Von Eltern ständig korrigiert. Findet ihr das Gerecht?
Frohen Ostersonntag euch allen,
ich habe ein Anliegen, was mich schon lange beschäftigt. Ich bin jetzt 20 und habe seit meiner Kindheit ein Stotterproblem, was dazu geführt hat, dass ich oft zum Logopäden musste. Mit der Pubertät hat sich dies gelegt.
Ich stottere allerdings immer noch in bestimmten Situation z.B. wenn ich aufgeregt, glücklich oder auch traurig bin. Dies geschieht unbewusst und meist merke ich diese Aussetzer nicht. Oftmals sind es nur bestimmte Laute wie das S oder W, die wiederholt ausgesprochen werden. Alles andere klappt perfekt und meine Symptome sind im Gegensatz zu vielen anderen Patienten noch extrem milde.
Nun ist es aber so, das meine Eltern, vorallem meine Mutter, ein großes Problem damit haben, wenn ich auch nur minimal anfange zu stottern, versuchen mich auf meine Fehler hinzuweisen. Aufgrund dessen hat mich meine Mutter mit 13 und 16 Jahren nochmal zu unterschiedlichen Logopäden geschickt, wo es allerdings wenig bis gar keine sprachlichen Probleme gab. Davor hatten mich meine Mutter und zum Teil leider auch mein Vater ständig bei Aussetzern korrigiert. Die zwei Logopäden haben damals auch meiner Mutter eingetrichtert, das das ständige Korrigieren bei Stottern zu unterlassen ist und meinem Selbstwertgefühl schadet.
Nun ist es fast 5 Jahre seit dem letzten Besuch her und meine Mutter korrigiert mich mit meist lauten Ton bei kleinen Aussetzern fast täglich. Sie äfft mich manchmal nach oder weigert sich, mir weiter zuzuhören, sobald ich angefangen habe, ein Wort zu wiederholen. Dies belastet mich besonders, wenn ich gerade glücklich oder aufgeregt bin und z.B. von meinem Tag erzählen will.
Durch das ständige Korrigieren und Nachäffen sinkt meine Laune komplett, da ich immer das Gefühl habe, dass sich meine Mutter für meine Dinge gar nicht interessiert, sondern nur auf meine Sprache achtet. Dieses Gefühl habe ich auch, wenn sie mich lobt, so flüssig gesprochen zu haben. Dies ist auch leider das einzige, was bei ihr rauskommt. Das kann ich in einer Gefühlsäußerung oder in tiefgründigen Gesprächen einfach nicht gebrauchen. Meine Vater ist oft genauso, wobei er zumindest das Nachäffen unterlässt. Dazu kommt, das meine Eltern nicht verstehen wollen, wie verletzend dies teilweise für mich ist und versuchen immer ihren Erziehungsstil zu rechtfertigen.
In meinem Freundeskreis und in meinem Berufsschulleben habe ich diese Probleme nicht, da mich die betroffenen Personen unabhängig davon akzeptieren. Meine Lehrer wissen von meinem Problem und heben meine Präsentationen oder Vorträge oft hervor, besonders wenn ich flüssig vorgetragen habe, was sich positiv auf meine schüchterne Persönlichkeit auswirkt.
Leider hat sich meine Selbstsicherheit durch das ständige Nachäffen und Korrigieren meiner Eltern ins Negative entwickelt. In der Schule oder bei meinen Freunden traue ich mich selten, größere Sätze zu reden oder überhaupt was zu sagen, da ich Angst habe, korrigiert oder nachgeäfft zu werden. Dies schadet meiner Psyche immens. Oftmals habe ich deswegen die Angewohnheit, mich vor meiner Klasse oder Freunden mich für mein Stottern zu entschuldigen, auch wenn ich meist nicht mal gestottert habe.
Findet ihr diesen Erziehungsstil von meinen Eltern angemessen und unterstützend? Würdet ihr es genauso machen, wenn ihr Kinder mit einem leichten Stottern hättet?
3 Antworten
Hey,
Was du beschreibst, klingt sehr belastend – und nein, dieser Umgang mit dir ist nicht gerecht und auch nicht unterstützend. Gerade wenn jemand ein sensibles Thema wie Stottern mit sich trägt, ist ein stabiles, wertschätzendes Umfeld extrem wichtig. Ständiges Korrigieren, Nachäffen oder gar das Gespräch abbrechen, weil ein Wort wiederholt wird, ist verletzend und untergräbt dein Selbstvertrauen – genau das, was eigentlich gestärkt werden müsste.
Dass deine Eltern dich schon als Kind ständig korrigiert haben und auch jetzt noch nicht aufhören können, zeigt, dass sie vermutlich ihre eigenen Unsicherheiten oder Erwartungen auf dich übertragen. Vielleicht meinen sie es gut im Sinne von „wir wollen, dass du dich klar ausdrücken kannst“, aber gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht. Vor allem, wenn sie dich auf deine Sprache reduzieren und das, was du zu sagen hast, dabei komplett in den Hintergrund rückt.
