Wie sieht Studieren aus?

2 Antworten

Wie sich das Studium im Einzelnen gestaltet, ist sehr unterschiedlich. Du solltest bedenken, dass auch Studiengänge mit gleichem Namen von Uni zu Uni unterschiedlich sind: "Maschinenbau" an der Uni A ist ein anderer Studiengang, als "Maschinenbau" an der Uni B. Und selbst bei Leuten, die gleichzeitig mit demselben Studiengang starten, kann der Verlauf des Studiums komplett unterschiedlich ausfallen.

Ich schildere mal das, was ich so erlebt habe und von Freunden oder guten Bekannten in anderen Studiengängen mitbekommen habe.

Was ist anders als bei der Schule?

Es ist sehr viel eigenverantwortlicher:

  • Niemand schreibt dir vor, was du wann lernen musst. Sondern du überlegst jedes Semester selbst, welche Module (ähnlich Schulfächern) du belegen möchtest. Fertig bist du, wenn du eine bestimmte Liste an Modulen erfolgreich abgeschlossen hast.
  • Es ist deine eigene Sache, wie du dich in die Lage versetzt, die Modulprüfungen zu bestehen. In den Vorlesungen ist normalerweise keine Anwesenheitspflicht. Niemand kontrolliert, ob du daheim lernst oder lieber ins Freibad gehst. Niemand sagt dir, dass hier und dort noch Grundlagenwissen fehlt und du das dringend nachholen solltest. Sondern am Ende des Semester schaffst du die Prüfung eben, oder auch nicht.
  • Dein Name ist den Dozenten i.d.R. egal. Es ist dem Dozenten auch egal, ob du in der 3. Wiederholung bist und exmatrikuliert wirst, wenn du die Prüfung nicht packst. Das ist deine Sache.
  • Die Inhalte der Vorlesung und des Vorlesungsskripts reichen normalerweise nicht für gute Noten. Du musst selbst überlegen (bzw. in der Vorlesung auf Hinweise horchen), welches tiefere Wissen zusätzlich sinnvoll ist - und dir dieses selbst zusammen suchen. Dafür gibt es die Bibliothek und Online-Literaturdatenbanken.
  • Bei Modulen mit wenigen Teilnehmern ist es keine Seltenheit, dass es dem Dozenten zu blöd ist eine Klausur zu erstellen und sie hinterher zu korrigieren. Dann gibt es eben eine mündliche Prüfung.
  • Je weiter das Studium fortschreitet, desto mehr ist auf englisch. Weil in der heutigen Wissenschaft ohnehin nur noch auf englisch kommuniziert wird. Dass die Studiengangssprache offiziell deutsch ist, ändert nichts daran dass alle aktuellen Veröffentlichungen auf englisch sind und du ein Problem hast, wenn du sie nicht lesen kannst.
Wie oft geht ihr in die Uni pro Woche oder geht ihr jeden Tag dorthin?

Das kommt aufs jeweilige Semester an. Ich hatte manche Semester, in denen jede Woche 1-2 Labortage eingeplant waren... und wenn man im Labor gerade nichts zu tun hatte, waren diese Tage "Freizeit". Naja, nicht wirklich, weil man natürlich Hausarbeiten und Referate zu machen hatte und an diesen Tagen mal ein paar Stunden am Stück arbeiten konnte.

In anderen Semestern war klar, dass man jeden Tag an der Uni sein musste. Und wenn es an dem einen Tag nur die eine Vorlesung gab, bei der aber klar war dass man die Prüfung nicht schafft ohne die Vorlesung aufmerksam zu verfolgen.

Jetzt bei meiner Master-Forschungsarbeit nehme ich mir ziemlich regelmäßig einen Tag frei, weil es schlichtweg besser läuft als gedacht und ich ca. 2 Monate vor meinem Zeitplan liege. Den Luxus hat natürlich nicht jeder, ich habe Freunde die für ihre Forschungsarbeit regelmäßig 50h-Wochen im Labor verbringen.

