Frage zur Rotationsenergie?

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Ein paar Überlegungen dazu:

1) Praxis

Die Aufgabe an sich ist ziemlich unrealistisch. Aufgrund der größeren Größe nehmen die Fliehkräfte der einzelnen Propellerblätter zu, sodass schon alleine der Fuß jedes Propellerblattes eher dicker gestaltet werden muss, um die erhöhten Fliehkräfte mechanisch auszuhalten. Um dieselbe Masse zu erhalten, müsste der Querschnitt aber halbiert werden. Insofern können wir und ganz von dem Propeller lösen und einen einfachen homogenen Stab im Weiteren betrachten.

2) Herleitung der Gesetze für die Rotation

Vielleicht erinnerst du dich noch dunkel, wie die Gesetze für die Rotation hergeleitet wurden. Man betrachtete einen Massenpunkt auf der Kreisbahn und hat die dafür gültigen Gesetze zur geradlinigen Bewegung über die Kreisgeometrie und die Winkelfunktionen auf die Rotation umgerechnet. Zusätzlich dachte man sich bei einem Körper dessen gesamte Masse im Schwerpunkt vereint und hat dann nur die Bewegung des Schwerpunktes auf dessen Kreisbahn verwendet.

Bei dieser Umwandlung der linearen Bewegung in die rotatorische Betrachtung:

wurde aus der Bahngeschwindigkeit v die Rotationsgeschwindigkeit ω

aus der Masse m wurde das Massenträgheitsmoment J

aus der kinetischen Energie Ekin die Rotationsenergie Erot

aus dem Impuls I wurde der Drehimpuls L

Daraus resultieren nun zwei mögliche Betrachtungsweisen für deine Frage:

a) Du nimmst die hergeleiteten Gesetze für die Rotation und versuchst daraus über m athematische Betrachtungen deine Antwort zu finden. Das geht praktisch nur mathematisch, weil die Rotation meistens nicht intuitiv oder rein logisch ohne Mathematik erfassbar sind.

b) Du gehst zurück zum Ursprung der Betrachtungen, also zu der Überlegung, dass sich der Schwerpunkt des Stabes auf der Kreisbahn linear bewegt. Dann brauchst du nur die besser bekannten Gesetze der gleichförmigen linearen Bewegung anzuwenden.

3) Betrachtung des Schwerpunktes auf seiner Kreisbahn:

Der Schwerpunkt des Stabes liegt auf seiner halben Länge. Verdoppelt man die Länge wandert er von einer Kreisbahn mit r = 0,5 m auf eine Kreisbahn mit r = 1m. Bei doppeltem r wird auch der Kreisumfang U doppelt so groß.

Bei doppeltem Weg in der selben Zeit wird auch v doppelt so groß.

Ekin = m/2 * v^2, daraus folgt: bei doppeltem v wird Ekin 4-mal so groß und damit wird auch Erot viermal so groß

Der Impuls I = m * v wird bei doppeltem v doppelt so groß, also wird auch der Drehimpuls doppelt so groß.

4) Impulserhaltung:

Kurz zu dem Phänomen, dass sich die Rotationsgeschwindigkeit erhöht, wenn man die Gewichte nach innen zieht:

I = m * v bleibt gemäß Impulserhaltungsgesetz konstant.

Wenn man also den Schwerpunkt auf den halben Radius zieht, muss dafür v doppelt so groß werden, damit der Impuls und damit auch der Drehimpuls gleich bleibt.

Wenn v doppelt so groß wird, wird auch die Drehgeschwindigkeit ω doppelt so groß.

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Fragesteller
 24.12.2017, 18:22

Was bedeutet eigentlich dieses Moment, also hier J? Was ist der Unterschied von Drehmoment und Dreheenergie. Oder was fängt man mit dem Massenträgheitsmoment an?

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Hamburger02  25.12.2017, 10:07
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Betrachten wir zuerst nochmal die geradlinige Bewegung einer Masse.

