Ich komme mir fremd vor im eigenen Land - was tun?

27 Antworten

Ich verstehe deine Gedanken schon.

Es ist schwieriger mit Menschen umzugehen, die anders sind als man selbst. Wenn man in einer Grundschulklasse mit "deutschen" Mitschülern war - ohne Migrationshintergrund - die aus der gleichen Gegend kamen, deren Eltern etwa den gleichen Lebensstandard und -stil hatten und die größtenteils christlich oder atheistisch aufgewachsen sind, dann musste man über vieles nicht reden, das war einfach klar. Man konnte von vielem ausgehen, das war bei allen ähnlich.

Wenn man dann in eine Klasse kommt, in der viele einfach anders sind, einen anderen Hintergrund, eine andere Religion, andere Werte, andere Rituale haben und vielleicht Sprachprobleme oder eine andere Sprache - auch, wenn sie Deutsch sprechen andere Wörter und Wendungen verwenden -  dann ist das erst mal schwieriger als vorher. Vieles ist mühsamer, vieles versteht sich nicht mehr von selbst. Dazu kommen auf beiden Seiten Vorurteile, Ängste und evtl. auch Ablehnung oder gar Aggressionen. Gerüchte verbreiten sich schnell und verschwinden langsam, Missverständnisse können zu Ängsten oder Aggressionen führen. Man traut sich entweder nicht, mit den anderen zu reden oder ist auch Selbstschutz schon mal aggressiver eingestellt. Es fehlen einfach Gemeinsamkeiten.

Man möchte auch nicht gezwungen werden, sich mit Leuten zu befreunden, die man nicht versteht, denen man misstrauisch gegenüber steht und vor denen man ggf. Angst hat. Das wäre genauso mit deutschen Kindern mit ähnlichem Hintergrund, die aber gemeinsam aufgewachsen sind und eigene Rituale, eigene Spiele, eine eigne Sprache in ihrer Gruppe entwickelt haben. 

Wir wissen jetzt nicht, was dein Problem mit den Mitschülern ist. Das könntest du mal ausführen.

Was du tun kannst: Du musst nicht mit jedem befreundet sein, aber kannst dich bemühen, in der Schule mit allen gut auszukommen. Du kannst Probleme konkret immer wieder beim Klassenlehrer melden und um Lösungen bitten, mit denen alle zurecht kommen. 

Versuche, offen auf die Klassenkameraden zuzugehen, interessiert an ihnen zu sein, Unterschiede zu akzeptzieren (das heißt nicht, dass du dich angleichen musst). Manchmal wird man von Menschen, die einem unheimlich waren, überrascht. Ich hatte mal eine Projektwoche mit einem Mädchen, das mir sehr unheimlich war (sie schnorrte auf der Straße, nahm Drogen, spielte mit einem Messer rum). Wir waren sehr unterschiedlich, lernten uns aber in dem Projekt besser kennen und verstehen. Wir wurden nicht beste Freundinnen, aber jede hatte etwas über die andere gelernt und Vorurteile abgebaut. Vielleicht kannst du so etwas auch mit einigen deiner Klassenkameraden schaffen. 

Lass dich aber nicht verbiegen, gleiche dich nicht um jeden Preis an, stehe zu deinen Überzeugungen, Interessen und deinem Charakter, ohne den der anderen ändern zu wollen. Man darf auch gemeinsam unterschiedlich sein.

Frage deine Lehrer, wen du konkret bei bestimmten Problemen ansprechen kannst.

Wenn dir der Unterricht zu langsam ist, versuche, AGs zu besuchen, in eine andere Klasse zu kommen, die Schule zu wechseln, außerschulisch etwas zu lernen, außerschulische Kurse mit Gleichinteressierten und Leuten ähnlichen Bildungsstandes zu finden.

Natürlich verändern wir uns und Deutschland wird in 10 Jahren anders sein als heute, aus verschiedenen Gründen. Es wird immer Konflikte geben aber die meisten Menschen wollen auch friedlich und freundlich zusammenleben, auch wenn sie andere Lebenseinstellungen als ihre Nachbarn haben. Vertraue darauf. Versuche, Ursache von Missverständnissen zu ergründen, interessiere dich für den Standpunkt der anderen, gerade auch Standpunkte, die dir völlig fremd sind. Wenn du das tust, wird dir normalerweise auch mehr Interesse und Toleranz entgegen gebracht.

