Sollte man die deutsche Hauptschule/Mittelschule abschaffen?
Aus Interesse am deutschen Schulsystem habe ich gestern einige YouTube-Videos dazu angesehen. Reportagen trifft es wahrscheinlich am besten.
Vor Allem zum Thema Hauptschule, da sie ja schon irgendwie verschrien ist.
Was ich da sah, hat mich ehrlich gesagt schon schockiert. Nicht die Schüler, die haben mich nicht schockiert. Sondern die Tatsache, dass die Jobsuche danach so schwer war und praktisch überall Leute mit Realschulabschluss (wenn kein Abiturient dabei war) bevorzugt wurden. Auch schockierte mich irgendwie, dass bei vielen die Eltern praktisch "irgendwie nicht da" waren.
Ich dachte nicht, dass es so schwer ist, in D einen Job mit einem Hauptschulabschluss zu finden. Ich dachte, man hat halt weniger Auswahl, aber dass man so einen Bewerbungskampf hat (oder haben kann), damit habe ich nicht gerechnet.
Wäre es besser, die Hauptschule/Mittelschule (k.a. wie die jetzt genau heißt) ganz abzuschaffen, da man die Absolventen ja eh nicht will?
Würden Hauptschüler mit ein wenig mehr Anstrengung auch die Realschule schaffen? (kann den Schwierigkeitsgrad deutscher Schultypen schlecht einschätzen)
Wäre es besser ohne Hauptschule oder würde sich die Situation verschlimmern? ZB dass dann auch der Realschulabschluss nichts mehr zählt und wirklich nur noch Abiturienten eingestellt werden?
Was denkt ihr über das Ganze?
13 Antworten
In Bayern etwa gibt es gar keine Hauptschule mehr.
Sie wurde im Herbst 2021 endgültig ersetzt durch eine sog. "Mittelschule", so dass man jetzt frühestens erst mit 15 (statt vorher mit 14) die Schule verlassen kann.
Dennoch wird dies nichts daran ändern, dass lernunwillige Schüler hinterher keine Lehrstelle bekommen.
Die Mittelschule bietet verschiedene Abschlüsse:
- Erfolgreicher Abschluss der Mittelschule: Dieser Abschluss wird an Schüler verliehen, die die Jahrgangsstufe 9 erfolgreich besucht haben.
- Erfolgreicher Abschluss der Mittelschule in der Praxisklasse bzw. in der Deutschklasse: Schüler, die mindestens im 9. Schulbesuchsjahr sind und die eine Praxisklasse oder eine Deutschklasse besuchen, haben die Möglichkeit, den erfolgreichen Abschluss der Mittelschule mit dem Bestehen einer Abschlussprüfung mit hoher Praxisorientierung zu erlangen.
- Qualifizierender Abschluss der Mittelschule: Der qualifizierende Abschluss der Mittelschule ist eine besondere Leistungsfeststellung, der sich Schüler in Jahrgangsstufe 9 zusätzlich und freiwillig unterziehen können. Schüler, die die Jahrgangsstufe 9 in einer Deutschklasse besuchen, können ebenfalls an der besonderen Leistungsfeststellung teilnehmen.
- Mittlerer Schulabschluss an der Mittelschule: Die Schüler können in der Jahrgangsstufe 10 des Mittlere-Reife-Zugs oder in Vorbereitungsklassen einen mittleren Schulabschluss erwerben. Er verleiht u. a. die Berechtigung, Berufliche Oberschulen, z. B. die Fachoberschule, zu besuchen - und ist damit gegenüber dem Wirtschafts- und Realschulabschluss gleichwertig.
- Qualifizierter beruflicher Bildungsabschluss: Der sogenannte „Quabi“ ist ein mittlerer Schulabschluss, den ehemalige Schüler der Mittelschule mit qualifizierendem Abschluss der Mittelschule und einem überdurchschnittlichen Berufsabschluss erhalten können. Er wird von der Mittelschule ausgestellt. Voraussetzungen sind ein Kammerzeugnis mit mind. Gesamtnote 3,0 und der Nachweis von mindestens ausreichenden Englischkenntnissen.
Richtig. Die ständige Umbenennung dessen, was man früher die "Volksschule" nannte, ist nur Etikettenschwindel.
Hallo DoctorInge,
zum Beispiel im Norden gibt es schon keine Haupt- / Realschule mehr, nur noch Gemeinschaftsschule & Gymnasium ab Klasse 5.
Gebracht hat es aber nichts, den ESA gibt es ja trotzdem noch und auch genügend, die „nur“ diesen machen.
