Ich verstehe nicht so richtig, was Moral bedeutet?

7 Antworten

Nein.

Werte und Regeln können sich an moralischen Maßstäben orientieren, sind mit diesen aber offensichtlich nicht identisch.

Diese Identität behaupten eigentlich auch nur rechtsextremistische, kulturalistische Strömungen und Auffassungen wie z.B. der Ethnopluralismus.

Verbindliche universelle Moralvorstellungen verkörpern z.B. die Menschenrechte oder auch die christlichen 10 Gebote.

Es existiert die objektive Moral. Das heißt es gibt absolut richtig und absolut falsch, unabhängig davon wie viele Meinungen es gibt

Der Rest ist dann natürlich subjektiv, von der jeweiligen Gesellschaft über die Zeit so aufgebaut und angepasst

Tonis9706  11.04.2022, 05:52

Welche objektive Moral denn?

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Du hast es erfaßt.

Es hängt jeweils von der Gesellschaft ab, was als "moralisch richtig" gilt.

Grundsätzlich hast Du richtig erkannt, daß Moral nichts Universelles ist.

Was zum Beispiel wir hier in der Zivilisation als moralisch empfinden, ist in manchen Details in der Moslem-Welt unmoralisch.

Atzej  10.04.2022, 10:24

Du sollst nicht töten, nicht lügen, nicht verleumden, nicht ehebrechen, soziale Verantwortung übernehmen etc. sind absolut universell gültige Maßstäbe!

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RationalFaith  10.04.2022, 18:48
@Atzej

ja, das heißt universell gültig kann es nicht sein. Das hätte rationale Probleme

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Atzej  10.04.2022, 18:59
@RationalFaith

Doch. Auch dieser Anspruch ist universell gültig. :-) Und auch universell z.B. in Form von Meineid und Falschaussage strafbewehrt.

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RationalFaith  10.04.2022, 19:14
@Atzej

Beispiel: Ein 5 jähriges Kind und ein Mörder. Der Mörder fragt dem Kind "wo sind deine Eltern?". Das Kind weiß übrigens, dass er ein Mörder ist und weil er von seinen Eltern so gelehrt bekommen hat "du sollst nicht lügen" hat er die Wahl:
Entweder lügt er und rettet damit seine Eltern oder er hört darauf, was seine Eltern ihm gebracht haben und lügt nicht

Wenn du sagst "nicht lügen" ist universell richtig, dann wäre es wohl auch in der Situation richtig gewesen, wenn das Kind die Wahrheit sagen würde

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RationalFaith  10.04.2022, 18:36

Wenn ich sage "der Holocaust war falsch und Hitler war ein schlechter Mensch", dann ist das nur eine Meinung?

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Ja. Richtig. Nur Linksradikale bzw. Linkspopulisten behaupten es gäbe eine Grundmoral.

Diese existiert aber nicht. Es gibt gewisse Verhaltensweisen, die der Menschen evolutionär beigebracht bekommen hat, um das Überleben in einer Gruppe zu ermöglichen. In keiner Gruppe zu sein, bedeutet den eigenen Tod. Diese "sozialen" Verhaltensweisen lassen sich also auch auf den "Egoismus" zurückführen. Auf den evolutionären Drang, in einer Gruppe bleiben zu dürfen.

Unter der Definition verstehe ich Werte und Regeln, die von der Gesellschaft (mehrheitlich) aufgestellt und als richtig angesehen werden. Bedeutet das, dass Moral kein universeller Maßstab ist und es je nach Gesellschaft anders angesehen wird?

Nietzsche hat diesen Sachverhalt gut auf den Punkt gebracht. Ich empfehle dazu auch "Zur Genealogie der Moral" von Nietzsche.

Es gibt keine universellen Werte, weil das im Widerspruch zum Begriff "Wert" oder "Moral" steht.

Jeder Wert muss vom Betrachter in die Dinge gelegt werden. Am Ende bleibt alle unmoral und moral ohne letztendliche Konsequenz, denn die Atome/Teilchen im Universum ändern ihre Position, und das wars. Alles Handeln der einfachen Menschen wird nach spätestens 200 Jahren nicht mehr nachweisbar sein.

Anders bei großen Persönlichkeiten, da sind es dann 5000 Jahre. Irrelevant bleibt es dennoch. LG

Woher ich das weiß:Hobby – Bewunderer Nietzsches Philosophien.
DeezNutsz 
Fragesteller
 10.04.2022, 11:38

Wenn es um die Beurteilung von Moral geht, auf wen ist eigentlich abzustellen? Auf den Einzelnen oder das, was die Gesellschaft als moralisch/unmoralisch vertretbar aufstellt und vorgibt?

