Weshalb benötigen Grundschullehrer einen Master-Abschluss?

8 Antworten

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Weil es in diesem Beruf eben bei weitem nicht nur darum geht, den zu vermittelnden Stoff selbst zu beherrschen.

Mal so als Beispiel: Stell dir mal vor, du musst Kindern erklären, wieso man 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 und 9 schreibt - aber dann bei einem Ding mehr plötzlich zwei Ziffern dort auftauchen, die 1 und die 0, die vorher nix und nur ein Ding waren. Wie machst du das?

Im nächsten Schritt musst du den Kindern dann erklären, wieso jetzt plötzlich 20 Cent weniger sind als 1 Euro. Eben war die 20 doch noch deutlich größer als die 1, oder? Also wie jetzt, was hat es mit diesem merkwürdigen Phänomen auf sich, wie erklärt man das jetzt wieder den Kindern?

Und wenn du das geschafft hast, kommt die Uhrzeit. Hier musst du jetzt also den Kindern vermitteln, warum nicht 100 Minuten eine ganze Stunde ergeben, so, wie es bei Cent und Euro noch der Fall war. Plötzlich sind nämlich 60 Minuten eine ganze Stunde! Und um die Verwirrung perfekt zu machen, sind dann plötzlich 24 Stunden auch noch ein ganzer Tag.

Um sich allein in die Kinder, die all das noch nicht wissen und können, hineinzuversetzen, braucht es also eine pädagogische Ausbildung, kein Wissen über den Stoff an sich. Mit Währungen und Uhrzeiten können Menschen nach einem Schulabschluss, insbesondere einem Abitur, natürlich umgehen - eben weil sie es mal von Menschen gelernt haben, die wiederum gelernt haben, wie man Kindern sowas beibringt ;).

Ach, und obendrauf hast du dabei übrigens auch noch einen bunt gemischten Haufen Kinder vor dir. Manchen fällt das Lernen super leicht, die langweilen sich ruckzuck. Andere haben hingegen echte Schwierigkeiten und brauchen viel Zeit und viele Wiederholungen, bis sie etwas verstehen. Und viele sind irgendwo dazwischen.

Manche haben eine Bilderbuchfamilie daheim, andere nicht, manche sind vielleicht sogar Opfer von Missbrauch aller Art. Manche Eltern arbeiten wunderbar mit dir zusammen, andere ständig auf verschiedenste Art gegen dich. Und all das bei gut und gern bis zu 30 Kindern in einer Klasse, dank Lehrermangel!

Denkst du also immer noch, dass man doch keine intensive Ausbildung braucht, um all das unter einen Hut zu kriegen, um mit all dem sinnvoll umgehen zu können ;)?

Verelat777 
Fragesteller
 15.10.2022, 23:14

Weshalb benötigt ein Deutschlehrer dann einen Master-Abschluss im Gebiet der Germanistik, der erst durch intensive jahrelange Arbeit zu erreichen ist, wenn Pädagogik eine deutlich wichtigere Rolle spielt als das Fachwissen an sich? Das ergibt sich aus Deiner Antwort noch nicht.

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HappyMe1984  15.10.2022, 23:17
@Verelat777

Man kann sicherlich über die Ausbildung von Lehrkräften und die Inhalte darin streiten. Gerade im Grundschullehramt variieren die auch je nach Bundesland sehr stark. Aber das, was wirklich Inhalt dieses Studiums sein sollte, inklusive der praktischen Erfahrungen, die dann im Referendariat folgen, erfordern tatsächlich einfach eine Ausbildung auf Uniniveau und auch mehr als die popeligen drei Jahre für einen Bachelor...

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Verelat777 
Fragesteller
 15.10.2022, 23:21
@HappyMe1984

Welche Rolle spielt dabei z. B. die Literaturwissenschaft, die Teil jedes Germanistikstudiums ist? Handelt es sich um „massenhaft unnötig erworbenes“ Wissen, um es salopp zu sagen?

