Können Buddhistische Mönche wirklich Lebenslang in Enthaltsamkeit Leben Ist das nicht anstrengend?

9 Antworten

Nun ja, daß es nicht alle können, haben wir in letzter Zeit mehrfach erfahren.

Und sowieso wird es keineswegs in allen buddhistischen Richtungen verlangt.

Man muß in die Zeit unseres historischen Buddhas zurückgehen um hier zu mehr Verständnis zu gelangen. Er gründete ja den Orden mit dem Ziel, daß die Mönche/Nonnen noch in diesem ihrem aktuellen Leben Nibbana verwirklichen sollten.

Da dies - für unsere heutigen Begriffe - geradezu extremen Einsatz bedeutete, war sichergestellt, daß nur die ernsthaftesten dazu bereit waren, die vermutlich auch schon entsprechende Vorerfahrungen hatten. Durch tiefes Verständnis der Lehre sind diese zu dem Wissen gekommen, daß nichts in dieser Welt erstrebenswert ist. Tiefere meditative Zustände ließen weltliches Verlangen gar nicht erst aufkommen.

Aber bereits zu Buddhas Lebzeiten begann dieser "Idealzustand" zu erodieren. Mit der ständigen Zunahme der Ordinierten kamen auch Personen hinzu, deren Ziele nicht so hoch gesteckt waren.

Heute kann man - so meine ich - sich auch als Nichtordinierter als vollwertigen Buddhisten verstehen, sofern man seine Lehre in den Grundzügen verstanden hat und sich bemüht, danach zu leben.

Ich bin Soto-Zen-Buddhist und möchte mich dazu äußern.

Der strenge Tagesablauf in vielen Klöstern, egal welcher Religion, lässt kaum Zeit für Privatsphäre. Man ist praktisch immer in die Gemeinschaft eingebunden.

Häufig gehören neben dem religiösen Teil des Klosterlebens auch körperliche Arbeiten wie Gartenarbeit, Reparaturen oder Küchendienst zum Alltag.

Das ganze bei einem Tagespensum, das teilweise bereits um 3:00 Uhr früh beginnt und vollständig durchgeplant ist. Das ist - mit Verlaub - verdammt anstrengend.

Wer sich schon einmal langfristig auf einen sportlichen Wettbewerb oder eine andere Prüfungssituation befand, dass dieser Drill eine Menge Kraft abverlangt.

In der Bundeswehr wird nicht umsonst von "Hängolin" gewitzelt, das Soldaten angeblich zur Dämpfung sexueller Lust ins Essen gemischt wird.

In Wirklichkeit ist es einfach dieses Tagespensum, dass weder Zeit noch Energie übrig lässt, um noch groß sexuell aktiv zu sein.

Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass das Zölibat gar kein Problem ist, wenn der Tagesplan nur streng genug ist und man sich nicht an den Drill gewöhnt hat.

In Japan ist das in einigen Traditionen übrigens anders.

Dort gibt es neben den Klostermönchen - die an den wenigen freien Tagen auch gerne mal anonym in die Stadt gehen, um sich auszuleben - auch Tempelpriester.

Tempelpriester heiraten in der Regel und vererben ihren Auftrag als "Gemeindepfarrer" praktisch an ihre Kinder weiter. Dort spielt das Zölibat also keine Rolle.

Die Aufhebung des Zölibats war übrigens eine politische Entscheidung im Mittelalter, weil die Klöster viel weltliche Macht sammelten und moralisch "überlegen" schienen.

Durch das Zölibatsverbot wurden die Mönche "weltlicher" und verloren den Nimbus der moralischen Überlegenheit, was die Klöster auch politisch schwächte

Sonstiges

Natürlich gab es in der vergangenheit nicht nur Berichte über Verstöße gegen das Zölibat, sondern auch Fälle von sexuellem Mißbrauch durch buddhistische Lehrer.

