Ich weiß nicht wie ich mich entschuldigen kann?
Habe gerade bei Panorama den Beitrag gesehen, wie Menschen, die hier geboren wurden als Ausländer diskriminiert werden. Und wie die deutsche Gesellschaft das immer normaler findet.
Als Deutsche kann ich mich nur schämen für mein Land.
Wie kann ich mich entschuldigen?
9 Antworten
Die "deutsche Gesellschaft" ist ein ideologischer Begriff. Natürlich gibt es die Gesellschaft, aber die Pauschalisierung dieser Bezeichnung führt in die Irre.
Sogar das schlichte Wörtchen "Land" ist bereits ideologisch befrachtet. Es steckt viel an Geschichte und Emotion darin. Diese werden geweckt, wenn man sagt "mein Land". Natürlich ist Deutschland mein Land, weil es meine Heimat ist, aber der gefühlsgeladene Gebrauch von "mein Land" weckt tiefliegende Erinnerungen.
In diesem Zusammenhang ist zu erkennen: Es sind einzelne Scharfmacher in den Parteien und Organisationen, die gefährliche Aussagen machen und damit Ablehnung und Ängste erzeugen. Leider finden solche Gestalten Gehör, wenn eine Problemlage vorliegt.
Solche Problemlagen sind typischerweise auf anderen Gebieten und wirken dann unverhältnismäßig stark auf besonders sensible Bereiche. Man erregt sich nun stärker in diesen sensiblen Bereichen und übersieht dabei die wirklichen Ursachen.
Im Falle von Deutschland scheinen mir Aussagen wie "Freiheit ist für uns wichtiger als Frieden; Frieden gibt`s auf jedem Friedhof!" oder "Alles für die Freiheit aufzugeben, das ist Freiheit!" symptomatisch für einen ernstzunehmenden faschistoiden Komplex.
Näher möchte ich das hier nicht ausführen. Ich hoffe, du verstehst, was ich meine.
Deine Frage habe ich übergangen. Ist dir das aufgefallen? Sie ist von dir aus rhetorisch negativ gestellt. Das ist typisch. Dann am Ende klarer formuliert: Wie kannst Du dich entschuldigen?
Du kannst dich eben nicht entschuldigen, sondern Klage erheben gegen diesen Wahnsinn, wenn immer sich die Gelegenheit stellt. Hierzu musst du dich aber vorher selber davon befreien: Schau die Dinge an, wie sie sich wirklich verhalten, wie es gekommen ist, und werde dabei allen Beteiligten gerecht, also beobachten und unparteiisch beurteilen und dann Stellung beziehen --- für den Frieden.
Ich finde es stilvoll, wenn dich das berührt, Panorama ist übrigens eines der wenigen TV-Formate, die ich wichtig finde und selbst sehe. Aber ich würde dir empfehlen, es dabei zu belassen - vielleicht kannst du dich ehrenamtlich einbringen und dazu beitragen, dass die Gesellschaft besser und humaner wird, aber direkt entschuldigen würde ich mich nicht, auch nicht stellvertretend.
Dazu kann ich dir etwas Input aus meiner Vita dalassen: Ich bin als "Ausländerkind" aufgewachsen, habe viele Diffamierungen erlebt schon im Kindergarten (durch Erzieherinnen, Lehrkräfte, Eltern Gleichaltriger vor allem, später durch Berufsberater vom Arbeitsamt, die mir zu verstehen gaben, für "so einen Ausländer" nix übrig zu haben und Besseres zu tun zu haben, aber auch stellenweise von Arztpersonal usw.) und muss ganz ehrlich sagen, dass ich auf jeden Versuch einer Entschuldigung (etwa von einem ehemaligen Lehrer, der mich quälte und meinen Cousin und meine Cousine auch und auf dem Sterbebett liegend Abbitte leisten wollte; ich weiß nicht, ob er es ehrlich gemeint hat) nicht aus war und mir bis heute sage -----> der Versuch einer Entschuldigung ist leichter als die Annahme.