Für die gilt das Grundgesetz der Mechanik F = m * a

Die wesentliche Eigenschaft einer Masse ist ihre Trägheit. Eine Masse, die sich geradlinig bewegt, hat das Bestreben , diese Bewegung auf ewig beizubehalten, sowohl was ihre Geschwindigkeit als auch ihre Richtung betrifft. Der Einfachheit halber reicht es, wenn wir hier nur ihre Geschwindigkeit v betrachten.

Eine Änderung der Geschwindigkeit bedeutet Beschleunigung, die positiv ist, wenn der Körper schneller wird und die negativ ist, wenn der Körper abgebremst wird.

Gemäß F = m * a ist eine Beschleunigung nur dann zu erreichen, wenn man auf den Körper eine Kraft ausübt. Diese Kraft muss linear in Bewegungsrichtung erfolgen, um die Geschwindigkeit zu ändern.

Also kurz: Das Bedürfnis einer Masse, seine Bewegung unverändert beizubehalten, wird Trägheit genannt. Um. diese Trägheit zu überwinden, ist eine Kraft in Bewegungsrichtung erforderlich.

Gehen wir nun zur Rotation über. Auch ein rotierender Körper, z.B. eine Schwungscheibe, hat das Bedürfnis, ihre Bewegung, also ihre Drehgeschwindigkeit ω auf ewig beizubehalten. Auch sie besitzt also Trägheit. Eine Änderung der Drehgeschwindigkeit wird nicht Beschleunigung genannt, weil dieser Begriff schon für die geradlinige Bewegung vergeben ist. Eine Änderung der Drehgeschwindigkeit wird daher Winkelbeschleunigung genannt. Statt a für die lineare Beschleunigung wird das Formelzeichen Alpha α für die Winkelbschleunigung verwendet.

Ein positives α. bedeutet, die Welle dreht schneller, ein negatives α bedeutet, die Welle wird abgebremst. Um einem rotierenden Körper eine Beschleunigung zu geben, ist aufgrund dessen Trägheit ebenfalls eine Kraft aufzuwenden.

Die Kraft, die man auf einen rotierenden Körper ausübt, ist nicht mehr F sondern das ist das Drehmoment M. F und M sind gleichwertig, nur einmal für die geradlinige und einmal für die rotierende Bewegung.

In F = m * a haben wir nun also schon mal aus a α gemacht und aus F haben wir M gemacht.

Nun müssen wir uns nochmal der Masse m zuwenden.

Bei der geradlinigen Bewegung wird die Trägheit des Körpers durch seine Masse m ausgedrückt. Um die Trägheit der Schwungscheibe auszudrücken, reicht ihre Masse m nicht aus. Ihre Trägheit ist auch davon abhängig, wo sich die Masse (gedacht konzentriert im Schwerpunkt) befindet, also näher beim Drehpunkt oder weiter davon entfernt. Der Abstand der Masse vom Mittelpunkt ist der Radius r. Dabei zeigt sich, dass die Trägheit einer rotierenden Masse zum einen von ihrer Masse m als auch vom Quadrat des Radius r abhängig ist. Dieses Produkt aus der eigentlichen Masse und dem Quadrat des Radius wird Massenträgheitsmoment J oder I genannt. Da gibts leider unterschiedliche Begriffe und Formelzeichen, wodurch man sich aber nicht verwirren lassen darf.

Durch das Produkt aus Masse mal r^2 ergibt sich dann auch die Einheit des Massenträgheitsmomentes J: kg * m^2

Also kurz: Das Bedürfnis eines rotierenden Körpers, seine Bewegung unverändert beizubehalten, wird Trägheit genannt. Diese Trägheit wird nun anstatt mit Masse mit Massenträgheitsmoment bezeichnet. Um diese Trägheit zu überwinden, ist ein Drehmoment erforderlich.

