Hat Deutschland den ersten Weltkrieg verursacht?
Ich war mit einem Kumpel unterwegs und habe rumgescherzt mit: Egal von welchen Krieg du sprichst Deutschland hatte in den Weltkriegen die geilsten Uniformen.
Da meinte er: Ja wir haben damit beide angefangen und verloren.
Ich habe dann gesagt, dass der Krieg eigentlich von Österreich-Ungarn und Serbien verursacht wurde und wir einen Pakt mit Österreich hatten.
Er meinte fragte daraufhin, ob ich in Geschichtsunterricht geschlafen hätte, da Deutschland Österreich-Ungarn zum Krieg gedrängt hätte, da Deutschland ,,Kriegsgeil,, war,
War das wirklich so? Ist hier jemand Geschichtsexperte?
9 Antworten
Fast jede beteiligte Nation hatte Kriegsschuld alle haben ein Stück dazu beigetragen. Es ist also nicht einfach, die Schuld auf eine einzige Nation zu schieben.
Deutschland hatte Bündnisse mit Österreich-Ungarn und unterstützte dieses Land nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand durch Serbien. Dies trug zur Eskalation bei. Es ist jedoch auch wahr, dass andere Großmächte wie Russland, Frankreich und Großbritannien in den Konflikt verwickelt waren.
Es gab vor dem Krieg Verhandlungen zwischen Deutschen und Russischen Gesamten um den Krieg nur auf den Balkan zwischen Österreich und Serbien zu beschränken diese Verhandlungen gingen jedoch schief auch weil Frankreich auf Russland eingeredet hat Deutschland anzugreifen.
Dabei muss man aber auch erwähnen das Deutschland durch den Schiefen Plan Frankreich sowie Russland den Krieg erklärte und in die NEUTRALEN Staaten Luxemburg und Belgien einmaschierte dies führte erst zum Kriegsbeitritt von Großbritannien.
Es gibt keine klare Antwort auf die Frage, ob Deutschland den Ersten Weltkrieg verursacht hat. Historiker haben unterschiedliche Meinungen dazu. Es ist wichtig, historische Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und sich nicht auf einfache Schuldzuweisungen zu beschränken.
Deutschland hatte großen Einfluss auf die Entscheidungsfindung in Österreich - immerhin war man größter Bündnispartner und alle waren sich der Risiken bewusst.
Die letzte Entscheidung zum Angriff auf Serbien traf dann natürlich Österreich.
Ob man das nun als "Drängen" interpretieren kann ist Ansichtssache, aber Deutschland wurde hier nicht etwa gegen seinen Willen in einen Krieg gezwungen, sondern war Treiber der Eskalation (was sich ja auch in den sofort folgenden Angriffen auf Belgien und Frankreich zeigte, die auf langen Vorbereitungen basierten).
https://de.wikipedia.org/wiki/Erster_Weltkrieg#Julikrise_und_Kriegsbeginn
Interessantes Detail am Rande: in Barbara Tuchmans großartigem Buch "The Guns of August" über den ersten Kriegsmonat spielt das Attentat von Sarajevo und die Kriegserklärung Österreichs eine (für den deutschsprachigen Raum) erstaunlich geringe Rolle. Der Krieg war bereits jahrzehntelang angelegt, die Frage war eigentlich nur, wann er ausgelöst würde.
Egal, wie man es betrachtet, Kaiser Wilhelm II hat fröhlich Kriegserklärungen unterschrieben und das neutrale Großbritannien in den Krieg hineingezogen durch den Überfall auf Belgien. Großbritannien war eine der beiden Garantiemächte Belgiens.
In Deutschland geht man von der Verschwörungstheorie aus, der Kaiser hätte die Welt erobern wollen. Diese typisch deutsche Theorie ist Ausdruck der nationalen Selbstverachtung der Deutschen. Auch heute noch glauben die Deutschen an diese Phantasien und leider werden diese auch in Schulbüchern nach wie vor gelehrt.
