Wie entsteht Föhn Wetter?

seifreundlich2  01.11.2023, 07:53

Die klassische Föhn-Theorie, wonach Föhn im Lee eines Gebirges durch Erwärmung absinkender Luft entsteht, nachdem sich die Luft luv-seitig abgeregnet hat, ist inzwischen überholt.

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Föhn in Verbindung mit luv-seitigem Niederschlag ist tatsächlich häufig beobachtbar. Allerdings kann die Luft ebensogut trocken sein.

Heisst, feuchte Luft ist für Föhn nicht notwendig, hingegen ist ein horizontales Druckgefälle vonnöten.

Wenn die Luft relativ feucht ist und auf der Luv-Seite der topographischen Erhebung zum Aufstieg gezwungen wird, kühlt sie bis auf Höhe des Kondensationsniveaus zunächst trockenadiabatisch (1), hernach feuchtadiabatisch (2) ab.

Sobald sich Wolken gebildet haben und sich im weiteren Verlauf Niederschlag heraus entwickelt, verliert die Luft infolge Abregnen sukzessive an Feuchtigkeit.

Durch die dabei fortwährend freigesetzte Kondensationswärme kühlt die Luft mit der Höhe gegenüber der unterhalb ungesättigten Luft nur noch leicht ab. Überströmt die aufgestiegene, entfeuchtete Luft die Erhebung, wird diese aufgrund der nun abfallenden Topographie hinabsinken.

Solange die Luft noch gesättigt ist, wird sie sich vorerst noch feuchtadiabatisch und ziemlich bald schon trockenadiabatisch erwärmen.

Bedingt auch durch die geringere Abkühlung der Luft auf der Luv-Seite wird sich daraus ein Druckungleichgewicht zwischen Luv und Lee ergeben.

Im Falle eines vorherrschenden horizontalen Druckgefälles wird — mit oder ohne Niederschlag — immer ein Druckausgleich stattfinden.

(1) der trockenadiabatische Temperaturgradient beträgt circa 0.8–1.1 Grad Celsius, sagen wir -1 Grad je +100 m Höhe; -1 *C / +100 hm.

(2) der feuchtadiabatische Temperaturgradient beträgt circa 0.3–0.7 Grad Celsius, sagen wir -0.6 *C / +100 hm.

Der Unterschied zwischen feucht- und trockenadiabatischem Temperaturgradient beträgt somit etwa 0.4 Grad Celsius.

Die Höhendifferenzen von luv-seitig Kondensationsniveau und Höhenscheitel des überströmten topographischen Hindernisses sowie wiederum lee-seitig von Höhenscheitel und Kondensationsniveau (resp. Verdunstungsniveau) entscheiden über die Stärke des Föhns.

Beispiel (nach der klassischen Föhn-Theorie):

Ein Genua-Tief schaufelt mediterrane feuchte Luft von Süden her an die Alpen heran.

Nehmen wir einen Ort auf der Luv-Seite der Alpen, nehmen wir Airolo auf 1’175 m.ü.M. am Südfuss des Sankt Gotthards und Altdorf auf 458 m.ü.M. nördlich des Gotthardpasses, der auf 2’106 m.ü.M. liegt. Die Temperatur in Airolo misst um 8 Uhr morgens 17 Grad Celsius.

Frage: Mit welcher Temperatur dürfen wir in Altdorf rechnen?

Jetzt betrachten wir ein Luftpaket, welches von Airolo aus aufsteigt, und beobachten, dass es auf 1’250 m.ü.M. kondensiert. Wir nehmen an, dass dieses Luftpaket bis auf Höhe des Gotthardpasses weiters aufsteigt und anschliessend nach Altdorf herabströmt.

Die Höhendifferenz zwischen dem Kondensationsniveau über Airolo und der Höhe des Gotthardpasses beträgt

2’106—1’250 = 856 m.

Angenommen die Wolken im Lee des Gotthardpasses lösen sich erst nach 248 Höhenmeter auf, so beträgt die Höhendifferenz zwischen der Höhe der Verdunstung und Altdorf

1’858–458 = 1’400 m.

Im nächsten Schritt berechnen wir mittels den Gradienten die Temperaturdifferenzen zwischen den Höhen.

