Warum wird der Philosoph Max Scheler so wenig rezipiert?

3 Antworten

Weil er offensichtlich ein Schwurbler war, dessen Werk keine größere praktische und politische Relevanz hatte und der, anders als z. B. Kant, Marx, Nietzsche, Popper, Sartre auch der Philosophie keine bahnbrechenden neuen Impulse gab.

Wikipedia:

Scheler entwickelte seine Wertethik in Verbindung mit phänomenologischen Überzeugungen seiner Zeit. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert hatten einige Philosophen begonnen – mit Edmund Husserl als Ideengeber – sich wieder mit dem ‚Objektiven‘ und ‚Wesen‘ zu beschäftigen. Darin unterschieden sie sich deutlich von positivistischenskeptischen und wissenschaftsorientierten Philosophen des 19. Jahrhunderts – wie z. B. Ludwig FeuerbachKarl Marx und Ernst Mach. Diese hielten ‚Objektivität‘ und ‚Wesen‘ – in der Metaphysik als ‚Substanz‘ und ‚Sein’ thematisiert – für philosophische Fragen, die nicht, oder nur anders als üblich, zu beantworten seien. Husserl und andere Phänomenologen gingen davon aus, dass es möglich und nötig sei, überzeugende Antworten im Rahmen philosophischer Traditionen zu geben.
Ihre Idee ist‚ die „Sache selbst“ in ihrem „Wesensgehalt aufscheinen“ zu lassen und zwar durch „einfühlendes Schauen und Aufdecken“. Diese Möglichkeit wird von anderen Philosophen verneint.[13] Der phänomenologische Grundgedanke der „Wesensanschauung“, der unter dem Schlagwort „Zurück zu den Sachen“ bekannt wurde, zieht sich durch Schelers materiale Wertethik.[14]

Ich verstehe nur Bahnhof und hätte nur wenig Lust mich näher damit zu beschäftigen.


l3487171 
Beitragsersteller
 11.05.2025, 00:03

Den Wikipedia-Eintrag verstehe ich ehrlich gesagt auch nicht ganz. Scheler zeigt z.B. die Bedeutung von Emotion für die Erkenntnis von Werten auf. Er hat auf viele Denker des 20. Jahrhunderts gewirkt: Frankl, Foucault, Gadamer ...

Fun-Fact: Scheler würde deine Bezeichnung "Schwurbler" als Ressentiment erklären können (Projektion eigener Unzulänglichkeit auf andere)

Da stellen sich mir typische Fragen:

Werden seine Werke wirklich "so wenig rezipiert", wie du es vermutest?

Ist das so, dann: Sind seine phänomenologischen Thesen und Erkenntnisse schlecht differenzierbar, also einfach zu detailliert, wenig passend zitierbar, weil sein Denksystem zu umfassend, alles einbeziehend und doch zugleich zu vieles ausschließend ist? Was davon ist deutlich bis eindeutig philosophisch, ontologisch, biologisch, anthropologisch, psychologisch, soziologisch, politisch, idealistisch, materialistisch, rationalistisch, ethisch?

In meinen Unterlagen (Philo-Studium 1980er Jahre) - gerade nachgeschlagen - steht im Bereich wichtiger Ethikgrundlagen "Scheler, Max: Wertethik, vgl. Walter Schulz (z.B. Philosophie in der veränderten Welt 1972): Idealistisch metaphysische Fragen zum Wesen des Menschseins seien wegen materialistisch physischen und psychischen (vgl. stetig steigender Rang der Naturwissenschaften) Antworten philosophisch irrelevant geworden, nur noch geisteswissenschaftlich historisch interessant." Wie ist das heutzutage? Na ja.

Mich erinnert so etwas stets an etwas Ähnliches, nämlich an den ehemaligen Studierenden, der einst wegen persönlicher Probleme nicht promovieren konnte und im reifen Alter wie aus einem Minderwertigkeitsgefühl heraus - weil für ihn beruflich längst unnötig geworden - endlich seine eigene Dissertationsschrift zu seinem wissenschaftlichen Thema schreiben kann. Leider naht ihm aber ein einziges, größeres Problem: sein geliebtes Thema ist an (fast) keiner Uni mehr von Interesse; die wissenschaftlich aktuelle und die fortschrittliche Bedeutung fehlen. Wie findet er den Professor, der sich ihm erbarmt?


l3487171 
Beitragsersteller
 11.05.2025, 09:48

Es geht ja nicht darum, Scheler in den Himmel zu heben, es geht darum, seine Bedeutung für die philosophische Entwicklung des 20. Jahrhunderts herauszustellen. Dazu gehört ja auch die Überwindung naiver materialistischer Annahmen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – stud.phil.