Vater fährt bewusstlose Tochter in Klinik und wird geblitzt - nun ist der Führerschein weg, findet ihr das okay?

Das Ergebnis basiert auf 39 Abstimmungen

Ich finde dieses Urteil in Ordnung 64%
Ich finde dieses Urteil ist zu hart 36%

14 Antworten

Ob das Urteil zu"hart" ist kann ich nicht beurteilen, da ich den rechtlichen Rahmen nicht kenne.

Rein subjektiv und ausgehend von meinem Gerechtigkeitsempfinden, finde ich die Verhängung einer Geldbuße aber zumindest nicht ungerecht. Denn sicher ist nichts daran verwerflich seiner Tochter helfen zu wollen, allerdings bringt man mit solchen Aktionen andere Menschen in größte Gefahr, die ebenfalls verdient haben zu leben. Ein RTW wäre da eindeutig die sicherere Wahl gewesen und hätte vermutlich sogar schneller Hilfe bereitstellen können, da Rettungspersonal anwesend ist.

Die andere Sprache ist da tatsächlich unerheblich.

Der Vergleich mit der Vergewaltigung ist an dieser Stelle übrigens vollkommen fehl am Platz.

Ich finde dieses Urteil ist zu hart

Ich kenne die genauen Umstände des Einzelfalles nicht und bin auch kein Jurist sondern nur ein juristisch interessierter Laie. Ich muss jedoch sagen, wäre ich in diesem Fall der Richter gewesen, dann hätte ich ganz anders entschieden, zumal es ganz offensichtlich ja "nur" um eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ging und nicht um einen Rotlichtverstoß, wobei im Einzelfall selbst letzterer ebenfalls gerechtfertigt sein kann. Grundsätzlich muss man den Richter insoweit bestätigen, dass es in Deutschland einen funktionsfähigen Rettungsdienst gibt und dieser primär für medizinische Notfälle zuständig und allermeist natürlich auch besser geeignet ist als eine private Fahrt. Dennoch, sehe ich hier ein juristisch gerechtfertigtes Verhalten des Vaters. In solchen Fällen, kann man sich auf den "rechtfertigenden Notstand" nach §34 des Strafgesetzbuches (StGB) bzw. §16 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OwiG) berufen. Danach handelt nicht rechtswidrig, wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes geschütztes Rechtsgut eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das Beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

Dass sich die Tochter hier in einer medizinischen Notfallsituation befand und die Gefahr somit gegenwärtig gewesen ist, das ist unstrittig.

"Die Gefahr darf nicht anders abwendbar sein". Hieran, ist tatsächlich ein strenger Maßstab anzulegen, die Tat muss die einzig mögliche Rettungshandlung darstellen. Das ist wohl der Punkt, an dem es der Richter hier hat scheitern lassen, da die Gefahr durch das Rufen des Rettungsdienstes hätte abgewendet werden können. Auf der anderen Seite, darf man unter Berufung auf Notstand auch fremde Grundstücke betreten und auch eine Sachbeschädigung begehen, um einer Person in einer medizinischen Notlage erste Hilfe zu leisten. Hier müsste man dann genauso sagen, es gibt eine funktionierende Feuerwehr und einen funktionierenden Rettungsdienst, was jedoch nicht der Fall ist.

Die Rechtsgüterabwägung muss zugunsten des zu schützenden Rechtsgutes ausfallen und das beeinträchtigte Rechtsgut "wesentlich überwiegen". Es kann also zum Beispiel nicht Leben gegen Leben abgewogen werden, da beide Rechtsgüter gleichwertig sind. Straßenverkehrsvorschriften wurden grundsätzlich dazu erlassen, um Leben und Leib zu schützen, da bei abweichendem Verhalten die Gefahr von Unfällen gesteigert ist. In einem solchen Fall, dass sich zwei grundsätzlich gleichwertige Rechtsgüter gegenüberstehen, kommt jedoch der Gefahrengrad zum Tragen. Eine Straßenverkehrsvorschrift wurde zur Abwendung sogenannter "abstrakter Gefahren" erlassen, denn es ist nicht gesichert, dass es zu einem Unfall kommt, wenn hiervon abgewischen wird. Dagegen befand sich die Tochter in einer unmittelbaren (Lebens-)Gefahr, also in einer konkreten Gefahr, da gesichert ist, dass sie verstirbt oder einen gesundheitlichen Schaden erleidet, wenn sie nicht schnellstmöglich medizinische Hilfe erhält. Die Rechtfertigung versagt jedoch, wenn es zu einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer*innen kommt, da dann die Rechtsgüter der Allgemeinheit vorrangig sind. Es geht jedoch niergendswo hervor, dass es zu einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer*innen kam.