Ich habe das alles soweit überwunden und es ist ca. 30 Jahre her, aber eine jede "Entschuldigung" eines Deutschen, erst recht stellvertretend, würde ich heute als ziemlich geheuchelt ansehen, auch die eines Lehrers, der sagte, "man habe es ja nicht wissen können", das war alles so ein Selbstschutz, nix Halbes und nix Ganzes. Es käme so mitleidig rüber wie ein weiterer Schlag ins Gesicht nach dem Motto ----> "du bist nur der Ausländer und ich bin der gediegene Deutsche, der den Großmut aufbringt sich bei dir zu entschuldigen und sich auf dein (Ausländer-)Niveau herablässt, sei dankbar, dass ich das überhaupt jetzt mache". Das wäre kontraproduktiv; ich weiß nicht, wie andere das sehen, aber ich sehe das so nach all dem, was ich erlebt habe; ich arbeite derzeit noch an einem Buchprojekt darüber.
Ich bin da nur direkt und ehrlich und nehme auch kein Blatt vor den Mund - danke für deine Ergänzung. Das ist alles sehr nachvollziehbar und es kommt ehrlich und authentisch rüber, danke dafür.
Ich verstehe vollkommen, was du meinst und finde das nobel und korrekt, was du denkst und dass dich der Film berührt hat, berührt auch mich irgendwo innerlich - wenn alle so wären, gäbe es keine Kriege, was das angeht.
Jetzt versuche ich mal, in mich zu gehen: Wenn sich bei mir JETZT einer stellvertretend entshculdigen würde für alles, was mir bzw. meiner Familie und meinen zum Großteil russlanddeutschen Kumpels und nach der Wende auch meiner Freundin (stammt aus Thüringen) und deren bester Freundin angetan worden wäre, da ist vieles vorgefallen, das nicht so schön war ... ich weiß nicht, was ich sagen würde. Ich würde die Person sicherlich herein bitten und erzählen und ihre Sichtweise darlegen lassen, wäre offen und würde mich freuen, wenn es ehrlich gemeint ist, aber ich würde mich auch fragen, warum diese Person sich stellvertretend für andere entschuldigt.
Wenn ein Politiker (womöglich noch CDU oder SPD), Schullehrer / "Pädagoge", bzw. gesellschaftlich "etablierter" Mensch (so Anzugträger halt) usw. sich bei mir kollektiv "entschuldigen" würde, würde ich mich und je nach Laune vielleicht auch ihn fragen, wo die versteckte Kamera ist, die ihn filmt und gut dastehen lässt, weil er so "milde" ist ODER würde ich mich oder ihn fragen, ob er mich eigentlich nur genauso parodieren und erniedrigen will wie diejenigen, für die er sich entschuldigt, weil er sich "mitschuldig" fühlt als einer dieses "Konglomerats", unter dem wir in den 90ern und 2000ern viel gelitten haben und viel Häme erfuhren, aber kaum Hilfe.
Politiker haben eine Funktion und deren Entschuldigungen finden deswegen kaum Resonanz. Da erwarte ich lieber Rückgrat und eine erkennbare Moral.
Eigentlich hat das mehr mit Civil-Courage zu tun im eigentlichen Wortsinn. Dem Eintreten der Bürger als Teil der demokratischen Gesellschaft. Und als solcher Teil finde ich den jetzigen Populismus, der eine Art Wettlauf der Abgrenzung und des Egoismus initiiert, erschreckend.
1993 haben die Häuser gebrannt in Rostock und jetzt klatschen die Leute wieder.
Bei Menschen, die unter Ausländerhass leiden.
Du machst dir da ein Verhalten zu eigen, das dir selbst widerspricht. Du bist eben nicht die Allgemeinheit, deswegen muss du als Einzelne dich auch nicht entschuldigen. Das du schon darüber nachdenkst, hebt dich doch schon von allen Anderen ab.
Du versuchst jetzt, für etwas Verantwortung zu übernehmen, das gar nicht in deinem Handlungsspielraum liegt. Du bist eben nicht die Allgemeinheit, sondern nur eine Person. Das würde ich nicht außer Augen verlieren. Bleib einfach so, wie du bist...damit ist allen geholfen.
Es gibt das Bild des mündigen und verantwortlichen Bürgers bzw. der Bürgerin. Wenn man das ernstnimmt, übernimmt man Verantwortung als Teil einer demokratischen Gesellschaft.
Man kann aber nicht jedes Leid - jede Ungerechtigkeit - auf sich laden. Das kann kein Einzelner schultern.
"Als Deutsche kann ich mich nur schämen für mein Land."
Vielleicht solltest du mal anfangen zu differenzieren und genau hinzuschauen statt zu pauschalisieren?! Schäm dich lieber für links grüne Bürger und Politiker, die am liebsten noch mehr Flüchtlinge reinholen und damit die Probleme im Land auf die Spitze treiben wollen, denn deshalb wird das Flüchtlingsproblem durch die ganze Gesellschaft hinweg als immer schlimmer angesehen und sie haben Recht.
