Ist Latein auf Lehramt schaffbar?

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Guten Abend liebe Community, momentan überlege ich Latein auf Lehramt zu studieren, weil mir das Fach sehr viel Spaß macht, mich interessiert und ich es auch gerne weitergeben möchte. Ich werde allerdings durch die ganzen Horrorberichte über das Studium ziemlich eingeschüchtert, dass über 50% der Studenten in den ersten Wochen abbrechen, dass man pro Woche über 40 Seiten Text übersetzen muss und so weiter. Aber es gibt ja tatsächlich noch Lateinlehrer und an unserer Schule ehrlich gesagt auch ein paar ziemlich inkompetente. Anscheinend muss es ja möglich sein, dass Studium zu schaffen. Ist das auch möglich, wenn man keinen Leistungskurs hatte bzw. kein Super-Genie ist? Ich wäre über Erfahrungen oder Meinungen sehr dankbar :-)


Um ein Studium mit Erfolg zu schaffen, bedarf es fast immer der Orientierung an den berühmten drei "E's" eines erfolgreichen Studiums: Einsamkeit, Enthaltsamkeit, Eifer!

Nun gut. Aber die "Alten Römer" kannten schon als Lebensweisheit: ne quid nimis! (Für Nichtlateiner: Nichts zu sehr = Alles mit Maß!) Da wären wir auch schon beim Stichwort: Weil es für Lehramtskandidaten noch Pädagogik und ein anderes Lehrfach zu studieren gilt, schafft kaum ein Student wirklich die Bewältigung von 40 Teubnerseiten Text in der Woche, sondern allenfalls eine Seite pro Tag - und auch das schafft kaum ein "normaler" Student in Konsequenz. Ich empfehle, nach Interesse vorzugehen und in Auswahl zu übersetzen. Kein Mensch könnte in den wenigen Studienjahren den kompletten Cicero übersetzen. Folgende Autoren sollte man aber berücksichtigen: Cicero, Seneca; Sallust, Livius, Tacitus; Ovid, Vergil, Horaz. Wer will, mag sich an Augustinus oder einem anderen christlichen Autor versuchen. Ich mochte immer schon die "weniger geläufigen Autoren", die sog. nichtklassischen. Das Mittelalter und Humanisten wie Erasmus von Rotterdam haben auch interessante Werke hinterlassen. Und gerade die Humanisten konnten Latein!

Was man aber auf keinen Fall vernachlässigen darf, ist die Vokabelarbeit und natürlich das Studium der Grammatik. Vokabelarbeit ist deswegen wichtig, weil in den Klausuren kein Wörterbuch zur Verfügung steht. Die Arbeit mit der Grammatik ist selbstverständlich, aber absolut machbar. Zumeist wird die Lerngrammatik von Rubenbauer-Hofmann empfohlen - wie auch von mir. ;-)

Es gibt natürlich eine besondere Schwierigkeit: im Studium übersetzt man nicht nur vom Lateinischen ins Deutsche, sondern auch umgekehrt! Das hat anfangs so seine Tücken, aber man gewöhnt sich daran. Ob ein Kochrezept oder eine Buchrezension - die hatte ich in der Prüfung -, man kann schließlich alles ins Lateinische übersetzen. Das kann auch Spaß machen, wenn man Lateinfan ist!

Also: "Horrorberichte" sind völlig übertrieben und stammen wohl von solchen "Studenten", die gedacht haben, sie könnten Latein so nebenbei und nachlässig studieren. Das geht allerdings nicht. Wer es dennoch mit Ach und Krach durchhält, wird danach wohl zu den "paar ziemlich inkompetente(n)" Lehrern gehören, denen ihre Arbeit keine Freude macht.

