Wo genau liegt der Unterschied bei Schüchtern und introvertiert und wie würdet ihr es definieren?


13.06.2025, 17:28

Ich glaub ich bin nur introvertiert und nicht schüchtern und kann mich nicht ganz einordnen

3 Antworten

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Soweit ich weiß und das beschreiben kann, bedeutet Introvertiert zu sein lediglich, dass man keine Energie aus sozialen Kontakten zieht.

Es bedeutet nicht, dass man Angst vor sozialen Kontakten/sozialen Situationen hat. Du hast als introvertierte Person z.B. keine Angst, jemanden anzusprechen oder dich in neue Gruppen einzufügen, z.B., wenn du die Schule oder den Job wechselst. Du bist lieber für dich, aber nicht aus Angst. Wenn du introvertiert bist, ist dein Bedürfnis nach vielen, sozialen Interaktionen einfach nicht so groß, da du, wie bereits erwähnst, auch keine Energie daraus ziehst, sondern - im Gegenteil - dir Energie dadurch genommen wird. Du musst Energie für soziale Interaktionen aufwenden, anstatt, dass du sie dadurch zurückbekommst. Bei extrovertierten Menschen ist das anders.

Und deshalb brauchen unter anderem auch introvertierte Menschen eine gewisse Auszeit. Wann und wie oft, das ist sehr unterschiedlich. Generell können sich introvertierte Menschen besser alleine beschäftigen und auch besser alleine arbeiten.

Wenn man schüchtern ist, dann hat man Angst davor. Ist diese Angst so stark, dass sie das eigene Leben in extremen, tiefgreifenden Ausmaßen behindert, dann ist es keine Schüchternheit mehr, sondern eine Sozialphobie/Soziale Angststörung. Eine schüchterne Person taut auch meist nach einer Weile auf.

Naja dann bin ich aber auch nur so halb introvertiert

Dann bist du womöglich ambivertiert.

Ich habe diesen Artikel hier noch eben gefunden. Vielleicht hilft dir das irgendwie weiter.


Inkognito-Nutzer   13.06.2025, 17:59

Vielen Dank für deine sehr ausführliche Antwort

Inkognito-Nutzer   13.06.2025, 18:29
@Zitruseulchen

Ich hab gesehen du hast eine soziale Angststörung, wie ist das dann bei Dir?

Zitruseulchen  13.06.2025, 20:02
@Inkognito-Beitragsersteller

Oh, ja. Also generell (ich hab die schon seit geraumer Zeit und relativ früh in meinem Leben bekommen) zeigt sie sich folgendermaßen:

  • Telefonate gehen für mich gar nicht und ich meide sie so gut es nur geht. Zum Glück muss ich keine Telefonate führen. Das gilt übrigens auch für Telefonate mit Freunden. Es ist so schlimm, dass ich mich echt frage, ob ich mich trauen würde, um Hilfe zu rufen/wo anzurufen, wenn ich in Lebensgefahr wäre und es niemand sonst für mich tun könnte
  • Vermeidung von jeglichen sozialen Interkationen (Einzige Ausnahme ist meine Mutter und Leute/Freunde im Internet)
  • Ich habe keine körperlichen Reaktionen wie rot werden (ich bin immer rot), starkes Schwitzen (ich schwitze immer recht viel), erhöhter Herzschlag oder gar Ohnmacht, aber dafür bekomme ich Bauchschmerzen, Blähungen und Harndrang. Das sind zumindest die drei, die ich bei ich dann am stärksten wahrnehme
  • Alleine rausgehen geht nicht, bzw. nur so einmal alle fünf Jahre (Wobei da auch mein Autismus mitspielt)
  • Augenkontakt geht auch nicht (Da spielt auch mein Autismus mit, aber Sozialphobie = Ich habe Angst vor Augenkontakt, weil ich nicht bemerkt werden möchte und Angst vor Beurteilung habe und Autismus = Ich kann keine Informationen aus den Augen herauslesen, wie Gefühle o.Ä. und es überstimuliert mein Gehirn, weshalb Blickkontakt für mich nutzlos ist. Da bei mir beides der Fall ist, ist es also eine Mischung aus Autismus und Sozialphobie.)
  • Ich warte stets, dass niemand im Hausflur ist, ehe ich runter (wir wohnen im zweiten Stock) in den Keller gehe oder generell rausgehe
  • Selbst mich online zu bewegen ist fast unmöglich für mich. Ich bin noch immer erstaunt darüber, dass ich das hier auf gutefrage so gut schaffe... vielleicht zu gut... nun ja
  • Da ist auch einfach diese Angst, gesehen zu werden, bemerkt zu werden. Platz einzunehmen. In manchen Situationen stärker als in anderen.