Entschuldige dich lieber bei der deutschen Gesellschaft für die schlechte Politik.
Wofür entschuldigen. Ich kann nichts für das Verhalten anderer, die zufällig meine Nationalität haben.
Jeder ist Teil der Gesellschaft, besonders als mündiger Demokrat
Ja, und trotzdem nicht verantwortlich für das Handeln einzelner.
Es ging ja weniger um die Handlungen Einzelner als um die Summe.
Ich bin für die Summe nicht verantwortlich. Warum sollte ich mich dafür entschuldigen?
Komisch, dass so Viele nichts mit der Gesellschaft, deren Teil sie sind, zu tun haben.
Inwiefern bin ich persönlich denn für die Summe konkret verantwortlich?
Weil du ein hoffentlich verantwortender Teil der Gesellschaft bist.
Wenn du in einer Straßenbahn sitzt in der ein Mensch wegen seiner Hautfarbe zusammengeschlagen wird und niemand den Täter festhält oder das Opfer schützt, bist du mitverantwortlich. Auch wenn du Teil einer zufälligen Gemeinschaft bist.
Und dann bin ich exakt für mein Nichthandeln verantwortlich, nicht für das der anderen.
Und du wirst als Teil der Straßenbahnfahrenden, die nicht gehandelt haben, gesehen.
Was so gar nichts daran ändert, dass ich nur für mich verantwortlich bin. Mit deiner Begründung ließe sich jeglicher Nationalstolz rechtfertigen.
Und ich führe Nationalisten vor, wie verantwortungslos sie sind. Oder wie rassistisch.
Naja, du konntest immer noch nicht erläutern, warum ich für negative Dinge anderer Verantwortung trage, für positive aber nicht.
Wo habe ich positive Verantwortung ausgeschlossen?
Dann ist der Stolz, eine Deutscher zu sein für dich okay. Das ist neu.
Nein das verstehst du falsch. Es geht nie um Stolz sondern immer um Verantwortung in einer Gemeinschaft.
Naja, wenn ich für alle positiven Leistungen meiner Landsleute die Verantwortung habe, kann ich doch auch stolz darauf sein.
Nö. Verantwortung übernehmen nur, dass etwas einem nicht egal ist.
Egal ist es mir ja nicht. Damit habe ich dann ja meine Schuldigkeit getan.
Beenden wir das. Ichh ab keine Lust auf Trolldebatten.
Oha, wenn man dich auf Defizite hinweist, ist das bei dir trollen. Schon albern.
Wir drehen uns im Kreis. Du hälst mein Bedürfnis, mich für das Verhalten meiner Landsleute zu entschuldigern für überflüssig. Ich nicht. Mehr kann man da nicht sagen.
Dir fehlt die logische Rechtfertigung. Mehr kann man da nicht sagen.
Nein. Vielleicht ist das auch ein sprachliches Problem.
Für deine sprachlichen Problem kann ich nichts. Allerdings liefern auch die keine logische Rechtfertigung.
Es ist ja nicht mein sprachliches Problem. Ich könnte auch sagen, dass ich, anders als du, nicht für gesellschaftliche Verantwortungslosigkeit plädiere. Ist das jetzt klarer?
Es ist ja nicht mein sprachliches Problem.
Doch.
Ich könnte auch sagen, dass ich, anders als du, nicht für gesellschaftliche Verantwortungslosigkeit plädiere.
Dann soll sich doch die Gesellschaft entschuldigen. Ich als Einzelner kann nur etwas für meine Handlungen. Nach deiner Logik müssten sich sämtliche Moslems nach jedem muslimischen Terroranschlag entschuldigen. Das willst du?
Komischerweise tun Muslime das. Und wenn ich frage, wie ich mich entschuldigen kann bedeutet das nicht, dass ich erwarte, dass das ALLE Deutschen machen.
Also tatsächlich tut das kein mir bekannter Moslem. Aber du kannst dich gar nicht entschuldigen.
Danke für den Text, der mich nachdenklich gemacht hat. Ich sehe den Grund einer Entschuldigung auc hweniger im eigenen Fehlverhalten. Sondern vielmehr als Teil eines Kollektivs, das sich moralisch verwerflich verhält und das als Gesamtheit immer weiter in eine Sichtweise rutscht, die mir zuwider ist. Und deren Teil ich auch ohne eigenes Zutun bin.