Zuletzt, muss die Tat noch ein "angemessenes Mittel" darstellen, um die Gefahr abzuwenden. Dies würde ich persönlich im vorliegenden Fall ebenfalls bejahen.

Wäre ich der Richter gewesen, so hätte ich den Vater dementsprechend in allen Punkten freigesprochen und ihn nur darauf hingewiesen, dass er das nächste Mal doch bitte einen Rettungswagen rufen soll.

Mfg

Ontario  17.08.2022, 15:42

Sehr gut argumentiert Strafmildernd könnte man evt. noch mangelnde Sprachkenntnisse des Vaters berücksichtigen, der sich bei einem Anruf nicht klar und verständlich ausdrücken kann.

Ich hatte im letzten Jahr einen Notfall in der Familie. Rief den Rettungsdienst an und wollte Hilfe. Mir wurde gesagt, man würde dazu eine Bescheinigung vom Arzt benötigen, sonst könnte man den Rettungswagen nicht schicken. Habe denke gesagt, ich übernehme die Kosten für die Fahrt. Doch das half nichts. Da interessierte es offenbar nicht, in welcher Lebenssituation sich ein Patient befindet, vorrangig war eine Arztbescheinigung.

Ich fuhr dann selber die betreffende Person nachts in die Notaufnahme der Klinik.

Ich hatte immer Geld für eine Spende an die Rettungseinrichtungen zur Verfügung.

Aufgrund dieser Erfahrung ist meine Spendenbereitschaft erloschen.

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Rollerfreake  17.08.2022, 16:36
@Ontario

"Mir wurde gesagt, man würde eine Bescheinigung vom Arzt benötigen, sonst könnte man den Rettungswagen nicht schicken". So einen Blödsinn habe ich noch nie gehört und das gibt es eigentlich auch nicht. Der Disponent ist dazu verpflichtet, einen Rettungswagen zu entsenden, wenn jemand den Notruf wählt und einen medizinischen Notfall schildert. Die "Verordnung einer Krankenbeförderung", auch "Transportschein" genannt, bekommt die Besatzung vom aufnehmenden Arzt ausgestellt. Die Besatzungen selber, nehmen keine Notrufe entgegen, sie bekommen die Einsätze von der Leitstelle zugewiesen.

Mfg

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Ich finde dieses Urteil in Ordnung

Für solche Fälle gibt es schlicht und ergreifend Rettungswagen. Da muss niemand ohne Sonderrechte wie eine besenkte Sau durch die Stadt heizen, zumal vermutlich unkonzentriert, weil mit den Gedanken in diesem Fall bei der Tochter. Es ist schon mit einem Blaulicht bewehrten Rettungswagen nicht immer ungefährlich, aber ein Zivilfahrzeug deutlich zu schnell, das hat ganz schnell ein anderes Fahrzeug erwischt oder einen Fußgänger über den Haufen gefahren. Und was das Strafmaß für die anderen Verbrecher angeht, das hat ja überhaupt nichts mit der erstgenannte Strafe zu tun. Spätestens wenn du, deine Frau oder Freundin oder dein Kind über den Haufen gefahren wird, bist du auch für eine entsprechend höhere Strafe.

Ontario  17.08.2022, 15:23

Dem kann ich absolut nicht zustimmen. Hatte im letzten Jahr einen Notfall in der Familie und wollte einen Rettungswagen rufen. Man sagte mir, dazu würde man vom Arzt eine Bescheinigung benötigen. Ohne diese Bescheinigung könne man keinen Rettungswagen vorbeischicken. Also warten, bis jemand stirbt, oder was ?

Also fuhr ich die betroffene Person selber in die Notaufnahme der Klinik. Hätte ich dabei wegen zu schnellen Fahrens eine Strafe bekommen, ich würde alle mir möglichen Instanzen bei den Gerichten anrufen.

Freilich ist ein zu schnelles Fahren unter solchen Umständen sehr gefährlich,. Doch wenn es um Leben oder Tod geht, würde mich das zu schnelle Fahren nicht interessieren.