So wird aus dem Grundgesetz der Mechanik für die geradlinige Bewegung

F = m * a, wenn man es auf die Rotation überträgt:

M = J * α

Jetzt nochmal zur Energie:

für die lineare Bewegung gilt:

Ekin = 1/2 * m * v^2

daraus wird dann für die Drehbewegung mit obigen Überlegungen:

Erot = 1/2 J * ω^2

Der Unterschied zwischen Kraft F und kinetischer Energie Ekin ist dann derselbe, wie zwischen Drehmoment M und Rotationsenergie Erot.

Betreffs Drehimpuls muss ich mich allerdings korrigieren, da ist mir gestern leider ein Denkfehler passiert. Auch beim Drehimpuls muss man die Masse durch das Massenträgheitsmoment ersetzen.

Bei der linearen Bewegung galt für den Impuls p:

p = m * v

Daraus wird für die Rotation der Drehimpuls L:

L = J * ω

Da in J der Radius ja quadratisch eingeht, geht der Radius auch in den Drehimpuls quadratisch ein und nicht nur linear, wie ich zunächst geschrieben hatte.

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Fragesteller
 25.12.2017, 16:00
@Hamburger02

Jetzt habe ich diese verwirrenden Begriff verstanden!

Liege ich eigentlich mit der Annahme richtig, dass man für die doppelte Temperatur die vierfache Energie braucht, beim Erwärmen, weil Ekin auch einem Quadrat unterliegt

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Hamburger02  25.12.2017, 16:28
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Na 1. prima.

Zu 2.

Nein, die Wärmelehre ist nochmal ganz was anderes als Mechanik. Da lassen sich diverse Überlegungen nicht so einfach übertragen.

Die innere Energie U eines Körpers oder Fluids ist gemäß der kalorischen Zustandsgleichung proportional. Doppelte Temperaturzunahme bedeutet auch doppelt Energiezunahme:

ΔU = m * c * ΔT

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Fragesteller
 25.12.2017, 17:21
@Hamburger02

U ist die innere Energie? m ist Masse? Was ist c? Warum liege ich hier falsch? Damit sich die Teilchen im Schnitt doppelt so schnell bewegen, braucht man doch die 4-fache Energie?

Ist mit der inneren Energie die Kernenergie gar nicht gemeint, sondern rein die chaotische Bewegungsenergie auf Grund der Temperatur

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Hamburger02  25.12.2017, 22:03
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c ist die spezifische Wärmekapazität.

Die innere Energie U ist die Energie, die ein System/Körper aufgrund seiner Temperatur hat.

Diese innere Energie teilt sich auf in die kinetische Energie der Teilchen, in deren potenzielle Energie, die vom Abstand der Teilchen zueinander anhängt sowie Bindungsenergien zwischen den Teilchen wie z. B. die Wasserstoffbrückenbindung. Wie sich die innere Energie auf die Teilenergien verteilt, lässt sich aber nicht berechnen. Und wenn man es wüsste, hätte man auch nichts davon. Man rechnet u.a. auch deswegen nicht mit Absolutwerten sondern immer nur mit Änderungen bzw. dem Vergleich vorher-nachher.

Nehmen wir aber mal bei einem idealen Gas an, die innere Energie wäre im Wesentlichen nur in der kinetischen Energie der Teilchen vorhanden, dann wäre der Zusammenhang: 4-fache Temperaturzunahme = 4 fache Energieerhöhung = doppelte Geschwindigkeitszunahme der Teilchen..

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Fragesteller
 25.12.2017, 23:37
@Hamburger02

Dann liegt es an der Definition der Temperatur, die deswegen in dieser Formel linear zur Energie ist.

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Hamburger02  26.12.2017, 09:06
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Nein, das beruht auf Messungen und ist letztlich auch nur eine hinreichend gute Näherung, die davon ausgeht, dass die Wärmekapazität c konstant ist. Die Wärmekapazität ist aber ganz genau genommen nicht linear, sondern ebenfalls von der Temperatur abhängig. Allerdings sind die Abweichungen von der Linearität in den üblichen Temperaturbereichen, in denen sich Technik abspielt, sehr gering. Nur bei extrem hohen oder extrem niedrigen Temperaturen sind die Abweichungen von der Linearität so groß, dass man sie nicht mehr vernachlässigen darf und da gilt dann auch nicht mehr der Zusammenhang, dass ΔE proportional zu ΔT ist.