Ich würde nicht so reagieren als Elternteil. Wenn man ein Kind mit Stottern hat, sollte man Geduld zeigen, Sicherheit geben, Selbstvertrauen stärken und auf jeden Fall vermeiden, Druck auszuüben. Jedes Nachäffen oder Korrigieren verschärft die Unsicherheit und verschlimmert oft das eigentliche Problem. Etwas OT, aber irgendwie doch ähnlich: ich wurde als Kind gemobbt und immer nachgeäfft, auch wenn ich nicht gestottert habe, wurden meine Aussagen immer ins lächerliche gezogen. Wenn mich heute jemand nachmacht, wenn auch nur zum Spaß, werde ich entweder aggressiv, oder ich breche in Tränen aus. Sowas kann so schlimme Folgen haben...
Deine Eltern scheinen leider ziemlich unreflektiert zu sein. Umso stärker, was dennoch aus dir geworden ist.
LG
Es tut mir sehr leid für dich, wie deine Eltern - allen voran deine Mutter - mit deinem Problem umgehen. Nein, dass ist auf jeden Fall nicht in Ordnung und zeugt von einem schlechten sozialen Umgang seitens deiner Mutter.
Eines meiner Kinder hat bzw. hatte Sprachprobleme (sensorische Integrationsstörung). Er hat spät angefangen zu sprechen und hatte eine sehr unverständliche Aussprache bis er 5 war. Er war auch in logopädischer und ergotherapeutischer Behandlung. Und selbstverständlich haben wir Sprachübungen gemacht und ich habe ihn auch immer wieder verbessert und die Laute mit ihm wiederholt, wenn er sie falsch ausgesprochen hat. Aber ich würde im Leben nicht darauf kommen, mich darüber irgendwie lustig zu machen. Ich finde es grundsätzlich ganz schrecklich, wenn man sich darüber lustig macht, wenn irgendwer irgendetwas nicht richtig macht oder kann. Jeder Mensch auf der Welt hat irgendwelche Schwächen, also gibt es keinen Grund sich darüber lustig zu machen!
Ich weiß nicht, wie deine Eltern drauf sind. Hast du es mal mit einem offenen Gespräch versucht? Deiner Mutter sagen, dass dich ihr Verhalten verletzt? Oft ist den Menschen gar nicht bewusst, dass sie mit ihrem Verhalten solche Wunden erzeugen und versuchen nur, ihre eigene Unsicherheit zu überspielen. Gerade bei Kindern haben viele Eltern ziemliche Probleme mit Defiziten, weil sie es immer auch auf sich selbst beziehen - auf eigenes Versagen. Darum reagieren sie oft kontraproduktiv.
Dir kann ich nur empfehlen, dir ein besseres Selbstvertrauen an zu eignen. Das ist nicht leicht, aber möglich. Akzeptiere dein gelegentliches Stottern als Teil von dir. Wenn andere darüber lachen, dann ist das ein Zeichen IHRER Schwäche, nicht deiner. Wer darüber lacht, hat eine schlechte Sozialkompetenz und wenig Empathie - also ein weitaus größeres Problem als du. Vor allem ist dir deine Baustelle bewusst - was ein Vorteil ist. Die Menschen, die lachen, scheinen nicht zu sehen, was sie für Probleme haben. Meist lachen auch die Menschen, die selbst ein schlechtes Selbstwertgefühl haben. Denn wer mit sich selbst im Reinen ist, der hat es nicht nötig, über andere zu lachen. Also kannst du dir denken, dass diese Menschen mit sich selbst sehr viel mehr Probleme haben, als du mit dir. Wie gesagt, jeder hat Defizite - bei manchen sind sie offensichtlicher als bei anderen, aber jeder hat welche. Versuche darüber zu stehen und wenn jemand lach frag ihn, ob er sich jetzt besser fühlt, weil er jemanden zum auslachen gefunden hat. Das bringt die Menschen manchmal zum Nachdenken.
Du bist noch jung und in diesem Alter, in dem man ja gerade auch versucht die eigene Position in der Gesellschaft zu finden, ist die Verunsicherung ohnehin ungemein groß. Aber mit der Zeit wirst du es schaffen, dir ein dickeres Fell zuzulegen.
Was deine Eltern angeht, würde ich aber auf jeden Fall das Gespräch suchen. Vielleicht sogar zur Familienberatung gehen. Denn so ein Umgang miteinander kann langfristig zu weiteren Unstimmigkeiten führen.
Alles Gute für dich!
dreh den Spieß um, gib ihnen ihre eigene Medizin: jeder macht sprachliche Fehler, auch deine Eltern - wenn sie sprachliche Fehler machen, reite auf diesen rum udn korrigiere sie ohne auch nur irgend wie auf das einzugehen, was sie sagen. oder, wenn sie dich was Wichtiges fragen, dann lobe sie: das hast du jetzt aber ganz toll gesagt!, ohne je die Frage zu beantworten.
vielleicht kapieren sie dann, wie blöd und destruktiv das ist, was sie machen (empfehle ich als Logopäde)