Ich denke, eine Abschaffung von diesem wäre auch sinnlos, denn viele mit dem ESA wollen nicht mehr für die Schule machen, d.h., sie hätten wohl eher gar keinen Abschluss. Das zweite Problem, das ich sehe ist, dass es dann noch mehr Bewerber mit dem MSA geben würde und dann werden wieder Leute mit einem Abi bevorzugt, dann wird irgendwann also auch der MSA abgeschafft.
So eine Abschaffung funktioniert also über einen Zeitraum und dann ist das alte Problem wieder präsent.
Natürlich ist es mit dem ESA schwieriger, aber bei weitem nicht unmöglich, die wenigsten Absolventen wollen etwas anstrengendes machen, sonst hätten sie wahrscheinlich auch den MSA gemacht. Und im Büro wird eben eher der eingestellt, der theoretisch die bessere Bildung hat.
Es gibt an den meisten Orten genug Möglichkeiten, mit einem ESA eine gute Arbeit zu finden, aber die Suche ist erstmal mit Abstrichen und großem Zeitaufwand verbunden.
Wer mit dem ESA keine Arbeit findet, kann ja noch immer den MSA machen.
Bei uns im Stadtteil wurde die Hauptschule mangels Neuanmeldungen komplett geschlossen. In dem schönen grossen Gebäude ist jetzt eine Grundschule untergebracht. Hier geht jedes Kind auf die zwei Gymnasien, alles andere gilt hier schon fast als Sonderschule. So clever können die doch alle nicht auf einmal geworden sein. Manche können nicht mal richtig Deutsch sprechen, aber auf dem Gymi!
Ich bin ohnehin für eine dreizügige Sekundarschule für alle. Weg mit den ganzen anderen Schulen incl. der gymnasialen Mittelstufe. Auch Berufsfachschul-Inhalte könnte man da mit unterbringen. Das wäre deutlich gerechter und spart im Winter Heizkosten bei dem knappen Gas und Heizöl.
Es muss ja nicht für jedes Schulkind eine eigene Schulform und einen eigenen Schulbus geben.
Ich nehme mal an du hast die Doku "Auf euch wartet keiner geschaut"? Falls ja solltest du wissen, dass diese kurz nach einer Wirtschaftskrise gefilmt wurde
Hauptschüler finden Ausbildungen. Viele Betriebe beteln ja förmlich darum. Nur leider existiert nunmal Angebot und Nachfrage. Wenn viele Kosmetiker werden wollen und die Unternehmen auf eine Stelle 20 Bewerber haben, dann nehmen die nunmal die mit besseren Schulabschluss. Dann haben halt Hauptschüler Pech gehabt.
Die Hauptschule abzuschaffen, würde nichts bringen. Dann würde der Realschulabschluss halt entwertet werden.
Ne Lösung wären Gesamtschulen, wo mam bsp. In einen fortschrittlichen Mathekurs gehen kann, aber in deutsch eher auf der ersten stufe ist. So können die Schüler besser bewertet werden.
Gesamtschulen haben sich als die am wenigsten effektiven Schulen überhaupt erwiesen.
Man lese https://www.welt.de/print-welt/article586407/Gesamtschule-ist-noch-schlechter-als-ihr-Ruf.html
An der Gesamtschule werden begabtere Kinder unterfordert. An der Gesamtschule werden Leistungen nivelliert. An der Gesamtschule wird ungerecht, nämlich zu gut, benotet.
In vielen Bundesländern gibt es schon keine Hauptschulen mehr (bzw. Im Osten wurde erst gar keine eingeführt), aber das hat an der Situation der Schüler ohne qualifizierenden Abschluß bzw. mit Abschluß nach 9 Jahren (Hauptschulabschluß) nichts geändert. Allenfalls wurde das mittlere Bildungsniveau der Mittelschulen (Zusammenlegung von Haupt - & Realschulen) so weit gesenkt, dass der Druck das Abitur oder zumindest FH-Reife zu erlangen noch stärker wurde.
Das grundlegende Problem ist, dass wir keinen wirklich guten Ansatz haben um leistungsschwache, kognitiv eingeschränkte, kulturell bedingt bildungsferne, sprachlich eingeschränkte und/oder sozial schwache Schüler gezielt zu fördern.
Dazu kommt der steigende Inklusionsdruck, der Schulen zwingt auch stark kognitiv eingeschränkte Schüler zu integrieren, was dann in Gegenden mit hohem Migrantenanteil oder sozialen Brennpunkten zu noch mehr Problemen führt. Multikultiansätze sind dann natürlich auch nicht hilfreich.
Das, was die Mittelschule heute anbietet, hat die Hauptschule vor 10 bis 15 Jahren ebenfalls angeboten.