Vieles bemerke ich auch gar nicht selber, dass ich damit Probleme habe, weil ich in solche Situationen bislang nie gekommen bin. Meine Sozialphobie geht auch so weit, dass arbeiten oder nochmal zur Schule (oder Abendschule, Ausbildung, Universität, o.Ä.) zu gehen für mich ein absolutes Ding der Unmöglichkeit ist. (Wobei auch hier, wie so oft, auch mein Autismus mitspielt.)

Ein weiterer Punkt wäre auch Oversharing. Ich denke, mein Oversharing ist sowohl auf meinen Autismus (wir Autisten können dazu neigen, zu oversharen, da wir Probleme haben, zu filtern, welche Informationen wichtig und welche unwichtig sind und das alles hängt auch viel mit Infodumping und Overexplaining zusammen, blablabla, whatever), als auch auf meine Sozialphobie zurückzuführen. Bei meiner Sozialphobie ist das so eine Art ... Kompensation. Zumindest ist das meine Theorie.

Ich hoffe, das beantwortet deine Frage irgendwie. Ein bisschen. Ich glaube, bei jedem ist so eine Angststörung anders und nie ganz gleich. Und tatsächlich gibt es bei einer Sozialphobie Schweregrade. Bei manchen ist es so schlimm, dass sie dadurch starben, weil sie z.B. niemanden hatten, der sich um sie kümmerte und sie verhungerten o.Ä, während andere noch zumindest irgendwie das Nötigste erledigen können. Ich denke, dass aus Schüchternheit definitiv Sozialphobie entstehen kann und dass Schüchternheit und schwache/milde Sozialphobie leicht miteinander zu verwechseln sind. Wobei du bei manchen Leuten auch heulend zusammenkauern kannst vor Furcht und sie würden noch immer meinen "aww, bist du n bissl schüchtern?". Da bekomme ich die Krätze.

Inkognito-Nutzer   13.06.2025, 20:34
@Zitruseulchen

Oh das klingt sehr belastend und krass, ist das eigentlich schon immer so stark gewesen?

Zitruseulchen  14.06.2025, 23:59
@Inkognito-Beitragsersteller

Nein, soweit ich mich zurückerinnern kann, nicht. Es fing allerdings auch schon ziemlich früh an. Schleichend eben. Ich will sagen, dass es spätestens ab der 1. Klasse (damals war ich also 7) begann. Ist schwer zu beschreiben, welche Symptome ich damals hatte, wie stark sie waren etc., da ich mich nicht so gut an meine Kindheit zurückerinnern kann. Wann schwappte meine Schüchternheit in eine Sozialphobie über?

Ich denke, ich war schon immer; von Natur aus, sehr introvertiert. Dann wurde ich sehr schüchtern im Kindergarten (Hatte aber immer noch so ein paar Kindergartenfreunde, aber mehr, weil sie auf mich zugingen und weniger andersherum), da natürlich niemand dort mit einem autistischen Kind (damals hatten wir die Diagnose noch nicht und auch noch gar nicht daran gedacht) umgehen konnte.

