Wöchentliche Arbeitszeit laut Arbeitsvertrag 40 Stunden, aber vergütet werden nur geleistete Stunden. Ist das rechtmäßig?

10 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Diesen Vertrag würde ich wirklich mal von einem Juristen anschauen lassen. Ich meine, die können nicht verlangen, dass du Dich 160 Stunden im Monat bereit hälst und dann nur halbtags ausgelastet und bezahlt wirst. Da ist was faul.

Meine Antwort fällt etwas länger aus - aber das lässt sich nicht vermeiden, wenn man die von Dir geschilderte Problematik ausreichend genug erklären will!

Ist das rechtmäßig?

Nein!

Es gehört, neben der Bezahlung des Entgelts, zu den arbeitsvertraglichen Hauptpflichten des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer für die vertraglich vereinbarten Arbeitsstunden zu beschäftigen.

Wenn Du also einen Vertrag über 160 Monatsarbeitsstunden hast, dann bist Du auch für 160 Arbeitsstunden zu beschäftigen und zu bezahlen.

Beschäftigt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nämlich nicht ausreichend oder nicht wie vereinbart/angeordnet - gleichgültig, aus welchen Gründen (ob er nicht kann oder nicht will, spielt keine Rolle, und auf ein "Verschulden" seinerseits kommt es nicht an) -, fallen die Konsequenzen aus der Minderbeschäftigung ihm zur Last; es ist das Risiko des Arbeitgebers, das er nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen darf!

Der Arbeitnehmer ist also trotzdem so zu bezahlen, als hätte er die vereinbarten, tatsächlich aber nicht gearbeiteten Stunden doch geleistet, und muss die Minusstunden auch nicht nacharbeiten oder mit seinen Ansprüchen (Entgelt, Urlaub, Überstunden) verrechnen lassen.

Geregelt ist das im Bürgerliche Gesetzbuch BGB § 615 "Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko":

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. [...] [Das gilt] entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Aber:

Strenggenommen ist Voraussetzung (eigentlich), dass der Arbeitnehmer diesen Zustand (dass er nicht für die vereinbarte Zeit beschäftigt wird) nicht widerspruchs- oder kommentarlos hinnimmt, sondern seine Arbeitskraft auch anbietet!

Auch das ist gesetzlich festgelegt im BGB § 293 "Annahmeverzug" in Verbindung mit § 294 "Tatsächliches Angebot".

Du solltest also - möglichst - Deinem Arbeitgeber erklärt haben, dass Du mit der Minderbeschäftigung nicht einverstanden bist; aber vielleicht ist ihm diese Voraussetzung auch nicht bekannt.

Unter diesen Voraussetzungen bist Du also für die vereinbarten 160 Monatsarbeitsstunden zu bezahlen, auch wenn Du sie tatsächlich - aber eben in der (wenn auch möglicherweise unverschuldeten) Verantwortung des Arbeitgebers - nicht geleistet hast!

Diese Verpflichtung des Arbeitgebers würde nur dann nicht bestehen, wenn er durch ihre Erfüllung in seiner betrieblichen, wirtschaftlichen Existenz tatsächlich und konkret bedroht wäre (wogegen viele Arbeitgeber aber versichert sind).

Zur Klausel:

„Es werden nur geleistete Stunden vergütet.“

Diese Klausel enthebt den Arbeitgeber nicht von seiner von mir erläuterten Verpflichtung nach dem oben genannten "§ 615 des BGB, denn diese Klausel zum Betriebsrisiko und zum Annahmeverzug des Arbeitgebers kann vertraglich nicht abbedungen ("ausgehebelt") werden

Diese Klausel greift aber in einer anderen Situation, die im BGB § 616 "Vorübergehende Verhinderung" Satz 1 beschrieben ist:

Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.

Damit wird geregelt, dass der Arbeitgeber das Entgelt weiterhin bezahlen muss, auch wenn der Arbeitnehmer aus bestimmten persönlichen Gründen fehlt, z.B. also Sonderurlaub wegen Heirat, Todesfall, bezahlte Freistellung wegen notwendigem Arztbesuch in der Arbeitszeit usw. Die Anwendung dieser gesetzlichen Bestimmung darf vertraglich ausgeschlossen (abbedungen) werden.

Für die Geltendmachung Deiner Ansprüche sind im Übrigen auch Fristen einzuhalten:

Wenn einzel- oder tarifvertraglich Ausschlussfristen für Ansprüche vereinbart wurden, verfallen diese Ansprüche mit Verstreichen dieser Fristen ab ihrer Fälligkeit; diese Fristen dürfen einzelvertraglich nicht kürzer als 1 Monat sein; tarifvertraglich sind kürzere Ausschlussfristen erlaubt, meist betragen sie aber 3 Monate oder (zweistufig) 6 Monate.

Ohne vereinbarte Ausschlussfristen gilt für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis die 3-jährige Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch BGB § 195 "Regelmäßige Verjährungsfrist". Damit wären also bis zum 31.12.2022 Ansprüche, die vor dem 01.01.2019 fällig gewesen wären, verjährt (genauer: die Ansprüche bestehen dann zwar noch immer, anders als bei Ausschlussfristen, können vom Schuldner aber mit der Einrede der Verjährung abgewehrt werden).

