Welchen Philosophen unserer Zeit findet ihr am interessantesten und warum?

Das Ergebnis basiert auf 17 Abstimmungen

Jemand, anderes und zwar:.. 41%
Richard David Precht 35%
Jürgen Habermas 12%
Slavoj Žižek 12%
Judith Butler 0%
Alain Badiou 0%
Peter Sloterdijk 0%

9 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Jemand, anderes und zwar:..

Eigentlich keinen, weil Philosophie immer sehr subjektiv ist und von der geistigen Haltung ihres Erzeugers ausgeht ... und man das nicht verallgemeinern kann - genau das versuchen Philosophen jedoch: Ihre Meinung ist allgemein gültig und die einzig Wahre.

Gerade die Philosophen des deutschsprachigen Raumes von Immanuel Kant bis Arthur Schopenhauer haben oft so etwas Belehrendes an sich, das den Gedanken wenig Freiraum bietet und sie stattdessen einengt; ich persönlich kam nur mit den Ansätzen Theodor W. Adornos (weil er die Gesellschaft hinterfragte) und auch das nur teilweise zurecht.

Ich mag es einfach nicht, wenn mir jemand Meinungen vorzukauen versucht und ich möchte meine eigenen Eindrücke haben und verarbeiten. Genau das tut die deutsche Philosophie aber, so wie sich der gemeine Deutsche in aller Welt nur allzu gern als Oberlehrer und Nabel der Welt und Epizentrum der Bildung aufzuspielen versucht, der alles besser kann und alles besser weiß - und damit habe ich einfach ein großes Problem, weil es nicht meiner Erziehung, nicht meiner Art von Lebenshaltung und nicht meinem Verständnis von Toleranz entspricht. Ich finde, dass die deutsche Mentalität in der deutschsprachigen Philosophie durchschimmert und das auf eine so omnipräsente Weise, dass sie keinen Spaß macht.

Ähnlich ist es übrigens - soviel zum Thema katholische Theologie - mit der Liturgie der katholischen Kirche und deren Kanon. Das sind letztlich alles Philosophien anstatt Fakten - windelweiche Auslegungen von Überlieferungen, an die ich persönlich davon abgesehen nicht direkt glaube - und so etwas kann man durchaus auch als Philosophie ansehen. Von daher ist die Theologie aus meiner Sicht nichts Anderes als eine kirchen-/glaubensbegrenzte Form der Philosophie bzw. ist die klassische Philosophie eine weltliche Form der Theologie - wie man es eben sehen möchte.

Einen Richard David Precht, der durch Talkshows tingelt und gelegentlich ein paar mainstreamige Gedanken zum Besten gibt oder am laufenden Band Bücher veröffentlicht, nehme ich als Philosophen "unserer Zeit" persönlich nicht wirklich ernst; das ist für mich in erster Linie ein geschäftstüchtiger Autor unter vielen; er ist so einer, der durch Talkshows tingelt und mainstreamige Gedanken als hohe Philosophie verkauft, obwohl Hans Müller von um die Ecke auf ähnliche Gedanken kommt, wenn er beim dritten Bier in Friedas Kneipe hockt. Es war mir klar, dass er hier die Umfrage aus dem Stand heraus gewinnt, weil er sich gut verkaufen kann, ich halte aber nichts von ihm - da lieber Eckart von Hirschhausen, der zumindest sympathisch und gewitzt argumentiert und dem man gern zuhören kann, aber auch das ist im Grunde ein Entertainer.

Da sind mir Marcel Reich-Ranicki und Hellmuth Karasek deutlich lieber, Karaseks Bücher waren durchweg niveauvoller als Prechts Gedanken. Roger Willemsen war auch ein guter Mann, wenngleich kein Philosoph im eigentlichen Sinne, und sehr sympathisch.

https://www.youtube.com/watch?v=1GGrrAK3fW8

https://www.youtube.com/watch?v=T76SNBLqGyc

https://www.youtube.com/watch?v=mokCGf2j3VE

Bei Marcel Reich-Ranicki fasziniert mich auch ein Interview. Als er 90 wurde, wurde er nach seiner Zukunft befragt - und fragte zurück: "Welche meinen Sie?", wollte er vom Interviewer wissen. Eine Frage am Rande, aber sehr geistreich - er war so ein richtiger Intellektueller, ich verehre ihn immer noch sehr.

