Ist Sozialismus wirklich etwas Schlechtes?
Ich tue mich immer schwer, den Sozialismus zu definieren. Auf Wikipedia findet man folgende Definition:
Sozialismus bezeichnet Ideologien, welche die Überwindung des Kapitalismus und die Befreiung der Arbeiterklasse aus Armut und Unterdrückung (soziale Frage) zugunsten einer an Gleichheit, Solidarität und Emanzipation orientierten Gesellschaftsordnung propagieren.
Das hört sich mMn in erster Linie nicht schlecht an. Was hat der Sozialismus für Vor- und Nachteile?
40 Stimmen
12 Antworten
Eine sehr schlichte Frage zu solch einem komplexen Thema. Sozialismus setzt voraus, daß sich wildfremde Menschen gegenseitig helfen, sich etwas gönnen, demokratisch handeln, auf eigene Vorteile verzichten, an die Allgemeinheit denken usw. Das klappt nicht mal in der Nachbarschaft. Wie soll ein ganzes System so funktionieren? Wer für sich einen Vorteil heraus findet, der nutzt ihn auch. Natürlich außer bei mir. Ich gebe gern alles ab und unterstütze alle Menschen freiwillig und unentgeltlich.
Zunächst sollte man verstehen warum der Sozialismus in der Kritik steht, obwohl er sich so toll anhört.
Im Prinzip kann man das fast auf Kollektivismus vs Individualismus reduzieren. Wir diskutieren also darüber wie viel Einfluss der Staat in unsere Angelegenheiten haben darf. Denn so gut wie alle Sozialistischen Systeme, die sich zumindest so genannt haben, sind kollektivistisch.
Beim Kollektivismus geben wir unsere individuellen Bedürfnisse an den Staat ab, welcher stattdedden unsere sozialen kollektiven Bedürfnisse umsetzen soll. Wenn wir also ein Allgemeinwohl regulieren möchten brauchen wir eine staatliche mächtige Instanz die unsere Freiheit dahingehend einschränken darf.
Ironischer Weise haben wir damit von der anderen Seite betrachtet das Fühererprinzip. Es wird also ziemlich schnell faschistisch. Diktatoren und Demagogen können die moralischen sozialen Werte als überzeugendes Mittel zur Manipulation der Menschen nutzen um ihre Stellung zu rechtfertigen.
Da die Sozialistischen Theorien selbst keine Antwort auf die Frage liefern, wie wir das verhindern, gibt es bis heute keinen "echten Sozialismus".
Ich denke Individualismus und Kollektivismus müssen sich hier die Waage halten. Die soziale Marktwirtschaft macht das ganz gut.
Die Idee an sich ist ja gut. Nur funktionieren tut es heutzutage nicht. Denn der Mensch ist leider nicht so „gemacht“, daß er zuerst an die Alllgemeinheit denkt. Und gib einem Menschen einen Posten….😉 Einer der Gründe, warum es in der DDR nicht funktioniert hat. Das ist eine Erfahrung, alles andere ist Theorie. Zuerst müßte man diese Einstellung beim Menschen ändern können. Und- was noch wichtig ist und meist übersehen wird- auch der Sozialismus muß sich rechnen/bezahlt werden! Auch Sozialisten/Kommunisten können nicht nur von Luft und Liebe leben.
Ich denke, dass in diesem Bereich die Differenz zwischen Theorie (Idee) und Praxis (Umsetzung) riesig ist. Marx wollte ursprünglich etwas Gutes, da er die Ausbeutung der damaligen Arbeiter sah, und etwas für diese Menschen tun wollte.
Die Idee des Kommunismus kann man durchaus gut finden, aber das ist eine Wirtschaftsform, welche die Frage der Regierungsform außen vor lässt. Der Sozialismus hatte kommunistische Elemente der Wirtschaft mit z.T. diktatorischen Regierungsformen kombiniert. Also Planwirtschaft + oben sagte Stalin, wie es zu laufen hatte (Beispiel).
Marx dachte wohl, dass sich die Frage der Staatsführung "von alleine" ergäbe, wenn erst mal die Wirtschaft gleich und gerecht wäre. Das war aber ein Irrtum. Der Stalinismus war eine Kombi aus Diktatur (Regierungsform) und kommunistischer Planwirtschaft. Das war eine Fehlentwicklung.
In der früheren Tschechoslowakei gab es durchaus die Bestrebung, den Kommunismus mit demokratischen Elementen zu kombinieren (da man erkannt hatte, dass der diktatorische Stalinismus nicht die Lösung sein konnte). Es gab eine Nationalversammlung, und die Menschenrechte wurden als sehr wichtig angesehen.
Ich denke da u.a. an Alexander Dubček.
"Am 5. Januar 1968 löste Dubček Novotný als Ersten Sekretär der KPČ ab. Sein Einsatz für einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz machte Dubček zum Repräsentanten eines reformkommunistischen Kurses in der Tschechoslowakei, der als Prager Frühling bezeichnet wurde. Nach der Zerschlagung der Reformbewegung musste Dubček am 17. April 1969 als Parteichef der KPČ zurücktreten und übernahm bis September 1969 den Vorsitz in der Nationalversammlung, dem Parlament der ČSSR."
Die Kombi Kommunismus (Wirtschaft) + Demokratie ist durchaus denkbar. Meines Erachtens nach hatte sich Marx zu sehr auf die Wirtschaft alleine fokussiert. Ein Land muss auch regiert werden... diese Regierung ergibt sich aber nicht von alleine, es muss ein Verfahren geben, nicht nur die Wirtschaft "gerecht" zu machen, sondern auch die Frage der Regierung zu klären. Da hat die Demokratie sicher Vorteile.
Sozialistische Menschenexperimente (Sozialismus wurde bisher in unterschiedlichen Spielarten versucht!) zB.in der UDSSR,Nordkorea,Kuba oder zB. Venezuela haben bisher vor allem zB. zu staatlicher Gleichschaltung,Armut,Versorgungsengpässen,Hungersnöten aber auch Folter und schon mal Massenmord geführt.Es gibt keinen Grund zu glauben das neue sozialistische Experimente gut funktionieren!