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Tonis9706  10.04.2022, 14:49
@DeezNutsz

Sowohl als auch. Die Gesellschaft hat eine Moral. Aber auch jeder Einzelne. Diese kann natürlich von der Gesellschaftlichen abweichen.

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DerAnimus  10.04.2022, 16:41

Wenn für dich alles Materiell ist, bist du verloren.

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Tonis9706  10.04.2022, 19:08
@DerAnimus

Alles steht im atomaren Zusammenhang. Das ist pure Wissenschaft.

Das bedeutet nicht, dass ich nicht selber Wert in verschiedene Dinge lege. Ich bin mir nur der Gegebenheiten bewusst.

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DerAnimus  10.04.2022, 16:51

Außerdem hat Nietsche nie diese Weltanschauung geteilt, was viele die sich als "Nihilisten" ausgeben missverstehen. Nietsche hat vor dieser Sicht der Dinge gewarnt. Wenn du bewunderer seiner Philosophie bist, würdest du Nihilismus und vielleicht sogar Atheismus aus dem Fenster werfen.

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Tonis9706  10.04.2022, 19:07
@DerAnimus
Außerdem hat Nietsche nie diese Weltanschauung geteilt, was viele die sich als "Nihilisten" ausgeben missverstehen.

Du schreibst groben Unsinn. Insoweit hast du Recht, dass der Nihilismus für Nietzsche nicht erstrebenswert ist. Er ist für Nietzsche unumgänglich. Vorallem für den Übermenschen. Dazu muss man die Gedanken Nietzsches zur wahrhaftigen Überlegenheit kennen. Jemand, der tatsächlich überlegen, wird in den Dingen ganz automatisch zum Nihilist. Ganz gut veranschaulicht das der Comic "Watchman".

Nietsche hat vor dieser Sicht der Dinge gewarnt.

Jain. Er hat gewarnt, im positiven Sinne. Das nach dem Nihilismus(man könnte das mit dem Kamel gleichsetzen) eine Zeit der instabilen Wertumkehr/Wertneuschöpfung anbricht.

Wenn du bewunderer seiner Philosophie bist, würdest du Nihilismus und vielleicht sogar Atheismus aus dem Fenster werfen.

Man kann nichts aus dem Fenster werfen, was unabdingbar ist. Das würde nämlich bedeuten, die Menschheit selbst in den freien Fall zu bringen.

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DerAnimus  18.04.2022, 17:05
@Tonis9706

Stimmt! Da lag ich falsch und habe noch einmal recherchiert. Aber neulich habe ich mir "Also sprach Zarathustra" geholt und will seine Weltanschauung mehr verstehen. Eine Sache leuchtet mir trotzdem nicht dabei ein. Soweit ich verstehe hat Nietsche nicht vollkommen das immaterielle negiert richtig? Dazu: Wie soll der mensch dann seine eigenen Werte schaffen und an sie glauben, wenn er wert jeglicher art und damit ja auch die Grundmoral die aus diesen werten zusammengebaut sein würde ablehnt . Man kann sich dessen bewusst sein und trotzdem seine "neuen" Werte vertreten, aber dann verlieren sie ihrern Wert!? Man würde sich selbst belügen: "Eigentlich sollte ich meine Krebskranke Schwester im Krankenhaus besuchen, aber ich darf ja über meine eigenen Werte entscheiden und diese sind nur eine Illusion, deswegen gehe ich jetzt in eine Bar und lass mich volllaufen. Sie wird zwar wahrscheinlich heute sterben und mich vor ihrem Tod nicht mehr sehen und sehr traurig sein aber das sind nur chemische reaktionen in ihrem kopf und so sind es die, die mein schlechtes Gewissen erzeugen.

Darum ist es egal was ich tue, denn alles ist gleich (typischer Nihilist) richtig?

"Ich weiß ich sollte keine kleinen Mädchen vergewaltigen aber solange es niemand erfährt, kann ich tun und lassen was ich will, wenn es mir gefällt. Das Mädchen mag zwar schwer traumatisiert werden aber ich werde es danach sowieso niemals wieder sehen oder ihr Leid nach meiner Tat zu spüren bekommen."

Für mich ist besonders der Vergewaltiger im 2. Beispiel ein vollkommener Nihilist, da er es geschafft hat sein Gewissen vollständig abzuschalten und seinen "eigenen Wert in seiner Lust zu verfolgen" und da er somit die "Grundmoral" verachtet und indiviuell anpasst.