Viele internationale bzw. aus anderen geistigen Räumen stammende Philosophen von Sokrates über Erasmus von Rotterdam bis hin zu Khalil Gibran oder dem Franzosen André Comte-Sponville (gute Bücher!) haben wie die oft sehr weise altägyptische Dichtung, über die ich ein sehr schönes Reclam-Heft besitze, jedoch meinen Nerv getroffen - so wie auch Meister Eckhart mit seinen Predigten und Traktaten.

Ralf Dahrendorfs Werk finde ich ebenfalls sehr interessant, das Dahrendorfhäuschen hat mich beeindruckt und mein persönlichen Denken auch verändert - aber Dahrendorf war in dem Sinne auch kein Philosoph, sondern eher ein Soziologe.

Rakey269 
Fragesteller
 18.07.2022, 03:23

Dass Philosophen belehrend wirken und sich auf unsere Gesellschaft heute ausüben finde ich nicht. Wer denn? Welcher Philosoph

Natürlich gibt es diese, die so sind und welche die auch überhaupt keine richtige Philosophie ist, sondern eher gesellschaftskritisch, aber sich als "Philosophie" verkauft.

Ein Hegel oder Lacan ruft ja zu offener Meinung auf z.B.

Ähnlich ein Schopenhauer, der gar in gewisser Hinsicht buddhistische Ansichten hat ebenfalls nicht.

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rotesand  18.07.2022, 09:17
@Rakey269

Für mich sind das fast alle aus dem deutschen Sprachraum - das liegt aber auch an der deutschen Mentalität, die sich oft auf das Schulmeistern einschießt, andere Menschen eines Besseren zu belehren versucht und in der viele denken, ihre Meinung sei die einzig Berechtigte auf der Welt. Meist geschieht das auf subtile Weise und zwischen den Zeilen. Ich habe meine Gedanken dazu ja oben schon ausführlich erläutert - allerdings muss ich sagen, dass das meine subjektive Ansicht dazu ist, die keinesfalls maßgebend ist. Ich habe hier nur Stellung bezogen und meine Ansicht geäußert.

Wünsche dir eine schöne neue Woche - viele Grüße aus der Kaffeepause.

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Richard David Precht

Precht scheint aber eher jemand zu sein, der Philosophie erklärt (wie Slotherdijk). Daher hat er natürlich viel Fans. Die anderen sind sicher auch gut, aber ich kann dazu wenig sagen. Habermas habe ich nie so richtig verstanden. Heißt natürlich nix

Richard David Precht

Precht hat sehr gute allgemeinverständliche Philosophiebücher geschrieben.

Er nimmt auch Bezug zu angrenzenden Wissenschaften und aktuellen Fragestellungen.

In Bezug auf die gesellschaftliche Wirkung, viele Bürger zu erreichen und Philosophie nahezubringen, finde ich daher Precht daher am interessantesten.

Jemand, anderes und zwar:..

Michael Schmidt-Salomon

Ich finde sein Konzept des evolutionären Humanismus und den strikten Bezug auf die Naturwissenschaften hervorragend.

Precht mag ich eigentlich auch, aber er schwächelt in letzter Zeit etwas; vermutlich weil er auf zu vielen Hochzeiten tanzt und zu wenig in die Tiefe geht.

Jemand, anderes und zwar:..

Jordan B. Peterson

Eigentlich ein Psychologe, der aber folgerichtig immer wieder philosophiert. Zu erwähnen ist, dass ich seine persönlichen Ansichten - die übrigens nicht irgendwie radikal wären, was man jetzt vielleicht bedingt der Erwähnung vermuten würde - nur bedingt beziehungsweise teilweise teile, aber seine Art und Weise und auch seine professionelle Agitation (beruflich und unwertend gemeint) ist verblüffend.

Richard D. Precht ist in Ordnung, aber irgendwie unsympathisch. Judith Butler ist offenkundig verwirrt - insbesondere bei ihrer widersprüchlichen Palästina-Propaganda. Peter Sloterdijk ist interessant, aber seine wirtschaftswissenschaftlichen Ansichten sind mehr als inkorrekt.

Die Anderen sind mir gänzlich unbekannt.