Muss man sich als Gast über 3 Wochen völlig anpassen und ewig dankbar sein?
Ich wurde eingeladen eine ältere Dame in ihr Ferienhaus zu begleiten.
Ich habe die Dame nur auf Bitte der Tochter kennengelernt. Sie wollte, dass ich mit ihr spazieren gehe, damit sie mehr Bewegung hat. Nach unserem zweiten kurzen Treffen hat sie mich gebeten, sie in ihr Haus am Comersee zu begleiten, weil die eigentliche Begleitperson abgesagt hatte.
Das Haus war höchst luxuriös. Trotzdem konnte ich den Aufenthalt nicht wirklich genießen. Ich kam mir vor wie in jungen Jahren, als ich Au Pair in England war.
Ich musste mich ihrem Lebensstil voll anpassen. Ich bin Frühaufsteher und sie stand erst gegen 10h und später auf. Sie ernährt sich ganz streng nach einer Diät, keine Kohlenhydrate, kein Fleisch, kein Alkohol nur immer Gemüse das ich wegen meines gelähmten Darms gar nicht vertragen kann. Täglich ein kurzer Spaziergang auf der Promenade, ansonsten den ganzen Nachmittag am hauseigenen Pool. Wenig bis gar keine Gespräche. Der Fernseher wurde während der Nachrichten auf lautlos gestellt.
Das Haus war vom Ort weit entfernt und es war mir nicht möglich, bzw. Ich habe es nicht gewagt, alleine auf Erkundigungstour zu gehen. Sie war gefahren, ich kam mir ohne eigenes Auto total eingeengt vor. Ich hätte so gerne die Orte im Umkreis erkundet.
Wir sind völlig unterschiedliche Menschen. Sie wollte nichts aus meinem Leben erfahren. Eigentlich wollte sie überhaupt keine Gespräche. Wenn ich nicht redete, weil mir das Schweigen unangenehm war, war es still und es kam sogar ihre Bemerkung, dass ich zuviel rede. Nachdem sie mich gar nicht kannte und auch nichts von mir hören wollte und ich mich voll angepasst habe, merkte ich am Ende, dass sie mich für ein bedürftiges Dummchen einschätzte, die froh sein musste einen kostenlosen Urlaub bekommen zu haben.
Nach unserer Rückkehr habe ich sie und ihre Tochter zu mir eingeladen. Sie war erstaunt über meine vielen Bücher und Teppiche. Ich merkte, dass ihr das fast peinlich war, weil ich nicht das mittellos Dummchen war, für das sie mich gehalten hat.
Mir sind gute Gespräche über ernsthafte Themen sehr wichtig. Mit ihr habe ich nur small talk gemacht, was mich sehr angestrengt hat und mir zuwider war.
Soll ich den Kontakt einschlafen lassen?
Hättest du ihr Auto nutzen können ?
Ich glaube nicht.
11 Antworten
Ich wäre nach drei Tagen abgereist! Wieso hast du dir das so lange bieten lassen? Du bist GAST gewesen, keine Hausdame der Gnädigsten. Und das hätte ich ihr auch deutlich gesagt und ihr mal die Möglichkeiten aufgezeigt.
Und ich hätte den Teufel getan und die auch noch eingeladen.
Allerdings beginnst du wohl bereits dabei, in ihre Fußstapfen zu treten.
Wenn du meinst, dich mit Büchern und Teppichen beweisen zu müssen - und scheinbar alle ärmeren Menschen bereits für "Dummchen" hältst, dann bist du auf keinen Weg, der mich im Mindesten beeindrucken würde... Auch wenn ich selbst keinen einzigen Teppich und auch nicht sonderlich viele Bücher habe.
So sehr ich gute Gespräche auch selbst schätze.
Aber warum? Du musst niemandem etwas beweisen. Und einer solchen Frau, zu der du nie wirklich einen Bezug hattest oder haben wirst, schon gar nicht.
Ich glaube dir gern, dass dich das verletzt hat. Umse mehr frage ich nicht, sarum du das wochenlang erduldet und dir gefallen lassen hast. Bei solchen Menschen muss man klar Kante zeigen. Und zwar von Anfang an.