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T3Fahrer  17.08.2022, 16:14
@Ontario

Bei einem Notfall kommt der Rettungswagen selbstverständlich - auch ohne ärztliche Bescheinigung. Da kann ich als Arzt nur sagen, dass ein Rettungswagen viel zu häufig und inadäquat mit einem Krankentransport verwechselt wird, da muss die Leitstelle beim Anruf natürlich die Sachlage abklopfen, sonst fehlt der Einsatzwagen am Ende bei einem tatsächlichen Notfall. Wie es nun bei Euch war, kann man nicht einschätzen, du schreibst ja nichts dazu. Wenn du der Meinung bist bei einem Notfall falsch behandelt worden zu sein, solltest du das vielleicht überlegen zu melden - dann bekommst du vielleicht wenigstens eine Erklärung, wie die Entscheidung zustande kam.

Ich bleibe bei meiner Aussage - für Notfallfahrten ist der Rettungsdienst zuständig.

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Prinzipiell finde ich das Urteil in Ordnung, denn es wird durchaus mal ab und ab gesagt, dass man in Notfällen den Rettungsdienst rufen soll und eben nicht mehr fahren soll. Gerade weil man abgelenkt ist, weil man unter Stress steht und weil man im Gegenzug zum Rettungsdienst keine Sonderrechte hat und der Rettungsdienst direkt handeln kann.

Ich verstehe dennoch auch, dass man in Situationen vielleicht mal anders reagiert und intuitiv anders handelt oder das man (gerade wenn man vielleicht nicht so gut deutsch spricht) vielleicht auch ein wenig Bammel vorm Anruf hat.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – alle Klassen bis auf D, ex LKW Fahrerin + Handgas in Ausbil.
Ich finde dieses Urteil in Ordnung

Ich empfinde das Urteil als Nachvollziehbar und begründet. Insbesondere halte ich es für zumutbar und auch primär angemessen einen Notarztwagen in einem solchen Falle zu rufen und bis zu dessen Eintreffen beim Kind zu bleiben. Aller Wahrscheinlichkeit nach hätte der Notarzt nicht länger zu der Familie gebraucht als der Vater auf seiner Raserfahrt ins Krankenhaus und dann wäre auch sofort medizinische Hilfe vor Ort gewesen.

Wenn der Mann mit einer DERMASSEN erhöhten Geschwindigkeit gefahren ist, dann ist er eine immense Bedrohung für andere Verkehrsteilnehmer. Ja, hier mag nichts passiert sein... doch wenn der mit 80-90 kmh durch eine geschlossene Ortschaft rast und da spielen 5 Kinder auf der Straße wäre ein Anhalten, selbst wenn er es WOLLEN würde nicht möglich.

Kurz gesagt... er hätte den Notruf wählen müssen, die Strafe ihrerseits ist angemessen.

Dein Kindervergewaltiger Zeugs hat damit nicht nur nichts zu tun, sondern ist auch von der Bezeichnung 'vergewaltigung' anscheinend vollkommen falsch. Die STrafe, die hierfür gegeben wurde befindet sich, zumindest nach dem ersten Lesen, im normalen Rahmen, diese zur Bewährung auszusetzen ist innerhalb des entsprechenden Rahmens zumindest möglich.

Marienkaffee  20.05.2022, 14:45

Sehe ich auch so. Er hätte einfach den Notarzt verständigen können und gut ist! Dafür gibt es diese Berufsgruppe!

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Ontario  17.08.2022, 15:32

Dazu mal folgendes ,was Geschwindigkeiten innerorts angeht. Vor einiger Zeit fuhr ich in der Nähe von Karlsruhe durch einen Ort. Vor mir fuhr ein Fahrzeug von der Regierung mit hoher Geschwindigkeit durch den Ort. Ich fuhr genau 50 kmh. Dieses Fahrzeug mit Regierungskennzeichen entfernte sich vor mir sehr schnell, was eben die hohe Geschwindigkeit ausmachte.

Das war kein Rettungsfahrzeug. Bei solchen Geschwindigkeiten hätte niemand eine Chance gehabt, wenn er so einem Auto vor den Kühler geraten wäre, oder ein Kind auf die Strasse gelaufen wäre. Jeglicher Bremsversuch wäre daneben gegangen.

Warum fährt da einer so schnell durch eine Ortschaft, wenn es kein Rettungsfahrzeug ist, sondern Politiker transportiert werden ? Verstehen kann ich da nicht, dann aber eher den Vater, der seine Tochter ins Krankenhaus fährt.

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