Ist das Normal im 2. Semester Mathematik?
Hallo!
Zu mir: Ich bin Max, 19 Jahre alt und habe nach dem Abitur am Gymnasium mich für ein Mathestudium entschieden (nicht auf Lehramt).
In dieser Frage beschränke ich mich hauptsächlich auf das Fach Analysis. Inzwischen bin ich im 2. Semester und es ist einfach nur verdammt schwer... Ich habe mich zunächst auf dieser Plattform angemeldet um Fragen zu Übungsaufgaben, die wir wöchentlich abgeben müssen um uns für die Klausur zu "qualifizieren" indem wir am Ende mind. 50% der Punkte erreichen, zu stellen. Später habe ich mich noch in einem Mathe-Forum angemeldet. Naja nun will ich fragen, ob ihr meint, dass es normal ist was für Sachen wir machen und in welcher Form sie ausgeführt werden. Natürlich ohne selber zu sagen, es sei ja viel zu schwer und völlig übertrieben etc.
Beispiel 1:
Satz über Implizite Funktionen. Er ist sehr wichtig und kann für reelle Räume definiert werden aber auch in Allgemeiner Form für Banachräume. Ich habe ihn zunächst nicht gut verstanden und habe deswegen hier gefragt ob ihn mir jemand etwas simpler näher bringen kann. Als Antwort erhielt ich eine Erklären, die mit der "reellen Version" zusammenhängt. Darauf sagte ich, dass wir ihnen in Allgemeiner Form für Banachräume hatten und dieser sogar dreiteilig ausgeführt wurde. Daraufhin sagte die andere Person es sei schon hart das zu verstehen, wenn vorher nicht die "einfachere" Version vorgeführt wurde und es wurde sogar vermutet ich sei in einem höheren Semester Funktionalanalysis.
Beispiel 2:
Ich habe mal wieder eine Frage in dem Matheforum zu einer Aufgabe gestellt und als Antwort kam folgendes. Es schien der Person für eine Übungsaufgabe sehr Komplex und umfangreich. Darauf folgten Tipps und Ansätze. Und sowas ist nicht nur einmal vorgekommen...
Beispiel 3:
Jetzt befinden wir uns im Kapitel 10: Banachalgebren. Als erstes wird der Begriff Algebra definiert und kurz darauf auch Banachalgebra. Habe ich verstanden, ist ja auch nicht besonders schwer. Doch auf ein mal wurden als Beispiel für eine Banachalgebra die Quaternionen vorgestellt mit einem zweiseitigen Text darüber. Dazu kamen noch unglaublich schwere Übungsaufgaben.
All dies zusammen (vor allem die Reaktionen von Menschen die mir bei Aufgaben diesen Levels helfen können!) und die sehr schweren Übungsaufgaben, welche meiner Meinung nach nicht wirklich den Übungsprozess gut wiedergeben, da keine einfachen Beispiele einfach mal durchgerechnet werden um Begriffe und Sätze gut verstehen zu können, lässt mich manchmal denken, wir würden vielleicht ein wenig zuuu anspruchsvolle Sachen machen...
Was denkt ihr dazu? Bin ich einfach noch nicht vollständig bereit für solche Dinge und rede mir das alles nur ein? Oder ist es vielleicht wirklich ein wenig zu viel, was unser Prof uns "zumutet"? Ich habe den vergleich nicht und kann deshalb auch keine wirkliche Aussage treffen... (Ich will hier natürlich nicht auf die "ooch die armen Studenten müssen auch mal nachdenken" -Schiene geraten. So ist das nicht gemeint)
LG Max St.
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4 Antworten
An welcher Uni studierst du denn? Hab Mathe und Info am KIT studiert und damals kam mir das auch recht viel und anspruchsvoll vor. Sich Meinungen von außerhalb zu holen ist natürlich immer schwer, weil selbst wenn man Mathematik studiert hat, sitzen auch Dinge aus dem ersten Semester nicht immer ein Leben lang. Auch in Mathe-Foren sitzen nicht nur die allerhellsten Cracks, auch wenn das zu Beginn immer danach aussieht, als könnten alle immer alles. Ist aber nicht so.
Vom Inhalt her, würde ich sagen, dass das grundlegende Sachen sind. Sehe da jetzt also gerade nichts, was mir nicht bekannt vor käme.
Was das Niveau der Übungsaufgaben angeht: Zumindest bei uns war es immer so, dass die Übungsaufgaben letztlich immer viel schwerer waren als die Klausur. Gerade in den ersten zwei oder drei Semestern kann der Schwierigkeitsgrad schon sehr stark einschüchtern, weshalb es ja auch immer sehr ratsam ist zusammen zu lernen und nicht zu versuchen alles alleine aufzuarbeiten. Das ergibt IMO keinen Sinn.
