PTBS durch Polizeieinsatz?

KixShadow  10.01.2022, 20:28

Was zeigt er denn für Symptome? Und wie häufig treten diese auf?

Sommerkind46 
Beitragsersteller
 10.01.2022, 20:38

Albträume, Atemnot (wahrscheinlich im Rahmen einer Panikattacke?), Antriebslosigkeit, Schreckhaftigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, fühlt sich krank und schlapp, kein Appetit

DocPsychopath  10.01.2022, 20:41

Könnte durchaus sein. Was für ein "Vorfall" war das denn?

Sommerkind46 
Beitragsersteller
 10.01.2022, 20:44

Das weiß ich nicht. Kann ich ihn das fragen, oder wäre das nicht so gut ?

Sirius66  10.01.2022, 21:03

Natürlich. Du darfst mir ihm reden. Nur weitertratschen darfst du es nicht.

Sommerkind46 
Beitragsersteller
 10.01.2022, 21:29

Es ist momentan leider nicht so einfach mit ihm zu reden. Er macht total dicht und zieht sich zurück.

8 Antworten

Der Mann ist nicht aus Papier gebaut. Er fällt nicht um, wenn du ihn was fragst. Falls er traumatisiert ist, beschäftigt er sich sowieso ständig gedanklich mit dem Ereignis.

Zu dem Hintergrund, warum ich frage. Der Begriff "Traumatisch" wird oft missbraucht. Es gibt nämlich einen wichtigen Unterschied in einem Ereignis, je nachdem ob man es als Handelnder oder Behandelter, Täter oder Opfer erlebt.

Das Ergebnis des einen ist Schuld, das des anderen Hilflosigkeit.

Die Menschen tendieren dazu, die Rollen an einem Geschehen durch eine politische Standpunktbrille zuzuordnen. Was meine ich damit?

Beispiel: im Weltkrieg hat ein deutscher Soldat sagen wir mal einen jüdischen Zivilisten getötet.

Ist er nun Täter oder Opfer?

Du würdest wahrscheinlich sagen: Täter natürlich! Denn die Juden waren ja Opfer, die Deutschen Täter. Jedenfalls denkst du das, wenn du links oder jedenfalls nicht rechtsaussen bist.

Was wäre aber, wenn ein Jude einen deutschen Soldaten getötet hätte?

Wäre das, was der Mann dann erlebt, Täter oder Opfer?

Jetzt wird es schwierig, ja? Jetzt überlegst du: Die Juden waren ja Opfer. Andererseits kann der, der getötet hat, doch nicht das Opfer sein?

Und in der Tat ist das persönliche psychische Erleben nicht durch die politisch-moralische Beurteilung gegeben. Wer einen anderen getötet hat, hat Probleme, die mit dem Gefühl "Schuld" verknüpft sind, nicht mit Hilflosigkeit.

Ein grundlegende Problem bei der Behandlung von Polizisten oder Soldaten ist, dass das Ereignis politisch beurteilt wird. Weil der Soldat oder Polizist ja "für die richtige Seite" gehandelt hat, wird er als Opfer behandelt (PTBS). Wenn er also z.B. einen anderen Menschen verprügelt, misshandelt oder getötet hat, sehen ihn Kollegen und Angehörige als Opfer. Aus politischer Beurteilung der Partei, der er angehört (Gruppe Polizei = gut, Gruppe Straftäter = böse).

Wenn er aber Täter in der Handlung war, hat er nicht die Gefühlslagen, für die die PTBS-Behandlung entwickelt wurde. Und die Behandlung geht an seinen psychischen Bedürfnissen vollkommen vorbei.

Dass er das in der Regel aber auch will und daher nicht beklagt, steht dann wieder auf einem anderen Blatt.

Obwohl die Polizei als Staatsmacht meistens in der überlegenen Position ist, kann es aber natürlich auch sein, dass er in dem spezifischen Ereignis in eine Lage von Schwäche und Hilflosigkeit gekommen ist. Wird ein Polizist als Geisel genommen, erlebt er sicher nicht Macht, Überlegenheit und Schuld, gleich ob die Polizei als Gruppe gesellschaftlich stark ist.

Und deswegen muss man das Ereignis kennen. Ist klar?

