Muss ein Imbiss-Inhaber eigentlich jede Portion Pommes einzeln erfassen, oder reicht das aus wenn er Abends einfach die gesamten Einnahmen zählt!?

9 Antworten

Grundsätzlich gilt eine Einzelaufzeichnungspflicht, 146 AO, die allerdings durch 146 (1) 2 aufgeweicht ist für Betriebe, die kein elektronisches Kassensystem benutzen und Barverkäufe in großer Vielzahl an unbekannte Personen tätigen. Klassischer Imbiss mit offener Ladenkasse.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Diplom-Finanzwirt, Betriebsprüfer seit >20J.

Ein gewerblicher Imbiss muss wie jeder angemeldete Betrieb generell alles über die Kasse laufen lassen, allerdings gibt es immer "Schwund" im geringen Bereich - wenn er z.B. mal für ein paar Tage beim Firmenjubiläum usw. ein Sonderangebot macht und zwei Portionen zum Preis von einer verkauft oder einem Kind mal eine Portion Pommes schenkt oder sich selber eine Schale Pommes zubereitet. Da macht niemand Ärger - auffällig wird es nur, wenn die Zahlen nicht stimmen können und ersichtlich ist, dass da was nicht in Ordnung ist.

Ein Freund von mir hatte selbst jahrelang als "e.K." (eingetragener Kaufmann) einen gut gehenden Imbiss mit Aufenthaltsraum, er war ebenso steuerpflichtig und musste schon vor 15-20 Jahren alles über die Kasse laufen lassen, Ausnahmen oben geschildert.

Es gibt immer noch alte Landgasthöfe, wo es keine Quittungen gibt und man nur einen Zettel mit der Summe bekommt, wo nichts richtig verbucht wird und meist ein sehr alter Wirt dahinter steckt, in so einem Laden war ich erst letztes Jahr - da gelten meist Gnadenfristen oder man lässt Gnade vor Recht walten, weil man weiß, dass das im geringen Bereich abgeht und der Wirt nicht mehr ewig vor sich hin köchelt - habe ich auch schon erlebt. Wenn der Wirt dann noch den Stammtisch beherbergt, zu dem der Dorfbewohner, der "beim Finanzamt schafft" auch kommt, ist es sowieso geschehen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

kegus  05.06.2025, 18:09

Hier ist ein bisschen viel anekdotische Evidenz dabei.

Ein e. K. muss natürlich die GoBD erfüllen, weil er nach dem HGB buchführungspflichtig ist. Ein nicht eingetragener Imbiss-Besitzer muss nach dem HGB keine Bücher führen, allenfalls nach 141 AO, wenn er eine bestimmte Größe erreicht.

Mit per Sonderangebot geringerem Preis verkaufte Waren sind genauso aufzuzeichnen wie reguläre Verkäufe, haben halt einen anderen Preis. Dies würde dann bei einer Nachkalkulation entsprechend berücksichtigt.

Von der Aufzeichnungspflicht nicht erfasst sein können natürlich Waren, die der Inhaber nicht verkauft. Die Anteile, die er selbst verbraucht, werden in der Gastro üblicherweise durch Pauschalen erfasst.

Und nicht jeder Wirt, der keine ordentliche Rechnung schreibt, verkürzt Einnahmen, wobei der Schluss zugegebenermaßen nahe liegt. Hingegen verkürzen selbst Betriebe mit elektronischem Kassensystem und viel Fremdpersonal und dies zum Teil nicht unerheblich.

Gnade vor Recht - das dürfte selten vorkommen, wenn man die Verkürzung schon einmal nachweisen kann. Sehr oft ist dies aber genau das Problem. Jemand (ein Betriebsprüfer) muss sich den Fall anschauen und sehr aufwendige Ermittlungsarbeit leisten. Wie überall Personalproblem.

Der Dorfbewohner, der beim FA schafft, wird nun nicht notwendigerweise derjenige sein, der den Betrieb zu prüfen hat. Schon allein wegen der Besorgnis der Befangenheit.

Will nicht sagen, dass alles supi ist, aber Deine Einlassungen möchte ich so nicht stehen lassen.

rotesand  06.06.2025, 10:46
@kegus

Ich danke dir!

Nun muss ich sagen - ich sehe mich hier als eine Art "Stimme des Ländlichen Raums" an, man kann dazu unter gewissen Umständen auch Dunkeldeutschland sagen. Da läuft es tatsächlich noch wie hier beschrieben ab, was "Gnade vor Recht" angeht und Betriebsprüfungen, die dort nicht stattfinden oder Ermittlungen, die verschleppt werden oder versanden, weil jemand die Unterlagen "verliert". Man soll es als nicht glauben. Der typische Finanzbeamte oder Betriebsprüfer - in meiner Heimat gab es auch einen solchen - ist zudem in den Dorfvereinen oft Kassenprüfer oder Schatzmeister, das hängt alles zusammen und man braucht ja "die Wirtschaft" zum Treffen und für die Vereinsarbeit, da wird niemand auch nur eine Silbe sagen, wenn der 78-jährige Wirt der Dorfschänke keine richtige Kasse hat und nur per Bierdeckel kassiert.

Ansonsten kann ich deinen Ausführungen zustimmen.

Wenn der Betrieb über eine Registrierkasse verfügt, dann

  • muss diese Kasse mit einem TSE-Modul ausgestattet sein, welches nachträgliche Manipulationen erkennbar macht, und
  • muss jede Einnahme über die Kasse laufen,
  • für jeden Kunden ein Bon ausgedruckt werden

Soweit noch verständlich - als Steuerzahler haben wir ja alle ein Interesse daran, dass auch die anderen ihre Steuer ordnungsgemäß zahlen.

Dass auch der kleine Einzelunternehmer mit seinem Imbisswagen noch hundert Seiten Dokumentation zu seinem Kassensystem schreiben und dem Betriebsprüfer vorlegen muss sehe ich dagegen als typisches Beispiel für überbordende Bürokratie.

https://www.fuer-gruender.de/wissen/unternehmen-fuehren/buchhaltung/kasse/gobd/

Woher ich das weiß:Recherche

Der Mensch verkauft Pommes vermutlich nicht einzeln, sondern als Portionen.

Wenn er eine elektronische Kasse hat, dann muss jede verkaufte Portion erfasst sein. Hat er keine elektronische Kasse, dann muss er lediglich die vereinnahmten und verausgabten Beträge täglich aufzeichnen.