Wird Beton in Zugspannung bei Gebäudebauten angewendet?
Wenn man Stahl unter Zugspannung setzt und dann Beton darauf gießt, soll die Zugspannung nach dem Aushärten auf den Beton übertragen werden. Es heißt, dass man den Stahl danach sogar entspannen und austauschen könnte.
• Stimmt das wirklich?
• Wird Beton dadurch fester und kann er ohne Stahl mehr Belastung aufnehmen?
• Wird diese Methode tatsächlich bei Gebäudebauten eingesetzt?
• Ist es in der Praxis möglich, große Spannstähle einfach im trockenen Beton zu entspannen und auszutauschen?
Ich überlege, in die Baubranche einzusteigen und würde mich über fundierte Antworten freuen.
2 Antworten
Was du ansprichst ist schlicht und einfach das Prinzip des Spannbetons. Zugelemente aus Stahl werden in der Zugzone der Belastungsebene eingegossen und meist hydraulisch gespannt. Dadurch wird der Beton rein theoretisch unendlich belastbar, weil in der Zugzone nie Risse auftreten. In der Realität ist das eine reine Auslegungssache, denn irgendwann erreicht der Spannstahl seine Belastungsgrenze, in der Zugzone und der Beton in der Druckzone auch. Dann kracht es eben. Man kann die Spannelemente vorspannen, mit eingießen und nach dem erhärten des Betons entlasten. Dadurch überträgt sich dann die Zugspannung des Stahls als Druckspannung auf den Beton. Später ging man her und verlegte die Zugkabel in Hüllrohren und spannte sie dann hydraulisch und verankerte sie dann in der Einleitung am Betonbauteil. Hier könnte man, wenn geschickt geplant, die Kabel auswechseln. Meist werden sie aber mit Zement verpresst. Wenn dann Korrossion auftritt, durch eindringendes Streusalz z.B., läuft die Uhr, bis das ganze Bauteil Schutt ist. In der allerersten Zeit des Spannbetonbaus hat man z.B. Flachdächer gebaut, in denen Klaviersaitendraht unter sehr hoher Spannung in der Schalung verlegt wurde und dann die Decke gegossen. Es gibt Flachdächer, die so 150 Jahre funktionsfähig blieben und zwar ohne zusätzliche Abdichtung.
In den letzten Jahrzehnten macht man auch Versuche, den Stahl im Spannbeton durch Zugelemente aus Carbonfaserprofilen, oder GFK zu ersetzen. Bei kleinen und mittleren Brücken war das schon erfolgreich. Auch wird versucht Carbonfasermatten mit in den Beton einzubringen, die ebenfalls hohe Zugspannungen aufnehmen können, bei wesentlich geringerem Gewicht. Ist aber momentan noch teuer.
Generell: Beton selbst nimmt nur Druckkräfte auf. Zugkräfte werden vom Stahl (Bewehrung) aufgenommen.
Es gibt 2 wesentliche Arten von bewehrtem Beton: Stahlbeton und Spannbeton.
In Stahlbeton wird der Stahl ohne Spannung eingegossen. Das kennt jeder, der schon mal über einen Bauzaun geschaut hat.
Bei Spannbeton mit innenliegendem Spannelement wird das Betonteil ohne Bewehrung gegossen. Es wird aber eine Hülse (ein Rohr) mit eingegossen, in das nach dem Aushärten des Betons das Spannelement eingefädelt wird und dieses dann gespannt wird um den Beton "zusammenzuziehen" Kannst du dir vorstellen wie ein Gummiband. Die Hülse wird später vergossen, damit der Stahl von Korrosion geschützt wird. Ist fast logisch, dass man den Stahl dann nicht wieder rausbekommt.
Bei Spannbeton mit außenliegendem Spannelement kann man die Spannglieder austauschen. Außenliegende Spannelemente kannst du bei Brückenerweiterungen sehen. Schau dich mal um. 😉
Übrigens: Beton wird nicht "trocken", er härtet aus. Gut zu wissen beim Eignungstest. 😉
Viel Glück!