Was dürfen Juden nicht und was müssen sie beachten (ohne Speisegebote)?

3 Antworten

Ich kann jetzt nur für Nordeuropa und die USA sprechen, weil ich mich da gut auskenne. Da ist die Antwort nein! Es gibt nichts zu beachten. Das sind alles freie und demokratische Rechtsstaaten. Jeder kann hier grundsätzlich tun und lassen, was er oder sie will. Jeder kann nach belieben essen und trinken. Es gibt hier keine Verbote außer das, was in diesen Ländern gesetzlich verboten ist.

Religionen sind reine Privatsache und eine Freizeitangelegenheit. Die Mitgliedschaft einer Religion ist juristisch nichts anderes als die Mitgliedschaft in einem eingetragenen Verein. Viele firmieren hier auch als eingetragene Vereine, z.B. Moscheevereine usw. Natürlich steht es jedem frei, auf bestimmte Nahrung zu verzichten, z.B. Schweinefleisch oder Alkohol, Meeresfrüchte usw. Das kann aber jeder für sich selbst entscheiden. Religionen sind rein privat und völlig ohne hoheitliche Gesetzgebungsgewalt. Verbote kann nur der Staat durch die Gesetzgebung im Sinne des demokratischen und parlamentarischen Gesetzgebungsprozesses aussprechen. Religionen dürfen und können keine Verbote aussprechen.

Jeder kann hier ausserdem seine Religion nach Belieben wechseln oder auch gar keiner Religion angehören. Es mag zwar Religionsvereine geben, die nicht jeden als Mitglied aufnehmen oder demütigende Prozeduren abverlangen, aber darauf kann man dann auch guten Gewissens verzichten.

Aurina 
Fragesteller
 05.02.2023, 20:14

Dann wird das in der USA und in Nordeuropa sehr locker gesehen und mit Religion hat das dann kaum mehr etwas zu tun.

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AriRosh  05.02.2023, 20:31
Das ist kompletter Unsinn bzgl Judentum.

Natürlich gelten die jüdischen Gesetze allen Juden weltweit, da nehmen die Amis ganz sicher keine Sonderstellung vor G-tt ein.

Und man kann nicht einfach ins Judentum einsteigen und bei Nichtgefallen wieder aussteigen. Jude bleibt man sein Leben lang. Ich wurde als Jude geboren, war aber rund 50 Jahre lang Agnostiker. Erst ab etwa 2000 ging ich den Weg zurück zu meinem chassidischen Wurzeln, nachdem meine Eltern starben.

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Kommt drauf an, welche Strömung.

Liberale meinen, die Torah und Gesetze wären von Mensch erfunden worden und darf jeder Zeit geändert werden. Die brauchen sich nur noch ein Kreuz in die Synagoge hängen und es sind Christen. Kaum noch Unterschiede.

Ich gehöre einer haredischen Bewegung an, was Viele mit Ultra-orthodox abwerten. Nein, wir sind auch "nur" orthodox, jedoch nehmen wir die meisten Gesetze wörtlich.

Wir haben 613 Basis Mitzwot (Ge- und Verbote) zu befolgen. Also grob geschätzt mindestens 20.000 Gesetze.

Z.B. was am Schabbat verboten ist basiert auf die 39 Arbeiten des Mischkan. Das obere Gebot dafür ist, den Schabbat zu heiligen. Die Mitte sind die 39 am Schabbat verbotene Arbeiten an der Stiftshütte. Und deren Unter- und UnterUnter- und UnterUnterUntergesetze sind schon in dem Punkt sehr vielfältig.

Auch ist zB das Tragen von Gegenständen, egal ob in Händen oder zB in Hosentaschen oder auf der Nase (Sonnenbrille am Schabbat verboten, Sehstärkenbrille oder Lesebrille dagegen erlaubt. Aber dann nur auf Nase, nicht in der Tasche), Haaren, etc..

Ich liebe diese Gesetze und je mehr ich lerne, um so mehr halte ich die Gesetze ein.

Aber was Juden in mehren Jahrzehnten in Jeschiwot lernen, kann ich dir hier natürlich nicht alles schreiben, zumal mir das auch niemand vergüten würde, zumal du ja auch kein Jude bist. Rabbiner die das in Torah- und Talmudschulen aufzählen und erklären, verdienen ihren Lebensunterhalt damit.

Aber wenn du bestimmte Fragen hast, will ich sie auf jeden Fall versuchen zu beantworten. "Versuchen" - ich bin ganz weit davon entfernt alles zu wissen.

In absehbarer Zeit beginne ich meine Fahrradtour durch Israel und plane dafür ein Jahr ein. Auf Tour ist es sehr viel umständlicher die Gesetze einzuhalten.

Da hatte ich einige Wochen lang das Problem, wie ich einen halachisch gültigen Eruv machen soll, damit u.a. meine Schabbesplatte funktioniert. Erst ein amerikanischer Rabbiner konnte mir weiter helfen, den mein deutscher und mein israelischer Rabbiner wussten keine Antwort darauf.

