Kein bezahlten Urlaub nach Gesellenprüfung?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet
Nun hat der Chef allerdings diesen Urlaub nicht genehmigt mit der Begründung, dass er gerade aus der Ausbildung raus ist und frisch als Geselle anfängt und somit keinen direkten Anspruch auf bezahlten Urlaub hat.

Diese "Begründung" ist völliger Unsinn!

hat man nicht immer eine gewisse Anzahl an Urlaubstagen pro Jahr und darf diese auch aufbrauchen egal ob man in der Ausbildung ist oder nicht ?

So ist es.

Es spielt keine Rolle, dass Dein Freund jetzt - nach der Ausbildung - von seinem Arbeitgeber übernommen wurde, es jetzt also einen Arbeitsvertrag gibt, vorher "nur" einen Ausbildungsvertrag. Entscheidend ist die Dauer des gesamten Beschäftigungsverhältnisses - und das zählt seit dem ersten Tag der Ausbildung! Ausbildungsverhältnis und anschließendes Arbeitsverhältnis sind in diesem Zusammenhang also als Einheit zu betrachten!

Dein Freund ist jetzt also länger als 6 Monate (nämlich seit dem Beginn der Ausbildung) bei diesem Arbeitgeber; damit hat er jetzt schon Anspruch auf den gesamten Jahresurlaub für dieses Jahr. So bestimmt es das Bundesurlaubsgesetz BUrlG § 4 "Wartezeit":

Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben.

Dein Freund hat also grundsätzlich das Recht, jetzt seinen Jahresurlaub zu nehmen. In der Urlaubsfrage ist der Arbeitgeber sein Schuldner; Dein Freund bestimmt, wann er seinen Urlaub nimmt, und der Arbeitgeber darf ihm das nur verwehren, wenn wirklich (!) dringende (!) betriebliche Gründe oder Urlaubswünsche sozial bevorrechtigter Arbeitnehmer eine Urlaubsverweigerung rechtfertigen (die Gründe muss der Arbeitgeber dann auch mitteilen); so bestimmt es das BUrlG § 7 "Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs" Abs. 1 Satz 1:

Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.

Eine Verweigerung mit der Begründung, dass Dein Freund "gerade aus der Ausbildung raus ist und frisch als Geselle anfängt und somit keinen direkten Anspruch auf bezahlten Urlaub hat", ist schlicht und einfach rechtswidrig.

Die Frage, die ich nicht beantworten kann, ist nur, ob sich Dein Freund mit seinem Anspruch gegen seinen Arbeitgeber durchzusetzen versuchen kann oder will (wobei ich die Urlaubsverweigerung in Anbetracht der von Dir genannten Umstände überhaupt nicht nachvollziehen kann und sie nicht nur rechtswidrig, sondern auch völlig rücksichtslos ist); "Recht haben" und "Recht bekommen" sind leider viel zu oft zwei sehr verschiedene Dinge ...

brtnk202 
Fragesteller
 07.06.2021, 21:31

Vielen Lieben dank für die Aufklärung ! 🙂mir liegt sehr viel an diesem Urlaub da meine Eltern meine Tochter das letzte mal mit knapp 4 Monaten gesehen haben und jetzt wird sie am Samstag schon 2 Jahre alt. Mein Freund wird sich wahrscheinlich nicht mit meinem Chef dies bezüglich durchsetzen, da er Angst hat sonst nicht übernommen zu werden. Er soll wohl diese oder nächste Woche Urlaub nehmen damit die Tage aufgebraucht sind und er keine Rest Urlaubs Tage mehr hat. Anschließend bekommt er dann einen neuen Arbeitsvertrag (mit Probezeit was ich auch nicht so ganz verstehe) nun ja ich denke, dass ich leider alleine mit meiner Tochter fahren muss.

aber so habe ich wenigstens die Gewissheit das ich mit meinen Vermutungen richtig lag. Danke ! 🙏🏼

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Familiengerd  07.06.2021, 22:49
@brtnk202
einen neuen Arbeitsvertrag (mit Probezeit [...])

Diese neue Probezeit kann zwar bei der Übernahme von einem Ausbildungs- in ein Arbeitsverhältnis vereinbart werden, ist aber bedeutungslos.

Sie bedeutet nämlich nicht, dass Deinem Freund in dieser Zeit mit verkürzter Frist gekündigt werden könne.

Ich nehme einmal an, dass es sich um einen kleinen Betrieb (nicht mehr als 10 rechnerische Vollzeitstellen) handelt; von daher stellt sich die Frage nach Kündigungsschutz erst gar nicht, weil das Kündigungsschutzgesetz KSchG dort nicht anzuwenden ist. Ist es ein größerer Betrieb (mehr als 10 rechnerische Vollzeitstellen), besteht trotz der Probezeit Kündigungsschutz, da das Beschäftigungsverhältnis insgesamt ja bereits viel länger als 6 Monate besteht (einschließlich der Ausbildungszeit).

