Gesamtsäure Bestimmung in Wein?

3 Antworten

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zu 1: 

  • Bei der Titration von schwachen wie auch starken Säuren ist der Umschlag am Neutralpunkt so steil, dass die Stärke der Säure keine Rolle spielt, um einen ausreichend exakten Punkt zu bestimmen. Siehe Bild.
  • Angemerkt sei noch, dass Säuren keinen pH haben, sondern die Säurestärke als pKS-Wert angegeben wird. Der Begriff pH ist nur auf Lösungen anwendbar, d.h. es geht die jeweilige Verdünnung der Säure in Wasser mit ein.

zu 2:

  • Anhydride reagieren in Wasser und liegen daher in Wein im allgemeinen nicht vor.
  • Ester werden nicht mitbestimmt. Dies würde bei einer Gesamtsäurebestimmung ja auch keinen Sinn ergeben, denn man will ja den Säuregehalt bestimmen und Ester tragen weder zum pH-Wert noch zum sauren Geschmack bei.
Titration schwache Säure mit starker Base - (Schule, Studium, Chemie)

Ein großer Fehler wäre es, die ev. gelöste Kohlensäure vorher nicht zu beseitigen. Der Küfer schäumt die Probe zu diesem Zweck auf und titriert mit einer Blaulauge. das ist eine 0,1 m NaOH Lösung mit einem gelösten Indikator.

Der Äquivalenzpunkt ist erreicht beim Farbumschlag farblos bzw. leicht gelblich nach Grün. Da das Ganze kalibriert ist, kann man nun aus dem Verbrauch an Blaulauge sofort in einer Tabelle den Säuregehalt in g/l ablesen

Zu 1: Im Wein werden vermutlich mehrer unterschiedliche Säuren vorliegen, so dass es schwierig sein dürfte, bis zum jeweiligen Umschlagpunkt zu titrieren.

Der Säuregehalt ist ein sogenannter "Summenparameter" und ja, im Prinzip ist es eine Konvention bis pH 7 zu titrieren. Also im Prinzip lautet die Fragestellung: Wieviel NaOH muss ich zugeben, um einen pH vom 7 zu erreichen.

Zu 2: Die meisten Anhydride werden bereits mit dem Wasser zur entsprechenden Säure reagiert haben und somit mit erfasst werden. Mit Lauge werden sie z.T. sicher auch reagieren und so mit erfasst werden.

Ester können sich in Verbindung mit Wasser ebenfalls zersetzen und so mit erfasst werden.

Kajjo  28.08.2017, 11:42
  • Ester werden bei der Gesamtsäure nicht mitbestimmt.
  • Ester sind in der moderat sauren Lösung des Weines weitestgehend stabil, sonst wären sie im Moment der Bestimmung ja gar nicht mehr vorhanden.
  • Beim Titrieren in Richtung Neutralpunkt zersetzen sie sich ebenfalls nicht und alkalisch genug für Verseifung wird es beim Titrieren nicht, schon gar nicht in anbetracht der Zeitskala.
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bartman76  28.08.2017, 11:56
@Kajjo

Ester sind das Paradebeispiel für das chemische Gleichgewicht. Wenn ich den pH-Wert verschiebe, werde ich auch dieses Gleichgewicht möglicherweise verschieben.

Ergo: So lange ich nicht weiß um welche Stoffe es sich konkret handelt, kann ich auch nicht sagen: Das kann nicht sein!

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Kajjo  28.08.2017, 13:06
@bartman76

Prinzipiell richtig, aber wenn man einen Wein untersucht, der schon "lange" (viele Tage, Wochen, gar Monate) abgepackt ist, dann wird bei einer Gesamtsäurebestimmung einfach die gesamte Säure bestimmt. 

Selbst wenn ein Teil davon historisch gesehen aus Estern stammen würde, wären es jetzt Säuren. Wenn Ester im Moment der Bestimmung vorhanden sind, dann werden sie nicht mitbestimmt. Ester spalten sich unter den Untersuchungsbedingungen nicht entsprechend schnell.

Es ist im Falle der Matrix Wein bekannt, dass sehr viele aromabestimmende Ester stabil sind. Ist einfach so. Könnte vielleicht anders sein, ist es aber im Falle von Wein eben nicht.

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Carno1995 
Fragesteller
 28.08.2017, 20:40
@Kajjo

Das scheint mir so ähnlich wie bei der Säurezahlen bei den Fetten. Wenn ich mich recht erinnere, bestimmt man nur die freien Fettsäuren, wenn man die Probe schnell titriert (so wie bei unserem Wein nur die freie Säure bestimmt wird). Und falls man auf der Probe ein wenig rumkocht, und dann titriert wird die Gesamtsäurezahl (Ester + freie Fettsäuren) bestimmt. Also wenn ich meine Probe ein wenig kochen würde und langsam titriere, könnte ich alle Ester spalten und mitbestimmen, oder?

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Kajjo  29.08.2017, 11:10
@Carno1995

Bei der Fettanalytik bestimmt die Säurezahl ebenfalls nur freie Säuren. Die Verseifungszahl inkludiert die als Glycerin-Fettsäure-Ester gebundenen Fettsäuren. 

Die sichere Verseifung von Estern erfordert deutlich alkalische Bedingungen. Fett werden in ethanolischer Kalilauge längere Zeit gekocht. Ester in wässrigen Lösungen wie Wein zu bestimmen, ist auf diese Art kaum möglich. Heutzutage wendet man der Einfachheit halber chromatographische Verfahren an, um die Ester zu bestimmen. Dann weiß man auch gleich, welche Ester es genau sind.

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