Das ist die rechtliche Situation; ob Du allerdings in der Lage und willens bist, Dein "gutes Recht" gegen Deinen ehemaligen Arbeitgeber auch durchzusetzen, kann ich nicht beurteilen. Du solltest ihm aber auf jeden Fall ein Schreiben (als Einwurfeinschreiben) mit der Bezifferung Deiner Forderungen und der Erläuterung der rechtlichen Gegebenheiten schicken, eine angemessene Zahlungsfrist setzen (10-14 Tage) und für den Fall der Weigerung oder Nichtreaktion rechtliche Schritte ankündigen (manchmal reicht schon eine Drohung mit einer Klage beim Arbeitsgericht).

Die Sache hat aber wenig Aussicht auf Erfolg, wenn Du die zu geringe Beschäftigung widerspruchslos hingenommen haben solltest und der Arbeitgeber weiß, dass Du Deine Arbeitskraft hättest anbieten müssen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Beruf/Ehrenamt, lange private Beschäftigung mit Arbeitsrecht
olekp 
Fragesteller
 17.11.2019, 15:15

vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Ich hätte sie gerne als „hilfreichste Antwort“ deklariert, hatte aber eine andere ausgezeichnet, bevor ich deine gelesen habe. Du scheinst dich sehr gut in dem Gebiet auszukennen. Dank deiner Ratschläge, werde ich die ganze Angelegenheit in allen Details noch einmal prüfen und hoffen, dass alles ein gutes Ende für mich nimmt.

Weiter so!

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160 Std. pro Woche uppps - wohl eher pro Monat; ausgehend von einer 40 Std. Woche

für die 40 Std. bekommst ein bestimmten lohn - arbeitest weniger werden auch nur die geleisteten Std. bezahlt. Normalität, meinst du kannst das volle Gehalt beanspruchen?

olekp 
Fragesteller
 04.11.2019, 18:26

Genau. Das meine ich. Ich hatte schon viele Arbeitsverhältnisse, aber das ist das erste, in dem das so geregelt wurde.

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Familiengerd  05.11.2019, 18:00

Die Antwort ist schlicht und einfach falsch - siehe die Erklärungen in meiner eigenen Antwort.

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Der ganze Vertrag ist so nicht in Ordnung Oder bist du selbständig
?

Nimm dir ein anwalt für Arbeitsrecht.

olekp 
Fragesteller
 04.11.2019, 18:29

Nein, ich bin weder selbständig, noch arbeite ich auf Honorarbasis.

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herakles3000  04.11.2019, 18:31
@olekp

Dan liegt dort schon betrug von Anfang an vor den 160 stunden ist dein normale Monatsarbeit wo du auch nicht wo anders arbeiten kannst also ist diese Klausel sittenwidrig. Der Arbeitgeber hat sein Risiko auf dich verlagert das darf er auch nicht also schalte einen anwalt ein .Auch liegt da noch Sozialbetrug an den ganzen Versicherungen vor die bestimmt Geld haben wollen von dir.

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olekp 
Fragesteller
 04.11.2019, 18:37
@herakles3000

Das stimmt! Ein guter Hinweis! Vielen Dank dafür!

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160 Stunden Woche? o_O Wann schläfst Du dann? o_O Das sind ja 6,5 Tage durcharbeiten ohne Pause und Schlaf!!! o_O

Du bekommst natürlich nur die Stunden bezahlt, die Du auch arbeitest!

Familiengerd  05.11.2019, 18:01
Du bekommst natürlich nur die Stunden bezahlt, die Du auch arbeitest!

Das ist "natürlich" schlicht und einfach falsch - siehe die Erklärungen in meiner eigenen Antwort.

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PeterP58  05.11.2019, 20:46
@Familiengerd

copy&paste entdeckt. wunderbar!
habe es gelesen ... meine antwort ist nicht FALSCH!

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Familiengerd  05.11.2019, 21:03
@PeterP58
copy&paste entdeckt. wunderbar!

Ja und?!?

Wenn ich nur Dir mitteile, dass Deine Antwort falsch ist - und sie ist falsch! -, dann weiß das ein anderer falsch Antwortender noch lange nicht, wenn ich es ihm nicht auch mitteile!

meine antwort ist nicht FALSCH!

Selbstverständlich ist sie falsch! Wenn Du das Gegenteil behauptest, ignorierst Du gnz offensichtlich die rechtlichen Gegebenheiten, wie ich sie dargestellt habe - oder verstehst sie ganz einfach nicht.

habe es gelesen ...

Offensichtlich ja wohl nicht!

Dann liefere doch mal Belege, Erklärungen für Deine platte und begründungslose Behauptung, Deine Antwort sei nicht falsch!

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PeterP58  05.11.2019, 21:11
@Familiengerd

nö! liefere du die belege und erklärungen, dass deine antwort richtig ist!

dann arbeiten halt alle 160 stunden die woche und bekommen die stunden, die sich nicht arbeiten auch nicht bezahlt. kann damit leben! ob meine angestellten damit leben können ... ich frage sie morgen mal :-)

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Familiengerd  05.11.2019, 21:31
@PeterP58

Du bist zu einer Erklärung also nicht in der Lage (wie solltest Du auch, wenn Du offensichtlich keine Ahnung hast).

liefere du die belege und erklärungen, dass deine antwort richtig ist!

Meine eigene umfangreiche Antwort ist Erklärung genug - aber wenn Du nicht liest (von "Verstehen" ganz zu schweigen) ...

Etwas Unlogischeres, Konfuseres und polemischeres als dieser wirre Kommentar fällt Dir wohl auch nicht ein.

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