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HappyMe1984  15.10.2022, 23:40
@Verelat777

Wie gesagt - über Inhalte lässt sich streiten und die variieren auch je nach Bundesland im Grundschulbereich. In einigen Bundesländern ist Deutsch zum Beispiel Teil der Grundschuldidaktik, wo es fachlich eher um solide Grammatik- und Rechtschreibkenntnisse geht und der Fokus auf dem Wie des Unterrichtens dieser Inhalte liegt.

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Doktorelektrik  16.10.2022, 14:32
@Verelat777

Dieser Einwand ist mal nachvollziehbar.

Sinn: weit über den Stoff hinaus gehende Grundlagen und Zusammenhänge auch VERSTANDEN zu haben, um auf dem Weg dahin die Grundlagen korrekt vermitteln zu können.

Wenn man den Kindern nur Schulbücher vorlesen möchte (Unterricht Marke "China" und Marke "DDR"), dann braucht man dieses Hintergrundwissen nicht.

Pädagogik ist sicher sehr wertvoll, aber nicht als Lehrfach, sondern hier geht es eben im Gegensatz zum Wissen um Praxis. Dazu braucht der Lehrer sein Referendariat.

Es gibt auch Handwerker mit 2 linken Händen, die einen schlechten Job machen und eben wenig beruflichen Erfolg verzeichnen. Deshalb gleich an den Grundfesten des Lehramtsstudiums zu rütteln, weil nicht jeder Lehrer lauter Einsteins reproduzieren kann, geht mir entschieden zu weit.

Die allerbesten und erfahrensten Pädagogen sind die ehrgeizigen Eltern von minderbegabten Schülern. Die wissen stets alles besser als der Lehrer, fallen ihm ständig in den Rücken und fordern immer neuere Hürden für diesen Berufsstand.

Nein, ich bin kein Schullehrer, ich beschäftige mich ausschließlich mit Erwachsenen (Uni). Aber die Schullehrer nötigen mir in der heutigen Zeit der ständigen Besserwisserei den größten Respekt ab.

Diesen Lehrern verdanke ich meinen Beruf - auch wenn ich Schule nie gemocht habe. Aber meinen Respekt hatten die Lehrer immer - und auch den meiner Mitschüler - sieh an. Das Lehrangebot ist da, der Nürnberger Trichter aber ist nicht für jedes Hirn geeignet ("Mein Kind geht auf das Gymnasium!....").

Vorschlag: Schreib mal einen neuen Lehrkatalog und lege ihm im Dekanat vor. Auch Studenten können wirkungsvoll mitbestimmen, wir haben das seinerzeit mit Erfolg selbst gemacht und so eine neue Fachrichtung durchgesetzt - an einer sehr renommierten Uni.

Sachlich kommt man immer weiter, aber es muss fundiert sein.

Alles Gute!

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Lehrer zu sein hat nicht nur was mit Wissen vermitteln zu tun. Da gehört auch Psychologie dazu.

Und dafür dass man einen Master hat, wird man nicht mal gut bezahlt 🤣

Doktorelektrik  16.10.2022, 14:42

Augen auf bei der Berufswahl.

Hättest halt mal googlen müssen - vor dem Studium - dass es eine gewisse Ähnlichkeit zwischen "Beruf" und "Berufung" gibt.

Wer so etwas feststellt, hat den Master ohnehin nicht verdient.

Sorry, aber ich kann das Rumgejammer um des lieben Geldes Willen in unserer Überflussgesellschaft nicht mehr ertragen. Jeder ist der Wichtigste, keiner fühlt sich der Gesellschaft verpflichtet oder gar den Menschen.

Wer seinen Beruf nur unter diesem Aspekt, möglichst viel scheffeln zu können, ausübt, sollte lieber körperlich hart arbeiten, um mal auf korrekte Gedanken zu kommen.

Aber gut, dass wir uns darin auch einig sind. Alles Gute!

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Doktorelektrik  16.10.2022, 16:06
@esportsgirl18

Du bist doch hier unzufrieden mit deinem Master. Und? Immer noch kein Bundesverdienstkreuz? Undankbare Gesellschaft!