Ob das "Durchrechnen" einfacherer Aufgaben zweckmäßig ist, kann ich jetzt nicht sagen?! Wie du ja schon festgestellt hast, hat Mathe ja eigentlich relativ wenig mit Rechnen zu tun. Gerechnet wird eher in der Schule. :)
Schwierige Aufgaben haben zumindest den Vorteil/Zweck, dass du dich relativ früh daran gewöhnst dich auf einem bestimmten Niveau mit Aufgabenstellungen auseinander zu setzen.
Wenn du an schweren Rätseln knobelst, dann hast du nach intensiven Stunden meist raus, wie es nicht funktioniert. :D Hast du dann aber eine Lösung, kannst du dir sicher sein, dass du so viel Zeit investiert hast, dass du a) dir die Lösung merken wirst und b) auch Verständnis dafür gewonnen hast, wie die Themenbereiche im Inneren funktionieren.
Der Sinn dahinter ist, dass du später so gut darüber bescheid weißt, dass du das Wissen nicht nur anwenden, sondern kombinieren und damit neues Wissen generieren kannst.
Darüberhinaus ist ein weiteres "Problem"...du darfst nie vergessen, dass du gerade erst am Anfang stehst. Das, was du jetzt als schwierig empfindest, hat im Vergleich zu Forschung im Neuland eine Distanz wie dein jetziges Mathematikwissen zu, naja sagen wir mal: jemandem, der in der Schule sitzt und das Bruchrechnen lernt.
Das Studium als solches geht ja auch gar nocht so lange und in der Zeit muss man schauen, dass man das Niveau deutlich anhebt, damit du später im Beruf (oder der Forschung) ganz andere Höhen erreichst.
Letztlich hilft es vielleicht sich mal umzuhören was andere davon denken oder noch ein Jahr abzuwarten. Der Stoff wird nicht weniger und auch nicht weniger schwierig, aber meist hat man ab dem dritten oder vierten Semester oftmals den Dreh raus und tut sich damit einfacher. Zudem wirst du ja auch irgendwann andere Profs in anderen Fächern haben und oftmals kann man sich im Bachelor ja auch ein paar spätere Module zusammenlegen bzw. aussuchen.
Dranbleiben lohnt sich also :)
Also meiner Meinung nach würde ich versuchen das mitzunehmen, was geht und nicht unnötig irgendwelche Sachen zu schieben. Wiederholen kannst du die Sachen ja immer und immer wieder mal und das Studium besteht ja nicht nur aus Analysis.
Aber auch das ist nur meine Meinung. Vllt lohnt es sich auch da mal andere zu fragen :)
Wie sehen es denn deine Mitstudenten? Schafft es der überwiegende Teil?
Stimmt! Das ist natürlich ein wichtiger Punkt, den ich nicht angesprochen habe. Wir haben im ersten Semester in Analysis eine Probeklausur geschrieben, da bei uns die Klausuren erst im 2. Semester geschrieben werden (Analysis 1+2 und Lineare Algebra 1+2). Die Probeklausur hat - und ich lüge nicht - nur eine Person theoretisch bestanden! Und ich studiere an der Uni Hamburg, woraus schließen lässt, dass nicht wenige Leute mitgeschrieben haben (bestimmt 100 bis 150 Leute). Die Lineare Algebra Probeklausur haben wir vor 2 Tagen geschrieben und die war sehr leicht. Ich muss außerdem sagen, dass ich trotz zwei Semestern Universität (noch) nicht viele Mitstudenten kenne und kann daher nur Aussagen treffen, die sich auf die wenigen Studenten beziehen, mit denen ich darüber geredet habe. Meine Übungspartner in Analysis sind genau der gleichen Meinung. Außerdem weiss ich aus anderen Gruppenzusammensetzungen, dass sie ebenfalls ähnliche Ansichten haben. Wieder andere geben einem aber das Gefühl als würden sie das alles mit Links verstehen, wobei dies aber eine sehr geringe Menge von Studenten ist, über die ich Aussagen treffen kann. Leider habe ich keine Umfrageergebnisse oder sonstiges an denen ich es gut sehen könnte. Aber ich denke die Probeklausur-Ergebnisse in Analysis sollten aussagekräftig genug sein, auch wenn sie schon fast ein Jahr her ist...
Hallo,
also ich habe Banachräume und Banachalgebren erst nach dem Vordiplom in der Vorlesung Funktionalanalysis kennengelernt.
Der Satz über implizite Funktionen (Ana 2) wurde für den ℝⁿ gezeigt, also für einen reellen Vektorraum endlicher Dimension.
Meiner Meinung nach geht euer Prof in Analysis zu schnell bzw. zu schnell zu abstrakt vor. Ich halte das für kontraproduktiv.