In anderen Ländern wird freier und differenzierter darüber nachgedacht. So haben britische, amerikanische und australische Historiker gezeigt, daß gerade die Entente-Mächte ein Interesse am Krieg hatten und zwar:
1. Großbritannien wollte den aufstrebenden Wirtschaftsrivalen Deutschland liquidieren, der die Vormachtstellung des britischen Imperiums bedrohte. Zumindest bildeten sich das die nervösen Eliten in London ein.
2. Frankreich wollte Elsass-Lothringen erneut annektieren. Die Deutschen hatten diese Länder ja 1871 ja wieder ins Reich heimgeführt, was in Paris ein Schock war, da diese Gebiete wirtschaftlich relativ bedeutend waren.
3. Russland wollte das osmanische Reich endgültig erledigen und den Bosporus annektieren, um dadurch Zugriff auf das östliche Mittelmeer erhalten, das geostrategisch von entscheidender Bedeutung ist (Suezkanal!) Zugleich strebte es die Hegemonie über die osteuropäischen Völker an und wollte die in einem Pakt unter Moskauer Führung vereinen (nach 1945 ist Russland als "UdSSR" dies dann auch gelungen). Allerdings wollte der russische Zar nicht wirklich Krieg gegen Deutschland, er war somit hin- und hergerissen. Ein entscheidungsschwacher Potentat, der leicht das Opfer der intrigant-manipulativen westlichen Diplomatie sowie der aggressiv-militaristischen Panslawisten wurde.
4. Italien ging es darum, Österreich zu schwächen. Es war ja gegen den Willen Österreichs geeint worden.
5. Deutschland hatte keine Kriegsgründe und war am Krieg nicht interessiert. Die Deutschen waren auch damals schon ein friedliebendes Volk (nicht erst heute) und Preußen-Deutschland war zwar innerlich "militaristisch" aufgebaut, doch nur aus dem simplen Grund, das es von äußerst bellizistischen Nationen (England, Frankreich und Russland) umgeben war, gegen die man sich ja verteidigen mußte. Der Kaiser hat bis zuletzt versucht, den Frieden zu wahren. Frieden war für das wirtschaftlich blühende und wissenschaftlich-technologisch so erfolgreiche deutsche Kaiserreich das Beste, was es haben konnte. Ähnlich wie heute, wo auch die BRD innerhalb ihrer für den Handel idealen, für einen Krieg aber katastrophalen geographischen Mittellage in Europa vom Frieden nur profitieren, im Krieg aber nur verlieren kann.
6. Österreich-Ungarn hatte ebenfalls keine Kriegsgründe.
Auf GuteFrage dazu offen und frei zu schreiben ist allerdings schwer möglich. Wir haben in Deutschland zur Zeit leider nur eine sehr stark eingeschränkte Meinungsfreiheit. Das etablierte Narrativ, das hier auf GuteFrage durch einige lernunwillige Stammschreiber vertreten wird, ist das politisch gewünschte, das in Deutschland zu kritisieren schnell ins politische Abseits führen kann. Wer einen größeren Meinungspluralismus zu solchen historischen Fragen haben möchte als den, der in Deutschland erlaubt ist, dem empfehle ich die englischsprachige Sektion der Seite der Seite quora. Dort gibt es zu solchen Fragen gewöhnlich alle Versionen: Von den bei uns erwünschten antideutschen Narrative bis hin zu sachlich objektiveren Darstellungen.
In Deutschland gab es - wie auch in anderen Nationen - eine Kriegsbegeisterung. Das stimmt soweit.
Es stimmt auch, dass Deutschland Österreich-Ungarn eine Art "Blanko-Scheck" ausgestellt hat - im Sinne von: "Egal was ihr macht, wir unterstützen euch."
Insgesamt ist das Thema aber viel komplexer, auch andere Nationen hatten grundsätzlich Interesse an einem Krieg. Deutschland trägt mit Sicherheit eine erhebliche Mitschuld - aber bei weitem nicht die Alleinverantwortung für den Krieg.