Klima?

2 Antworten

Hallo,

ich bin promovierter Klimawissenschaftler. Die ganze Thematik ist nicht so einfach...

Auf der einen Seite ja: Wenn es wärmer wird schmelzen Gletscher und Eis/Schneeschichten, was das Rückstahlungsvermögen der Oberfläche erniedrigt. Das nennt man Albedo. Schnee und Eis sind weiße Oberflächen...sie sind nur deshalb als weiß zu erkennen, weil sie ein hohes Rückstahlungsvermögen haben. Das heißt, wenn die Strahlung auf Schnee/Eis trifft, dann wird ein großer Teil der Strahlung zurück in die Atmosphäre reflektiert. Daher sieht der Mensch den Schnee oder das Eis als weiß und aufgrund der hohen Rückstahlung erwärmt sich dieser Körper auch viel weniger, weil eben die Strahlung (besteht einfach gesagt aus Licht und Wärme) nicht absorbiert, sondern refklektiert wird. Wenn der Schnee weg ist, dann hast du ja entweder Stein oder Gras...das erscheint dunkeler, weil es einen niedrigeren Albedowert hat als Eis/Schnee. Das heißt, es absorbiert einen größeren Teil der Strahlung, was wiederum zu einer weiteren Erwärmung führt.

ABER: das ist nur ein kleiner Einflussfaktor. Wenn euer Lehrer euch das mit dem Hintergrund beibringt, dass das den Klimawandel weiter verstärkt, dann zieht ihr daraus völlig falsche Schlussfolgerungen. Das ist das große Problem aktuell. Viele Leute besitzen nur Halbwissen und ziehen daraus ihre Schlüsse.

Man darf nicht andere Wirkungen vergessen, die ein Schmelzen von Gletschern mit sich bringt. Im Eis oder Schnee ist ja kein Salz gespeichert, das heißt, dass das Meerwasser in diesen Gebieten, also z.B. am Nord- oder Südpol viel mehr Salz enthält als das am Äquator. Darum gibt es Meeresströmungen, die versuchen, diesen Unterschied im Salzgehalt auszugleichen. Ein Teil dieser Meeresströmung ist bei uns in Europa als Golfstrom bekannt. Ohne diesen wäre Europa deutlich kälter, da es ziemlich weit im Norden liegt. Der Golfstorm bringt aber warmes (und salzarmes) Wasser vom Äquator zu uns in den Norden, was eben dazu führt, dass Europa für die ziemlich nördliche Lage vergleichsweise warm sein lässt.

Wenn jetzt die Eisschichten/Polkappen weiter schmelzen, dann gibt es zwar den Effekt, dass durch die niedrigen Albedowerte eine weitere Erwärmung auftritt, aber gleichzeitig gibt es keine so großen Unterschiede im Salzgehalt der Meere mehr, da das geschmolzene Eis der Gletscher ja kein Salz enthält und dadurch den Salzgehalt der Meere an den Polen erniedrigt. Die Folge ist, dass die Ausgleichsströmungen zwischen Polkappen und Äquator schwächer werden und auch irgendwann zum Erliegen kommen können. Das hätte die Folge, dass z.B. Europa wiederum deutlich kälter werden wird. Dieser Effekt kann den Albedoeffekt leicht übertrumpfen, sodass es auch nach der anfänglichen Erwärmung, wie wir sie gerade haben, auch zu einer Kaltzeit kommen kann.

Das ist jetzt nur ein einziges Beispiel das zeigt, dass das Klima extrem kompliziert ist und ein Effekt nie alleine gesehen werden darf. Ich finde es recht kritisch, wenn ihr sowas im Unterricht gelernt bekommt. Die meisten Lehrer kennen sich nicht annähernd gut mit dem Klimawandel aus.

1LeonieS1 
Fragesteller
 20.09.2023, 16:21

Boah danke dass hattest du nicht besser erklären können. Aber eine frage wieso werden die ausgleichströmungen schwächer nur weil da kein salz vorhanden ist? Und nur will kein salz vorhanden ist wird es in europa kälter?

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Kimster  23.09.2023, 19:52
@1LeonieS1

Naja, das ist im Prinzip so ähnlich wie mit dem Wind und Druckgebieten. Der Wind ist umso stärker, je hoher der Druckunterschied zwischen 2 Gebieten ist. Wind ist auch nur eine Ausgleichsströmung. Wenn überall der gleiche Luftdruck wäre, würde es keinen Wind geben. Wenn eine Gewitterzelle kommt, dann hat die einen sehr tiefen Druck, die Umgebung aber quasi noch den "normal" Druck. Deswegen gibt es bei Gewittern sehr oft einen starken Wind dazu.

Beim Salzgehalt und der Meerestemperatur ist es genauso. In Europa ist der Nordatlantik salzreich, weil der Nordpol und die Gletscher ja große Mengen an Wasser gespeichert haben, aber eben ohne Salz. Das Salz bleibt im Meer. Gletscher entstehen ja durch Schneefälle. Ein großer Teil des Niederschlags entsteht durch Verdunstung von Meerwasser und bei dem Verdunstungsprozess bleibt das Salz eben zurück. Deshalb ist das Meerwasser im Nördlichen Atlantik viel salzhaltiger als das am Äquator. Daher eben die Ausgleichsstörmungen.

Wenn jetzt die Gletscher und Polkappen schmelzen, weil es eine globale Erwärmung gibt, dann führt das dazu, dass das Meerwasser im Nordatlantik "verdünnt" wird. Es wird quasi reines Süßwasser dort ins Meer als Schmelzwasser eingeführt. Die Menge an Salz bleibt gleich, nur das Verhältnis, also der Salzgehalt des Wassers ändert sich, weil du vergleichsweise mehr Wasser zur gleichen Menge an Salz hast. Daher schwächen die Strömungen ab und es gab auch schon Fälle, in denen sich die Zirkulation umdreht, was dann wiederum zu einer Eiszeit führen kann.

Und genau dieser Unterschied im Salzgehalt treibt ja die Ausgleichsstörmungen an. Das heißt, dass durch das Schmelzen der Polkappen zwar der Albedoeffekt die Erwärmung weiter beschleunigt, aber gleichzeitig gibt es auch viele Mechanismen, die dagegen wirken.

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Kimster  23.09.2023, 19:56
@Kimster

Bei zu geringen Unterschieden im Salzgehalt kommt eben beispielsweise bei uns kein warmes Wasser vom Äquator mehr nach Europa, das heißt der Golfstrom wird schwächer. Der Golfstrom ist der Hauptgrund warum es in Europa vergleichsweise warm ist. Wenn man nach Kanada oder Russland schaut, dann ist es auf der gleichen Nordlage deutlich kälter als bei uns.

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Schnee und Eis refelktieren einen größeren Teil der Sonnenstrahlung als Wasser oder Erde.

Weniger Schnee- und und Eisflächen bedeuten also weniger Reflexion.