Ok, jeder Prof hat seinen Stil, aber die Vorlesungen Ana 1, 2, 3,
LA 1+2 sind meist doch ein ziemliches Standardprogramm.
Ich habe einen Physikerfreund, der in Bonn studiert hat (ist 35 Jahre her).
Der hatte in Analysis einen Prof (den habe ich später mal kennengelernt, unsympathischer Typ), der im ersten Semester die Studenten bewusst eingeschüchtert hat.
Hat in Analysis 1 richtig Gas gegeben, und in seiner Vorlesung öfter gesagt: wenn Sie das nicht verstehen, dann sind sie hier fehl am Platz. Was natürlich Quatsch war, denn es ist normal, nicht alles sofort zu verstehen. Aber am Ende des ersten Semesters hatten sich die Reihen sehr gelichtet, was offenslichtlich sein Ziel gewesen war.
Im 2. Semester war seine Vorlesung dann plötzlich lockerer. Er hatte ganz bewusst gesiebt. Es gibt solche Typen.
Keine Ahnung, was euren Prof reitet. Ob er sich nur die Besten "ranziehen" will, er irgendwie einen elitären Komplex hat?
Geh doch mal in die Fachschaft und erkundige dich über den Prof.
Frage auch nach Prüfungsprotokollen. Und falls die Prüfungen bei ihm hart sind, kannst du versuchen, dich später von einem anderen prüfen zu lassen.
Ansonsten bleibt dir nichts weiter übrig, als zu versuchen, in Eigenarbeit und mit Büchern und anderen Vorlesungsskripten, die man im Internet ja zuhauf findet, auf einer weniger abstrakten Ebene nachzuarbeiten, damit du so viel wie möglich verstehst. Und versuche die Neven zu behalten, dranzubleiben.
Ich glaube nicht, dass ihr den Prof dazu bringen könnnt, seine Vorlesung zu ändern.
Falls ihr am Ende der Vorlesung eine anonyme Beurteilung abgeben könnt - an immer mehr Unis wird das gemacht - kannst du dich ja "bedanken". ;-)
Gruß
Bin ich einfach noch nicht vollständig bereit für solche Dinge und rede mir das alles nur ein?
P.S. Ich wollte dir einfach nur sagen, dass du dich nicht verunsichern lassen sollst. Das ist natürlich einfacher gesagt als getan, vor allem bei deiner Vorlesung, aber ich glaube, dass kaum ein Student im 2. Semester so abstrakte Sachen sofort verdaut. Aber mit Eigenarbeit durch ein Buch oder ein Skript, dessen Stil dir liegt, wird die Vorlesung keine verlorene Zeit für dich sein.
Ich war auch in Bonn.. Mathe in Bonn ist schon... anders. Welcher Analysis-Prof war das denn? (Initialen)
Der war auch nicht schlecht, sicher ein sehr guter Mathematiker.
Kann gut sein, dass er 92 keine Anfängervorlesung mehr gehalten hat.
Überhaupt hat Bonn sehr gute Mathematiker. Dann kommt noch das MPI für Mathematik hinzu, man hat in Bonn also eine große Auswahl und Zugang zu guten Leuten.
Bonn hat doch jetzt auch wieder einen Fields-Medaille-Inhaber, Peter Scholze.
Völlig normal.
du musst dich daran gewöhnen, dass du in einem MINT studium nicht mit banalen Dingen zu tun haben wirst und immer an der Grenze des Dir gerade machbaren schrammst. In meinem Physik Studium war kaum eine Aufgabe im Stegreif lösbar, es dauerte immer ca eine Woche bis jemand eine Idee hatte. Und das war gut so.
Wow! Danke für die Ausführliche Antwort! Nicht nur aufklärend und informativ sondern auch motivierend!
Ich dachte halt immer: wenn da Leute sind in den Foren, die von so nem Zeug Ahnung haben und mir dann Antworten nach dem Motto „das ist ja voll schwer fürs 2. Semester“ geben, kann es einfach nicht an mir liegen... Somit hat sich dann wohl auch eine Art Voreingenommenheit gegenüber neuen und komplizierten Themen aufgebaut...
P.S.: Ich bin im Studiengang Wirtschaftsmathematik, aber Wirtschaft finde ich ehrlich gesagt ziemlich langweilig, weshalb ich zum nächsten Semester auf Mathematik wechsle und dann als „Nebenfach“ Informatik wähle.
Und eine kleine Frage noch zum Schluss: würden sie vielleicht jemandem sogar empfehlen einfach Analysis 1 und 2 (zwei Semester) zu wiederhohlen, auch wenn man möglicherweise durch Glück oder anderes die Klausur besteht, nur um das quasi das volle Wissen aus den Semestern dann doch mitzunehmen? (Wenn sie verstehen was ich meine... :D)
Naja ich will auf jeden Fall dran bleiben!