Mathe Studium: Bin total frustriert, bin ich fürs Studium nicht geeignet?

6 Antworten

Was du beschreibst, ist normal. Das ist der Weg, auf dem du richtig gut werden kannst. Und der Frust wird abnehmen. Du besorgst dir gerade die Muckis für die richtig guten Theorien.

Diese dämlichen Klausuren sind überhaupt nicht aussagekräftig, sondern die Verkrümmung des Studiums aufgrund der jedem Fach aufgezwungenen Bachelor/Master-Struktur, die überhaupt nicht zum Mathematik-Studium passt. Was soll denn schon in einer Klausur in vorgegebener Zeit verlangt werden? Natürlich nur Routinekram, den man zwar begriffen haben muss (was sicherlich bereits nicht wenig ist!), aber dem aufgrund der Klausur-Situation notwendigerweise gerade das Entscheidende fehlt: das Finden einer neuen Idee, das Finden eines Tricks. Und danach sollen dann Mathematiker benotet werden? Das ist, als wenn man einen Kunstmaler danach beurteilt, ob er kunstgerecht eine Wand streichen kann.

Genau das ist bei den wöchentlichen Übungen anders, und deswegen sind sie viel "härter" - nicht alle, aber irgendwelche so gut wie jedesmal. Der Kampf um genau die macht dich zum echten Mathematiker, auch wenn du ihn nur in Teilen gewinnst. Es wäre aber schon gut, du würdest nach eigenem Bemühen die Lösung verstehen, um auch zu sehen, wie weit du von ihr weg warst und was in ihr der entscheidende Kniff ist, auf den du nicht gekommen bist. Ähnliches gilt auch für alle Beweise: Das mühsame Einsehen jedes einzelnen Beweisschritts ist unverzichtbar, aber Verstehen setzt erst ein, wenn man hinterher auf die Frage eine Antwort hat: "Was war die entscheidende Stelle? Wo ist es passiert?"

Kein Wunder, dass du die Klausuren im ersten Angang geschafft hast, wenn du so studierst, wie du es beschreibst. Lass dich möglichst davon nicht abbringen.

DerRoll  11.04.2020, 21:47

Na ja, die Klausuren sind nicht erst mit dem Bachelor/Master eingeschleppt worden. Die gab es schon zu meiner Zeit vor 30 Jahren. Der einzige Unterschied war, dass nicht nach jedem Semester abgeprüft wurde, sondern jeweils im Block. Das hieß Analysis I und II 2x2h an einem Tag und dann Analyis III 2h am nächsten, ebenso LA I und II in 2x2h. Dazu Numerik oder Stochastik je 2h, beim Nebenfach hing es von den Regularien des Fachbereichs ab. Ich habe mich für Informatik entschieden (genauer habe ich sogar mit Informatik angefangen), da war es eine Blockklausur über Info I-III, ich weiß nicht mehr wieviel Zeit man da hatte.

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Vorab: Das ist normal und du schlägst dich nicht schlechter als die meisten anderen Studenten.

Vielleicht hilft es, ein bisschen zu verstehen, was Aufgaben auf Übungsblättern von Klausuraufgaben unterscheidet: Die Übungsblätter sollen den Stoff der Vorlesung vertiefen, sollen dir zu verstehen geben, was bestimmte Sätze und Zusammenhänge aus der Vorlesung wirklich bedeuten und bringen. Die Übungsblätter sind quasi die zweite Stütze der Veranstaltung, die Vorlesung ist das "was", die Übungsblätter sind das "wie".

Oft haben Aufgaben auf Übungsblättern einen Trick. Es ist selten so, dass ein Satz aus der Vorlesung 1-zu-1 angewendet werden kann, oft folgen die zentralen Punkte aus den Aussagen eines Satzes bezogen auf die jeweilige Aufgabe. Es muss aber auch nicht immer sein, dass ein Satz angewendet werden muss, teilweise dienen die Übungsblätter auch zur Übung des Formalismus - das sind genau die Aufgaben, die intuitiv total klar sind, bei denen man sich aber schwer tut, sie formal zu beweisen.

Du sollst dir an einem Übungsblatt stundenlang die Zähne ausbeißen. Das heißt aber nicht, dass es zur Lösung führt, sich stundenlang mit den Aufgaben auseinanderzusetzen, denn manchmal kommt man einfach nicht drauf und das ist völlig okay. Du hast während den Stunden, die du für das Übungsblatt aufgewendet hast, aber implizit viel mehr gelernt als du im Nachhinein denkst. Es geht um Fertigkeiten, Verständnis, Herangehensweisen - dadurch, dass du

  • versucht hast, dir Aussagen logisch und dann formal zu erschließen,
  • dir verschiedene Ansätze ausgedacht und sie dann ausprobiert hast,
  • gesehen hast, was nicht funktioniert,
  • gemerkt hast, was intuitiv stimmig scheint, aber falsch ist
  • und noch vieles mehr, was nebenbei passiert

hast du gelernt. Der Lerneffekt soll nicht sein, dass du weißt, wie man die konkrete Aufgabe löst (aber das sollst du im Nachhinein natürlich auch wissen). Das ist nicht der Punkt. Es ist wichtig zu verstehen, dass es bei Übungsblättern einfach nicht darum geht, die Aufgaben gelöst zu haben.