Bedenke, dass sich auch ein Hamburger, der vielleicht noch Großeltern hat, die plattdeutsch sprechen, in Bayern sehr fremd fühlen kann: Anderer Dialekt, andere Religion (katholisch statt evangelisch), andere Rituale, anderer Lehrplan usw. Sogar im gleichen Bundesland kann man sich an einer Schule, in einer Klasse sehr falsch vorkommen, wenn man einfach nicht zu den anderen passt. Das muss nichts mit der Herkunft zu tun haben. 

Traue dich aber, konkrete Probleme immer wieder mit Lehrern zu diskutieren und auf allgemein gültige Regeln und Lösungen zu drängen!

Das Beste, was ich dir raten kann, ist dir (später?) einen anderen Weg zu suchen.

Gegen laute Mitschüler kann man nicht wirklich etwas machen.

Je mehr Distanz du zu so Situationen bekommen kannst, desto besser.

Ich möchte auch was darstellen.

Die Annahme, dass die Landeszugehörigkeit deiner Klassenkameraden in irgendeiner Weise mit dem Störfaktor zusammenhängt ist ein fataler Irrtum. Dieses Gedankengut sind die Samen, die Parteien wie die AfD und die NPD wachsen lassen.

Du willst keine Hetze betreiben? Gut, dann hör auf sowas zu behaupten! Damit verschlimmerst du das Leben zahlreicher anderer Leute in Deutschland, auf die durch solche Aussagen mit dem Finger gezeigt wird!

Fremd im eigenen Land? Was für eine Anmaßung das Deutschland den Deutschen bestimmt ist! Wir sind ein Multikulti Land und geprägt durch Menschen unterschiedlichster Nationen!

Eine richtige Lösung wäre, mit dem Klassenlehrer drüber zu sprechen!

LG

schnoerpfel  18.07.2016, 21:36

Nein, mit 20 % Migrationsanteil ist Deutschland kein Multikulti-Land. Deutschland ist das Land der Deutschen. Jede Ethnie hat ein Recht auf ihr Land. Und keiner anderen wird dieses Recht abgesprochen. Vielleicht solltest Du mal nachlesen, was am Reichstagsgebäude steht.

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Rocker73  18.07.2016, 21:51
@schnoerpfel

Jeder Mensch hat das Recht zu leben, wo er möchte. Und jeder Mensch hat das Recht sich als deutsch zu bezeichnen, wenn er die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt.

Hass, Misstrauen etc. werden uns nie näherbringen, hör dir mal seine Rede an: https://www.youtube.com/watch?v=YhQQcLHTc5g

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schnoerpfel  21.07.2016, 11:41
@Rocker73

Nein. Wo bereits Menschen leben, können keine anderen leben. Erstens führt das aufgrund der Enge zu Konflikten. Zweitens kann das eine Nation völlig umkrempeln, bis hin zum Identitätsverlust. Multikultur funktioniert nur im beschränktem Maße. Und dann auch nur mit einer gewissen Leitkultur. Und diese ist in diesem Land deutsch bzw. europäisch.

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Hallo!

Erstmal Glückwunsch. Wenn in deiner Klasse, insgesamt "nur" 18 Schüler sind. Das ist nämlich schon mal besser, als es in vielen anderen Schulklassen Deutschlands, der Fall ist.

Mich würde interessieren in welchem Bundesland du lebst? Schulbildung ist ja Ländersache. Was die Leistungsfähigkeit von Schülern angeht, haben wir in Deutschland, schon fast ein Nord-Süd Gefälle.

Bei mir in Berlin, sind die Schüler oft "schlechter", als zum Beispiel in Bayern, oder Baden Würtemberg.

Interessanterweise hat Bayern, und Baden-Würtemberg, einen höheren Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund, als Berlin.

Wenn bei dir im Unterricht, es unruhig und laut ist, ist die Frage woran es liegt. Du vermutest den Grund darin, dass über 70% der Schüler, einen Migrationshintergrund haben. Meiner Ansicht nach, ist das nur eine sehr oberflächliche Sicht, der Dinge.