Einige davon sind auch im Westen bekannt, haben ein hohes Ansehen erlangt und ihre Bücher verkaufen sich immer noch sehr gut.

Manche machen bis heute damit weiter - auch in Deutschland - und gehen gleichzeitig gegen jeden juristisch vor, der sie namentlich nennt.

Meine eigenen Lehrer sag(t)en, Sexualität ist kein Problem, so lange man nicht daran haftet - und mit dem Alter würden sich manche Dinge ganz von allein lösen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit etwa 40 Jahren praktizierender Buddhist
Buddhismus  05.10.2022, 12:03

Noch eine Anmerkung zu den "Lehrern", die in letzter Zeit durch Missbrauch aufgefallen sind: die beiden, die in den letzten Jahren aufgefallen sind, waren beide *keine "Mönche"* , die dem Zölibat verpflichtet waren* .....

Ich finde, das sollte man - wenn man über die "Gefahren solcher Lehrer" schreibt, auch noch mal zumindest erwähnen. Ansonsten entsteht hier der Eindruck, dass das Zölibat "Schuld" sein an....

1

Wenn man sich für etwas, was einem höher und wichtiger erscheint, völlig verausgabt, ist es möglich. Ob es für das Richtige ist, ist ein anderes Thema.

Das kann ich mir schlecht vorstellen. Ob Mönch oder Priester, jeder Mann hat sexuelle Gefühle. Als Priester oder Mönch wird die Sexualität nicht abgelegt. Priester haben ja auch Schwierigkeiten mit dem Zölibat und viele halten sich nicht daran. Verständlich. Das Zölibat sollte abgeschafft werden. https://www.katholisch.de/artikel/21906-therapeut-fast-alle-priester-haben-probleme-mit-enthaltsamkeit

Lacrimis27  03.10.2022, 19:58

Man muss sich nicht jedem Gefühl hingeben - und genau da sind wir schon in Kern der praktizierung angekommen

1
Rapunzel324  04.10.2022, 00:05
@Lacrimis27

Gefühl ist relativ. Priester und Mönche sind Männer, wie alle anderen. Wenn diese sich verlieben, spricht nichts gegen eine sexuelle Beziehung. Das Zölibat wird hoffentlich bald abgeschafft, dann könnten die Priesterkinder in der Öffentlichkeit zu ihrem Vater stehen.

0
Lacrimis27  25.10.2022, 09:19
@Rapunzel324

Du tust so als hätte es gar keinen Nutzen und als würde sich da jeder unterdrücken..... Absolutes schwarz-weiß denken....

Sex ist im Buddhismus vollkommen erlaubt - wer sich dessen nicht hingibt macht es freiwillig wegen dem nutzen

0
Frageritikum  03.10.2022, 22:16

👍🏻🌟 Ja genau ... das Zölibat ist völlig unsinnig und macht viele psychisch krank. Dieser Unsinn sollte unbedingt abgeschafft werden. LG 🙋🏻‍♀️✌️

1

Ja, es ist "anstrengend". Aber, wenn du etwas SEHR Hohes erreichen willst, kannst du das ja auch nicht, indem du dich nur "ein bisschen anstrengst". Oder ?

Das andere ist: nur wenige Mönche sind "ein Leben lang" Mönche. Im Buddhismus kannst du ( nach einer jahrelangen Probezeit ) Mönch werden. Und, dann aber wieder auch "die Robe ablegen", zurück ins "Haushälter-Leben" gehen. Kein Problem. Und, wenn du 5 oder 10 oder 30 Jahre wieder Mönch werden willst, ist das kein Problem.

Wenn du es also nicht "schaffst, mit der Enthaltsamkeit zurecht zu kommen", kannst du doch das Kloster wieder verlassen.

Niemand "zwingt" dich zu diesem Leben. Wenn du das nicht kannst, ist das ok., dann ist es jetzt noch nicht "der Weg" für dich. Und ?

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit 45 Jahren praktizierender Buddhist ( Theravada )...