Und der Übermensch? Er erkennt als Nihilist die erschaffene Moral als wichtig an, weil sie vor solchen Verbrechen schützt? Ist sich dennoch bewusst, dass sie nicht einer höheren Macht zuzuordnen ist, sondern sich nur im Kopf abspielt? Richtig? Nein das verstehe ich nicht...

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Tonis9706  18.04.2022, 18:41
@DerAnimus

Ich beantworte deine Fragen gerne aus der Sicht eines Nietzscheaners.

Aber neulich habe ich mir "Also sprach Zarathustra" geholt und will seine Weltanschauung mehr verstehen.

Das ist auch ein gutes Buch hierfür.

Eine Sache leuchtet mir trotzdem nicht dabei ein. Soweit ich verstehe hat Nietsche nicht vollkommen das immaterielle negiert richtig?

Ja. Nietzsche hat verstanden, dass der christliche Glaube bzw. Glauben im allgemeinen einen tiefen Hintergrund haben muss. Deshalb war er der Überzeugung, dass nach dem Tod Gottes etwas zu an diese Stelle treten muss. Er war also kein grundlegender Feind der Metaphysik. Er hat in gewisser Hinsicht seine eigene Weltanschauung als metaphysisch verstanden.

Das was wir heute als christliche Kultur verstehen, ist das Relikt der früheren Antike und lässt sich auch aus diesem ableiten.

Eine Sache leuchtet mir trotzdem nicht dabei ein. Soweit ich verstehe hat Nietsche nicht vollkommen das immaterielle negiert richtig?

Da hast du etwas falsch verstanden. Nietzsche lehnt nicht die Moral als solches ab. Jeder Mensch hat eine Moral, genauso wie Nietzsche selbst. Er hat Dinge, die er verachtet und schätzt. Sobald aber Moral als Wege zur Macht missbraucht wird und nicht seiner selbst dient, ist sie nicht wahrhaftig empfunden.

Besonders kritisiert er jene große Institutionen, welche die Völker ihrer Ideale und Moral berauben und sie wie für eine Institution üblich, institutionalisieren und missbrauchen.

Man kann sich dessen bewusst sein und trotzdem seine "neuen" Werte vertreten, aber dann verlieren sie ihrern Wert!?

Genau das ist ja Teil zum Weg des Übermenschen. Man muss seine eigenen Werte einbringen. Die Welt ist ein Ringen um Werte.

Man würde sich selbst belügen: "Eigentlich sollte ich meine Krebskranke Schwester im Krankenhaus besuchen, aber ich darf ja über meine eigenen Werte entscheiden und diese sind nur eine Illusion, deswegen gehe ich jetzt in eine Bar und lass mich volllaufen.

Ich finde dein konstruiertes Beispiel recht gut. Das aus der Sicht Nietzsches zu beantworten, wäre überaus schwierig.

Meine Einschätzung dazu ist, dass die persönliche Entscheidung letztendlich die einzige Moral ist, nach welcher man sich richten möchte.

Würde jemand ehrlich einen solchen Gedanken empfinden, wäre das seine eigene Sache, auch wenn Nietzsche(der ja seine eigenen Werte vertritt) damit sicherlich so seine Probleme hätte. Er würde es dann nicht als allgemeingültig "schlecht" oder "unmoralisch" brandmarken. Denn Moral liegt ja bekanntlich im Auge des Betrachters.

Moral lässt sich auf die selben Ursprünge und Attribute runterbrechen wie die Ästhetik. Und Schönheit bzw. Ästhetik ist ebenso subjektiv.

Sie wird zwar wahrscheinlich heute sterben und mich vor ihrem Tod nicht mehr sehen und sehr traurig sein aber das sind nur chemische reaktionen in ihrem kopf und so sind es die, die mein schlechtes Gewissen erzeugen.

Nietzsche hätte niemals eine solch wissenschaftliche/materialistische Sicht von sich gegeben.

Darum ist es egal was ich tue, denn alles ist gleich (typischer Nihilist) richtig?

Nein. Das wäre jemand, der sich der Realität verschließt. Der Nihilist kann nur tatsächlicher Nihilist sein, wenn er überlegen ist, ansonsten spielt er nur. Der Nihilist ist vorallem kein emotionsloses Geschöpf.

"Ich weiß ich sollte keine kleinen Mädchen vergewaltigen aber solange es niemand erfährt, kann ich tun und lassen was ich will, wenn es mir gefällt. Das Mädchen mag zwar schwer traumatisiert werden aber ich werde es danach sowieso niemals wieder sehen oder ihr Leid nach meiner Tat zu spüren bekommen."