Es kann, muss aber nicht mit der Arbeit zu tun haben.

Wenn es Einsätze oder Vorfälle gibt, die das Potential haben, die Beteiligten aus dem Gleichgewicht zu bringen, muss der Dienstabteilungsleiter den medizinischen Dienst informieren, der dann Psychologen bereit stellt. Es gibt auch 24-Stunden-Notdienste.

In der Regel sind diese psychologischen Einheiten freiwillig, aber z.B. nach Gebrauch der Schusswaffe auch Pflicht.

Aber auch die Aufnahme eines Verkehrunfalles, eine häusliche Gewalt oder schlicht und einfach der pöbelnde Bürger kann das verursachen.

Vielleicht hat er auch einen Fehler gemacht.

Vielleicht hat es auch gar nichts mit der Arbeit zu tun.

Und vielleicht kannst du herausfinden, wo es solche beratenden Stellen für deinen Freund gibt und ihm zureden, ihn unterstützen, dort mal hinzugehen.

Wenn es nicht sowieso schon vom Vorgesetzten angeleiert wurde.

Gruß S.

Wende Dich bitte umgehend an den nächsten Vorgesetzten Deines Verlobten. Als Laie würde ich sagen er braucht dringend Hilfe.

Manche Kollegen neigen dazu belastende Erlebnisse mit sich selber auszumachen. Oder wollen rs als angebliche Schwäche nicht zugeben.

Ein sehr kritischer Zustand. Schleppe ihn zum Arzt oder schalte den Vorgesetzten ein, am besten beides parallel.

Und ich wünsche gute Genesung.


Sommerkind46 
Beitragsersteller
 10.01.2022, 21:26

Kann ich einfach so seinen Vorgesetzten informieren ? Bekommt er da keine Probleme ?

superseegers  10.01.2022, 21:59
@Sommerkind46

Denke zuerst an Deinen Verlobten, um dessen Gesundheit geht es. Er scheint ein ernsthaftes Problem zu haben. (Wenn er sich im Dienst nichts anmerken lässt aber zu Hause völlig daneben ist kann man ihm von dort keine Hilfe anbieten, wozu Vorgesetzte und der Dienstherr aber verpflichtet sind. Kein Vorgesetzter wird daraus ein Problem machen.)

Gibt es denn einen Kollegen/Kollegin dem/der er besonders vertraut? Vielleicht sprichst Du erst mit ihm/ihr?

Sirius66  10.01.2022, 22:28
@Sommerkind46

Über seinen Kopf hinweg??? NIEMALS! Tu das nicht!

Kündige es ihm an, wenn er nicht selbst aktiv wird. Aber nicht hintenrum!

Es sei denn, er soll völlig verlioen gehen ....

Er ist Polizist, kann so etwas durch belastende Einsätze ausgelöst werden ? 

Ja klar kann das sein.

Hier ein paar Infos dazu:

Akute Belastungsstörung / -reaktion ( ab 2 bis 28 tage)

kurzer Zeitraum mit intrusiven Erinnerungen, der innerhalb von 4 Wochen auftritt, nachdem ein Mensch Zeuge oder Betroffener eines überwältigenden traumatischen Erlebnisses wurde.

Symptome:

  • Betäubung
  • Desorientierung 
  • panische Angst sowie Unruhe und Überaktivität 
  • Gedächtnislücken
  • Herunterspielen oder Verschweigen

Posttraumatische Belastungsstörung

Die fünf Hauptkriterien der PTBS

1 Erlebnis eines Traumas

2 Intrusive Erinnerungen (= unwillkürliche und belastende Erinnerungen an das Trauma)

  • Ungewollt wiederkehrend

3Vermeidungsverhalten, emotionale Taubheit

  • Bewusstes Vermeiden von Gedanken und Gefühlen, an Trauma 

4 anhaltende physiologische Übererregung

  • Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Aggressivität, Schreckhaftigkeit, Wachsamkeit

5 Diese Symptome treten länger als 1 Monat auf

Selbstverständlich kann es da Zusammenhänge geben.

Vielleicht war er selbst oder ein Kollege bedroht/in Lebensgefahr.

Ich hoffe er lässt sich behandeln bzw. spricht mit jemandem darüber.