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Doktorelektrik  16.10.2022, 16:18
@esportsgirl18

Nun gut: Gratulation zum Schmücken mit fremden Federn. Aber die Außenstehenden wussten schon immer alles besser. Viel Spaß beim Rechthaben, muss ja wahnsinnig wichtig sein...

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weil man auch pädagogisches und psychologisches Wissen braucht.

Verelat777 
Fragesteller
 15.10.2022, 23:10

Wozu dann der Master-Abschluss z. B. im Fach Mathematik?

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musso  16.10.2022, 08:03
@Verelat777

Es gibt verschiedene Modelle, und in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Bestimmungen. Ich habe damals Staatsexamen gemacht, und nach dem Referendariat an Haupt- und Realschulen von der Grundschule bis zur Mittleren Reife unterrichtet. Das ist eine riesige Spanne.

Eine Rolle spielt auch noch die Fächerkombination

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Verelat777 
Fragesteller
 16.10.2022, 11:32
@musso

Benötigt also z. B. ein Deutschlehrer an der Grundschule zwingend fundierte Kenntnisse in der Hochliteratur, obwohl dies nie Teil des Schulstoffes sein wird?

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musso  16.10.2022, 12:10
@Verelat777

an der Grundschule überwiegt die Pädagogik, nicht das Schulfach. Die Schüler müssen an das System Schule und das Lernen erst einmal herangeführt werden. Ich kenne keinen Grundschullehrer, der fachbezogen nur ein oder zwei Fächer unterrichtet, wie z.B. am Gymnasium.

Und nicht in allen Bundesländern gibt es ein Studium für Grundschullahrer. Oft wird auch Grund- und Hauptschullehrer angeboten. Da muss der Kandidat halt wissen, was er will und genau hingucken.

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Erstens sind sie nicht jedem geläufig und zweitens, wenn einer es kann muß er es nicht vermitteln können. Können und unterrichten sind zwei verschiedene Schuhe.

Verelat777 
Fragesteller
 16.10.2022, 11:42

Welche in der Grundschule vermittelte Inhalte sind als Beispiel nicht jedem geläufig?

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Doktorelektrik  16.10.2022, 14:58
@Verelat777
  • Verantwortung
  • Lesen und schreiben zu können
  • Sozialverhalten
  • Zusammenhänge
  • Wert der Bildung in der Gesellschaft
  • Voraussetzung der Bildung für den Erhalt einer Demokratie
  • Chancenvermittlung
  • Argumentation (da hapert es bei dir - leider)
  • Verständnis und Selbsterkenntnis des eigenen Wissens
  • Grundrechenarten - sieh dir mal die Forderungen so mancher Gewerkschafter zum Einkommen an, einschließlich der mangelnden Erkenntnis von Kalkulationen
  • Kooperation
  • Kreativität
  • Lösungstechniken (die sind nämlich weit übertragbar)
  • Gruppenarbeit, Zusammenarbeit, Hilfestellung

Das sollte als Ansatz mal reichen. Rede mal mit Menschen, nicht nur mit Freunden. Du wirst dich wundern, wie wenig Grundwissen du erkennen kannst.

Aus der Praxis:

Wir haben den größten Anteil an erneuerbaren Energien ever.

Totschlag-Argument, unwidersprochen seit Jahren: die erneuerbaren Energien seien viel "billiger" als alle anderen. Komisch, dass eine große zeitlang dann die Vergütung genau dafür wesentlich höher als die Marktpreise angesetzt war - trotz der zusätzlichen riesigen Netzkosten. Komisch auch, dass sich die Energiepreise so drastisch entwickelt haben - schon vor dem Ukraine-Krieg!

2/3 aller WKA sind pleite und in Bankenbesitz - weil sich diese Technik so gut rechnet.

"Kopfrechnen schwach, Religion sehr gut" -war mal so ein polemischer Spruch. Heute finde ich ihn gar nicht mehr so schlecht, bei dem, was da alles geglaubt wird...

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