerwichtigste ist einfach dass er dir alles Erklärt. Er sollte dir z.B. sagen: "Ich sehe, dein Pferd hat einen hohen Widerrief, also muss der Sattel so und so sein, und hier ist sie stark verspannt, da hat ihr der alte Sattel gedrückt, und hier bei der Schulter müssen wir schauen, dass der Sattel nicht zu eng ist, weil sie dann nicht mehr gut mit den Vorderbeinen schreiten kann." usw. usw.

Also ein Reitsport-Sattler muß Sättel angefertigt haben und die Anatomie vom Pferd beherschen, mit einem Geschirr-Sattler wird das nichts. mfg Reitsport Schwarz