Ist es korrekt zwischen Mord und Todschlag zu unterscheiden?

9 Antworten

Hallo AnderesSein,

die Fragestellung, ob man Mord und Totschlag aus moralischem Gesichtspunkt unterscheiden sollte oder nicht, finde ich sehr spannend. Da es leider viele Mythen und Halbwahrheiten über die beiden Straftaten gibt, würde ich erstmal kurz eine rechtliche Einordnung beider Straftaten und ihren Kernunterschieden machen.

Juristische Einordnung: Mord (§ 211 StGB) und Totschlag (§ 212 StGB)

Im deutschen Strafrecht unterscheidet man bei einer Tötung vor allem – aber nicht nur – zwischen Mord und Totschlag.

Der Mord ist in § 211 StGB geregelt. Hierbei handelt es sich um eine Tötung eines anderen Menschen mit einem sogenannten Mordmerkmal. Aus dem Gesetzestext kann man die verschiedenen Mordmerkmale (fett markiert) ablesen:

§ 211 Strafgesetzbuch (StGB)
Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet.
Quelle: https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__211.html

Der Mord ist in § 212 StGB. Hierbei handelt es sich um eine Tötung eines anderen Menschen, ohne eines der Mordmerkmale.

§ 212 Strafgesetzbuch (StGB)
(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.
Quelle: https://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__212.html

Worauf ich gern noch eingehen möchte: Es gibt den weit verbreiteten Mythos, dass sich Mord und Totschlag nur darin unterscheiden würden, dass der Mord geplant und der Totschlag spontan, also im Affekt, passieren würde. Das ist falsch. Es geht ausschließlich um das Zutreffen oder Nichtzutreffen von Mordmerkmalen.

Unterscheidung in der Praxis

Die Unterscheidung fällt vielen Menschen auch mit der korrekten Information, was die zwei Straftaten voneinander abgrenzt, schwer. Deshalb habe ich mal vier Gerichtsurteile von ChatGPT recherchieren lassen, zur besseren Veranschaulichung:

1. Fall Armin Meiwes – Kannibalismus und Mord

Armin Meiwes wurde 2004 wegen Mordes verurteilt, nachdem er einen Mann getötet und Teile von dessen Körper gegessen hatte. Obwohl das Opfer zuvor eingewilligt hatte, wertete der BGH die Tat als Mord, da sie zur Befriedigung des Geschlechtstriebs und aus sonstigen niedrigen Beweggründen erfolgte. 

2. Mordfall Christin Rexin – Mord aus Habgier

Im Fall Christin Rexin wurde 2015 eine Gruppe von fünf Personen wegen Mordes verurteilt. Die Täter hatten die junge Frau aus Habgier getötet, um an Versicherungsleistungen zu gelangen. Das Gericht stellte bei mehreren Angeklagten die besondere Schwere der Schuld fest.

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1. Axtmord an Ex-Trainer – Totschlag trotz Planung

Ein Mann tötete seinen früheren Jugendtrainer mit einer Axt, nachdem dieser ihn in der Kindheit missbraucht hatte. Obwohl die Tat geplant war, wertete das Landgericht sie als Totschlag, da keine Mordmerkmale wie Heimtücke oder niedrige Beweggründe festgestellt wurden. Der BGH forderte jedoch eine erneute Prüfung des Mordmerkmals der Heimtücke. 

2. Insulin-Fall – Tötung auf Verlangen oder Totschlag?

In einem Fall verabreichte eine Frau ihrem Ehemann eine tödliche Dosis Insulin auf dessen Wunsch hin. Der BGH entschied, dass es sich um eine Tötung auf Verlangen handelte, was rechtlich milder bewertet wird als Totschlag. Der Fall zeigt die komplexe Abgrenzung zwischen verschiedenen Tötungsdelikten.

Moralische Frage: Sollte man unterscheiden?

Meiner Meinung nach sollte man zwischen Mord und Totschlag unterschieden, genau aufgrund der Mordmerkmale.

Eine Tötung zum Beispiel zur Befriedigung des Geschlechtstriebes finde ich aus meinem subjektiven Moralempfinden schlimmer als einen Totschlag. Aber am Ende muss man jeden Einzelfall prüfen. Deswegen ist es gut, dass die Gerichte Entscheidungsspielräume haben.

Ja das halte ich für absolut sinnvoll.

Wie du schon sagst sind für den Mord die Merkmale nötig. Diese stehen vor allem für eine besondere Verwerflichkeit der Tat.

Beispiel aus der Praxis (Fall Bachmeier): dort erschoss ein Elternteil den Mörder der eigenen Tochter.

Weil kein Mordmerkmal vorliegt, war es „nur“ Totschlag. Das ist ein wichtiger Unterschied. Töten ist beinahe immer falsch, aber in manchen Fällen sind die umstände eben weniger verwerflich als andere. Die individuellen Umstände sollten immer beachtet werden, daher finde ich es richtig.

Ist es korrekt zwischen Mord und Todschlag zu unterscheiden?

Ja, ist es.

Der Gesetzgeber hat sich für Mord eben die besonderen Fälle rausgepickt, in denen es nicht nur die Tötung ist, die zu bestrafen ist, sondern die Intention dahinter nochmal SO abscheulich und verwerflich ist, dass da eine höhere Strafe verhängt zu werden hat.

Man MUSS immer zwischen Mord und Totschlag differenzieren.

Ein Totschlag ist nämlich nicht gleich ein Mord.

Mord hingegen ist eine Qualifikation zum Totschlag. Die näheren Mordmerkmale sind im StGB aufgeführt

Du beantwortest deine Frage ja eigentlich bereits selbst: Mord ist im Grunde ein Totschlag, bei dem bestimmte Merkmale vorliegen, die die Verwerflichkeit der Tat erhöhen, etwa Mord aus Habgier.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Keine Rechtsberatung :)

AnderesSein 
Beitragsersteller
 22.05.2025, 21:46

Meine Frage ist, ob du diese Unterscheidung gerecht findest.

VaryNia  22.05.2025, 21:48
@AnderesSein

Achso, die Frage kann man auch anders verstehen :)

Ich finde diese Unterscheidung durchaus gerecht, da das Unrecht/die Schuld des Täters beim Mord ja deutlich höher ist als beim Totschlag (schweren Fall mal ausgenommen, aber der hat ja sowieso die gleiche Strafandrohung wie Mord). Es ist dadurch nur logisch, dass auch die Strafe höher ist.