Vor ein paar Jahren, geriet die Rütli Schule in Berlin-Neukölln, in die Schlagzeilen. Es gab dort viele Probleme. Der Anteil der Schüler, die einen Migrationshintergrund hatten, lag bei über 80%. Lehrer wendeten sich an die Öffentlichkeit, weil kein "normaler" Unterricht möglich war.

Mittlerweile hat sich dort viel getan. In Berlin ist sie schon fast eine "Vorzeige" Schule. Man hat viel getan. Was man nicht getan hat, ist den "Ausländeranteil" zu senken. Der ist fast gleich geblieben.

Als einzelner Schüler kann man natürlich wenig tun. Letztendlich kann man nur etwas tun, wenn alle zusammen, an einem "Strang" ziehen. In erster Linie Schulleitung, und Kultusministerium. Aber selbstverständlich muss man Lehrer, Schüler und Eltern, mit ins Boot holen.

Ein Anfang wäre, dass du zusammen mit der Schülervertretung, bei der Schulleitung wirbt, dass es Probleme gibt, und das Lösungen gefunden werden müssen. Die Elternvertretung, kannst du auch ansprechen.

Aber ich will dir keine Hoffnung machen. Ein solches "Klima" wie du es beschreibst, ist schwer zu verändern. Oft haben Lehrer und Schulleitung, den Kopf in den "Sand" gesteckt.

Jetzt noch zu deiner Frage, ob ich mich fremd im eigenen Land fühle? Ich bin Berliner. Ich bin mit Türken, Kurden, Arabern, Afrikanern, Albanern, Kroaten, Italienern, Griechen, aufgewachsen und zur Schule gegangen. Ich will nichts beschönigen. Es war nicht immer einfach, alle kulturellen Eigenheiten unter einen "Hut" zu bringen. Das brachte auch Konflikte mit sich.

Aber letztlich sehe ich es als Bereicherung. Ich kenn es ja auch nicht anders. Diese verschiedenen Kulturen gehören für mich zu Deutschland. Denn ein "anderes" Deutschland, habe ich nicht kennen gelernt.

Viele meiner Freunde haben einen Migrationshintergrund. Es gibt vieles was uns unterscheidet. Aber letztlich sehen wir uns alle als Berliner. Egal woher unsere Eltern kamen.

Und es gibt doch nix schöneres, wenn mein Freund Luc, dessen Eltern aus Ghana stammen, in Englisch rappt, und er es nicht hin bekommt, seinen Berliner Dialekt zu unterdrücken. Wa? ;)

Deutschland ist bunt!

Bitterkraut  24.06.2016, 20:06

Und mir wärs todlangweilig, hätte ich nicht Freunde und Bekannte aus aller Herren Länder. nur mit deutschen mein ganzes Leben verbringen, tödlich langweilig.

Und der Zusatzvorteil, wenn ich in Länder fahre, aus denen meine Bekannten kommen, brauch ich kein Hotel.

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BerlinEastside  24.06.2016, 20:37
@Bitterkraut

Ja. In andere Länder reisen, und Freunde besuchen ist toll. Aber fast noch schöner finde ich es, wenn man im eigenen Land, die Möglichkeit hat, andere Kulturen kennen zulernen.

Auf einer türkischen Hochzeit zu tanzen, arabische Gastfreundschaft zu erleben, die Herzlichkeit einer italienischen "Mama" genießen zu dürfen, und in den Genuss von afrikanischer Lebensfreude und Großzügigkeit zu kommen.

Wir sehen oft, was uns Migration "kostet", und wo auch der kleinste kulturelle Unterschied liegt. Aber vor dem was es uns "bringt", und uns bereichert, und die großen Gemeinsamkeiten, verschließen wir nur all zu oft die Augen.