Nein. So jemand wäre höchstens ein Opfer seiner Triebe. Nietzsche würde sich bei einem solchen Menschen wohl wünschen, dass die Eltern des Mädchen ihre persönliche Vorstellung von Recht bzw. von Gerächtigkeit walten lassen. Wer sich der Grausamkeit bedient, aufgrund der Grausamkeit selber, muss sich wundern, wenn er ebenso Grausamkeit erfährt.

Für mich ist besonders der Vergewaltiger im 2. Beispiel ein vollkommener Nihilist, da er es geschafft hat sein Gewissen vollständig abzuschalten und seinen "eigenen Wert in seiner Lust zu verfolgen" und da er somit die "Grundmoral" verachtet und indiviuell anpasst.

Nach dieser Prämisse gäbe es genau 1.Moral. Die Triebe der Menschen sind nämlich alle gleich. Darum geht es unter anderem. Keine Sklaven des eigenen Triebes zu sein, sondern seine Moral gefestigt zu haben und deshalb eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber dieser zu verspüren. Der Nihilist hat Werte. Aber der Kampf der Moral innerhalb seines Leibes hat aufgehört zu wüten. Er ist eins mit seiner selbst und daher gelassen und unbeschwert.

Und der Übermensch? Er erkennt als Nihilist die erschaffene Moral als wichtig an, weil sie vor solchen Verbrechen schützt? Ist sich dennoch bewusst, dass sie nicht einer höheren Macht zuzuordnen ist, sondern sich nur im Kopf abspielt? Richtig? Nein das verstehe ich nicht...

Der Übermensch wäre kein Nihilist. Moral ist nicht in Stein gemeißelt, Moral empfindet jeder anders.

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DerAnimus  24.04.2022, 11:14
@Tonis9706

Also deine Aussage ist soweit ich verstehe; jeder nimmt Moral anders wahr, sie ist also in gewissem Maße relativ aber es gibt dennoch große Überschneidungen im Kollektiv aller Individuen? Gebe ich das richtig wieder? Dann würde das ja grob nicht gegen die Existenz einer allgemein aktzeptierten Grundmoral, zum Beispiel in Form der Zehn Gebote sprechen, solange diese innerhalb des überschnittenden Bereichs der geteilten Werte liegen?

Zweite Frage: Der Nihilist kann nur Nihilist sein, indem er (der Sinnlosigkeit?)überlegen ist, was meinst du damit?

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Tonis9706  24.04.2022, 12:10
@DerAnimus
Also deine Aussage ist soweit ich verstehe; jeder nimmt Moral anders wahr, sie ist also in gewissem Maße relativ aber es gibt dennoch große Überschneidungen im Kollektiv aller Individuen?

Du hast es im Grunde sehr trefflich erkannt. Dahingehend gilt es aber zu unterscheiden. Denn es gibt sich die Massenpsychologie bzw. Sozialpsychologie. Dafür empfehle ich das Buch "Psychologie der Massen" von Gustave Le Bon.

Das Kollektiv hat ein stumpfsinniges Relikt der Vorstellung von Moral, die sich ändert, jenachdem ob es Erlangung von Macht dient oder nicht, oder ob es für sie eine Gefahr darstellt oder nicht.

Dann würde das ja grob nicht gegen die Existenz einer allgemein aktzeptierten Grundmoral, zum Beispiel in Form der Zehn Gebote sprechen, solange diese innerhalb des überschnittenden Bereichs der geteilten Werte liegen?

Ja. Die 10 Gebote sind eine westliche Erfindung. Jene sind evolutionärbedingt bei uns in gewisser Hinsicht wichtig. Im Orient gelten andere Prinzipien, da die Evolution andere moralische Tugenden als legitim und wichtig für den Erhalt der Gruppe erachtet.

Nietzsche stellt sich aber weniger prinzipiell gegen moralische Prinzipien. Es geht mehr darum, dass besonders die Massenpsychologie die selbe Tat in ihrer Hand(des Täters) anders bewertet.

So ist zu beobachten, dass besonders Frauen erheblich geringe Strafen bekommen, weil ihre Motivation(die letztendlich egal ist, da ein Kanalisationsprozess dieses Gefühl nur erzeugt und es garnicht tatsächlich vorhanden ist) eine scheinbar andere ist.

Die Massenpsychologie möchte keine Macht abgeben. Da Frauen im Sinne derer rein aus emotionalen Gründen töten, stellen sie keine Gefahr für die Gesellschaft dar.

Zweite Frage: Der Nihilist kann nur Nihilist sein, indem er (der Sinnlosigkeit?)überlegen ist, was meinst du damit?

Tatsächliche Überlegenheit geht einher mit einem Anflug und sich steigendem Nihilismus. Also der Gleichgültigkeit zu einer Thematik(nicht zu verwechseln mit Desinteresse).

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