Und die Schüchternheit wurde dann, ab der Einschulung, zur Sozialphobie, denn ich kann mich noch sehr genau daran erinnern, dass ich bereits ab dem 1. Schultag wusste, dass ich dort nichts zu suchen hatte, mich nicht wohl fühlte, plus Mobbing etc. pp. (Denn natürlich wusste auch diese Schule nichts davon, wie man mit Autisten umzugehen hatte, obwohl das eine Förderschule/Sprachheilschule war) und ab diesem Zeitpunkt für die nächsten 8 Jahre alles tun würde, jeden Tag, um nicht zur Schule zu müssen.

Funktionierte nur leider nicht oft genug und wenn, dann nur mit anderen, drastischen Konsequenzen, also entstand dadurch meine Sozialphobie.

Nach so vielen Jahren (fast 20, wenn ich davon ausgehe, dass ich die Phobie ungefähr ab meinem 7. Lebensjahr entwickelt habe) ist es echt schwer, sich eine Version von sich selbst vorzustellen, die keine Sozialphobie hat. Ich mag es nicht, diese Phobie von mir als eine "Charaktereigenschaft" von mir zu bezeichnen, doch nach so langer Zeit ... Nun ja, es ist und bleibt eine psychische Erkrankung, aber irgendwann ist man so sehr darin gefangen, dass sich alles andere unmöglich und seltsam anfühlt. Insbesondere, wenn es bereits in der Kindheit anfing.

Okay, ja, soviel also dazu.

Ach ja, und vielen Dank fürs Sternchen! ^_^

Schüchtern = Traut sich nicht ganz sich als der zu präsentieren, der er ist. Hat Hemmungen, will oft nicht sagen, was er denkt oder fühlt.

Introvertiert = Im Kopf oft in seiner eigenen Welt. Meidet lieber große Menschengruppen. Trifft sich häufig lieber zu zweit. Lädt seine Batterien auf, wenn er alleine ist. Menschengruppen entziehen ihm Energie.


Inkognito-Nutzer   13.06.2025, 17:30

Naja dann bin ich aber auch nur so halb introvertiert

teehouse  13.06.2025, 17:31
@Inkognito-Beitragsersteller

Also ich bin definitiv schon lange nicht mehr schüchtern. Introvertiert teilweise schon. Menschenmassen meide ich lieber. Mag auch keine Clubs mehr. Diese Partylaune-Geschichten sind nix für mich. Aber ich bin auch sehr sozial.

Inkognito-Nutzer   13.06.2025, 17:33
@teehouse

Ja Partys sind mega unangenehm für mich und auf Leute die mir "höher" Gestell sind zugehen traue ich mich auch oft nicht wirklich.

Aber Schüchtern bin ich definitiv nicht aber manchmal ist es als Introvertierter Mensch einfacher sich "hinter Schüchternheit zu verstecken" und irgendwie wird man auch manchmal gleich so abgestempelt

teehouse  13.06.2025, 17:34
@Inkognito-Beitragsersteller

Ok. Dann fehlt es vielleicht noch etwas an Selbstbewusstsein. Ich fühle mich den meisten Menschen gegenüber ebenbürtig oder gar überlegen. Selten ordne ich mich unter.

Inkognito-Nutzer   13.06.2025, 17:36
@teehouse

Naja und mir ist direkt alles peinlich und ich hab Angst vor so ziemlich allem.

Trotzdem sag ich was ich denke und bin auch nicht unbedingt jemand leises und ich kann auch auf Leute zugehen

Inkognito-Nutzer   13.06.2025, 17:37
@teehouse

Ich weiß nicht, irgendwie ist es schwierig das zu erklären, ich denke ich bin irgendwie ambivalent

Inkognito-Nutzer   13.06.2025, 17:39
@teehouse

Keine Ahnung, eigentlich mag ich mich, aber ich bin manchmal echt verklemmt.

Wie wärst du denn gerne

teehouse  13.06.2025, 17:51
@Inkognito-Beitragsersteller

Ich bin so wie ich bin und so mag ich mich. Wäre nur gerne deutlich weniger übergewichtig. Aber aus rein gesundheitlichen Gründen.

Schüchtern ist zurückhaltend,das Andere sagt,dass man mitmacht.