Soweit ich das beurteilen kann, war das Problem nicht das "Schreiben nach Gehör"; das ist nämlich ganz sinnvoll - zumindest für das, wofür es ursprünglich gedacht war.
Wenn wir "Alten" schreiben und lesen, fällt und das Konzept des Segmentierens des an sich fast kontinuierlichen Lautschwalls in einzelne Laute und mit ihnen in einzelne Buchstaben aufgrund unserer Erfahrung leicht. Dabei vergessen wir aber gern, dass das für Kinder erstmal eine kognitive Herausforderung ist. Das Schreiben nach Gehör kann dabei durchaus helfen - auch Kindern aus "bildungsferneren" Schichten.
Dabei war aber nie angedacht, dass es den Rechtschreibunterricht ersetzt. Wenn ich mich recht erinnere, sollte das Schreiben nach Gehör nur für etwa ein halbes Schuljahr praktiziert werde - bis die Schüler das Konzept vom Segmentieren des Lautschwalls, den wir Sprache nennen, erlernt haben. Danach sollte der ganz "normale" Schreibunterricht folgen.
Ich kann nur annehmen, dass es die Bildungspolitiker waren, die sich dachten, damit schnelle Erfolge z.B. beim PISA-Test erzielen zu können, und deshalb das Konzept so dermaßen übermäßig in den Lehrplan "gestopft" haben - entgegen den Empfehlungen der Wissenschaft -, dass sich der eigentlich erwartbare positive Effekt ins Gegenteil verkehrt hat.