Kann man einen Dialekt genauso lernen wie eine Sprache?
Hallo, ist es möglich, einen Dialekt, zum Beispiel Schwäbisch, so zu lernen, dass man ihn genauso gut beherrscht wie jemand, der damit aufgewachsen ist? Wie eine Sprache
7 Antworten
Hallo lua99,
ja, das ist möglich. Genauso wie jemand der nur Dialekt konnte auch akzentfreies Hochdeutsch lernen kann, bis Germanistiker nicht mehr raus hören können, von woher man stammt. - Ich habe jedoch 9 Jahre gebraucht und kann immer noch nicht (nach 18 Jahren) automatisiert hochdeutsch bleiben, während mit mir Alemannisch gesprochen wird.
Beginne erstmal mit den Vokalverschiebungen und der Aussprache der Vokale.
Schwäbisch ist die mildeste Form des Alemannischen. Warum man Schwäbisch und nicht gleich Alemannisch lernen möchte bleibt mir fraglich. Egal. Für Alemannisch gibt es Schulen. Die veränderte Grammatik wird vom Duden anerkannt als "Süddeutsche Sprache".
Viele Wörter verändern sich rein durch eine Vokalverschiebung - diese sind leicht zu lernen. Ganz neue Wörter musst du kontextabhängig lernen, weil es keine hochdeutsche Entsprechung dazu gibt. Wieder andere können als Synonym behandelt werden.
Zum Beispiel "einkaufen"
Ei -> î (zu Vokale gleich)
n von ein fliegt weg, wenn es ein Partikel oder eine Silbe eines Wortes ist.
K -> ch
Au -> u
-en -> -e'
Einkaufen = îchufe'
Εchu•fe'
Wenn es in die alemannische Richtung gehen soll, lerne das CH denn sowohl der I wie A Typ davon wird im Rachen gebildet auf der A-ch Höhe.
Versuche einfach mal "irch" mit einem a-ch zu sprechen. Oder gebe die Töne I A I A I A wie ein Esel nur mit Rachen-CHs dann hast du das richtige i-ch und damit auch die "chu"-Silbe.
Vokale:
Hochdeutsch hat lange und kurze Vokale und kommt daher auf 16/17 Vokale Laute.
Alemannisch hat mindestens doppelt so viele, da nasale Laute dazu kommen was meist das Vokal der ersten Silbe entspricht. Dazu sprichst du mal A E I O U mit einer geschlossenen Nase. Du musst dazu den Weg zur Nase in Rachenraum verschließen. Dabei entsteht dieser tiefe Klang des Badischen.
Französische Vokale sollten geübt werden. Vor allem "au" und "eu".
Das schwierigste ist die Sprachmelodie. Diese ist jedoch unabdingbar. Leider habe ich dazu noch keine Regeln heraus gefunden.
Was ich als Muttersprachler merke: die größten Schwierigkeit von Hochdeutsche sind die Doppelvokale im Alemannischen. Spätestens beim Wort "luerge" merkt man sofort wer von dort kommt und wer nicht. 😅 Also übe es "uer" und "uit" (d'duitsche luit luerge schu' (deutsche Leute gucken schon)).
Wenn du ein Problem mit der Aussprache von gendersternchen hast, wirst du es schwer haben da viel Grammatik massiv verkürzt und nur als einzelner konsonant vorkommt.
Der = de/da
Die = d'
Das = s'
Zu = z'
Ein = ë
D'Muerda luergt'da unda d'Wäsch (die Mutter guckt dir unter die Wäsche.)
Damit hast du die Basis. Dann hast du sozusagen das B2 im Alemannisch. Ab dann heißt es, in das Land zu ziehen und so viele alte Kontakte wie möglich gewinnen für eine saubere Sprache. Etwa weitere 10 Jahre mit dem Willen zu lernen und schon sprichst du wie ein Muttersprachler. 😅
Du solltest dir jedoch bewusst sein, dass es schwerer ist, falsch Gelerntes zu verbessern als komplett neu zu lernen. Wenn du von Hochdeutsche auf ein Dialekt gehst, ist das wie falsch Gelerntes umzulernen. Weil das, was du dein Leben lang als richtig gelernt hast, plötzlich falsch ist. Stell dir vor, morgen wird die Mathematik geändert. 1+1=3 -> dann bricht deine mathematische Welt zusammen. Das selbe passiert beim lernen von Dialekte. Du behauptet gegenüber deinem Gehirn, dass richtig falsch und falsch richtig ist.
Im Alemannischen gibt es bspw keinen Genitiv. Wir sagen "ich bin gelegen" nicht "ich habe gelegen" und manche Nomen haben einen anderen Genus.
In meinem süddeutschen Kopf ist es bis heute ein Unding "ich habe gelegen" zu sagen. Ich habe gelegt / ich bin gelegen. Der hochdeutsche Duden ist da etwas anderer Meinung. 😅
Bis heute muss ich mich darauf konzentrieren König, Honig, richtig so zu sprechen: Könich, Honich, richtich. GrausiCH!!!! 🤮. Für dich gilt es dann andersherum. Deine -ich Endungen werden zu -ig.
König wirklig richtig Honig warscheinlig (schreiben wie man spricht, endet spätestens bei -ich/-ig)
LG
Im Prinzip schon, Dialekte sind ja auch "nur" Sprachen; nur sind sie seltener kodifiziert, soll heißen: Es gibt weit weniger Wörterbücher, Grammatiken, Lehrwerke etc.
Infolgedessen wird man sie eher über's Nachahmen lernen als über Bücher. Dafür wird man dann wohl ins Verbreitungsgebiet des jeweiligen Dialekts müssen. Aber auch andere Sprachen erlernt man ja erst so richtig, wenn man regelmäßig Kontakt zu Muttersprachlern hat...
Einen Unterschied zu echten Muttersprachlern wird man wahrscheinlich immer hören, aber auch das ist bei Fremdsprachen ja nicht anders.
Ja, wenn Du jahrelang in diesem Dialektgebiet lebst, täglich mit Leuten Dialekt sprichst und sprachliches Talent hast, dann geht das schon. In den ersten Jahren wirst Du aber kräftig dahinstümpern und den Leuten so authentisch vorkommen wie ein US-Tourist mit Lederhose am Oktoberfest.
Ich würde sagen schon ja. Es gibt ja viele die das imitieren können, dann kann man theoretisch auch immer so reden, wenn man mag.
Man gewöhnt sich bestimmt daran. Wenn ich lange was auf Englisch gelesen oder geschaut habe, denke ich danach sogar teilweise in Englisch.
Wenn du in der Gegend lebst, wo der Dialekt gesprochen wird, sollte das möglich sein.
das ist auf Dauer aber sicher anstrengend