Du bist aber kein Kind mehr. Sondern offenbar eine reife, erwachsene Frau. Es wird höchste Zeit zu lernen, dich zu behaupten. Und zwar nicht, indem du deine Besitztümer vergleichst mit denen anderer, sondern einfach dadurch, dass du dir klar machst, was du willst - und lernst, dieses auch unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen.
Du hast recht. Es geht mir nicht um die Besitztümer sonder meine Einrichtung und die Einrichtung der Gastgeberin sind genauso unterschiedlich wie unsere Weltanschaung, Sprache, Benehmen, Bildung.
Sie hat Gartenzwerge -mein Mann hat unsere Möbel selber entworfen, das Holz hat ein von ihm Beauftragter Schreiner mit einem LKW aus dem Himalaya in unseren damaligen asiatischen Wohnort gebracht. Die Möbel wurden mit viel eigen Engagement ohne Strom gefertigt. Das ganze drum herum sind mit viel Liebe im Detail gesammelte Einzelstücke. In den vielen Auslandsjahren hatte ich viel Zeit zu lesen, hatte interessante, internationale Gesprächspartner, habe mich weitergebildet. Es ist für mich sehr kränkend, wenn ich mich wegen völliger Unwichtigkeiten massregeln lassen muss. Auf einer Sektflasche, die wir von einem Gast geschenkt bekamen, war eine "Bauchbinde" mit einem Gewinnangebot von Euro 500. Ich sagte um das ständige Schweigen zu unterbrechen, "oh, wir können Euro 500 gewinnen!" Sie darauf, ja so blöd bist Du, dass Du das glaubst, dass gerade Du gewinnst.
Ich habe nichts darauf gesagt, aber das war der Anfang von mehreren solcher Bemerkungen, mit denen sie mich als dümmliches Wesen hingestellt hat. Wenn ich angefangen hätte mich zur Wehr zu setzen hätte ich mich schrecklich aufgeregt, ich hätte sie sehr klein gemacht, wie hätte ich die letzten Tage und die Heimfahrt dann noch überstehen können.
Aber jetzt möchte ich eigentlich keinen Kontakt mehr. Sie positioniert sich weit über mich. Nachdem ich mich nicht auseinandersetzen bleibt sie bei ihrer Meinung, ich bin ihr haushoch unterlegen.
Solche Leute braucht man in seinem Leben nicht. Du tust gut daran, den Kontakt einzustellen.
Selbstgebaute Möbel find ich toll - auch wenn mein Bett und meine Couch nur aus Euro-Paletten bestehen. ich hab es überdies mit alten Sachen. Die meisten meiner Dinge sind älter als ich - und ich bin auch längst keine 20 mehr. Als Autor können mir viele dieser Dinge Geschichten erzählen. Wenn ich wollte, müsste ich nur ein Mal durch mein Zimmer gehen, mir etwas heruasgreifen - und könnte eine Gescichte dazu schreiben. So habe ich mitten im Zimmer einen "Telegrafenmasten" mit alten Isolatoren, aus dem ein geschnitzter Grünspecht, der Gisbert heißt, einen Gummiwurm zieht.
Mit bunter Pappe aus dem Mögelhaus kann ich nichts anfangen. Das mag "modern" sein, aber es hat keine Qualität - und vor allem keine Seele.
Das Menschen mich verachten, zieht sich durch mein ganzes Leben. Aber mit denen muss ich ja meine Zeit nicht verschwenden, solange es auch welche gibt, die sich über meine Anwesenheit freuen und das zu schätzen wissen, wofür ich stehe.
Du scheinst mir ein interessanter Mensch zu sein. Du kannst zuhören und bildestvDir eine Meinung.
Dein Satz, dass es Menschen gibt, die sich freuen, wenn sie Dich sehen, erinnert mich an den Song von Harald Junke, "I did it my way!"
Offensichtlich bist Du ein Individualist, das war mein Mann auch und ich bin es durch ihn geworden. Als solcher hat man es schwer mit "Otto Normalverbraucher", die sich immer dem neuesten Trend anpassen. Wenn solche Leute, in der Annahme, dass sie den besseren Geschmack haben als unsereins, die jede einzelne Reise aufzählen etc. sich dann über Dich stellen, sollte man - wie Du auch vorschlägt, die Unterschiede zur Sprache bringen. Ohne Wertung aber als Grund, dass man nicht zueinander passt.