Klausuraufgaben sind auf der anderen Seite explizit keine Aufgaben, bei denen es vorrangig darum geht, Fertigkeiten zu lernen. Klausuraufgaben sollen prüfen, ob du die Fertigkeiten erlernt hast. Es ist normal, für ein Übungsblatt mal 10, 15 Stunden zu brauchen. Die Klausur dauert aber nicht so lange, obwohl es dort nicht unbedingt weniger Aufgaben als auf einem Übungsblatt geben wird. Aber in der Klausur kannst du im besten Fall anwenden, was du durch die Übungsblätter gelernt hast. Aufgaben gehen schneller, weil du den Kontext schon verstanden hast. Bei Übungsblättern ist es sicher auch oft so, dass man vor einer Aufgabe sitzt und nicht wirklich herauslesen kann, was wirklich gefragt ist. Das Verstehen ist auch eine wichtige Fertigkeit, die du durch die Übungsblätter erlernst.

Das war jetzt viel Gelaber - das Credo: Übungsblätter haben einen anderen Anspruch als Klausuraufgaben. Bei Übungsblättern kommt es vor, dass du Themen einfach noch nicht verstanden hast und deswegen eine Aufgabe nicht lösen kannst. Das sollte in der Klausur nicht vorkommen. Übungsblätter sind zum Erlernen da, die Klausur zum Abprüfen. Und anwenden dauert ja meistens doch nicht so lange wie etwas zu lernen.

Es ist auch normal, dass du viele Aufgaben erst wirklich lösen kannst, wenn du dir die Musterlösung anschaust oder über Google auf die Lösung stößt. Das ist völlig normal, aber führt oft zu Ärger und Frust, weil man selbst einfach nicht drauf kommt. Am Ende des Tages ist wirklich nur eins wichtig: Dass du die selbe Aufgabe nachher ohne Hilfe lösen könntest - aber nicht, weil du den Lösungsweg auswendig gelernt, sondern verstanden hast.

Deshalb ist es auch so wichtig, Lösung selbst auf- und nicht abzuschreiben. Wenn du an einer Aufgabe bist und dir die Musterlösung anschaust, verstehe den Beweis und die Herangehensweise. Dann pack die Musterlösung weg und schreib die Lösung selbst auf. Dabei wird dir auch oft auffallen, dass du die Musterlösung doch nicht ganz verstanden hast. Dann schau sie nochmal an und pack sie danach wieder weg.

Auch ein oft sehr hilfreicher Tipp: Frage dich nach jeder Zeile, die du in deiner Lösung aufschreibst "warum?" und versuche, es wirklich in Grund und Boden zu argumentieren und mit Teilen der Vorlesung zu belegen, warum etwas so ist wie es ist oder so folgt wie du sagst. Du musst in dem Moment nicht jeden Schritt haarklein aufschreiben, aber du müsstest es theoretisch können (übrigens auch ein guter Tipp, um Beweise auf Richtigkeit zu prüfen). Wenn nicht, hast du die Lösung nicht komplett verstanden. So "einfach" ist es.

Und es ist doch auch schon mal eine wunderbare Leistung, alle Prüfungen im ersten Semester im Erstversuch bestanden zu haben. Da bist du - gerade bei Mathe - in der Minderheit. Der Großteil fällt halt einfach durch. Und das kommt sicher auch davon, dass du dir für die Übungsblätter Zeit nimmst, auch wenn du oft nicht selbst auf die Lösung kommst (nochmal: das ist normal). Behalte das bei, sonst wirst du gnadenlos durchfallen. Der Frust ist verständlicherweise hoch, aber allein die Tatsache, dass du dich 12 Stunden an eine Aufgabe setzt - auch wenn du sie nicht lösen kannst -, zeigt, dass du eine hohe Frustrationstoleranz hast und genau das brauchst du.

LG und alles Gute.

Ich habe in meinen ersten drei Semestern praktisch bei jedem Übungsblatt Hilfe benötigt um es vollständig zu bearbeiten. Aber ich habe auch immer, wenn ich die Lösung abgeschrieben habe, darauf geachtet dass ich sie hinterher selbst erklären konnte. Und das war letztlich das entscheidende, um die Prüfungen zu bestehen.

Übungsblätter und Klausuren haben letztlich einen unterschiedlichen Anspruch. Übungsblätter dienen dazu, den Stoff zu vertiefen. Klausuren prüfen ab, ob du den gelernten Stoff hinreichend gut umsetzen kannst. Ich empfand die Übungsblätter als deutlich schwerer als die letztendlichen Klausuraufgaben.

Laß dich nicht entmutigen. Du hast die erste große Hürde geschafft, da wirst du doch nicht vor der zweiten einknicken, oder? Analysis II ist wirklich wirklich schwer. Aber danach sollte es dann wieder ein wenig einfacher werden.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Dipl.Math.