Wie viel Freizeit habt ihr am Ende des Tages übrig?

So viel, wie ich mir nehme.

In Prüfungsphasen saß ich regelmäßig 13-14 h pro Tag am Schreibtisch. Mit duschen, essen und schlafen ist der Tag damit voll.

Ich hatte in einem Semester auch mal einen Tag mit einer Vorlesung um 08:00, einer um 14:00 und einem Seminar um 18:00. Das war ein Scheißtag.

Gibt es Gruppenarbeiten oder Hausaufgaben?
Müsst ihr Präsentationen halten?

In der Regel ja... aber im Einzelnen kommt es darauf an, wie der jeweilige Dozent sein Modul gestaltet. Wenn ein Dozent von jedem Studenten ein Referat haben will, das zu 50% in die Modulnote einfließt, dann macht er das eben so. Und wenn ein Dozent keinen Nerv dafür hat, macht er es eben nicht. Das gleiche mit Hausarbeiten. Wenn du irgendwas mit praktischen Inhalten (z.B. Laborpraktika) studierst, solltest du auch davon ausgehen, dafür jedes Mal eine Vorbereitung abzugeben und hinterher ein Protokoll zu schreiben - beides zusammen dauert oft länger, als die eigentliche Laborarbeit.

Spätestens die Abschlussarbeit ist dann eine große, fette und wichtige Hausarbeit. Und wenn du die abgegeben hast, hältst du eine Präsentation darüber und verteidigst deine Arbeit gegen die Zweifel der Prüfungskommission. Da führt kein Weg drumherum und es wird nicht leichter, wenn man dann zum ersten Mal eine Arbeit schreibt oder vor Publikum referiert.

Ich hatte jedes Semester etwa 2 Referate zu halten. Im Master sogar zwei Semester je 4.

Dito Gruppenarbeiten. Macht auch jeder Dozent, wie er will. In meinem Fall war es bei Laborpraktika häufiger der Fall als bei Referaten.

Du wirst aber spätestens beim Klausurlernen feststellen, dass jeder einzelne Kumpel sein Gewicht in Gold wert ist. Allein schon, weil regelmäßig einer in der Vorlesung irgendeinen Hinweis des Dozenten herausgehört hat, den du nicht mitbekommen hast. Oder wenn du verzweifelt eine Quelle für irgendwas suchst und einer deiner Kumpel zufällig über was in der Richtung gestolpert ist. Oder jemand dir etwas erklären kann, wo dir noch der zündende Funke fehlt.

Vergiss' den Gedanken, ein Studium als Einzelkämpfer durchzuziehen!

WissensAllergie 
Fragesteller
 25.08.2022, 19:29

Hast du Tipps wie man Freunde im Studium findet? Es ist eine Weile her seitdem ich neue Freunde gemacht habe. Früher als Kind haben wir einfach miteinander gespielt und wenn wir uns mochten waren wir einfach Freunde. Wie sieht es mit Studenten aus? Was soll ich sagen? "Hey, du siehst nett aus. Lass uns Freunde sein"?

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RedPanther  25.08.2022, 19:46
@WissensAllergie

Nein, man quatscht halt einfach mit den Leuten, die gerade da sind. Manche Leute sieht man regelmäßig, dementsprechend hat man auch regelmäßig Kontakt zueinander und mit der Zeit entwickelt sich das Gefühl, zusammen zu gehören. Also im Grunde genau so, wie du es aus der Kindheit beschreibst, nur dass man eben nicht miteinander spielt, sondern miteinander studiert.

Es lernen sich wirklich alle untereinander frisch kennen. Sehr selten, dass mal zwei Erstis sich schon vor dem Studium kannten. Das heißt, dass es am Anfang noch keine Grüppchen gibt, so es komisch wäre sich reinzudrängeln. Und die anderen kennen dich nicht, d.h. du kannst dir überlegen welchen ersten Eindruck du machen willst.

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