Ich kann diesen Arbeitgeber - mit völlig fehlendem Verständnis für eure besondere Situation, was Deine Eltern betrifft - nicht verstehen. Das verspricht - auch zusammen mit seinem falschen Rechtsverständnis - nichts Gutes für die Zukunft. Dein Freund sollte sich, wenn er übernommen worden ist, sofort nach einem neuen Arbeitgeber umschauen!

Viel Glück! 🍀🍀

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brtnk202 
Fragesteller
 25.07.2021, 10:19
@Familiengerd

Hallöchen noch mal 🙂 mein Freund hatte mit seinem Chef noch mal geredet, er hat den Urlaub mündlich genehmigt bekommen allerdings unbezahlt. Wir sind also zu meinen Eltern gefahren und nun wurde am Montag den 18.07.2021 die Kündigung ausgesprochen mit der Begründung „er wüsste nichts von dem Urlaub“ die Kündigung bekamen wir dann am Donnerstag den 21.7 :sie wurde in den Briefkasten geworfen ohne Briefmarke und die Kündigung gilt ab dem 8.07.2021. Mein Freund ist sauer und möchte dort so oder so nicht mehr arbeiten. Er wird nun zum 1.08.21 in einer neuen Firma anfangen.
rein rechtlich gesehen hätte die Kündigung dann erst ab dem 18.07 wirksam sein können.

er erzählte mir, dass ein anderer Arbeitskollege von ihm nun auch seine letzte Abmahnung bekommen hat, da dieser EINEN Tag vorher in den Urlaub gegangen ist weil seine Frau früher in den Wehen lag und ihr 2 Kind bekommen hat.

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Naja... streng genommen sind Ausbildung und Anstellung zwei verschiedene Dinge.
Dein Freund hat mit seinem Ausbildungsbetrieb einen Ausbildungsvertrag geschlossen, in dem ihm auch Urlaub usw. zugesichert worden ist. Das Vertragsverhältnis endet mit Abschluss der Ausbildung. Urlaubsanspruch aus dieser Zeit ist bis zum Vertragsende aufzubrauchen.

Danach kann Dein Freund im selben Betrieb übernommen werden - oder eben auch nicht. Wenn er übernommen wird, danm schließt er mit dem Arbeitgeber einen neuen Vertrag (Arbeitsvertrag). Mit jedem gearbeiteten Monat hat er dann Recht auf anteiligen Jahresurlaub bzw. nach § 4 BUrlG 6 Monate nach Beginn des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf vollen gesetzlichen Urlaub.
Wenn Dein Freund nun beispielsqweise seinen Arbeitsvertrag zum 1. Juli abschließt, dann hat er ab dem 1. August Anspruch auf anteiligen Urlaub (1/12 des vereinbarten Jahresurlaubs), am 1. September auf 2/12 des Jahresurlaubs. Wenn er nun beispielsweise 28 Urlaubstage im Jahr hat, hätte er am 1. August Anspruch auf 2,3 Tage Urlaub.

Im übrigen kann der Arbeitgeber jederzeit den beantragten Urlaub ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe oder Urlaubswünsche von anderen Mitarbeitern dem entgegen stehen (§7 Abs. 1 BUrlG).

Familiengerd  07.06.2021, 14:46
streng genommen sind Ausbildung und Anstellung zwei verschiedene Dinge.

Das spielt für den Anspruch auf Urlaubsgewährung aber überhaupt keine Rolle!

Deine folgende diesbezügliche Erklärung, warum noch kein Anspruch bestehe, ist schlicht falsch.

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26Sammy112  07.06.2021, 15:22
@Familiengerd
Deine folgende diesbezügliche Erklärung, warum noch kein Anspruch bestehe, ist schlicht falsch.

Dann bist Du herzlich dazu eingeladen, die Frage mit Deinem Fachwissen ausführlich und korrekt zu beantworten ;-)

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Familiengerd  07.06.2021, 17:28
@26Sammy112
die Frage mit Deinem Fachwissen ausführlich und korrekt zu beantworten

Das ist jetzt geschehen, weil ich vorher dazu - außer dem kurzen Kommentar zu Deiner Antwort - nicht gekommen bin.

Übrigens zu Deinem Beispiel "Wenn Dein Freund nun beispielsqweise seinen Arbeitsvertrag zum 1. Juli abschließt [usw.].":

Wenn ein Arbeitsverhältnis (lassen wir die Tatsache außer Acht, dass hier ein Ausbildungsverhältnis vorangegangen ist und bezüglich des Urlaubsanspruchs beide Beschäftigungsverhältnisse als Einheit zu betrachten sind) in der 2. Jahreshälfte beginnt, hat der Arbeitnehmer zwar nur einen anteiligen Jahresurlaubsanspruch, der ist aber sofort mit Arbeitsbeginn fällig - anders als beim Arbeitsbeginn in der 1. Jahreshälfte mit vollem Urlaubsanspruch bis zum Jahresende, der erst nach 6-monatiger Dauer des Arbeitsverhältnisses beansprucht werden kann (ein Rechtsanspruch auf vorherige Gewährung von Teilurlaub besteht dann nicht wegen des Teilungsverbots nach dem Bundesurlaubsgesetz BUrlG § 7 "Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs" Abs. 2, wenn nicht die dort genannten besonderen Umstände eine Rolle spielen).

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