Vielen Dank - das Kompliment gebe ich gern zurück.
Man muss manchmal nicht mal die Unterschiede herausstellen. Bei leider nicht wenigen Menschen genügt es, wenn man ihnen einfach den Rücken kehrt und geht. Denn manche können - und wollen es auch gar nicht verstehen. Und wenn man sich noch so sehr "erklärt", weil es einem selber wichtig ist, dass man "versteht" - und man unterstellt oft zu Unrecht, dass es dem Gegenüber auch so geht.
Authentizität ist das Letzte, was einem - außer Humor natürlich - noch bleibt. Und darum bemühe ich mich. Bzw. was heißt bemühen - ich bin einfach zu faul und habe auch die Energie gar nicht, wegen anderer Leute irgendwelche Fassaden aufzubauen, hinter denen ich mich "verstecken" kann, weil sie den Leuten was anderes vorspiegeln, als ich bin...
Solche Leute mit "mein Haus, meine Reise, mein Pferd, meine Frau, meine Affäre..." kenn ich - und eigentliuch sind sie gefangen in ihrem Hamsterrad, der sie zwingt, da immer auf dem beneidenswertesten Stand zu bleiben. Ich weiß, wer ich bin - ich weiß, was ich "wert" bin in dieser Gesellschaft - ich weiß, dass ich eigentlich falsch hier bin. Aber - was solls. Es ist, wie es ist.
Lass die Alte mit ihren Reisen rumprollen - wenn sie spaß dran hat... Wenn sie ins Leere laufen, ärgert das die Betreffenden oft am meisten. Nix ist schlimmer, als sich zu mühen, das andere einen beneiden - und dann juckt es diejenigen gar nicht. :D
Ich merke, wir sind uns sehr ähnlich. Aber als Individualist hat man es schwer. Ich habe viele Jahre im Ausland hauptsächlich unter Engländern gelebt. Sie sind auch Individualisten. Wenn sie sich mit einer Jacke oder einem Auto wohlfühlen, tragen, bzw. fahren sie es solange bis es nicht mehr geht. Eine kleine Delle im Auto lässt sie keine schlaflose Nacht haben.
Immer wenn ich mich über das Verhalten lieber Mitmenschen aufgeregt habe, hat mein Mann gesagt, "du bist anders, steh dazu!"
Ich bin jetzt eingeladen und muss mich auf den Weg machen.
Sehr interessant die Konversation mit Dir.
Einen schönen Abend.
Ja, die Engländer kultivieren ihre Macken. Da kann selbst ich noch was lernen. :D Naja und ihr Humor ist ohnehin unübertrefflich in Farbe und Textur. :D
Es ist schön, dass du offenbar einen Partner gefunden hast, der das nicht nur akzeptiert, sondern schätzt, wie du bist. Im Gegensatz zu dir bin ich aus meinen Stadtgrenzen kaum jemals hinausgekommen... Es sei denn, es gibt einen alten Zug, der mich mitnimmt und eine Zeitreise erleben lässt... Und am schönsten ist es, wenn man dann nicht nur passiver Passagier ist, sondern Teil des Budenzaubers ist. Oder ist Magie doch treffender?
Dann hab einen schönen Abend mit der Verabredung. Und erneut - vielen Dank auch zu dir.
ja so ist das als eingeladener Besucher ....
du musst dir vorher im Klaren sein über die Mentalität des Einladenden !
"einschlafen" lassen ?
nein sich zurück nehmen....und sich daraf einstellen dh nicht die eigene Person - sich selbst - vergessen !
vieleicht die Verschiednheit einmal ansprechen !
So ist das halt wenn 2 unterschiedliche Charaktere zusammen wohnen. Mit persönlich wäre das so sogar recht gewesen. Jeder kann sein Ding machen. Das du zu ängstlich warst alleine was zu unternehmen, dafür kann sie ja nichts. Du hättest dir einen Leihwagen nehmen können. Die Sache mit dem Essen muss man dann halt trennen. Du wolltest offensichtlich Harmonie auf allen Ebenen, aber du warst nur als Begleiterin geplant.