Leider. Denn mit "geschlossenen" Augen, entgeht einem nicht nur das Meiste, sondern vor allem das Beste. :)

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Tjula1  24.06.2016, 20:55
@BerlinEastside

Ja, das mit der Gastfreundschaft ist mir auch schon häufiger aufgefallen! :) Als ich eine Freundin mit rumänischen Wurzeln besuchte, hat ihre Mutter sich extra ihr erkundigt, was denn mein Lieblingsessen ist und das dann gekocht :) Als ich bei Deutsch-Türkinnen eingeladen war, war auch deren Mutter zu Besuch: sie hat für über 20 Leute gekocht, mit vielen Vorspeisen, Hauptspeisen und Nachtischen! Insgesamt waren es bestimmt 10 unterschiedliche Gerichte!! oO Bei einem russischen Bekannten bin ich manchmal zum Tee - und damit meine ich, das alles, was der Kühlschrank hergibt, aufgetischt wird :) Das kannte ich so nicht von den Familien meiner "ur-deutschen" Freunde. Da gab es häufiger mal Leipziger Allerlei aus der Dose (und man wurde böse angeguckt, wenn man das nicht aufaß). 

Inzwischen hab ich mir ein paar Sachen von dieser beeindruckenden Gastfreundschaft abgeguckt und hoffe, dass man sich bei mir auch so wohl fühlt, wie ich es bei ihnen getan habe :)

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Bitterkraut  24.06.2016, 21:00
@BerlinEastside

Meine ausländischen Freunde leben hier, aber ihre Familien/Verwandten oft nicht. Und bei denen bin ich dann eingeladen, was mir auch im Ausland Menschen und Kultur viel näher bringt, als ein All-inclusive-Hotel. Oder sie haben hier gelebt und sind zurückgegangen, wie meine Freunde aus Accra/Ghana, oder aus Jamaica, da hab ich ne Dauereinladung.    

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BerlinEastside  24.06.2016, 21:11
@Tjula1

Das kommt mir alles sehr bekannt vor. Das Verständnis von Gastfreundschaft, ist in anderen Kulturen, oft ein anderes. 

Aber es gibt auch andere Unterschiede. Ich habe afrikanische Freunde. Die haben ein ganz anderes Verhältnis zur Pünktlichkeit, bzw. zu Verabredungen, als wie wir es in Deutschland gewohnt sind.

Zum Beispiel habe ich, zu einem Freund gesagt: "Komm doch am Mittwoch um 17 Uhr vorbei"! Ich habe dann, typisch "deutsch", ab  16.30 gewartet. Er kam nicht. Ging nicht ans Telefon. 

Donnerstag, Nachts um 23.45Uhr klingelt es. Ich lag im Bett, weil ich um 5 Uhr aufstehen musste.

Es war mein Freund. Und ich lernte. Wenn du einen Afrikaner zu dir einlädst, kommt er. Die Frage ist nicht ob. Sondern wann. :D


Aber das ist doch auch so schön. Man kann voneinander lernen. Win-Win Situation nennt man das wohl.

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Leseratte98  26.06.2016, 22:14

Schade, dass so viele nicht nachvollziehen können, was für positive Erfahrungen man mit unterschiedlichen Kulturen machen kann. Ist das etwa nur in Berlin so? Ich freue mich auch jedes Mal, wenn ich merke, wie bunt meine Heimatstadt ist. Vielfalt macht reich. Leute, die sich in ihren Vorurteilen einkerkern, kann ich nur bedauern.

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BerlinEastside  27.06.2016, 12:53
@Leseratte98

Tja...die Meisten Vorurteile, gegen Menschen, aus anderen Kulturen, gibt es ja hauptsächlich dort, wo es kaum andere Kulturen gibt....

Es ist nämlich sehr schwer, Vorurteile aufrecht zu erhalten, wenn man die Menschen, erst mal kennen lernt, und bemerkt, wie ähnlich wir uns sind, trotz Augenscheinlicher Unterschiede.

Denn egal wo jemand herkommt. Letztendlich wollen wir alle in Frieden leben, wünschen uns Glück und Gesundheit, für unsere Familien, eine Zukunft für unsere Kinder, und ein gutes Verhältnis mit unserem Nachbar.

Und Miteinander ist das immer leichter als Gegeneinander!!!

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Wir leben alle auf einem Planten. Wir sind alle Menschen, also heul nicht rum, nur weil deren Penisse größer sind als deiner.