Aber wie schon vermerkt, ich halte die Gesetze sehr gerne, also, die meisten.

Zur Tour: Ich fahre täglich etwa 30km durch das bergige Israel. Morgens nach dem Aufstehen und Hände (Netilat Jadaim) waschen mein Morgengebet (Schacharit), was etwa 30 Minuten dauert. Erst danach esse ich. Nach zusammenräumen meiner Sachen fahre ich weiter. Eine Stunde vor Beginn der Nacht schlage ich mein Lager auf um dann 30min vor Sonnenuntergang mein Nachmittagsgebet (Mincha) und nach einer kurzen Pause das Abendgebet (Ma'aviv). So geht das jeden Werktag, ohne Ausnahme.

Ich fahre nur von Sonntags (Yiom Rischon = Tag 1) bis Donnerstags, denn am Freitag wirds etwas problematisch. Zuhause nicht kompliziert, da ist alles sehr einfach. Neben meinen Pflichtgebeten muss ich alles so herrichten, dass ich am Schabbat nicht in Versuchung gerate, etwas zu berühren, was am Schabbat Mukse ist, also verboten ist, anzufassen. Z.B. das Fahrrad ist Mukse, elektrische Sachen sind Mukse, und vieles mehr. Dann muss ich die Schabbesplatte anschmeißen, damit ich am Schabbat etwas Warmes zu essen habe. Und da es mitten in der Wüste keine Steckdosen gibt (außer in Dörfern), funktioniert meine Platte mit Öl-Kerzen. Eine Vorrichtung, die ich erst erfinden musste, denn sowas gabs nach meinen Recherchen bisher nicht.

Dann gehts daran etwas zu kochen, Fleischiges und Milchiges natürlich in verschiedenen Kochtöpfen, zusammen geht ja nicht. Und das alles auf nur einem Benzinkocher. Mein Leibgericht ist Tscholent mit Rind. Das ist bequemer zu machen, gibts schon in Dosen zu kaufen. Die muss ich nur kochen und danach auf die heiße Schabbesplatte stellen. Umständlicher wirds zB bei zB Frikadellen mit Kartoffelbrei und Sauerkraut.

Am Schabbat selber darf ich natürlich kein Handy, Taschenlampe und Laptop nutzen, was aber kein Problem ist. Hab aber ausreichend was zum Lesen in Druckform dann dabei. Oder ich schaue mir mit leeren Taschen meine Umgebung an. Langeweile hab ich am Schabbat nie.

An den hohen Feiertagen (Rosh haSchana + Jom Kippur), an Sukkot und Pessach muss ich meine Tour unterbrechen. Dann bin ich natürlich, wenn ich unterwegs nicht eingeladen bin, Zuhause in Haifa, denn die Feste kann man nicht alleine in der Wüste feiern. Und für den 39. Omer brauche ich einen Minjan für mein Kaddisch.

Ist alles ein wenig umständlicher, wenn man auf Tour ist, besonders wenn man haredischer Jude ist, aber nicht unmöglich,

Warum willst du wissen, welche Gesetze ein Jude einhalten muss?

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – אני יהודי ישראלי - Ich bin israelischer Jude.
Aurina 
Fragesteller
 05.02.2023, 22:12

Momentan habe ich keine Frage. Wie ich in Wikipedia las, entstand deine Form des Glaubens erst im 18 Jahrhundert, richtig?

Mich persönlich interessiert mehr der durchschnittliche gläubige jüdische Glaube.

Trotzdem danke für die Erklärung und viel Spaß bei der Radtour weiterhin 😊

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AriRosh  05.02.2023, 22:43
@Aurina

Durchschnitt gibts nicht.
Die Torah- und Talmudgesetze gelten fuer alle Juden ewig.

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AriRosh  05.02.2023, 22:50
@Aurina

Mit Radtour wollte ich nur zeigen, wie viel umstaendlicher es ist, die Gesetze dennoch einzuhalten. Da muss man das, was man normalerweise den ganzen Tag automatisch macht, nochmal ueberdenken, wie man das auf Tour umsetzen kann.

Atmet jemand, macht er es automatisch. Muss er tauchen lernen, bekommt das Atmen eine voellig neue Sichtweise.

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Aurina 
Fragesteller
 05.02.2023, 22:51
@AriRosh

Auch wenn man nicht gläubig ist?

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AriRosh  05.02.2023, 22:57
@Aurina

Ja, auch dann. Zu dem Zweck sind bestimmte Menschen Juden. Und die, welche sich nicht daran halten muessen, sind keine Juden.

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tanztrainer1  23.02.2023, 02:01

Tscholent mag ich auch sehr.

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du kannst einfach über jüdische Gebote, jüdische Feiertage, jüdische Speisegebote lesen und dann über das Christentum und dann die Unterschiede herausarbeiten.

Ich finde, dass es keine Ähnlichkeiten gibt, daher finde ich die Frage nach den Unterschieden eher müssig. Man soll jedes für sich betrachten.