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Der Drehkörper mit der nach außen verlagerten Masse hat das größere Trägheitsmoment.

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Fragesteller
 22.12.2017, 21:25

Die Masse ist gleich verteilt.

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dompfeifer  22.12.2017, 21:55
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Der Propeller mit dem größeren Durchmesser enthält mehr Massenpunkte mit größerem Radius (längerer "Hebel"). Das erhöht das Trägheitsmoment, aber nicht "die Drehenergie". Die Rotationsenergie muss dem Propeller ja erst zugeführt werden. Und dann "besitzt" der Propeller eben soviel Rotationsenergie, wie ihm zugeführt wurde. Bei weniger Masse ist das eben mit höherer Drehzahl verbunden.

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Das hängt wohl davon ab, wie schnell sie sich drehen. Bei doppelter Frequenz (oder Winkel­geschwin­dig­keit) vervierfacht sich die Energie. Das folgt aus der Formel E=½Iω², wobei I das Träg­heits­moment und ω die Kreisfrequenz ist.

Auch die Verlängerung der Propellerblätter aufs Doppelte vervierfacht die Energie, weil sich die Größe des Objekts quadratisch auf das Träg­heits­moment auswirkt (I=∫r²dm). Das gilt strikt nur, wenn die Propeller­blätter eine konstante Masse pro Länge aufweisen, dürfte aber auch für reale Propeller eine annehmbare Ab­schätzung bieten.

Im Fall, daß das 2-m-Propellerblatt dieselbe Gesamtmasse hat wie das 1-m-Propeller­­blatt, erwarte ich ungefähr das doppelte Trägheitsmoment und damit die doppelte kineti­sche Energie bei gleicher Drehzahl.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik
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Fragesteller
 22.12.2017, 21:29

Eigentlich ist es in gewisserweiße eh logisch, weil der lange Stab bei gleicher Drehzahl anteilsmäßig viel mehr Weg zurücklegt. Also eigentlich mehr Bewegungsenergie und Geschwindigkeit besitzen muss, obwohl die Drehzahl dieselbe ist.

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Das Trägheitsmoment eines dünnen Stabes der Länge l und der Masse m lautet

J = 1/3 * m * l^2.

Damit ist bei gleichbleibender Masse und doppelter Länge das Trägheitsmoment also viermal so groß. Dies gilt dann auch für die Rotationsenergie, wenn die Winkelgeschwindigkeit gleich bleibt.

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Fragesteller
 22.12.2017, 21:24

Ist das der Grund weshalb sich die Testperson beim Experiment mit dem drehenden Stuhl schneller dreht, wenn die Arme am Körper sind?

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indiachinacook  22.12.2017, 22:01
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Im Prinzip ja, das kommt auch vom Trägheitsmoment. Allerdings ist hier nicht die Energie sondern der Drehimpuls L=Iω die wesentliche Größe. Der Drehimpuls bleibt nämlich während der Bewegung erhalten, aber um die Hände einzuziehen mußt Du ja Arbeit gegen die Zentrifugalkraft verrichten, und die Rotationsenergie ändert sich daher.

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Franz1957  23.12.2017, 10:40
@indiachinacook

Bei dem neuen Design hier übersehe ich leicht, wenn schon eine Antwort da ist. Habe die Deinige deshalb sinngemäß wiederholt. :)

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Antwort ist: ja .. (warum die komplizierten Antworten)

unter der Voraussetzung dass die Masse gleichverteilt ist, also ein Brett oder Stab als Modell genommen wird, dann liegt der Schwerpunkt beim 1 m Propellerblatt bei 50cm und beim 2m Propellerblatt bei 1 m .. also doppeltes Trägheitsmoment und (bei gleicher Drehzahl) auch doppelte Drehenergie.