Hat die Eröffnungstheorie Schach zerstört?
So ab 1700 bis 1900 FIDE sind die Eröffnungen fast immer gleich und ab 2500 auch die Spiele. Das macht die Partien ehrlich gesagt ziemlich langweilig, weil es mehr um das Auswendiglernen als um Kreativität geht.
Eine Ausnahme im GM-Bereich oder höher, die mir positiv auffiel, waren die Partien von Bobby Fischer.
Ehrlich gesagt finde ich normale/untere Partien deswegen sogar interessanter, aber auch dort findet zunehmend die Eröffnungstheorie Einzug.
Wenn man sich viel mit Eröffnungstheorie beschäftigte und diese anwendet, kann man irgendwie auch keine unteren Partien mehr gut spielen. Meiner Ansicht nach behindert Eröffnungstheorie den Lernfortschritt als Anfänger/halb-Fortgeschrittener beim Schach sogar. Man sollte mMn. lieber mit Taktikaufgaben und Endspieltheorie anfangen.
5 Antworten
Die These die du da hast, ist im Prinzip ja eine extreme Variante von Fischer's Position. Er hat die immer komplexer werdene Eröffnungstheorien die tief ins Mittelspiel reinreichen auch kritisiert.
Zu behaupten man könne nicht mehr kreativ sein ist doch aber viel zu weit gegriffen. Schau dir mal ein paar deiner Spiele auf Lichess an und vergleiche ab welchem Zug deine Partie nicht mehr in der Masters Sammlung vorkommt. Du wirst je nach Niveau feststellen, dass dies schon oft nach wenigen Zügen einmalig sind. Bei Profis halt etwas Später, aber es wird doch nie eine auswendig gelernte Partie gespielt.
Und wo ist eigentlich das Problem dabei? Wieso sollte ein starkes Gedächtnis nicht genauso respektabel sein, wie das finden toller Gewinnzüge. Die sind nämlich genauso wenig neu erfunden, sondern basieren auf erlernten Mustern und dessen Wiedererkennung und Kombination. Schau dir mal folgende Stellung an: Weiß am Zug.
Für erfahrene Spieler wie dich sicher ein leichtes den besten Zug für Weiß zu finden und für einen blutigen Anfänger nahezu unlösbar. Aber ist das jetzt sonderlich kreativ und neu? Also bitte. Das setzt sich aus simplen Motiven wie Ablenkung der Schutzfigur, Hinlenkung und einem sehr bekannten Mattbild zusammen. Daran ist nichts kreativ oder neu, aber für den Anfänger wirkt das wie ein Geniestreich.
Am Ende ist Schach nie besonders schöpferich sondern vor allem kombinatorisch und strategisch. Es gewinnt der beste Zug, nicht der noch nie dagewesene. Das war auch vor 500 Jahren im Schach so.
Du klingst ja fast so, als wolltest du sagen man könne mal so eben paar Züge auswendiglernen und dadurch plötzlich bei erfahrenen Spielern mithalten.
Bei den normaleren Spielen gibt es halt jedes Mal E4-E5 oder E4-Caro-Kann Def.
Also da gibt es schon deutlich mehrnals die zwei ;-) Aber das ist doch nichts Neues. Eröffnungstheorie gibt es schon seit Ruy Lopez. Neu ist vielleicht, dass auf GM Niveau die Eröffnungen viel weiter gelernt werden. Da kann auch mal der 20 Zug noch Theorie sein. Aber das is alles andere als simple. Die Gedächtnisleistung die dahinter steckt ist nicht zu unterschätzen.
Zum Beispiel: Genau Schwarz kann seine Dame opfern um das Matt abzuwenden. Aber das ist dann auch aussichtslos verloren für Schwarz. Nach Lb5 kann Schwarz aufgeben.
Mir gings aber eigentlich darum zu zeigen dass auch hinter komplexen Zügen, (auch hinter denen von Fischer) bereits bekannte Motive stecken, die man gelernt hat und anwendet. Garnicht so anders als die Eröffnungstheorie - das Rad wird nicht neu erfunden.
Lb5 oder? Wenn die dame sich nicht opfert folgt Se7+ Kh8 Dxh7 Kxh7 Th1#
Genau. Stammt aus der Partie Salter gegen Marco in Tschernowitz 1900. Das Mattbild heißt auch Anastasias Matt. Aber das Mattbild ist dir bestimmt bekannt.
Wirklich ein schönes Beispiel mit einem Weglenkungsopfer, welches die Partie gewinnen wird (entweder - bei Annahme des Opfers auf b5) mit dreizügigem (?) Matt oder dennoch verlorener Stellung für Schwarz.
Schablonenhaft hätte ich jedoch (je nach Zeitsituation auf der Uhr) auch gerne Th1 gespielt. Nach 1.; h6 kommt 2. Sf6+ mit der Gabel. Nimmt schwarz den Springer ist eh Feierabend - geht der König aus dem Weg ist die Dame futsch.
Ich denke das kann man so nicht behaupten. Sicher, die Eröffnungstheorie bestimmt den Beginn der Partie, aber auch heute noch begeben sich Partien sehr häufig nach den ersten paar Zügen in unbekanntes Millieu. Und auch auf Top Level sieht man immer mal wieder dass Magnus Carlsen ungewöhnliche, oder gar schlechte Eröffnungen spielt.
Ich denke eher, dass sich Schach so als Leistungssport entwickeln konnte.
Zerstört nicht, weil man auch ohne Theoriekenntnisse Schach zur gegenseitigen Freude spielen kann.
So wie es viele Leute auch tun.
Mit besten Grüßen
gregor443
Nein. Ich kann nicht bestätigen dass die Eröffnungen immer gleich sind. Weder bei den 1700-1900er(zähle da selbst hinzu) noch bei den GMs
Das stimmt. Aber vergleich mal normales Schach mit Chess960. Chess960 macht irgendwie mehr Spaß, weil man mit den Figuren in unterschiedlichsten Positionen umgehen muss. Da ist wirklich jedes Spiel von ersten Zug an anders.
In den normalen Partien habe ich auch schon ungewöhnliche Eröffnungen versucht, wie etwa Grob's Opening(Obwohl es faktisch die schlechteste ist) oder Bird Opening. Und nicht selten kannten die Mitspieler die ganzen Fallen schon. Bei den normaleren Spielen gibt es halt jedes Mal E4-E5 oder E4-Caro-Kann Def.
Insgesamt tendiere ich deswegen mehr zu Chess960. Es macht mehr Spaß und man lernt besser, mit den Figuren nach Mustern/Gefühl umzugehen, Anstelle vom Auswendiglernen.
Das Beispiel ist noch lange kein Matt. Schwarz kann es noch abwenden, hat aber mindestens Damenverlust.