Ich habe mich einfach untergeordnet, angepasst. Die Tochter hatte mich gebeten die Mutter zu begleiten, die Fahrt und der Aufenthalt in dem höchst luxuriösen Haus waren kostenlos, da wagte ich es nicht Ansprüche zu stellen. Ich kam mir schon irgendwie als Almosenempfängerin vor. Vielleicht habe ich mich einfach falsch verhalten.
Danke, für Deine Gedanken.
Frag doch die Tochter welche Rückmeldung sie wegen dir bekommen hat? Was erwartet die Dame von dir? Wirst du als eine Art Bedienstete angesehen lass sie sausen. Für alles andere mach klar das du ein eigener Mensch bist mit eigenen Lebensstil. Entweder ihr findet einen Kompromiss oder solche Aktionen fallen in Zukunft flach. Heißt ja nicht automatisch Kontaktabbruch.
Ja, Du hast genau den Punkt getroffen. Alleine hätte die Tochter, der das Haus gehört, die Mutter nicht fahren lassen. Ich war als Begleitung notwendig, wie eine Art Pflegerin. Weil aber damit eine Luxusunterkunft geboten wird, muss ich einfach nur dankbar sein und bin gezwungen mich anzupassen.
Ich habe nicht gedacht, dass dies so sehr auf die Stimmung drückt.
Ich kam mir wirklich wie eine Bedienstete vor, der man ein Almosen zukommen lässt. Vielleicht war es nicht so gemeint, aber ich bin mir extrem klein vorgekommen.
Ob du den Kontakt abbrechen willst, mußt du ganz alleine selbst entscheiden. Wir kennen weder dich noch die Dame und können eigentlich nichts oder nur wenig dazu sagen.
Aber: Ich frage mich, ob diese Frage die Fortsetzung deiner vorangegangenen Fragen ist, die eher erdacht zu sein scheinen? Niemand lernt nur merkwürdige Menschen kennen! Oder dreht es sich bei dieser Dame immer noch um dieselbe Märchenfigur, die du in deinen anderen Fragen beschrieben hast, nur mit etwas abgeänderten Eigenschaften?
Es sind keine Märchen von denen ich berichte. Ich werde von meinen Freundinnen allgemein als zu gutmütig, als Mutter Theresa bezeichnet und alle sagen immer zu mir, " auf deiner Stirn steht, nütze mich aus!
Menschen, die Schwierigkeiten haben Freunde zu finden, werden von mir freundlich aufgenommen. Sie verändern sich meistens positiv und ihre angenehme Seite tritt in den Vordergrund. Nach einiger Zeit wird Ihnen die Nähe zuviel und sie trennen sich von mir auf eine ganz üble Weise.
Ich hatte eine schwierige, extrem ehrgeizige Mutter, der ich mich anpassen (unterordnen) musste, nur so war sie erträglich. Durch sie bin ich so geworden. Ich habe 18 Jahre in Asien gelebt. Mein Mann war dort beruflich stationiert. Dort musste man sich auch anpassen. Erstens aus Geschäftsinteresse und zweitens in Pakistan sprechen die Frauen meiner Generation fast kein Englisch. Männer und Frauen sind gesellschaftlich immer getrennt. Ich sass den Frauen zwei Stunden gegenüber und nur Mut Lächeln und ein paar Worten hat man sich den ganzen Abend "unterhalten!" Das ist eine Kunst. Man muss sich total zurücknehmen und voll auf sie eingehen. Diskussionen gibt es keine.
Das lässt Dich mich vielleicht besser verstehen. Wäre schön.
Ich habe fast 20 Jahre in Asien gelebt, daher die Teppiche. Es verletzt mich, wenn ich für ein "ärmlichen Dummchen" angesehen werde, das ich nicht bin. Nur weil ich mich nicht zur Wehr setze. Ja, ich gebe zu, ich wollte ihr zeigen, dass sie mich falsch eingeschätzt hat.