Lass‘ dich von Mundpropaganda nicht abschrecken. Latein ist ein ideales Studium für die Allgemeinbildung, weil man zahlreiche Denkanstöße erhält, die auch für die Gegenwart wichtig sind, Einblicke in Philosophie, Geschichte, Literatur von europäischer Bedeutung, in eine antike Kultur, die unsere Wurzeln darstellt. Wenn du dich an das Hin- und Herübersetzen gewöhnt hast, wirst du spätestens in der Schule feststellen, dass dein Kollege, der Deutschlehrer, die deutsche Grammatik weniger beherrscht als du. Auch sind die Zeiten vorbei, als Lateinlehrer noch seltsam erschienen. Und selbst damals hatten sie Humor. Hier eine Probe aus dem berühmten Satiremagazin Simplicissimus: http://www.holbein-gymnasium.de/lehrer-ehemalig.htm

Viel Spaß!

MfG

Arnold



Am Anfang sind viele Leute in allen möglichen Studiengängen erstmal geschockt, weil das Lernen so ganz anders ist und das Lernpensum sehr hoch und die Anforderungen völlig neu. Gerade in anspruchsvollen Fächern ist da die Abbrecherquote hoch. Wenn du Latein studieren willst, solltest du Durchhaltevermögen und Frustrationstoleranz mitbringen. Du kannst ein großartiger Lateinlehrer werden, auch wenn die Noten in den ersten Semestern weit entfernt vom Einserbereich liegen. Am besten schließt du dich gleich mit anderen zu Lerngruppen zusammen, da kann man sich gegenseitig unterstützen und der Frust verteilt sich auf mehrere Schultern. Und wenn du schon gewappnet hingehst, dann wird es vielleicht gar nicht so schlimm und du findest ganz schnell in den Unialltag rein.

dass über 50% der Studenten in den ersten Wochen abbrechen

So was ist nicht ungewöhnlich, das ist in praktisch jedem Studium so. Die Abbrecher- und Durchfallquote liegt in vielen Studiengängen bei 50%, teilweise sogar noch höher. Lass dich aber davon nicht einschüchtern, denn das heißt ja nicht, dass du dazugehören wirst. 

dass man pro Woche über 40 Seiten Text übersetzen muss und so weiter

Auch hier: Lass dich nicht einschüchtern. Das Pensum ist hoch, aber darn wirst du dich gewöhnen.  

Wenn du Latein fließend lesen lernst (was du irgendwann wirst), sind 40 Seiten nicht mehr so schlimm. ;) 

Anscheinend muss es ja möglich sein, dass Studium zu schaffen. 

Natürlich ist es möglich. Jedes Studium ist zu schaffen, wenn man motiviert ist und sich anstrengt. Die Mehrheit derer, die abbrechen oder durchfallen, hat sich nicht für das Studium interessiert oder einfach eingesehen, dass sie besser was anderes studieren sollen. 

Ich drücke dir die Daumen fürs Studium! ^_^ 

Mach dir keinen Kopf, wenn der Einstieg etwas holprig wird. Mit ein bisschen Willenskraft gewöhnst du dich sehr schnell daran und wenn es wirklich das richtige ist für dich, wirst du an deinem Studium bestimmt auch viel Spaß haben. :) 

Hallo,

das Lateinstudium ist absolut schaffbar. Es ist aber mit Arbeit verbunden und man sollte Vokabeln lernen und möglichst viel übersetzen, da man nur durch Übersetzungstraining besser wird; hilft ja nicht viel, nur Wörter aneinanderzureihen. Durch Übersetzen entwickelt man ein Gefühl für die Sprache.

Die inkompetenten Lehrer sind in ihrem Fach ja nicht inkompetent, sondern eher in dem was sie tun - dem Unterrichten und Stoff näherbringen.

Wenn dir Latein Spaß macht (Wow, dass das mal jemand hat :O ) dann kannst du es auf Lehrramt studieren, ich kenne einen, der fand das Studium sehr fordernd, aber machbar, wenn man genug Engagement seit.

Christianwarweg  28.08.2015, 09:05

Das stimmt nicht. Es gibt in jedem Fach auch fachinkompetente Lehrer, weil man auch mit 4 noch das Staatsexamen schaffen kann (oder mittlerweile den M. Ed.). Es ist zwar richtig, dass Schüler das nicht immer bewerten können, aber als ehemaliger Lehrer kann ich bestätigen, dass manche Lehrer nicht nur nicht Lehren können, sondern eben auch das Fachliche erhebliche Mängel aufweist.

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