  • Airolo—Kondensationsniveau:

1’250 — 1’175 = 75 m,

-1 K * 0.75 = -0.75 K.

  • Kondensationsniveau_Luv—Gotthardpass:

856 m,

-0.6 K * 8.56 = -5.1 K.

  • Gotthardpass—Verdunstungsniveau_Lee:

248 m,

+0.6 K * 2.48 = +1.5 K.

  • Verdunstungsniveau_Lee—Altdorf:

1’400 m,

+1 K * 14 = +14 K.

Final berechnen wir ausgehend von der morgendlichen Temperatur in Airolo die Föhn-bedingte Temperatur in Altdorf:

T_Airolo = 17 *C

T_Altdorf = 17 — 0.75 — 5.1 + 1.5 + 14 = 26.7 *C

Antwort: Dank dem Föhn-Effekt misst das Thermometer in Altdorf in der Morgenfrühe stolze 27 Grad!

Woher ich das weiß:Hobby – Leidenschaft, Beobachtung, Erfahrung, Studium

Der Foehn, eine Bezeichnung die frueher nur fuer das noerdliche Alpenvorland galt, heute aber verallgemeinernd fuer alle vergleichbaren Luftstroemungen steht, ist ein trockener, warmer Fallwind.

Die Waerme kommt deshalb zustande, da die Luft beim Aufsteigen an der Luv Seite des Gebirges ihre Feuchtigkeit verliert (Regen/Schnee). Da der Wasserdampf beim Kondensieren Waerme an die Umgebung abgibt, sind die Luftmassen am Gebirgskamm dann relativ warm. Beim nachfolgenden Absinken erwaermen sie sich dann nochmals, so dass ein warmer Fallwind entsteht. Dieser kann im Gebirge kaum Feuchtigkeit aufnehmen und bleibt trocken.

Das Wetter ist dann an der Lee Seite "fuer die Jahreszeit zu warm" und in Verbindung mit der Trockenheit auch unangenehm fuer das Gemuet.

Woher ich das weiß:Hobby

Es braucht vor allem ein weit nach Süden ausgreifendes Tief und ein höheres Gebirge.

Tiefdruckgebiete drehen sich immer gegen den Uhrzeigersinn. Kommt ein Tief in unsere Nähe dreht die Strömung auf Süd. Ist dabei ein Gebirge im Weg ( nehmen wir mal die Alpen als Beispiel ) kann sich die Strömung nicht ungehindert noch Norden ausbreiten und stößt an die Alpen. Die Luft muss dann aufsteigen und regnet sich an der Südseite der Alpen ab. Strömt sie dann über das Gebirge ist sie abgetrocknet und es entstehen dabei warme trockene Fallwinde die die Temperatur und die Windgeschwindigkeiten sprunghaft erheblich steigen lassen. Strömt dann die Luft weiter nach Norden in flaches Land löst sich dieser Prozess schnell auf und es bilden sich wieder Wolken und Regen.

Föhn ist ein warmer trockener Fallwind auf der Leeseite von Gebirgen.

Von Experte seifreundlich2 bestätigt

Man braucht

  1. ein Gebirge
  2. Wind über das Gebirge
  3. Luftmassen, die auf der Luvseite abregnen/schneien oder dort eine bestimmte (sehr "stabile") Schichtung haben
seifreundlich2  28.10.2023, 00:26

Zu 3) Niederschlag ist nicht immer notwendig.

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seifreundlich2  28.10.2023, 01:46
@ThomasJNewton

Hab ich gesehen und auch als solches interpretiert; „oder“ passt und gehört da auch sehr gut hin.

Ich wollte lediglich ergänzend zur Vervollständigung der Antwort beitragen, um nicht unnötigerweise eine weitere Antwort an den Fragesteller zu schreiben :)

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seifreundlich2  28.10.2023, 00:31

Zu 3) Niederschlag ist für Föhn nicht notwendig, wird tatsächlich aber häufig mit der plausiblen Erklärung des Abregnens und dem damit einhergehenden Abtrocknen der Luft in Verbindung gesetzt.

Trockene Luft kann auch schlicht nach Überströmen des Gebirges herabsinken und sich infolgedessen adiabatisch erwärmen.

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