Dieser Frust ist nervig, aber leider normal im Mathe-Studium. Vielleicht machst du dir selbst zu viel Druck. Es muss ja nicht so sein, dass du jede Aufgabe verstehst. Ich habe nach wie vor Schwierigkeiten mit Übungsblättern. In den ersten Semestern, als die Abgabe der Übungsblätter noch fast überall Klausurzulassungsbedingung war, hatte ich fast nie deutlich mehr Punkte als nötig. Ich habe die Klausurzulassung also oft nur ganz knapp erhalten. Die Klausuren selbst waren aber dann dennoch oft im Einserbereich. Insofern ist der Erfolg auf den Übungsblättern auch nur bedingt aussagekräftig.

Viele Studenten machen vielleicht auch den Fehler, dass sie zu viel Irrelevantes lernen. Wenn beispielsweise von Anfang an klar ist, dass die Beweise in der Prüfung keine Rolle spielen, dann ist es in der Regel auch nicht effizient, diese zu lernen. Lange Beweise auswendig zu lernen hat meiner Ansicht nach kaum einen Vorteil und man verbraucht damit übertrieben viel Zeit. Wenn du seit 12 Stunden an einer Aufgabe sitzt und nicht weiter kommst, dann würde ich dir empfehlen, diese Aufgabe einfach zu ignorieren. Wahrscheinlich hast du schon einige Ansätze ausprobiert und erkannt, dass diese nicht funktionieren. Dadurch hast du schon etwas Wichtiges gelernt! Wenn du gar nicht weiterkommst und die Aufgabe auch nicht übertrieben wichtig ist, dann nehme einfach davon Abstand.

Eventuell kann man manche Übungsblätter im Team abgeben und du hast davon noch nicht Gebrauch gemacht? Im Team abzugeben kann die eigene Arbeitsbelastung enorm senken.

Übrigens: Manchmal schleichen sich auch Fehler in Aufgaben ein, sodass diese unter Umständen gar nicht mehr lösbar sind.

Lord6655 
Fragesteller
 11.04.2020, 20:51

ja. Im ersten Semester hatte ich Problem mit meinen Abgabe Partner in Ana gehabt. Daraufhin hatte ich viel zu wenige Punkte für die Zulassung hatte es aber alleine noch hingekriegt sehr mühsam. Aber sonst geben wir bei jedem Fach zu 2 ab und wir teilen die Aufgaben auf. Im welcher Semester bist du gerade?

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MitFrage  11.04.2020, 20:54
@Lord6655

Ich bin im 7. Semester. Mittlerweile gibt es bei mir kaum noch Module, bei denen Übungspunkte zur Klausurzulassung nötig sind. Dann lässt es sich auch etwas entspannter studieren.

Ich hatte zwischenzeitlich auch schon mehrfach die Idee, das Studium abzubrechen.

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Willy1729  11.04.2020, 20:56

Immerhin hat er das erste Semester überlebt. Das ist schon was.

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Willibergi  11.04.2020, 22:10
Übrigens: Manchmal schleichen sich auch Fehler in Aufgaben ein, sodass diese unter Umständen gar nicht mehr lösbar sind.

Der Regelfall, wenn eine Student meint, eine Aufgabe enthielte eine Fehler, ist aber, dass die Aufgabe keinen Fehler enthält ;-)

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Ich glaube fast, dass das beinahe jeder Student sich während einem Naturwissenschaftlichen Studium irgendwann mal fragt warum tut man sich das eigentlich an.

Ich persönlich studiere Elektrotechnik und die ersten 2 Semester waren wirklich schwer. Vor allem der Umstieg vom lernen in der Schule zur Universität hat mir da schwer zu schaffen gemacht. Zuerst dachte ich immer, ok es gibt 6 Aufgaben pro Woche und die 6 Aufgaben mache ich auch an einem Tag. Das hätte mich dann fast den ersten Antritt gekostet. Irgendwann bin ich dann einfach draufgekommen, dass sitzen vor den Aufgaben so gut wie gar nichts bringt, bei mir hats geholfen die entsprechenden Stellen im Skriptum zu öffnen und zu fragen was habe ich zur Verfügung und was weiß ich und dann hatte ich einen Ansatz den ich verfolgt habe und eventuell hat er gefruchtet oder eben nicht. Das ganze ist gerade zu Beginn einfach furchtbar, weil es in der Schule eben oft einen eindeutigen weg gab der auch so im Skriptum besprochen wurde, aber es wird in diesen Studien Wert drauf gelegt, dass du dir den Weg erarbeitest.

Nachdem ich mich daran gewohnt hatte gings dann eigentlich recht schön und wirkliche Frustmomente gabs dann hald bisher noch bei 2 Fächern, aber vor diesen beiden Fächern hatte jeder Student den ich kenne Respekt.

Ich würde mal behaupten, die Eignung zu solchen Studien ist nicht, dass du alles sofort verstehst und du das einfach rechnen kannst, die Eignung ist viel eher dein Durchhaltevermögen und ob du bereit bist das durch zu stehen auch wenns schwer und oftmals auch frustrierend sein kann.